Satellite
Show on map
  • E1-91-CH Rapperswil (40km)

    August 30, 2017 in Switzerland ⋅ ☁️ 29 °C

    Schwabenweg (3)
    Heute soll es über den Hörnli gehen. Das sind ein paar hundert Höhenmeter hinauf und auch wieder herunter, manche davon werden ziemlich steil. Also mache ich mich zeitig auf, um in der kühlen Morgenfrische einen Teil des Aufstieg zu schaffen. Zunächst bleibt es flach, die Stecke ist einfach und auch schön, es geht Wiesen entlang und durch schattigen Wald. Die Wanderstiefel haben allerdings weiterhin Schotter und Asphalt unterm Profil, nur gelegentlich trete ich auf weichen Waldboden.
    Dann geht es an den Aufstieg. Die Temperaturen haben wieder hochsommerliches Niveau erreicht und ich komme ins Schwitzen. Ein Bauer treibt seine Kühe auf einer Wiese unterhalb des Hörnli Gipfels zusammen. Ich muss mitten durch seine Herde, vorbei an dicken braunen Leibern, die ihre Köpfe nach mir richten und mich aus gutmütigen blauen Augen anstarren. Dabei vergessen sie weiter zu trotten. Der Bauer kommt mit seinem klapperigen Auto heran und treibt die Braunen auf moderne Cowboyart an. Da beginnen die Viecher zu rennen, streben nun ihrem Stall im Tal zu. Vermutlich ist für sie der sommerliche Almurlaub zu Ende.
    Warum besteigt man Berge? Was macht nur den Reiz aus, sich in die Höhe zu schleppen? Ist es wegen der Aussicht? Ja, genau, wegen der Aussicht! Auch, weil es schön ist, oben anzukommen. Und wenn es einen Gasthof gibt, ist es noch schöner. Leider sind die Pommes auf dem Gasthof Hörnli so teuer, dass ich verzichte und stattdessen zwei mitgebrachte Würstchen verdrücke. Immerhin bei zauberhafter Weitsicht.
    Der Abstieg vom Hörnli ist steil, aber leicht. Zurück im Tal ist wieder das Brummen vorbeifahrender Autos zu vernehmen. Das nervt. Und nun soll der Jacobiusweg auch noch eine Weile entlang der lärmigen Straße verlaufen. Nichts für mich, ich nehme jetzt den Zug. Drei Stationen weiter und zwanzig Minuten später steige ich in Wald wieder aus. Der Ort heißt wirklich Wald. Hier wäre ich zu Fuß erst in zwei Stunden gewesen. Weiter geht es: Rauf, runter, rauf, runter.
    Dann ist es so weit: in der Ferne kann ich die Vorboten der Alpen ausmachen. Was für ein Anblick die hohen, kahlen Berge sind! Was für ein Hochgefühl in meinem Herzen entsteht! In drei Tagen werde ich dort sein und dann über die Alpen marschieren. Ach, ich kann es kaum erwarten.
    Aber heute geht es nur noch bis Rapperswiel. Gebucht ist noch nichts. Ich rufe die Jugendherberge an. Ja, ein Einzelzimmer ist noch frei. Und Abendessen bekomme ich auch. Dann wird ja alles gut.
    Eineinhalb Stunden später bin ich da. Ein schlichter Bau von außen, doch toll mein Zimmer. Es hat sogar einen Balkon mit Blick auf den Zürichsee. Das Abendessen wird mir vom Jugendherbergswart persönlich gereicht, während ich genüßlich den Blick auf die gegenüberliegenden Berge richte. Über einen von ihnen werde ich morgen rüber müssen. Links von ihnen, die glücklicherweise nicht arg so hoch sind, liegen die großen Kavenzmänner, die so hoch sind, dass es oben nur noch nackten Fels gibt, weil sie höher sind als die Baumgrenze. Was für ein Anblick für einen Flachländer! Doch es gibt auch einen Schatten im Paradies: während im Westen die Sonne die Berge in ein glutrotes Licht taucht, kommen von Osten dunkle Wolken heran. Morgen soll es regnen. Aber noch genieße ich den lauen Sommerabend und gönne mir ein weiteres Bier.
    Read more