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- Day 371
- Tuesday, January 22, 2019
- ☀️ 26 °C
- Altitude: 72 m
MyanmarBagan Temple21°10’18” N 94°51’31” E
Geburtstagsklettern mit Terror-Touris

Kurz nach unserem einjährigen Reisejubiläum, feiere ich auch schon wieder Geburtstag. Den Zweiten auf Reisen. Letztes Mal in Uruguays Montevideo, dieses Mal in Myanmars Bagan. Und somit schon wieder nicht zu Hause bei Freunden und Familie. Schon traurig. Da helfen auch die geburtstäglichen sexuellen Gefälligkeiten nur bedingt. Aber sie helfen. Wie immer. Und dank Elektroscooter, Pizza und Vodka steigert sich die Stimmung im Laufe des Tages auf ein durchaus ansehnliches Niveau. Auf den letzten Metern helfen dann noch Tequila und Cohiba mit. Ich fands toll. Den Rest vom schönen Bagan und den einhundertsechsundvierzigtausendvierhundertzwölf Tempeln und Pagoden sollen der schönen Sue ihre schönen Fotos erzählen. Ich mag nicht mehr schreiben. Hab schliesslich Geburtstag. Verdammt nochmal.
Ok, eine Sache noch. Uns fällt auf, dass im heutigen Myanmar - wohl anders als in Thailand vor dreissig Jahren - relativ viel Angebot auf relativ wenig Touristen trifft. Trotz Hochsaison. Viele Restaurants sind leer und im Hotel in Inle Lake waren wir stellenweise die einzigen Gäste. Wie ein Tourguide erklärt, sind die Touristenzahlen rückläufig und man vermutet, dass das nach dem letzten grossen Erdbeben 2016 verabschiedete Verbot zur wilden Besteigung von Tempeln und Pagoden einer der Gründe sein könnte. Als ob Touristen in erster Linie hierher kommen, weil man hier noch auf religiösen Bauten rumklettern und Kulturgüter zerstören kann. Wir können den Mann beruhigen, daran liegt es wohl nicht. Das war in Thailand vor dreissig Jahren ziemlich sicher auch schon verboten. Die Geschichte mit den Rohingya dürfte da mehr Einfluss haben. Wir hatten uns deswegen selber überlegt, ob wir überhaupt kommen sollen. Nicht einfach für die Leute hier, die erst vor wenigen Jahren die ersten grossen Touristenströme erlebt, darauf reagiert und viel investiert haben und nun bereits wieder mit schwindenden Besucherzahlen kämpfen. Vielleicht merkt das die angeschlagene Regierung um Suu Kyi irgendwann auch noch. In der Zwischenzeit versuchen wir - zumindest in diesem einen Fall - das Richtige zu tun und klettern trotz Geburtstag nicht wie die vielen Terror-Touris auf irgendwelchen Pagoden rum. Denn trotz Verbot lässt man die Geld bringenden Touristen weiterhin gewähren und bestraft stellvertretend lieber einen lokalen Guide, sollte sich denn einer in der Nähe befinden. Lustige Welt.
Ach ja, da war noch was. Der eine Top-Türke wollte für eine abschliessende Beurteilung ja noch zusätzliche Fotos mit längerem Haar. Soll er haben. Und siehe da, trotz den neununddreissig Lenzen scheint plötzlich alles ganz toll in meinem Spenderbereich. Ha, sag ich doch! Verdammte Pfuscher. Also ab nach Ankara. Irgendwann.Read more
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- Day 373
- Thursday, January 24, 2019 UTC
- ☀️ 27 °C
- Altitude: 79 m
MyanmarUniversity of Mandalay21°57’32” N 96°5’21” E
Grosse Dinger und kleine Hände

Unser Schiff nach Mandalay macht um fünf Uhr dreissig die Leinen los. Das heisst wir lassen um vier Uhr dreissig das flauschige Kissen los. Verdammt. Einfach zu früh. Scheinbar auch für den Taxifahrer, der uns zum Hafen bringt. Obwohl das staubige Bagan seit Wochen keinen Regen gesehen hat, läuft der Scheibenwischer auf Maximum. Nach zehn Minuten ist das Ding dann aus. Wahrscheinlich kaputt. Aber hey, Mr Too Early hat uns nicht umgebracht und das Benzin ist ihm auch nicht ausgegangen. Von daher, voll erfüllt. Unser Schiff bietet Platz für sechzig Gäste. Es sind aber lediglich dreizehn Gäste an Bord, die auf der zwölfstündigen Fahrt von neun Crew-Mitgliedern betreut werden. Also auch hier Schwund. Gut für uns, weniger gut für andere. Mandalay gefällt. Es ist ziemlich laut, mit vielen Düften, hektisch und sehr lebendig aber (noch) nicht wirklich modern. Eben wie Thailand vor dreissig Jahren. Im Gegensatz zu Yangon gibt es hier zum Glück auch Mopeds und daher keine grossen Staus. Dafür sonst ein paar unfassbar Grosse Dinge. Also neben meiner Liebe zur schönen Sue. (Ich weiss, *kotz*)
Darunter das „Grösste Buch der Welt“ (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kuthodaw-Pagode). Die Seiten des Buches sind marmorne Steintafeln, die jeweils in einem eigenen schneeweissen Mini-Tempel stehen, allesamt gebaut rund um eine riesige güldene Pagode. Und ich dachte, Buddhismus kommt mit weniger Tamtam aus. Naiver Junge ich. Religion ist Religion. Noch grösser ist allerdings die komplett eingemauerte und von einem Wassergraben umschlossene Palastanlage in Mandalay. Mehr als fünf Mal so gross wie die „Forbidden City“ in Peking, China. Furchtbar gross. Dank marschierender Militärkapelle kommt bei unserer Ankunft für einen Moment sogar ein wenig Fasnachtsstimmung auf. Aber nur für einen Moment. Die Architektur Myanmars gefällt, insbesondere die teils komplett aus Holz gefertigten Kloster sind wirklich beeindruckend. Das Kombinieren von wunderschönen Stuckaturen, satten Farben und Unmengen an Gold mit furchtbar grellen und vielfarbig blinkenden LEDs führt allerdings unweigerlich und unverzüglich zu brachialem Brechreiz. Zumindest bei westlich-ästhetisch Empfindenden. Daran gewöhne ich mich die Tage definitiv nicht. Schrecklich. Einfach nur schrecklich. Wie Donald mit seinen kleinen Händen.
