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- Jul 17, 2024, 7:41 PM
- ☁️ 10 °C
- Altitude: 42 m
- NorwayFinnmarkNordkappSkarsvågStorvatnet71°6’27” N 25°48’38” E
Repvåg - Kirkeporten
July 17 in Norway ⋅ ☁️ 10 °C
Der Wecker steht auf 5 Uhr und eine halbe Stunde später geht es los. Wir haben das Nordkap im Blick, deswegen fällt das Aufstehen nicht so schwer. Der eigentliche Grund für den frühen Aufbruch ist aber *der Tunnel*. Seit Tagen schon ist er bei uns immer wieder Thema und auch bei Treffen mit anderen Radreisenden kommt er zur Sprache, und alle fürchten ihn. Der Nordkaptunnel ist 7 km lang und es geht 212 hm runter (unter den Meeresspiegel) und natürlich ebenso viel wieder hoch. Die Steigung beträgt ca. zehn Prozent. Er ist kalt und laut und generell schon kein Fahrspaß, aber besonders Angst macht natürlich die Vorstellung, die beiden Fahrspuren mit PKW, Bussen und LKW zu teilen. Durch das frühe Aufstehen hoffen wir, den Tunnel mehr oder weniger für uns allein zu haben.
Noch früher als wir startet der Radreisende aus Polen aus dem Nachbarzimmer. Er hat seine Packtaschen im Hotel gelassen und will die ganze Strecke hin und zurück an einem Tag fahren. wir holen ihn schon auf den ersten 25 km bis zum Tunnel wieder ein, wird bestimmt ein sehr langer Tag für ihn.
Nach etwas mehr als einer Stunde kommt endlich der Tunnel. Wir halten davor, ziehen uns warm an und machen Musik an. Johnny Cash beruhigt mich. Dann geht es bergab die Bremsen hören und fühlen sich gut und sicher an, zum Glück haben wir die Beläge noch gewechselt. Nach der Hälfte der Bergab- Strecke macht Ole Pause, um die Hände zu lockern. Unser Plan geht auf, wir haben im ganzen Tunnel weniger als eine Handvoll Autos. Es ist unangenehm, weil man sie ewig herannahen hört, aber dann überholen alle sehr korrekt und vorsichtig (wie erwartet eigentlich). Die Hälfte des Tunnels ist geschafft, jetzt geht es bergauf. Es ist trotz unserer dicken Übersetzung fahrbar, aber am Ende doch ganz schön anstrengend. In der Daunenjacke schwitze ich und Oles Handschuhe ziehe ich während der Fahrt aus, damit er den Lenker halten kann. Anhalten ist keine Option, es ist zu steil um anfahren zu können und schieben wollen wir auf keinen Fall. Als der Tunnel geschafft ist, fällt mir ein Stein vom Herzen und ich fühle mich, als wären wir schon am Nordkap. Sind allerdings noch über 1000 hm und 30 km…
Zunächst allerdings zeigt sich ein Seeadler und kleine Gruppen von Rentieren. Moment mal - wir sind doch hier auf einer Insel, wie kommen die denn hierher?
(Später lernen wir, dass sie auf dem Hinweg - abgemagert und geschwächt vom Winter - teilweise mit der Fähre fahren, aber zurück müssen sie schwimmen sie, dann sind sie nach dem Sommer in guter Form.)
Wir erreichen Honingsvåg und füllen unsere Vorräte auf: es ist der letzte Supermarkt vorm Nordkap, wo wir wild campen, aber dort nicht essen wollen, soll natürlich sehr überteuert sein. Schon auf dem Weg zum Kap entscheiden wir uns um: es ist sehr neblig, nass und kalt einerseits und durch die vielen Höhenmeter sind wir anderseits auch verschwitzt - Dusche heute Abend wäre doch schön. Also werden wir ein Stück wieder zurück fahren zum Campingplatz Kirkeporten.
Auf den letzten Metern zum Kap treffen wir noch paar Mal einen Bikepacker - bergab ist er schneller, bergauf wir. Die Stimmung auf der Straße ist allgemein gut. Womo, Motorrad oder andere Radfahrer - man winkt sich vielmals und zeigt Daumen hoch. Menschen aus ganz Europa kommen hier zusammen, neben Skandinaviern sind die meisten Deutsche, aber eben auch Italiener und Spanier, Schweizer, Franzosen etc. Alle haben eine weite Anreise und heute Scheißwetter, aber erstes ist man nicht überrascht darüber und zweitens ist es egal.
Dann sind wir oben. Ja, es ist ein tolles Gefühl, es hierhin geschafft zu haben - aber letzten Endes ist es auch nur ein Teil der Reise. Die Idee, sowie nach Norden zu fahren wie es geht, hat uns viele schöne Momente beschert und die Ankunft am Nordkap ist nur einer davon.
Widerwillig (“wenn wir schonmal da sind”) bezahlen wir jeder die 35 Euro, um in die Nordkap Hallen zu kommen. Dort verbringen wir fast fünf Stunden, in denen wir Postkarten verschicken, die kleine Ausstellung und den Film ansehen und Blicke in den Nebel nach draußen zu werfen. Der Globus ist fast immer wolkenverhangen, und wir machen ein paar von den typischen grauen Fotos.
Auf dem Rückweg nochmal ein Anstieg, am Ende haben wir 100 km und über 2000 hm mit voll bepacktem Rad bewältigt. Der Campingplatz hat Rentiere auf dem Weg zur Dusche und einen beheizten Aufenthaltsraum, in dem wir die Eindrücke vom Tag sacken lassen, zur Feier des Tages gibt es Nudeln mit Tomatensoße.Read more
Traveler Stark, ihr beiden! Das Lächeln!