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  • E1-89-CH Konstanz

    August 28, 2017 in Switzerland ⋅ 🌙 21 °C

    Schwabenweg (1)

    Die Fahrt von Hamburg nach Konstanz dauert viele Stunden. Viermaliges Umsteigen ist notwendig, mehr als 800km sind mit dem Zug zu überbrücken. Zwischen Rastatt und Baden Baden sind die Gleise abgesackt, ein Busersatzverkehr ist eingesetzt, doch meine Verbindung hat diesen Umstand schon im Vorwege berücksichtigt. Ab Karlsruhe bringt eine Regionalbahn mich über Pforzheim ans Ziel. Doch das dauert, erst um 17 Uhr bin ich endlich vor Ort.
    Die lange Anfahrt wird mit einem sonnigen Abend in Konstanz entlohnt. Meine ersten Schritte führen mich genau zu der Stelle, die den Schlusspunkt meiner Wanderung durch Deutschland setzte. Es ist eine Bank, die wie schon im letzten Jahr auch heute in der Abendsonne liegt. Ich setzte mich und schaue über den Bodensee. In Gedanken nehme ich das imaginäre Band wieder auf, nun kann es weiter gehen mit der Wanderung auf dem E1 in südliche Richtung. Ich bin bereit.

    Heute jedoch nicht mehr, denn es ist schon spät. Ich habe eine Unterkunft auf der Schweizer Seite gebucht, dort will ich nun hin. So geht es die Uferpromenade entlang, wo sommerlich leichtes Treiben herrscht. Die Menschen haben es gut hier, denke ich. Den Sommer habe ich in Hamburg schmerzlich vermisst, aber nun ist er ja auch für mich da.

    Es sind nur ein paar hundert Meter zur Grenze. Kein Grenzbeamter hält mich auf, obwohl ich hier die Europäische Union verlasse. Die Schweiz ist zwar ein eigenständiger Staat, der nicht zur EU, wohl aber zum Schengener Raum gehört. Damit sind theoretisch auch die Binnengrenzen zwischen Deutschland und der Schweiz abgeschafft, doch an Flughäfen, Autobahnen und in der Bahn wird aufgrund der aktuellen Flüchtlingslage trotzdem kontrolliert. Hier an der Uferpromenade des Bodensees wird es laxer gehandhabt, ich kann unbehelligt von Grenzbeamten mit einem Schritt von der deutschen auf die Schweizer Seite wechseln. Die Grenze ist lediglich durch ein Schild und eigenwillige, rote Kunstgegenstände markiert. Eine Kunstgrenze.
    Meine Unterkunft in der Sport-Arena ist schlicht gehalten, ein Bett, ein Schrank, ein Schreibtisch von Ikea in einem kleinen Raum. Das ist alles. Aber was braucht ein Wanderer mehr? Nachdem ich mich meines leichten Rucksacks entledigt habe, geht es zurück nach Konstanz zum Stadtbummel. Erste Anlaufstelle ist das Münster. Hier soll der offizielle Startpunkt der Via Jacobius und des Schwabenweges sein, den auch der E1 in der Schweiz benutzt. Das Münster ist die erste von vielen Kirchen, die ich auf diesem Weg besuchen werde. Das gehört sich ja so auf einem Pilgerweg. Aber das mache ich ohnehin gerne, auch wenn ich nicht an Gott und Jesus glaube, sondern an eine uns umgebende Energie, die unsere Geschicke wohlwollend lenkt.
    Das Münster ist fast menschenleer und mir bleiben nur Minuten für die Besichtigung, denn der Messdiener will Feierabend machen und scheucht die letzten Besucher lautstark aus dem Kirchenschiff. Das macht nichts, denn ich habe Hunger und kehre gleich gegenüber des Münsters in ein Gartenlokal ein. Ich will Kraft tanken für den morgigen Wandertag.
    Danach geht es noch einmal an den Hafen. Bevor die Sonne untergeht, werde ich noch einen Blick auf Imperia, die kurvenreiche Kurtisane, die am Konstanzer Hafen ihre Kreise dreht. Ich bin sehr angetan von ihrer üppigen Erscheinung, die sie im Licht der glutrot versinkenden Sonne auf dem Teller drehend darbietet. Ich bin auch nur ein Mann.
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