So, das wars mit Myanmar fka Burma. Die nächsten zehn Tage kommen Tandoori Chicken, Aloo Gobi und Garlic Butter Naan auf den Teller. Oder in die Schüssel. Mal schauen. So oder so, Bioflorin steht bereit.Read more

TravelerHoi zäme, habe mal wieder in Eurer Reise rumgestöbert! Mega Fotos allesamt. Geniesst es und kommt gesund zurück- wenn ihr überhaupt noch wollt. 😎😂! From Sarmenstorf with love! Koche dann mal wieder eine Brotsuppe für Euch! 🍵 Gruss Joe & Karin

Sue and PasciHmmm, Joe’s Brotsuppe ... 🤤🤤🤤 freuen uns, auch auf Euch! Bis im Sommer! LG aus Indien 😘
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- Day 380
- Thursday, January 31, 2019 at 3:45 PM
- ☀️ 31 °C
- Altitude: 6 m
IndiaCanacona14°59’51” N 74°2’1” E
Mein Hotspot macht Yoga

Warnung. Der Goa-Post ist lang. Wirklich lang. Kürzen wäre eine Option, aber ich bin einfach zu faul. Sorry. Kurt.
Leider gibt es keine Direktflüge von Myanmar nach Goa in Indien, wo wir eine ganze Woche faul am Strand liegen werden. Im Gegenteil. Unsere Reise führt über Bangkok und Chennai, wo wir die Zeit zwischen Mitternacht und fünf Uhr in der Früh verbringen. Und da diese Reise via Kiwi am Günstigsten zu haben war, haben wir nun drei einzelne Tickets für drei Einzelflüge. Toll. Toll bedeutet in diesem Fall anstatt easy Transfer von einem Gate zum nächsten, eine kleine Odyssee von Arrival Gate durch Immigration, Luggage holen, Customs, Transfer zum Departure Terminal, Checkin, Immigration, Security Check und ab zum Departure Gate. „Reisen“ eben. Die kurze „Übernachtung“ am Chennai Airport haben wir ausnahmsweise im Vorfeld abgeklärt und geplant. Der Flughafen verfügt über sogenannte Retiring Rooms, die spontan für ein paar Stunden Schlaf genutzt werden können. Am Tag vor unserer Reise checken wir nochmals, wo im Flughafen sich diese himmlischen Betten genau befinden. Das Internet antwortet: Closed due to renovation. Ach Menno! Noch ein Mal nach Plan reisen. Nur noch ein Mal.
Am Patnem Beach in Goa war ich vor über zehn Jahren das letzte Mal. Damals mit Toni D aka Xherdan aka Schaer Daniel, Röschti aka Markus Rost und CJK aka Dad Rode. Gab es damals eine Hand voll Restaurants und tagsüber kaum Menschen am Strand, stehen jetzt hundert(e) Liegestühle, Sonnenschirme und eben Menschen rum. Sogar Rettungsschwimmer gibt es jetzt. Ruhig ist es trotzdem noch, das Publikum relativ alt. Auch täglichen Stromausfall und das „Home“ - unsere damalige und von Röschtis Schulfreundin geführte Bleibe - gibt es noch. Sogar Swiss Röschti steht noch auf der stark gewachsenen Karte. Muss ich natürlich sofort haben. War aber früher besser. So wie des frustrierten Griesgrams ganze Welt. Unsere zum Glück nicht. Nein, in unserer spektakulären Gegenwart schauen wir nach vorne und suchen lokale SIM-Karten, damit wir uns mit den Daheimgebliebenen an allerlei wichtigen - und trotzdem dilettantisch, schwach und fernab jeglicher Fakten geführten und doch stellenweise unnötig erheiternden - WhatsApp-Diskussionen zum Thema Klimawandel beteiligen können. Ich weiss. Insider. Sorry, weiter im Text.
SIM-Karten haben wir bisher in jedem Land unkompliziert und schnell bekommen. Das sollte in einem globalen Tech-Hub wie Indien ja kaum anders sein. Sollte. Hier benötigt man neben dem Pass allerlei Dokumente und eine Aktivierung dauert fünf Tage. Wochenende und so. Da wir nur zehn Tage in Indien sind, ist das keine echte Option. Der lokale Vodaphone-Shop könne das vielleicht beschleunigen, aber vor Ort hören wir die selbe Story. Aber es gäbe in Palolem - ein Dorf beziehungsweise Strand weiter -, Travel-Agencies, die für verzweifelte Touris wie uns pre-activated SIM-Karten bereit halten. Vor Ort klappt die sofortige Aktivierung natürlich auch nicht. Sollen am morgigen Sonntag wieder kommen. Sonntag? Hm, ok. Am nächsten Tag ist die Aktivierung immer noch schwierig. Es sei eben Sonntag. Echt jetzt?! Wir sollen abends gegen Sieben nochmals kommen. Doch die SIM-Karten funktionieren auch bei der dritten Anreise nicht und ich bin pissed. Logisch. Wie soll man sich im schönen Goa am Strand entspannen und Ruhe finden, wenn man den ganzen Tag dem Zugang zum verführerisch hektischen Internet hinterher rennen muss. Scheiss Indien. Als sich nach erfolgreicher Aktivierung beim sechsten Anlauf herausstellt, dass es diverse unlösbare Verbindungs-Probleme mit iPhones(?!) gibt, gebe ich endgültig auf und die SIM-Karte zurück. Seither bin ich auch nicht mehr mit Beautiful Sue unterwegs. Sondern mit Hot(spot) Sue. Immer noch schön, aber primär ein Hotspot. Und mindestens so heilig wie die blöde Kuh daneben.
