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- Thursday, October 13, 2016
- ☁️ 6 °C
- Altitude: 1,020 m
GermanyBreitnau47°55’51” N 8°4’48” E
E1-63-D- ein Feld bei Breitnau (32km)

Dem Ziel entgegen (3)
In der Nacht ist es stürmisch und wenn der Wind besonders heftig durch die Tannen pfeift, wache ich davon auf. Im Zelt aber ist alles ruhig und der Schlafsack hält mich ausreichend warm.
Als der Morgen dämmert, bin ich ausgeschlafen. Zähneputzen, Katzenwäsche, Wasser heiß machen. Es gibt Müsli und Tee. Dann Zusammenpacken, das Zelt kommt feucht in den Beutel. Es gibt keine Chance, es zu trocknen.
Ready to go.
Der Waldboden ist noch gefroren, als ich losgehe. Heutiges Ziel ist der Brend, danach soll es weiter zum Titisee gehen, den ich aber voraussichtlich heute noch nicht erreichen werde.
Der Weg, der sich sanft mal abwärts und dann wieder aufwärts einen Kammweg entlang schlängelt, macht mir Freude. Bald bin ich am Martinshof, der für Wanderer Zimmer anbietet. Gleich darauf biegt der Westweg rechts ab. Während ich ihm folge, sehe ich linkerhand eine kleine Kapelle. Doch ich will weiter und verpasse so die Bregquelle, einen Quellfluss der Donau. Später lese ich, dass der Besuch der Quelle Wanderpflicht sei. Nun, dieser Fleck der Allgemeinbildung wird für mich auf ewig blind bleiben, denn hier komme ich vermutlich kein zweites Mal vorbei.
Nur wenig weiter liegen die Günterfelsen, denen man unbedingt einen Besuch abstatten sollte. Die großen Granitbrocken liegen zwar etwas abseits des Westwegs, aber der Abstecher lohnt. Während ich zwischen den Felsen herumsteige, fühle ich mich an das Felsenmeer im Odenwald erinnert, deren Entstehungsgeschichte ähnlich verlief. Die großen Felsbrocken haben schmelzende Eisberge hier hinterlassen.
Nun geht es den Brend hinauf, nach zwei Kilometern habe ich ihn erklommen. Doch zuvor führt der Weg noch an einem Naturfreundehaus vorbei, durch die Fenster schimmert einladendes Licht. Ich könnte reingehen für ein zweites Frühstück. Ich hätte es machen sollen, doch ich gehe vorbei. So werde ich das Wesen der Naturfreundehäuser erst später kennen lernen.
Auf dem Brend gibt es einen großen Parkplatz, mehrere Rastplätze, Feuerstellen und sogar einen Kinderspielplatz. Im Sommer mag hier viel los sein, doch jetzt im Oktober ist hier oben kein Mensch. Ich lasse mich in der großen Brendhütte nieder und genieße bei Tütensuppe und Kaffee die Weitsicht ins Tal.
Am frühen Nachmittag komme ich am Gasthaus Kalte Herberge vorbei. Der Name rührt aus unruhigen Zeiten, als Bauern aus der Nachbarschaft und Bürger aus den nahegelegenen Städten ihre Vorräte und Wertsachen in den versteckten Kellergewölben des Gasthauses in Sicherheit gebracht haben. Im alten Schwarzwälder Dialekt bedeutet "verstecken" gleich "verkalten". Hier möchte ich eine Kaffeepause machen, doch ich bin zu früh dran, müsste noch zwanzig Minuten vor der verschlossener Tür warten. Etwas enttäuscht gehe ich weiter und finde kurz darauf eine provisorisch errichtete Bank mitten in der Sonne, die wie für mich gemacht ausschaut. Ich koche mir Kaffee, dazu einen Energieriegel und alles ist wieder gut.
Danach geht es noch viele Kilometer weiter auf den Höhen des Schwarzwaldes, durch Wälder und entlang der Wiesen, von denen aus man manches Mal weit ins Land schauen kann. Der Weg verläuft durchgehend auf über 1.000m. In Neueck hat der große Gasthof Zum Hirschen geschlossen. Ist die Saison denn schon vorbei?
Immer weiter treibt es mich voran und allmählich werden meine Beine lahm. Der Weg folgt nun einer Bundesstraße, der Verkehrslärm brandet die Straße entlang und nervt mich enorm. Ich würde jetzt gerne irgendwo ankommen. Mein Ziel ist das Gasthof zum Kreuz in Hohlengraben. Die Vorfreude auf das Ankommen wird durch ein Hinweisschild noch beflügelt, doch dann stehe ich an der Eingangstür und muss enttäuscht lesen, dass Donnerstags Ruhetag ist. Heute ist Donnerstag. Blöd ist das! Ich stampfe wütend auf.
