Satellit
Vis på kort
  • Dag 32

    It's umbr-Ella season!

    15. oktober 2023, Canada ⋅ ☁️ 19 °C

    "Oh, wie schön ist Panama", betitelte Janosch einst eine Geschichte vom Bären und dem Tiger. "Oh, wie schön ist Kanada!", denke ich dagegen seit vielen, vielen Jahren, seitdem ich mich mit diesem Land beschäftige, der Heimat meines Lieblingssports Eishockey. Kanada stand so ziemlich ganz oben auf meiner "bucket list", oder Löffelliste, wie Mona es nennt. Also die Dinge, die man gesehen oder gemacht haben will, bevor man den Löffel abgibt. Ich konnte mir nichts Schöneres vorstellen, als Kanada im Herbst zu erleben, wenn sich das Laub und speziell die Blätter des Ahornbaums in Rot, Gelb oder Braun verfärben, die Sonne noch ein paar warme Strahlen schickt und alles in ein goldgelbes Licht taucht und dann vielleicht noch ein Reh, Elch oder Bär irgendwo über die Straße läuft. Genau dort wollte ich immer sein.

    Nun sind WIR hier! Das macht es natürlich umso schöner, wobei ich auf dieses von mir ausgemalte Naturszenario noch ein bisschen warten muss, denn zunächst steht nach San Francisco und Seattle die nächste Großstadt auf unserem Plan: Vancouver. Von Seattle nehmen wir dieses Mal kein Auto und kein Flugzeug, sondern steigen in einen der silbernen Amtrak-Züge. Wahrscheinlich hätten wir diese Art des Reisen schon viel früher genutzt, wenn es denn vernünftige Verbindungen gäbe. Die Amerikaner sind aber, noch viel mehr als die Deutschen, eine Autofahrernation. Zugfahren widerspricht ganz offensichtlich dem Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit. Und zudem herrscht der Eindruck vor, dass mit dem Zug nur diejenigen fahren, die sich kein Auto leisten können.

    Es gibt ein paar ganz tolle Strecken der Amtrak-Züge. So kann man von New York bis Miami oder von Seattle bis Los Angeles fahren. Wenn die Züge aber genauso langsam fahren wie unserer, dann ist das fast wie eine Fahrt mit der transsibirischen Eisenbahn von Moskau nach Wladiwostok. Mehr als viereinhalb Stunden braucht der Zug für die Strecke (230 Kilometer). Mit dem Auto wären es nicht mal drei gewesen.

    Unsere entschleunigte Reise war dafür sehr entspannt und unterhaltsam, weil wir einen sehr gut gelaunten und zum Scherzen aufgelegten Schaffner hatten, der uns nicht nur über die nächste Haltestelle, sondern auch über Sehenswürdigkeiten und Tiere in der Umgebung hinwies. Oft waren es Robben oder Seelöwen, denn die Zugtrasse führt über weite Strecken direkt am Pazifik entlang - wunderschön. Die Amtrak-Züge sind dagegen schon in die Jahre gekommen, aber noch ganz gut in Schuss. Wir sitzen vorne in einem Waggon, auf einem behindertengerechten Platz mit viel Freifläche, ideal für Ella und ihren Bewegungsdrang.

    Es gibt hier auch keine Koffer, die den Platz wegnehmen, denn das Gepäck muss im Voraus abgegeben werden, ähnlich wie beim Fliegen und für das Handgepäck gibt es auch klare Vorgaben. Wir drei genießen so den Freiraum, die Aussicht und die Ruhe, während der Zug langsam durch den Staat Washington gen Norden tuckert. An Bord gibt es selbstverständlich auch ein Bistro mit guter Auswahl und sehr humanen Preisen, so kostet der Kaffee hier nur 2,50 Dollar inklusive Tax. Leider ist es ein Starbucks Kaffee. Wir hatten es bis zu diesem Tag geschafft, dieser Kette aus dem Weg zu gehen, aber nun gab es keine Alternative. Ganz ohne Koffein ging es dann auch nicht.

    Ella genoss die Fahrt mindestens so sehr wie wir. Entweder gewann sie mit ihrem Lächeln die anderen Passagiere für sich oder sie tobte durch die Gänge unseres Waggons. Das alles war dann auch so anstrengend, dass sie recht schnell bei Mona in der Trage einschlief. Mona nutzte die Zeit zum Lesen, ich schaute mir währenddessen das Spiel meiner Fischtown Pinguins gegen Düsseldorf an - mit einem dramatischen, aber guten Ende für die Pinguine.

    Bereits im Zug füllten wir das Einreiseformular aus, das Visum hatten wir schon vor der Reise, und am Bahnhof in Vancouver angekommen ging dann alles auch recht zügig bei der Kontrolle durch die Grenzbeamten. Die Fahrt mit dem Uber von der Pacific Central Station zu unserer Unterkunft dauerte nur zehn Minuten und wir waren gegen 13 Uhr da - konnten aber erst eine Stunde später aufs Zimmer. Also gabs für Ella schon mal Mittagessen und danach kauften wir ein wenig ein, denn gerade Ellas Mittagsmenüs gingen zur Neige. Im Supermarkt stellten wir dann fest, dass es auch zwischen den USA und Kanada offenbar Unterschiede beim Kinderessen gibt. Die praktischen Menüs, die wir zuletzt immer gekauft hatten, gab es hier fast nicht. Ebenso hadern wir nach wie vor bei der richtigen Windelmarke, die meisten taugen hier nichts. Die Preise für viele Lebensmittel hier sind dafür nicht so hoch wie in den USA, aber nach wie vor viel höher als bei uns.