Damit sich die Tuktuk-Quittungen bei all dem hin und her nicht stapeln, mieten wir einen lässigen Scooter. Natürlich will der auch betankt werden. Auf dem Weg zur drei Kilometer entfernten Tanke kommen wir unverhofft in eine Polizeikontrolle. Ich bin ungewohnt ruhig, habe ich doch in der Schweiz in den letzten Jahren unterschiedliche Erfahrungen mit Uniformierten gemacht. Da gab es durchaus „interessante“ Kontrollen, bei denen die Polizei-Kadetten Ramon und Ramona aufgrund falscher Informationen in Zusammenhang mit meinem Namen dachten, sie hätten da gerade einen ganz dicken Fisch an der Angel. Dick war ich schon, aber darum ging es den Schwachmaten nicht. Die Verkehrskontrollen sind in der Folge furchtbar entgleist und Steffi Stauber vormals Lüthi darf gerne zur Objektivierung der dramatischen Geschehnisse kontaktiert werden. Nehme ich an. War ich vor der Kontrolle noch gänzlich unschuldig, habe ich mich im Laufe der Kontrolle verbal in vielerlei Hinsicht schuldig gemacht. Ramon der Arsch aber gefühlt auch. Egal, andere Geschichte aus einer anderen Zeit und hier in Indien fühle ich mich ungewohnt lässig. So ganz ohne Fahrausweis im Sack oder Helm auf dem Kopf. Der lokale Ordnungshüter wittert allerdings ein grosses Verbrechen. Wie Ramon dazumal. Da ich aber zu meinem eigenen Erstaunen einen Helm aus dem Mopedsitz zaubern kann - den ein anderer Polizist für mich öffnen muss, da ich offensichtlich zu doof bin - und mich als dummer Schweizer oute, will sich der indische Gendarm mit zweihundert Rupien in die Brusttasche zufrieden geben. Das sind knapp drei Stutz. Ich willige ein. Lächelnd. Bei Ramon endete das damals weniger entspannt und Steffi wurde vom leicht weniger bescheuerten Polizisten gebeten, nun bitte zügig weiter zu fahren. Ich hatte abschliessend und völlig zurecht noch versucht, Ramon dem beknackten Stinker ein paar Hunderternötli in seine hässliche Fresse zu werfen. Hoppla, das scheint emotional noch nicht ganz verarbeitet auf meiner Seite. Egal, lustige Zeiten waren das.
Indien ist zu Beginn also wirklich nicht gut zu uns. Heilige Scheisse, wie haben wir das nur verdient? Wobei hier sind ja die Kühe heilig, nicht die Scheisse. Die haben wir bisher aber nicht schlecht behandelt. In einem Steakhouse - die gibt es hier für heilige Touris trotzdem - waren wir auch noch nicht. Man beobachtet mitunter ja durchaus skurrile Kuh-Momente, wie Strassenhändler die ihre leckeren grünen Bohnen und Gurken verstecken, sobald eine Kuh in Sicht ist. Denn hat diese erst einmal begonnen, dem armen Farmer seine Ernte zu fressen, kann dieser nicht mehr viel tun, ausser zuzuschauen und hoffen, dass ihm nun wenigstens Shiva und der Rest der imaginären Götter-Gang gut gesonnen sind. Man erzählt auch Geschichten von Mopedfahrern, die mit einer der unzähligen wild und rücksichtslos die Strassen querenden Kühe kollidiert sind. Mittel bis schwer verletzt am Boden liegend und sich über die herbeieilenden Helfer freuend, muss die Realität ziemlich schockierend sein, wenn einen die Herbeigeeilten, anstatt zu verbinden und zu pflegen, ungefragt und brutal mit Stockschlägen malträtieren. Als ob man nicht schon genug Knochen gebrochen und Haut aufgeschlagen hätte. Ob die Geschichten stimmen? Keine Ahnung. Aber alleine die Existenz zeigt, dass die hiesige Bevölkerung und Kultur solche Szenarien als durchaus plausibel und akzeptabel betrachtet. Dann schon die nächste Überraschung. Die zehn Stutz „Nike“ von Sue sind weg und meine echten zweihundert Franken North Face stehen noch vor unserer Tür. Ich find sie trotzdem schön. Etwas grell, aber schön. Egal, Sue’s Fake-Sneakers sind weg. Gestohlen. Was ist denn bloss mit Shiva und dem scheiss Karma-Club los? Aber hey, wir können auch anders! Also ich, die kleine Sue traut sich irgendwie nicht. Ich für meinen Teil esse an dem Abend genüsslich ein saftiges Rindsfilet. Also ein Stück heilige, indische Kuh. Medium-rare. Nimm das, Karma!
Den nächsten Tag verbringe ich über weite Strecken auf dem Klo. Scheiss Karma. Also nicht „Scheiss-Karma“, sondern „scheiss Karma“. Egal. Bioflorin habe ich dank der lieben Nadja ja noch vorrätig. Also gut möglich, dass ich heute noch mehr Steaks verputze. Oder auch nicht. Wir gönnen uns zur Kompensation - und einfach weil es geil ist - eine indische Verjüngungsmassage. Und so liegen wir nebeneinander und nur durch einen Vorhang getrennt auf unseren Massageliegen, als zur Halbzeit die Aufforderung zum Umdrehen kommt. Sues nette und zierliche Masseuse fragt sogleich, ob sie den ganzen Oberkörper massieren soll. Die braun/weiss-gestreifte Sue hat nichts dagegen, ist ja eine Frau. Beim Entblössen der Hupen - tschuldigung, Brüste - entfliegt der Masseusin allerdings ein unerwartetes und leicht irritierendes: „cute“ (also süss/niedlich). Sehr professionell die Kleine. Wirklich sehr professionell. Trotzdem lustig, finde ich. Sue weniger. Ich bin also doppelt froh, durfte ich meine Boxershorts anbehalten. Will gar nicht wissen, was die total professionelle Reaktion auf mein Blankziehen gewesen wäre. Oder doch? Ich denke es wäre ein „wow“ oder ein „oohh“ geworden. Sue weniger.
