• „Gottes Freunde, aller Herren Feinde“

    August 21, Ostsee ⋅ 🌬 17 °C

    Es war der Schlachtruf der Piraten der Ostsee zwischen 1390 und ’97: „Gottes Freunde, aller Herren Feinde“. Die Piraten wurden Vitalienbrüder genannt und später Likedeeler - Teilen zu gleichen Teilen. Störtebeker war einer ihrer Hauptmänner, ein richtiger Robin Hood der Ostsee. Erst im Auftrag eines Herzogs von Mecklenburg, dann als echte Freibeuter, zogen sie gegen die frühe Hanse, kaperten Hansekoggen und schadeten damit den Pfeffersäcken und Patriziern, wie die Hansekaufleute genannt wurden. Sie gaben es an die Armen. Sie überfielen Bergen in Norwegen und durchbrachen fintenreich eine dänische Belagerung vor Stockholm, suchten im Winter mehrfach Schutz im Hafen von Visby, brachten den Bewohnern, die bis dahin von den Patriziern unterjocht waren, den Mut bei, aufzubegehren und eine Republik zu begründen. Überall wurden die Freibeuter als Likedeeler freudig begrüßt, nur von den Herrschenden nicht, die die Likedeeler ausplünderten. Margarethe, Königin von Dänemark und Norwegen, die sich auch Schweden einverleiben wollte, waren sie in ihren Machtplänen ein Dorn im Auge. Sie wollte die Freibeuter loswerden. Damit wurde es zunehmend eng für die Likedeeler, die immer weniger Kaper fanden. Die Koggen waren wie von der See verschluckt, die Königin spielte ihr böses Spiel.
    „Das war unsere letzte Fahrt auf der Ostsee“, sagte Störtebeker, „so etwas wie Visby wird es nicht wieder geben“. „Lasst uns nach vorne sehen, Hauptmann“, sagte Einohr, „auf ein neues Leben, auf in die Westsee.“ Störtebeker schien aus einem Traum zu erwachen. „Ja“, flüsterte er, „auf nach Helgeland.“

    So weit kam ich heute im Buch über Störtebeker, das lange in meinem Bücherschrank schlummerte. Ich hatte es extra eingepackt, weil es zur Reise passte. Und heute, am zweiten Seetag, kam ich endlich dazu, es zu lesen. Bei ruhiger See gleiteten wir sacht auf der Ostsee zurück Richtung Kiel, wo wir morgen früh ankommen werden. Unsere Schiffspassage war sicherlich wesentlich angenehmer als die rauhe Wirklichkeit von Störtebeker und seinen Mannen. Einige seiner Wirkungsstätten haben wir nun kennen gelernt: Stockholm und Visby, Bergen im letzten Urlaub. In Helsinki und Tallin scheint Störtebeker dagegen nie gewesen zu.
    Das macht Laune auf mehr Wissen über die Hanse und die Zeit zwischen 1200 und 1650.

    So geht diese Schiffsreise zu Ende. Den Abend verbrachten wir noch einmal im Heck des Schiffs. Im Eßzimmer gibt es heimische Speisen. Nach all den Genüssen an Bord war uns das vorab gebuchte Vier-Gänge-Menü aber zu reichlich, der Blick über das Meer dagegen noch einmal sehr schön.
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