Satellite
Show on map
  • E1-67-D- Blumberg (28km)

    October 17, 2016 in Germany ⋅ ☁️ 13 °C

    Dem Ziel entgegen (6)

    Nach Nächten im Zelt hat der Körper vermutlich Schlaf nachzuholen. Jedenfalls habe ich fest durchgeschlafen und wache erfrischt auf. Am üppigen Frühstücksbuffet hole ich mir die Kalorien, die ich für den heutigen Wandertag vermutlich brauchen werde.
    Ich habe noch einen Tag in der wildromantische Wutachschlucht, deren herbe Schönheit ich gar nicht beschreiben kann und deshalb auf meine Bilder und Sackis Video (das es leider nicht mehr gibt) verweise. Meine Wanderfreude wird allerdings getrübt, als der Weg plötzlich versperrt ist. Wie er hier wohl jederzeit vorkommen kann, zwingt mich ein Erdrutsch zu einem langen und beschwerlichen Umweg, der mich weit aus der Schlucht heraus und damit um den Erdrutsch herum führt. Einige Kilometer weiter bin ich zurück in der Schlucht, nur um bald auf die nächste Absperrung zu treffen. Ein zweites Mal geht es wegen eines weiteren Hangrutsches wieder aus der Schlucht heraus, ein Stück oberhalb entlang und dann wieder hinunter zur Wutach.
    So wird die Strecke viel länger als geplant und eine Übernachtungsmöglichkeit habe ich vorher auch nicht ausgemacht. Vielleicht ergibt sich bei den Tibetern eine Möglichkeit, bei denen man laut Reisebeschreibung unbedingt vorbei schauen soll. Ihr Haus liegt am Ende der Wutachschlucht und ich staune nicht schlecht, als ich dort ankomme. In einer Garage steht ein orangefarbenes motorgetriebenes Dreirad, wie man es wohl in Indien fährt, daneben eine Bank, darauf Obst, Schokoriegel und in einem Kühlschrank kalte Getränke. Das ist eine nette Geste, die ich auf meiner bisherigen Wanderung noch nicht erlebt habe. Deutsche Trail-Angels sozusagen, wie man sie auf dem Appalachian Trail in den USA wohl oft antrifft, wie ich gelesen habe. Dort sind es ehemalige Wanderer, die ihre Dankbarkeit zeigen, indem sie nachfolgenden Wanderern mit Essen, Trinken und Unterkunft versorgen. Hierzulande ist es bisher nicht verbreitet und da ich es nicht gewohnt bin, nehme ich keine der großzügig angebotenen Dinge an.
    Für eine Übernachtung ist es noch zu früh und so klingel ich nicht, sondern gehe still vorbei. Ich will mein Glück in Blumberg versuchen und dafür muss ich noch den Buchberg hinauf. Doch der Weg zieht sich und nun beginnt es auch noch zu regnen. Nass und erschöpft erreiche ich völlig erledigt das einzige Hotel des Ortes. Doch was muss ich am Eingang auf dem Schild lesen? "Liebe Gäste, wir haben neue Öffnungszeiten. Montag und Dienstag Ruhetag." Oh nein, nicht schon wieder! Im Schwarzwald scheint im Oktober tote Hose zu sein.
    Ich habe so gar keine Lust, mein Zelt irgendwo auf der nächsten Wiese im Regen ins nasse Gras zu stellen. Wasser habe ich auch keines mehr. Also muss ich mich erst einmal darum kümmern. Meine Laune ist gerade auf einem Tiefpunkt angelangt. Missmutig gehe ich die Hauptstraße entlang und hoffe, dass ich hier irgendwo nach Wasser fragen kann. Obwohl schon spät, hat eine Allianz-Filiale noch geöffnet, sie erscheint mir im Moment wie ein heiliger Ort. Scheu betrete ich das gut geheizte Büro. Kumpel, der vor Nässe trieft, bleibt vorsichtshalber draußen auf der Treppe, doch ich ziehe trotzdem eine feuchte Spur hinter mir her. Es ist mir unangenehm, nach Wasser zu fragen, denn so etwas habe ich bisher noch nicht gemacht. Doch ich werde warmherzig empfangen, es scheint nichts dabei zu sein und meine Wasserflaschen sind schnell gefüllt. Ob ich nicht ein Hotel bräuchte, fragt die Versicherungsfachfrau zuvorkommend.
    "Oh, das wäre super", meine ich nur schlapp.
    Und schon fängt sie an zu telefonieren. Bald steht ein Taxi vor der Tür, dass mich in den nächsten Ort fährt. Dort wartet ein großes Zimmer auf mich.
    Ich bin überglücklich, dass ich den Abend an einem gedeckten Tisch mit einem warmen Essen und einigen Bieren verbringen kann. Das ist viel besser, als bei dem miesen Wetter irgendwo in meinem kleinen und nassen Zelt zu frieren.
    Read more