Wie schon in China entscheiden wir uns, den diebischen Verlust - in diesem Fall billige Fake-Schuhe und keine teure GoPro - zu rächen, indem wir das Geheimnis der hiesigen Küche stehlen und mit nach Hause bringen. Mein Hotspot und ich melden uns also bei Rahul für einen abendlichen Kochkurs an. Vegetarisch soll es sein. Rahul entpuppt sich als typischer Chaos-Koch, der fehlende Technik und Präzision - seine Kochkunst stammt nach eigenen Aussagen von „learning by doing“ - mit Geschwindigkeit und Theatralik wett macht. Meine Fresse, so wie „Salt Bae“ (https://g.co/kgs/AiWRjN) beim Würzen von Fleisch mit grober Streuung rumsaut, hantiert unser „Koriander Bae“ mit sämtlichen Zutaten. Die Küche sieht schon nach wenigen Minuten aus wie Sau und nur dank drei(!) Helfern die ununterbrochen abwaschen und putzen, ist ein Kochen überhaupt noch möglich. Nicht mein Stil. Aber es geht ja ausnahmsweise nicht um mich. Nein. In der indischen Küche geht es in erster Linie um die Gewürze. Angefangen beim Garam Masala, welches Köche - und Koriander Bae - aus bis zu fünfzehn Gewürzen gerne selber machen. Darunter Kümmel, Koriander, Chili, Pfeffer, Kurkuma, et cetera. Ohne ein gutes Garam Masala würde ein guter Koch - und Koriander Bae - gar nicht erst anfangen zu kochen. Die Aussage erinnert mich an eine Situation mit dem Stauber Robin und dem Fönz aka Fischer Rene, als wir uns - kaum konnte man sich all den Scheiss leisten, den man(n) als Kind immer wollte - beim Hässig Modellbau benzingetriebene Modellautos kauften. Zum Schluss fragt der umtriebige Verkäufer, ob wir denn schon „Loctite“ hätten. Wir hatten keinen Schimmer, was der gute Mann meint. Ohne Loctite würde er gar nicht erst anfangen, ein Auto zusammenzubauen. Denn das Zeug sorgt dafür, dass sich die verbauten Metallschrauben auch bei starken Vibration nicht wieder von selbst lösen. Fönz, der sein Modellauto wenige Tage vor uns gekauft und in Windeseile montiert hatte, machte grosse Augen und wusste nun, wieso seine lahme Karre schon nach der ersten Fahrt fürchterlich schepperte und sich ab Fahrt zwei selbst zerlegte. Schnell war seine Schneeflocke auch mit Loctite nicht, aber immerhin konnte er nach der zweiten Montage ein wenig hinter der hochgetunten Impreza-Gang herfahren. Jungs eben.
Hat man sein Garam Masala zur Hand, kommen neben reichlich Salz nochmals Kümmel - gemahlen und als Samen -, Koriander - gemahlen, als Samen und frisch -, Chili - frisch, getrocknet und als Pulver -, Kurkuma, noch mehr Kurkuma und sonst ein Haufen stark riechendes Zeugs dazu. Zum Schluss streut Koriander Bae auch gerne noch ein bisschen Tandoori Chicken Gewürz darüber. Genau, eine Mischung aus Kümmel, Koriander, Chili, Kurkuma, et cetera. Ein kaskadiertes und sich überlagerndes Gewürzchaos also. Hauptsache Koriander Bae kann wild fuchtelnd fünf Mal Kümmel, sieben Mal Chili und fünfzehn Mal Kurkuma über die Pfanne, die ganze Herdplatte, die Anrichte und den Boden schmeissen. Ach ja, Zwiebeln, Tomaten und Knoblauch sind auch immer drin. Immer. Bei Koriander Bae gerne auch daneben. Verdammter Schweinestall. Die Zutaten präsentieren sich in Indien also etwas umfangreicher als in der chinesischen Küche, wo dank Hitze und Fett in erster Linie die Hauptzutaten zur Geltung kommen. In Indien spielt die Entscheidung für Hühnchen, Tofu, Paneer (Käse) oder Pilze keine grosse Rolle, später als Curry schmeckt der ganze Quatsch sowieso gleich. Aber auch in Indien gibt es eine Geheimzutat, von Koriander Bae vielsagend „Magic Masala“ genannt. Genau. Butter. Einfache, leckere Butter. Das ist also in allen Küchen gleich. Und wie der Robin, der Moli und ich, liebt auch Koriander Bae sein Magic Masala, welches mit furchtbar grossen Löffeln in der Pfanne landet. Geil. Damit rettet sich Koriander Bae gerade noch so über die Ziellinie und bekommt zum Schluss ein knappes „erfüllt“ von mir. Die versaute Butter-Bitch.
