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  • E1-77-DK- Vejen (11km)

    May 10, 2017 in Denmark ⋅ 🌧 8 °C

    Warum nur? (5)

    Es war wieder eine sehr kalte Nacht, garniert mit Regen. Aber der macht mir nichts, ich liege ja unter einem festen Dach. Als ich am Morgen erwache, ist die Luft feucht und der nahe Kongeåen in Nebel gehüllt. Aus dem Schlafsack zu kriechen, kostet Überwindung und gelingt nur in der Gewissheit, gleich eine heiße Dusche genießen zu können. Es folgt ein ausgedehntes Frühstück, das ich in die Länge ziehe, denn vor der Pilgerhütte nieselt es immerzu. Ich mag nicht losgehen und es bedarf der Vorstellung eines sehr großen und sehr heißen Milchkaffees, den es aber erst in Vejen geben wird. So komme ich endlich in Gang. Zunächst geht es noch ein Stück den Kongeåen entlang, der sich gemütlich in seinem feuchten Bett schlängelt. Darüber löst sich langsam der Nebel auf.
    Wo der Haervejen über eine Brücke das Ufer des Kongeåen wechselt, liegt eine Shelteranlage mit zwei Sheltern, ein aufwändig gestaltetes Toilettenhäuschen gleich daneben. Die Anlage ist nicht schlecht, aber ich finde, dass ich es letzte Nacht besser getroffen hatte. Hier gibt es keine heiße Dusche. Befriedigt gehe ich vorbei.
    Endlich strebt der Weg wieder nordwärts, aber erneut gibt es nun öden Asphalt zu treten. Irgendwo übersehe ich eine Wegmarke und wieder verlaufe ich mich. Nach einem großen Umweg voller Verdruss finde ich erst nach ein paar Kilometern zurück auf den Haervejen. Unnötige Kilometer, auf denen ich mich über mich selbst ärgere!
    Sieben Kilometer nur sollen es nach Vejen sein, doch sie scheinen schier endlos zu werden. Das mag an der freudlosen Strecke liegen oder am Regen, der wieder heftig strömt. Vielleicht ist es auch die Kälte, die die Beine hochzieht. Jedenfalls ist der Spaß am Wandern schon wieder dahin. Mir ist nur noch kalt, ich fühle mich völlig durchnässt.
    Ich mag nicht mehr. Ich bin fertig!
    Nach nur sieben Kilometern, meine Güte! Meine Regensachen sind unzureichend, muss ich mir eingestehen.
    Ich will nur noch ankommen.
    Will ins Trockene.
    Will meinen heißen Milchkaffee.
    Hunger!
    Will HIER nicht mehr wandern.
    Will nach Hause!
    Aber das Nölen hilft nicht, ich muss weiter, zumindest noch diese unendlich lang erscheinende Umgehungsstraße bis zum Ende gehen.
    "In Vejen gibt es einen Bahnhof..."
    Dieser Gedanke treibt mich vorwärts, auch wenn der Regen weiter ins Gesicht peitscht. Außer mir ist keiner unterwegs. Nur ich Trottel stapfe hier draußen im Nassen mit meinem zu schweren Rucksack durch die Kälte.
    WARUM NUR? - nun, weil ich in Dänemark wandern wollte, oder?
    Irgendwo kurz vor Vejen fällt die Entscheidung:
    „Ich breche diese Tour ab. Wozu bei acht Grad bei diesem Schietwetter durch diese öde Gegenden laufen?“ höre ich mich selbst laut sagen.
    Eine halbe Stunde später ist es geschafft. Ich sitze in Vejen in einem Supermarkt, genieße den heißen Milchkaffee, den ich mir am Morgen versprochen hatte. Dazu gibt es ein riesiges Sandwich, was meine Laune wieder ein ganzes Stück hebt, aber nicht ausreicht, das Ruder noch einmal herum zu reißen und in den Regen zurück zu kehren. Die Motivation, weiter zu wandern, bleibt im Keller.
    So steht die Entscheidung, die Tour hier in Vejen zu unterbrechen oder gar zu beenden.
    Der Weg zum Bahnhof ist nicht weit, der Zug bringt mich zurück nach Hamburg. Nur gut, dass Vejen eine gute Verkehrsanbindung hat.

    Die Route dieser Tour: https://www.komoot.de/tour/16392580/zoom
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