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  • E1-90-CH Sirnach (36km)

    August 29, 2017 in Switzerland ⋅ 🌙 27 °C

    Schwabenweg (2)

    Ein Vorteil der Sportarena ist, dass das Hotel direkt am Bodensee liegt. So habe ich quasi vom Bett aus einen tollen Blick direkt auf den See, dessen Wasser durch die aufgehende Sonne rot einfärbt wird. Ein toller Anblick! Das macht gute Laune und das einfache, aber stärkende Frühstück gibt Kraft. Dann geht es endlich los. Doch noch nicht so ganz, denn ich entdecke einen Aussichtturm im nahen Park, auf den ich unbedingt noch rauf muss. Dort will ich mich vom Bodensee verabschieden. Von oben habe ich einen herrlichen Blick weit über den See! Doch die andere Seite kann ich auch von so weit oben nicht erkennen. Der See ist so groß, dass das andere Ende jenseits der Erdkrümmung liegt. Ein Mann in Sportdress tut es mir nach und kommt herauf, stellt sich erst neben mich, ohne mich zu beachten, schaut stattdessen still über den See. Dann schaut er mich an und und fragt: "Sind Sie auf dem Jacobsweg unterwegs?" Ich bejahe. Und dann kommt die Frage, auf die ich schon gewartet habe: "Waren Sie schon in Santiago de Compostela?". Ich verneine. Die Frage kommt immer, aber warum nur? Warum muss es immer dieser eine Pilgerweg sein? Es gibt doch so viele schöne andere Pfade. Dann beginnt er zu erzählen. Er käme aus Polen und sei in seinem Leben viel herum gekommen. Früher. War in Kapstadt und Dänemark und an vielen anderen Orten. Nun arbeite er in Konstanz. Ob ich schon mal in Polen gewandert sei, fragt er. "Nein, da ist immer noch der eiserne Vorhang in meinem Kopf", entgegne ich. "Aber es ist so schön dort", meint er, "manchmal sogar richtig einsam." "Ich werde mich mal damit beschäftigen", entgegne ich ihm. Ich meine es sogar ernst. Ich würde ihn motivieren, auch mal wieder zu wandern. "So wie früher", meint er noch, als ich mich nach einem langen Gespräch von ihm verabschiede. Ich muss endlich los.
    Kaum liegt die Stadt hinter mir, erreiche ich eine Rasthütte, die ich ursprünglich als erste Übernachtungstelle ansteuern wollte. Da wollte ich noch im Zelt übernachten. Ja, hier wäre es gegangen, auch eine Wasserstelle ist vorhanden. Doch ich bin froh, auf Zelt, Schlafsack und Isomatte verzichtet zu haben und nur mit leichtem Gepäck unterwegs zu sein. Der Weg wird leichter sein. Weiter geht es, wie in Dänemark geht es auch hier auf Schotterpisten und Asphalt an Wiesen und Feldern entlang. Der wesentliche Unterschied: es ist hügeliger hier. Es gibt einige Kirchen am Wegesrand, jede suche ich auf, das Kircheninnere bietet Kühle, draußen ist es mittlerweile mächtig heiß geworden. Drinnen finde ich Ruhe vor dem Lärm, den die Schweizer mit Motoren machen. Autos, Trecker, Baumaschinen nerven mich um die Wette. Die Schweiz sei ein entwickeltes Kulturland, hatte ich im Vorwege gelesen.
    In Sirnach beziehe ich in einem Bed + Breakfast Quartier. Mit der Wirtin hatte ich im Vorwege ein paar Mails ausgetauscht und erfahren, dass sie kein Frühstück anbietet, dafür aber eine Reduktion um 10 sFr. Ob das ein Deal sei, fragte sie per Mail. Nicht wirklich, wie sich am nächsten Morgen herausstellt, denn für Kaffee, Croissant und Bircher Müsli muss ich 12 Schweizer Franken (sFr) zahlen. Wenn es anderswo auch so teuer sein wird, werde ich meinen geplanten Tagesetat von 100€ nicht halten können, fürchte ich. Die Schweiz scheint ein teures Wanderland zu sein.
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