Wir sind auch nach über einem Jahr noch offen für Neues und um das zu beweisen, besuchen wir in Goa auch noch die erste Yoga-Lektion unseres Lebens. Und ich würde sagen, Lektion gelernt. Ich hatte so etwas wie Eric Prydz’ „Call On Me“ (https://g.co/kgs/CUgSTh) erwartet, einfach weniger hektisch. Und siehe da, ich bin tatsächlich der einzige Mann in der Runde. Allerdings liegt unser kleines Sechsergrüppchen nebeneinander vor dem Jogi - und im Altersschnitt weit über mir -, womit meine Aussicht nicht wirklich erwähnenswert ist. Ich hätte natürlich sowieso nur Augen für Sues Arsch gehabt, hätte ich irgendwo die Kraft zum Gaffen gefunden. Yoga ist echt anstrengend und dank antrainierter Unbeweglichkeit stellenweise ziemlich schmerzhaft. Das wäre was für den Taeschler Marc, der bei durchgestreckten Beinen nicht einmal seine Kniescheiben streicheln kann. Zur Halbzeit starten Übungen, bei denen die Beine über und hinter dem Kopf baumeln. Eingeläutet mit einer Art Kerze. Da war dem fürsorglichen Jogi aber wohl schon klar, dass das für den überlangen Neuling aufgrund Hebelwirkung, drei sich aus dem Staub gemachten Bandscheiben und sichtbar fehlender Rumpfmuskulatur durchaus gefährlich werden könnte. Bis zu dem Zeitpunkt habe ich meine Sache trotz arg eingeschränkter Dehnbarkeit gar nicht schlecht gemacht. Finde ich. Aber als ich mich versuche zu besagter Kerze aufzurichten, steht der Globi schon neben mir und meint mit indischem Kopfwackler: „don‘t, my friend, don‘t, just ... just bend your knees. It‘s ok. Just bend your knees.“ Echt jetzt? Ich bend dir gleich deine knees! Wobei, ich bin zu dem Zeitpunkt eigentlich ganz froh, schon ein wenig erschöpft. Und so lasse ich meine angewinkelten Knie wortlos und sanft zu meinen Ohren fallen, rieche an meinen Cochones und warte bis die geübte Damenwelt - und Hotspot Sue - ihre dämliche Überkopfakrobatik abgeschlossen hat. Die letzten zwanzig Minuten liegen wir regungslos auf dem Rücken und relaxen ein Körperteil nach dem anderen. Da kann ich echt nochmal alles geben und der Jogi scheint zum Schluss doch noch zufrieden mit mir. Sag ich ja. Genau mein Ding, dieses Yoga. Genau mein Ding.
Ein grandioses Garlic Cheese Naan und zwei Tandoori Chicken Tikkas später ist die Woche auch schon wieder rum und wir erneut auf der Flucht vor der Realität, in der wir wohl nicht den Rest unseres Lebens am Strand liegen und uns drei Mal täglich die Bäuche mit indischen Leckereien vollschlagen können. Schade. Mal schauen was in Mumbai so los ist.Read more

Sue and PasciWahrscheinlich hat ihr Koriander Bae gerade irgendwelches Kurkuma über die FlipFlops gestreut ... 😄
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- Day 384
- Monday, February 4, 2019
- ⛅ 32 °C
- Altitude: 23 m
IndiaFlughafen Mumbai19°4’34” N 72°52’40” E
Sackläuse zum Abschied

Vier Uhr morgens. Der Wecker ruft. Die Frisur sitzt. Also meine. Sue wirkt etwas zerzaust. Wir müssen trotzdem los, der Zug wartet bekanntlich nicht. Aber verspäten tut er sich natürlich gerne, der miefige Koriander Regio Express. Schnellzug geht anders, aber wir wollen ja was vom Land sehen. Runtergekühlt auf Eiszeit, wie sie aktuell in Amerikas Norden herrscht, tingeln wir in Richtung Mumbai. Ich schaue mir das vorbeifahrende, aufwachende Land an und die zerzauste Sue erholt sich von der anstrengenden Woche Strandurlaub und pennt. Wir sind offensichtlich die einzigen Touris im ganzen Zug - auf der Suche nach unseren Sitzen, weiss der Kontrollör sogar ungefragt meinen Vornamen - und spürbar aussergewöhnlicher als noch in Goa am Strand. Kaum ist die zerzauste Sue aufgewacht, schleicht sich auch schon ein Creep mit komisch wirrem Blick an, verwickelt die Schöne in ein banales Gespräch und will sie dann heiraten. Von mir will der Komiker Geld, Kekse, mein Hawaii-Cap und nochmals Geld. Und natürlich meinen schönen Hotspot. In der Reihenfolge und in vollem Ernst. Ich gewähre ihm nichts davon. Der frechen Sau. Zum Glück scheint der Rest der Mitfahrenden weniger aufdringlich und teilweise sogar freundlich. Zumindest im Ansatz.
Freundlich ist auch der Taxifahrer am Bahnhof in Mumbai. Jaja, nach Taxometer fahren. Kein Problem. Im Taxi stimmt auch die Grundtaxe von zweiundzwanzig Rupien auf der Anzeige. Man schätzt, die Fahrt von drei Kilometern würde etwa siebzig Einheiten kosten, also etwa eintausendfünfhundert Rupien. Das sind mehr als zehn Mal so viel, wie ein Taxi mit vier Rädern kosten sollte!?! Den Taxometer-Revisor würde ich gerne kennenlernen. Oder auch nicht. Verdammte Abzocker. Wirklich verstörend ist die Tatsache, dass die beiden Herren auch nach unserer klaren Absage noch minutenlang und mit den wildesten Argumenten versuchen, uns von der Richtigkeit ihres Fahrpreises zu überzeugen. Wie The Donald mit seiner beknackten Mauer. Wir erzwingen einen sofortigen Shutdown beziehungsweise eine sofortige Rückkehr zum Bahnhof und bestellen ein Uber.
Auch sonst sehen wir hier kaum ein freundliches Gesicht. Es fällt auf, dass auch die Inder untereinander ziemlich unfreundlich sind. Zumindest im privaten wie auch öffentlichen Verkehr. Komische Vibes in diesem Mumbai. In kaum einer Stadt ist der Gegensatz von arm und reich so gross wie hier, was der Film und Oscargewinner Slumdog Millionaire eindrücklich zu porträtieren wusste. Also gut möglich, dass eine grosse Mehrheit hier einfach nichts zu lachen hat. Trotzdem, wir sind ein wenig enttäuscht. Ein Lächeln kostet bekanntlich nichts und hat universelle Wirkung, auch auf einen selbst. Nach den leichten Anfangsschwierigkeiten lächle ich einfach umso mehr. Ist ja bekanntlich auch hoch ansteckend. Wie Syphilis und Sackläuse. Einfach beliebter.
