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- May 28, 2022, 2:34pm
- ⛅ 28 °C
- Altitude: 40 m
- MontenegroPodgoricaMomišićiHram Hristovog Vaskrsenja42°26’42” N 19°14’54” E
Podgorica
May 28, 2022 in Montenegro ⋅ ⛅ 28 °C
Die Stadt am Zusammenfluss von Morača und Ribnica ist der administrative und wirtschaftliche Mittelpunkt des Landes und spielt in den touristischen Planungen allerhöchstens eine verkehrstechnisch bedeutende Rolle. Hier wird gelebt und gearbeitet, Urlaub ist woanders.
Nirgendwo präsentiert sich der Meltingpot Montenegro ungeschminkter als hier - und in welcher europäischen Großstadt kann man schon Eselsfuhrwerke im Stadtzentrum sehen?
Trotz ihres gesegneten Alters ist die Metropole eine sehr junge Stadt, nach der fast vollständigen Zerstörung im Zweiten Weltkrieg wurde sie als klassisch sozialistische Urbanisation auf dem Reißbrett völlig neu angelegt. Gewissermaßen in einem Aufwasch verpasste man ihr auch gleich einen neuen Name: Titograd (ganz hinten in der serbischen und montenegrinischen Provinz findet man auch heute noch Richtungshinweise mit der alten Bezeichnung). 1992 verschwand dann mit dem Bürgerkrieg auch die letzte Reverenz an Tito, und die Wiedereinführung des alten, geografisch motivierten Names (pod gorica = „unter dem Berglein“) erforderte neue Briefbögen im Rathaus.
Beim Wiederaufbau nach dem Krieg wurde, wie auch andernorts im Ostblock, auf ästhetische Überlegungen keine Zeit verschwendet; in den Vorstädten reiht sich Wohnblock an Wohnblock, und im Stadtzentrum wird ein neues Hochhaus nach dem anderen aus dem Boden gestampft - auf dem Immobilienmarkt herrscht Goldgräberstimmung. Woher das ganze Geld kommt und warum es hierherkommt, ist nicht schlüssig zu erklären, aber es hat die Stadt in sehr kurzer Zeit maßgeblich verändert. Die postsozialistische Tristesse ist zumindest im Stadtzentrum innerhalb einer Dekade fast völlig überbaut worden. Vom historischen Kern am Zusammenfluss von Ribnica - im Sommer nur mehr ein dünnes Rinnsal - und der tief in den Fels eingespülten Morača ist nicht mehr viel zu sehen, und so muss Podgorica ohne eine wirklich gegliederte Struktur auskommen, nur grob lassen sich drei Schwerpunkte ausmachen: Die meisten Geschäfte und Ministerien liegen in Nova Varoš (Neustadt), am gegenüberliegenden Ufer befindet sich ein großes Plattenbauviertel mit vielen Wohnungen und den Instituten der Universität. Verbunden sind diese beiden Teile seit 2005 mit einer kühnen einhüftigen Schrägseilbrücke, der Millenium Most (Prahlbauten sind ganz offensichtlich kein Vorrecht des Sozialismus). Das Viertel am Südufer der Ribnica, Stara Varoš (Altstadt), wird überwiegend von Moslems bewohnt. Dahinter liegen die riesigen Felder des staatlichen Plantaže-Weinguts, die sich bis zum Skadar-See erstrecken. Weitere wichtige landwirtschaftliche Produkte in dieser äußerst fruchtbaren Ebene sind Obst, Tabak und Mais. Die dringend notwendige Bewässerung gewährleisten mehrere Flussläufe, neben den schon genannten sind das Zeta, Sitnica und - der schönste von allen - die Cijevna. Podgorica nennt sich deshalb auch gerne die „Stadt an den fünf Flüssen“. Nimmt man die schmale Mareza noch dazu, sind es sogar sechs.
Nach offizieller Statistik zählt die Stadt knapp 200.000 Einwohner, tatsächlich dürften es deutlich mehr sein. Ein Blick auf die Wellblechsiedlungen in den östlichen Randbezirken, wo immer noch viele Flüchtlinge aus den jüngsten Balkankrisen leben, macht schnell klar, dass an eine präzise Zählung kaum zu denken ist. Hinzu kommen die recht stark vertretenen Roma, deren Lebensweise sich einem korrekten Zensus ohnehin entzieht.Read more