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  • E1-83-DK Tentplads Mariedal (25km)

    May 21, 2017 in Denmark ⋅ ☁️ 17 °C

    Der Weg schafft mich (2)

    Die Nacht ist früh zu Ende, ich erwache frierend. 6°C zeigt die Armbanduhr, die über ein Thermometer verfügt und neben dem Schlafsack liegt. Eigentlich ist das noch im Wohlfühlbereich von Schlafsack und Isomatte. Ich friere trotzdem. Was bringt es, weiter im Schlafsack zu frieren? Auf! Ich trotte zur nahe gelegenen Toilette, die über kaltes Frischwasser verfügt. Es ist Luxus, sich beim Wandern morgens waschen zu können. Die Sonne scheint bereits, ihre Strahlen wärmen die Bank, die zwischen den Sheltern steht. Dort braue ich mir einen heißen Kaffee, dazu Müsli auf warmem Wasser vom offenen Feuer des Hobos. Das macht mich wach und satt, das mich umgebende Vogelgezwitscher macht mich glücklich.
    Bald bin ich wieder auf meinem Weg, der immer weiter auf dem alten Schienenstrang entlang vorwiegend durch waldreiche Gegend führt, nur gelegentlich durchbrochen von vereinzelten Wiesen. Vorbei geht es an uralten Gehöften, auf denen die Zeit still zu stehen scheint. Schön ist es hier. So gar nicht vergleichbar mit der flachen Gegend, die ich im südlichen Dänemark durchwandert habe.
    Auf dem Silkeborg-Aarhus-Wanderweg treffe ich am Erlebniswildpark Friluftcenter Sletten auf den Julsø See, der durch die Gudenå gespeist wird, dem längsten Fluss Dänemarks. Von Silkeborg über Ry bis nach Skanderborg geht es nun für 60km die Gudenå und zahlreicher Seen entlang bis nach Aarhus.
    Der Julsø ist groß und wirkt auf den ersten Blick unberührt. Doch das ist nur eine Illusion, denn das waldreiche Gebiet vor Silkeborg ist ein Naherholungsgebiet, das an schönen Wochenenden von vielen Besuchern genutzt wird. Mein Weg führt an seinem Ufer entlang, das steil zum Julsø abfällt und das Laufen schwierig macht. Vermutlich geht deshalb hier – außer mir - kein Mensch.
    Am Fuße des Himmelbjerget, einem „Berg“ mit für dänische Verhältnisse bemerkenswerten 147 Höhenmetern, gibt es eine Anlegestelle. Das alte Motorschiff Ternen wartet bereits auf Fahrgäste und ist zur Abfahrt bereit. Es macht eine Seerundfahrt und fährt leider nicht nach Ry, was ich bedauerlich finde, denn ich wäre im Moment nur zu bereit gewesen, ein paar Kilometer meines Weges mit dem Boot zu verkürzen. Oberhalb der Anlegestelle liegt ein Restaurant, wo zu Mittag gespeist wird. Ein Blick auf die Karte zeigt mir, dass die Gerichte außerhalb meines Wanderbudgets liegen. Und auch der Kaffee ist mir dort zu teuer. Vielleicht finde ich mein Glück stattdessen in der Nähe, wo lange Tische stehen, die sich unter Haufen von Bananen und Snacks krümmen. Dort hat man eine Pausenstation für das Mountainbike-Rennen „Highland Mountainbike Challenge“ eingerichtet. Der Veranstalter „Aarhus Motion“ führt just heute ein 100km Radrennen von Silkeborg nach Aarhus durch. Ein Teil davon verläuft auf dem E1,. Auf dem Wegstück, das schon hinter mir liegt, habe ich einige rote Fähnchen passiert, ohne ihre Bedeutung zu ahnen. Nun weiß ich es. Die Radler werden jeden Moment hier vorbei kommen. So frage ich schnell nach einem Kaffee, der mir tatsächlich wortlos in einem Pappbecher gereicht wird. Mit einem Lächeln erwidere ich die Freundlichkeit, die mich nicht mal was kostet.
    Was gibt es Schöneres, als mit einem heißen Kaffee in der Hand auf einer sonnigen Bank zu sitzen, über einen schönen See zu schauen und auf die rasenden Radler zu warten? Doch sie kommen nicht, während ich warte. Also gehe ich weiter. Links und rechts des Weges stecken wieder die Fähnchen und signalisieren mir, dass ich noch immer auf der Rennstrecke laufe. Die Radler müssten also demnächst an mir vorbei kommen. Und tatsächlich, da rast der erste in einem höllischen Tempo vorbei, schmeißt in hohem Bogen eine Bananenschale hinter sich auf den Weg. Ich bin fassungslos, denke nur: "das tut man doch nicht!" Wenn jeder der Radler seinen Pausensnack hinter sich in den Wald schmeißt...". Die Nachfolgenden Biker verhalten sich vernünftiger, der Weg bleibt sauber. Ist es das Recht des Siegers, sich so rücksichtslos zu verhalten? Das Feld ist lange schon vorbei, da bin ich immer noch entrüstet.
    Weiter geht es an der Guidenå entlang, der Flusslauf ist abwechslungsreich und es gibt viel zu entdecken. Auf der anderen Uferseite liegt Ry, dort gibt es einen Campingplatz. Doch ich gehe vorbei. Erst kurz vor dem See Mossø wird mein Wandertag für heute zu Ende sein, auch wenn es eigentlich immer noch zu früh ist. Um 16 Uhr stehe ich vor einem einfachen Zeltplatz mit Plumsklo und Feuerstelle, aber ohne Frischwasserversorgung. Zum nächsten Lagerplatz ist es zu weit, also schlage ich hier mein Lager auf. Das Zelt stelle ich im Wäldchen zwischen vier Bäume. Im Hobo lodert bald ein munteres Feuerchen, Heißwasser für Essen und Tee sind schnell bereitet. Heute gibt´s Couscous mit Tomatensuppe, das verbraucht am wenigsten Wasser. Es bleibt reichlich Zeit, um im trockenen Gras ein ausgedehntes Sonnenbad zu nehmen. Neben mir liegt das Solarpanel, das die Batterie des Smartphones in Windeseile lädt.
    Der Sonnenuntergang nimmt immer noch die Wärme mit. Im Zelt liegend lausche ich dem Gesang der Vögel, die sich zur Ruhe begeben, sobald es dunkel ist. Gute Nacht.
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