Und siehe da, meine Sackläuse verbreiten sich ziemlich schnell. Sue lächelt bald auch mit. Andere auch. Wir lassen uns ausserdem von Studenten durch Central Mumbai, Dharavi - der dichtbesiedeltste Slum der Welt - und das beliebteste Street Food Mumbais führen. Spannende Stunden mit deutlich besseren Vibes. Die Stadt mit über zwanzig Millionen Einwohnern ist definitiv zu crazy. Ein einziges, riesiges und ziemlich verdrecktes Chaos. Aber es funkioniert. Irgendwie. Auf unzähligen Plätzen aber auch sonst auf jedem freien Fleck und in jeder (wenig befahrenen) Strasse wird Cricket gespielt. Kein Wunder ist Indien der unangefochtene Meister. Weltweit. Wir sind ja eher Meister des Hobby-Modellstehens und als exotisches Sujet sind wir hier mehr gefragt denn je. Die verdammten Sackläuse sind einfach nicht mehr zu stoppen.
Wir wohnen nicht in einem richtigen Hotel. Ist mehr eine moderne Wohnung mit Zimmern, die einzeln vermietet werden. Rajeesh ist unser nepalesischer CareTaker. Eine Mischung aus Receptionist, Frühstückskoch und Junge für alles, der ebenfalls in der Wohnung haust. Eigentlich ganz sympathisch, wenngleich die Privatsphäre etwas kurz kommt. Er sitzt meistens auf dem Sofa und daddelt auf dem Handy rum. Aber als er Hotspot Sue beim Wäscheaufhängen - ich hatte wichtiges Business, um das ich mich vom Bett aus kümmern musste - zur Hand ging und ziemlich creepy seine unerschütterliche Liebe gesteht, wird es etwas zu viel des Guten. Zu viel Sackläuse. Eindeutig zu viel. Mit etwas Glück überleben wir aber auch die letzte Nacht in Creepy Rajeesh’s Wohnung, bevor das Thema Asien für den Moment abgeschlossen ist und wir uns auf den Weg nach Südafrika machen. Es wird geheiratet!Read more
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- Day 389
- Saturday, February 9, 2019
- ☀️ 30 °C
- Altitude: 208 m
South AfricaBanghoekrivier33°53’4” S 18°58’7” E
Pascale scheisst Tauben ... ähh schiesst

Wie schon für die Reise von Mandalay nach Goa, bietet die versammelte Zivilluftfahrt auch von Mumbai nach Kapstadt keinen Direktflug. Pfeifen. Wir betreten darum Boden in Abu Dhabi und Johannesburg. Ausserdem markiert diese Weiterreise einen neuen Rekord, denn sie beginnt mit dem verhassten Wecker um ein Uhr dreissig in der Früh. Unglaublich. Ich bin mir gar nicht sicher, ob noch „Heute“ oder schon „Morgen“ ist. Ich bin mir hingegen ganz sicher, dass ich in beiden Welten hundemüde und ziemlich pissed bin. Aber egal, vierundzwanzig Stunden später stehen wir in Kapstadt am Gepäckband. Und eine weitere Stunde später in unserem Airbnb in Green Point. Es geht um nichts Geringeres als Hochzeitsvorbereitungen. Und nach Wochen voller asiatischem Essen freuen wir uns auch einfach wieder auf Wein und Fleisch am Stück. Grosse Stücke. Tipps zu Südafrika haben wir auch viele erhalten, darunter ein umfangreiches Mail von Sues Tante Renate. Und ich zitiere: „Herzliche Grüsse auch an Pascale, ich bin gespannt was er dazu schreibt.“ Hm, da gibt es eigentlich nicht wirklich viel zu schreiben. Klar, „Pascal“ mit dem Präfix „Turbo“ ist eine etwas veraltete Programmiersprache. Und „Pascal“ mit dem Suffix „e“ ... ist ein Mädchen. Aber sonst? Sonst weiss ich gerade nicht was schreiben. So oder so, ein herzliches Dankeschön für die vielen wertvollen Tipps! Renato.
Robyn und Simon haben wir auf unserem Cruise durch die Galapagos Inseln kennen und lieben gelernt. Er aus Schweden, sie aus Südafrika und beide ziemlich genau auf unserer Wellenlänge. Folglich traf man sich zuerst in Bogota und dann in und um Medellin nochmals. Und da sich die beiden eben erst verlobt hatten und - nach eigenen Aussagen - ein paar der schönsten Tage ihrer Reise mit uns verbrachten, schafften wir es unverhofft als „special guests from Switzerland“ auf die Gästeliste dieser Vermählung. Die Tage in Capetown dienen der Vorbereitung und der Junggesellen/innen-Abschiede. Den Anfang machen die Mädels und während Sue - mittlerweile dunkelblond und daher beinahe wieder Single - on Tour ist, beschäftige ich mich mit Shopping. Die funktionale Wanderkleidung aus meinem Rucksack eignet sich nicht für eine noble Hochzeit bei über dreissig Grad. Hat man mir erklärt. Also gut. Und da heute Mädelstag ist, lasse ich mich ausnahmsweise zu mädchenhaftem Shopping hinreissen. Soll heissen, ich kaufe nicht die ersten Teile die mir gefallen und total gut stehen, sondern ich „schaue weiter“, denn ich könnte ja noch „etwas Besseres“ finden. Resultat? Vier Stunden anstelle von fünfzehn Minuten unterwegs und in der Einkaufstüte steckt trotzdem das allererste Outfit. Ich hab schon wieder tierisch Durst. Verdammte Zeitverschwendung.