    Zurück im Hotel genossen wir dann zunächst mal die Aussicht, denn unser Apartment liegt im 10. Stock. Hier in Vancouver gibt es einige sehr hohe Wohnhäuser, besonders am Wasser stehen viele. Nachdem Ella das alles nochmal im Nachmittagsschlaf verarbeiten musste, gab es noch einen späten Ausflug zum Granville Island Market, einer Markthalle mit vielen Essensständen. Um dorthin zu gelangen, nahmen wir die wohl bisher kleinste Fähre unseres Lebens von False Creek Ferries. Die Überfahrt dauerte keine 3 Minuten und auf das Bötchen passen, mit Kapitän, auch wohl nur rund 10 Menschen. Uns, besonders Ella, hat diese Seefahrt auf jeden Fall sehr gefallen.

    Am Tag darauf sind wir direkt nach dem Frühstück zur Erkundung der Stadt aufgebrochen. Hier, wie auch schon in Seattle, ist der Herbst angekommen - in San Francisco schien dieser noch weit entfernt - und es regnete bereits seit Stunden, doch wir hatten ja unsere Regenjacken eingepackt. Da Ella aber in der Trage bei mir Schlafen sollte, war sie ohne hundertprozentigen Regenschutz. Nachdem wir mit dem Bus ins Viertel Gastown gefahren sind, klapperten wir daher die Geschäfte nach Regenschirmen ab. Im zweiten Souvenirgeschäft wurden wir fündig und waren fortan mit einem schwarzen und einem rot-weißen Kanada-Regenschirm unterwegs und so, wenn nicht bereits vorher, auch als Touris direkt erkennbar. Ella unter dem Umbrella konnte dann auch endlich gut geschützt einschlafen, während wir gemütlich eine Kaffee tranken und Gastown erkundeten.

    In Gastown, Downtown und Yaletown stehen viele Backsteinhäuser, oft sind es alte Fabrikgebäude, in denen nun kleine Geschäfte, Bäcker, Kaffeeröster, Brauereien und andere Unternehmer sitzen. Dadurch unterscheidet sich Vancouver auch von Seattle, wenn es sonst doch viele Ähnlichkeiten gibt, wie die Lage am Wasser, das Klima und die Einwohnerzahl. In Seattle haben Amazon, Google und Co. viele moderne Bürogebäude gebaut, in Vancouver wird offenbar mehr altes renoviert, so kommt es mir vor. Die Backsteinbauten in Seattle waren jedenfalls oft nicht so gut in Schuss. Glas-Beton-Bürotürme gibt es hier aber auch einige.

    Nach Gastown wollen wir Chinatown erkunden, doch montags haben hier einige Geschäfte zu und ähnlich wie der International District in Seattle ist es auch hier nicht so schön wie in San Francisco. Zumindest sieht es nicht so schön klischeehaft aus wie dort. Immerhin hat es zwischenzeitlich aufgehört zu regnen. Drum geht es gleich weiter zur Rogers Arena, der Spielstätte der Vancouver Canucks aus der NHL. Der Fanshop muss erkundet werden - ich sammle seit meiner NHL-Reise 2020 Pucks mit dem jeweiligen Teamlogo. Ella ist inzwischen wieder wach, scherzt mit Kunden und Verkäufern und macht auch sonst einen guten Eindruck. Wir gehen im Pacific Center etwas Essen und danach nach Yaletown. Alles lässt sich fußläufig gut verbinden.

    Dann entdecken wir einen Spielplatz, Ella hat ihren bunten Matschanzug an und ist überglücklich und freut sich auch über die vielen Kinder, die gerade hier herumtoben. Bis dann der Himmel wieder nasse Grüße sendet und die Regenschirme wieder gefordert sind. Wir spazieren im Regen nach Hause, machen uns dort eine Nudelsuppe und Mona und Ella nutzen die große Badewanne zum Aufwärmen. An diesem Tag haben wir wohl so viel gesehen, wie von keiner anderen Stadt bisher - trotz des Wetters!

    Am Tag darauf haben wir daher gar nicht mehr viel auf unserem Plan stehen. Die Wettervorhersage ist eigentlich gut, also wollen wir in den Stanley Park, dort gibt es einen großen Spielplatz und ein Brauhaus, in dem man auch gut essen können soll. Gesagt, getan: Von unserem Hotel laufen wir an der Küste entlang dorthin, Ella darf ein bisschen mit Oma und Opa aus Bremerhaven telefonieren und auf den Klettergerüsten turnen und auch rutschen. Dann regnet es wieder, also nichts wie ab ins Brauhaus. Dort teilen Mona und ich uns einen "Flight", vier Probiergläser mit verschiedenen Bieren und essen lecker und deftig. Anschließend gibt es einen Verdauungspaziergang im Park und von dort über die belebte Denman Street nach Hause.

    Am Abend, als Ella bereits schläft, feiern Mona und ich dann noch eine Premiere: Es gibt Poutine! Das ist das kanadische Volksgericht und besteht aus Pommes, Bratensoße und Käsebrocken. Klingt eigenartig, schmeckt aber hervorragend. Allerdings essen wir jeweils nur eine kleine Portion, weil das Mittagessen schon so schwer war. Den Salat, den wir am Tag zuvor noch gekauft hatten, gibt es dann morgen...

    ...dann beginnt zudem unser nächstes Abenteuer. Wir holen unseren zweiten Camper ab und haben diesen für zwei Wochen. Stay tuned!
    Læs mere