Aber es nützt nichts, ich muss weiter. Kurz überlege ich, ob ich es doch noch bis zum Titisee schaffen würde. Dorthin sind es von hier aus noch elf Kilometer, doch fast dreißig Kilometer stecken mir bereits in den müden Knochen. Es ist schon nach siebzehn Uhr und in knapp zwei Stunden wird es finster sein. Tausend Gedanken drehen sich im Kopf herum. Mal sehen, was kommt.
Wieder geht es bergauf, nun ist es der Doldenbühl, der bezwungen werden will. Der Gipfel wartet mit einer großartigen Sicht auf ferne Gipfel auf, die dunkel im Abendrot schimmern. Es wird Zeit für ein Nachtlager, bevor es gänzlich finster sein wird und ich keinen Weg mehr finde. Da bietet sich eine kleine Schutzhütte an, die aber ungeschützt in der frischen Brise liegt, vermutlich würde es hier eine ungemütliche Nacht werden.
Weiter, entscheide ich mich schweren Herzens. Auf einer Höhe liegt eine Wiese. Das scheint der geeignete Platz für mein Zelt zu sein. Aber die Wiese ist abschüssig, ich würde aus dem Zelt rollen. Auf der anderen Seite ist der Wald. Soll ich dort Schutz suchen und mein Zelt aufschlagen? Das traue ich mich nicht.
Es ist schon fast dunkel, als es nach drei weiteren Kilometern direkt in den Wald geht soll, der finster und unheimlich vor mir liegt. Am Waldrand finde ich den Platz, nach dem ich suchte. Hier gibt es sogar eine Bank, auf der ich Kumpel ablegen kann. So muss er nicht im feuchten Gras liegen. Schnell baue ich mein Zelt auf. Doch der Platz gefällt mir nicht, es ist zu zugig hier. So baue ich das Zelt wieder ab, das geht mit dem TarpTent Notch ja ruckzuck und stelle es an anderer Stelle wieder auf. Ich komme neben einem Haufen Heuballen zu liegen, der mir einen prima Windschutz für die Nacht geben werden. Der Wind pfeift bereits heftig durch die Bäume und kündigt einen Wetterumschwung an.
Ich will die Packsäcke für Schlafsack, Isomatte und Zelt gerade wieder im Rucksack verstauen, da merke ich, dass der Zeltsack nicht mehr da ist. Wo kann er nur sein? Ich passe doch immer so penibel auf alles auf. Ich durchsuche alles mehrfach und merke, dass ich panisch werde. Vielleicht ist er beim Zeltumzug weggeweht? Ich laufe auf der Wiese hin und her bis zu einem weit entfernten Knick. Vielleicht hat sich der Sack ja dort verfangen. Aber ich finde ihn nicht, viel sehen kann ich sowieso nicht mehr, denn mittlerweile ist es dunkel geworden. Es hat keinen Zweck mehr, weiter zu suchen, schweren Herzens gebe ich den Sack verloren. Nun fühle ich schweren Hunger. Kumpel hat die ganze Zeil still auf der Bank ausgeharrt, aus seinem Bauch hole ich nun die Kochutensilien und die Wasserflaschen hervor. Oh Schreck, es ist fast kein Wasser mehr da. Ich dachte ja, ich würde im Gasthof übernachten, habe mich deshalb nicht um Nachschub gekümmert. Eine Quelle gibt es hier oben nicht und so muss ich mich entscheiden, was ich mit den 300ml mache, die noch verblieben sind. Ich entscheide mich für eine Tütensuppe, so bleibt noch ein Rest fürs Zähneputzen heute und morgen früh. Katzenwäsche fällt aus. Es soll mir eine Lehre sein, zukünftig besser auf den Wasservorrat zu achten.
Müde und hungrig schlüpfe ich in den Schlafsack und falle sofort in einen komatösen Schlaf. Einmal nur wache ich auf und höre, wie ein gewaltiger Sturm durch die Baumwipfel pfeift. Aber im Zelt habe ich es warm und gemütlich.Read more
TravelerIst ja witzig. Während du die Bregquelle nicht besucht hast, habe ich den Günterfelsen vermasselt. Man kann nicht immer alles haben.
Michael-wandertGenau! Oder man geht noch mal hin🤔
Traveler
Irgendwie ging es dir wie mir. Immer am nächsten Tag war genau da Ruhetag.