Die Bachelor-Party tags darauf startet um halb Elf. Der Treffpunkt ist eine Bäckerei und ausser Simon kenne ich erst einen der Typen. Der Dress-Code besagt Khaki-Shorts, weisses Hemd und wenn möglich eine Kopfbedeckung. Das macht es etwas einfacher. Stelle mich also einfach zu den zwei Typen in Khaki-Shorts und weissen Shirts und beginne mit Smalltalk. Die zwei Arschgeigen geben sich allerdings äusserst ablehnend und für die bereits leicht genervte Frage, woher sie denn das Brautpaar kennen würden, ernte ich nichts als ratlose Blicke. Man wisse weder etwas von einer Hochzeit noch von einer Bachelor-Party. Ups, nicht Teil der Gruppe? Und tschüss. Guter Start in den Tag, der sich in der Folge dank der für solche Anlässe typischen Routine „Saufen, Fressen, Fun, Repeat“ prächtig entwickelt. Kurz vor dem ernsthaften Betrinken, steht noch Tontauben-Schiessen mit Shotgun auf dem Programm. Da freuen sich die ganzen Wikinger und Grosswildjäger wie kleine Kinder. Der Pazifist in mir will kotzen. Der Narzisst in mir lässt das aber nicht zu. Schliesslich ist das ein Wettkampf. Nach der ersten Runde nennt man mich - wie schon in der Schweiz - „Mr 50%“. Hier hat das aber wenig bis nichts mit der samstäglichen Jagd nach Coop’s Topware zum halben Preis zu tun, sondern mit der erfolgreichen Jagd auf fliegende Tonscheiben. Fünfzig Prozent bedeutet Platz Eins. Und ein äusserst schmerzender Oberarm. Schau Foto. Endlich zahlt sich die Sniper-Ausbildung der Schweizer Armee aus. Stimmt natürlich nicht, ich war ein harmloser, pazifistischer Lastwagenfahrer mit miserablen Sehwerten, der Kollegen zum obligatorischen Schiessen schickte. Trotzdem steigere ich in Runde Zwei die Trefferquote auf knapp über fünfzig Prozent und die Verfärbung des Oberarms auf blau/schwarz. Das bedeutet Gesamtsieg. Mit Abstand. Und siebzehn traurige Wikinger. Verdammte Holzfäller.
Wir haben uns im Vorfeld - und auf Anraten von CIA-Ben - Trevor Noah’s Buch „Born A Crime“ besorgt. Als Hörbuch. Selber lesen ist ja total Nineties ... Das Buch gibt interessante Einblicke in die Zeit der Apartheid, zu welcher es ein Kind einer Schwarzafrikanerin und eines Schweizers gar nicht hätte geben dürfen. Aufgewachsen in Johannesburg, ist Trevor heute einer der erfolgreichsten Comedians und Host der amerikanischen Today Show. Ich komme also in diversen Gesprächen nicht darum herum, das Thema Apartheid anzusprechen. Auch wenn ich ehrlich gesagt das Gefühl habe, dass dies hier eines dieser Tabus ist, welches man erst nach Wochen des Kennenlernens und in kleinem, privaten Rahmen diskutiert. Wenn überhaupt. Aber was kümmern mich Konventionen und Tabus? Ich bin jetzt hier und es interessiert mich. Wirklich. Insbesondere wenn wir in Südafrika eine Hochzeit in fast ausschliesslich weisser und offensichtlich hervorragend situierter Gesellschaft feiern. Und zu meinem eigenen Überraschen, schien niemand wirklich angepisst ob der Fragen. Immerhin. Die konkreten post-Apartheid Probleme verstehe ich dennoch nur im Ansatz, konkrete Lösungen für die nach wie vor massiv gespaltene Gesellschaft Südafrikas noch weniger. Man hört in Gesprächen regelmässig die Begriffe der „do haves“ und „don’t haves“ und die damit verbundene Herausforderung, den Wohlstand gerechter zu verteilen. Wie so oft scheinen Korruption und fehlende Bildung die grössten Hürden. Und auch wenn man diese Probleme in den Griff bekommen sollte, wird es noch viele Generationen brauchen, bis sich diese ehemalige und wohl beispiellose Trennung von Rassen und folglich Wohlstand allmählich verwäscht. Bis es so weit ist, wird hier in Boschendal fleissig geheiratet. Ganz in weiss. Logisch.
Die Zeremonie ist schlicht und doch kraftvoll. Der Emo in mir kämpft schon bei den Heiratsschwüren mit der Fassung und findet den Höhepunkt seiner Zerbrechlichkeit bei der Rede des Brautvaters, als dieser neben diversen Gästen noch dieses „very special Swiss couple“ erwähnt, das noch immer auf Reisen ist und wohl vieles richtig macht im Leben. Das ausgesprochene Geburtsglück, das uns alle hier verbindet, bleibt auch bei dieser Gelegenheit unerwähnt. Egal, die Tränen kümmert das wenig und ich behalte meine Sonnenbrille noch etwas an. Total cool eben. Die Location hier in Boschendal ist wirklich wunderschön. Der Hochzeitsbrauch, dass auch Gäste im Laufe des Abends gewisse Unterhaltungsblöcke darbieten, scheint hier aber nicht bekannt. Es gibt also lediglich Ansprachen der Familie und des Bräutigams. Mir reicht das nicht und mit ernster Miene überzeuge ich Ramy - ein in New York wohnhafter Kanadier mit persischen Wurzeln - davon, dass unser Tisch nach der Hochzeitstorte einen Showblock zu füllen hat. Er glaubt mir. Ich schlage vor, er singt. Zu meiner Überraschung gefällt ihm die Idee. Irgendwie. Die Torte ist längst vergessen, als die Küche um Mitternacht und dann gegen ein Uhr nochmals Bretter voller Pizza-Slices serviert. Ich bin soo glücklich. Wahnsinn. Quasi der Höhepunkt der ganzen Festivitäten. Und um zwei Uhr schlägt dann tatsächlich noch Ramys Stunde, den die eingepflanzte Idee von Frank Sinatra nicht mehr losgelassen hat. Lediglich acht Leute feiern noch, aber das ist sein Moment. Wie sich herausstellt und das Video beweist, ist der kleine Perser Karaoke-Profi und seine 2am-Version von Franky’s My Way ziemlich beeindruckend. Vielleicht werde ich nach unserer Rückkehr also Talents-Scout. Vielleicht aber auch nicht.Read more
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- Day 394
- Thursday, February 14, 2019
- ☀️ 29 °C
- Altitude: 74 m
South AfricaCaesar’s Dam33°31’23” S 25°42’31” E
Liebe des Lebens

Wir machen uns also auf den Weg in die fünfhunderteinundzwanzig Kilometer entfernte Plettenberg Bay, wo wir mit etwas Glück auf ein weiteres Stück Heimat treffen werden. Die erste Nacht nach den ganzen Hochzeitszechereien verbringen wir im beschaulichen Hermanus bei der wohl fettesten Katze überhaupt. Wie Garfield, aber wirklich Fett. Ausserdem folgen wir Renatos ... ähh Renates Restaurantempfehlung für die Bientang‘s Cave. Coole Location. Kaum verlässt man die urbane Region um Kapstadt und folgt der Garden Route, fängt auch schon das Wildlife an. Afrikanische Murmeltiere, diverse Laufvögel und Strassen voller Paviane. Nach einer Nacht zu Steak und Wein in Mussels Bay - fette Katzen habe ich keine gesehen - und einem mehrstündigen Hike um den wunderschönen jedoch übel stinkenden Robberg ist es soweit, wir schliessen ein Stück Heimat in die Arme. Nein, keine Cervelat. Aber Steffi und Willy, die wie jedes Jahr hier in den Ferien sind. Und guess what ... sie werden im nächsten Februar genau hier die Liebe ihres Lebens heiraten. Wir kommen also wieder! All you need is love, bäbäbärä-bää ...
Wir dürfen uns einen Tag bei Freunden von Willy und Steffi einnisten und als ob dies die Backpacker-Welt nicht schon genügend erhellt, laden uns die beiden auch noch zu einem abendlichen Dinner der Extraklasse ins Zinzi auf dem Hunter‘s Estate ein. Ihr Lieblingsrestaurant in Plett und fast zu gut um wahr zu sein. Oberste Liga. Alles absolut perfekt. Doch es kommt noch dicker. Nein, keine Katzen. Aber dieses Plettenberg hat noch mehr Magie zu bieten: Waschechte Cervelats! Die Liebe meines Lebens. Zusammen mit Sue. Quasi eine „ménage à trois“. Die heissen im lokalen Feinschmeckerladen zwar „Knackwurst“, sind aber definitiv das selbe. Hundert Prozent. Das Rezept ist gestohlen, da bin ich mir sicher. Ich kaufe kurzerhand zehn Würste. Die erste Portion pures Glück verschwindet schon bevor der ebenfalls traumhafte Fleischkäse fertig geschnitten und auf der Waage liegt. Ich bin im Siebten Himmel. Nach einer kurzen Kinderkleiderverteilaktion und einem gemeinsamen Frühstück mit Aussicht heisst es aber auch schon wieder Goodbye. Goodbye good ol‘ Switzerland. Willy und Steffi haben noch ein paar Hochzeitsvorbereitungen zu erledigen und uns treibt es weiter ans Ende der Garden Route. In den Addo Nationalpark - Heimat mehrerer hundert Elefanten. Die haben wir noch nie in freier Wildbahn gesehen. Ist aber ein ziemliches Stück zu fahren und ich hoffe wir haben genügend Cervelats dabei. Sonst dreh ich um. Ohne Diskussion.
Untypisch für uns zwei Planungshasen haben wir im Addo nix gebucht. Die geplante Sunrise-Tour am Folgetag ist demzufolge schon ausgebucht - ich fand neun Uhr von Anfang an sympathischer - und Unterkünfte in der Nähe offensichtlich auch. Wir versuchen unser Glück noch bei einigen Guesthouses, fahren nach dem dritten Fail aber ins fünfundvierzig Minuten entfernte Colchester. Die kürzere Google-Maps Variante ist eine unbefestigte Schotterstrasse und ohne es zu wissen, führt uns diese ein Mal quer durch den Nationalpark. Umsonst. Kaum durchs Tor und ohne Vorwarnung stolzieren sie auch schon alle an uns vorbei - Elefanten, Zebras, diverse Antilopen und Hirschgetiere, Wildschweine, Büffel, Sträusse, et cetera. Einzig Löwen sehen wir keine, trotz Cervelat-Duft im Auto. Die geführte Tour um neun Uhr morgens machen wir trotzdem noch und da die tierliebe Sue immer noch nicht genug hat, fahren wir in der Folge noch einige Stunden auf eigene Faust durch den Park, wo diverse Tierkinder Sues Herz höher schlagen lassen. Wie sich aber zeigt, sehen wir weit weniger Tiere, als auf unserer Gratis-Tour tags zuvor. Ist also irgendwie wie beim Shopping, man(n) sollte das Erste nehmen das gefällt und dann gut sein lassen. Aber egal. Solange die Liebe meines Lebens mit im Auto ist, ist alles andere sekundär. Und so mampfe ich genüsslich eine Cervelat, während wir uns wieder in Richtung Kapstadt machen. Ach ja, Sue sitzt natürlich auch im Auto.Read more
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- Day 398
- Monday, February 18, 2019
- ☀️ 32 °C
- Altitude: 497 m
South AfricaMiddagkransberg33°54’7” S 19°8’57” E
Stille Reserven

Wir sind nach all den putzigen Tierchen schon wieder auf dem Rückweg nach Kapstadt und machen Halt in der Jeffreys Bay, wo es die erste Cervelat auf den Grill schafft. Schon geil, aber ich bevorzuge kalt. Sue nach eigener Aussage auch - als ob dies eine Rolle spielen würde. Das Paradies für Sue hat sowieso viel weniger mit himmlischen Wurstwaren und viel mehr mit vögeln ... ähh Vögeln zu tun. Und so steuern wir ihr zuliebe das Birds of Eden an. Neben allerlei einheimischen Vögeln findet man in dieser Megavolière auch diverse Papageien, die irgendjemandem dermassen auf den Sack gegangen sind, dass sie irgendwann hier abgegeben wurden. Wir finden sogar eine kleine Gruppe Flamingos. Das würde der Mia also auch gefallen. Ja vielleicht war sie sogar schon hier. Wahrscheinlich aber nicht, denn es gibt hier auch zahlreiche Schleiervögel, die ihr Gesicht beim Balzen hinter einem gefiederten Schleier verbergen. Mit Religion hat dies wohl nichts zu tun. Die Viecher haben also entweder einfach zu wenig Selbstbewusstsein oder eine wirklich hässliche Fresse. Schwer zu sagen, auf jeden Fall nix für Burkagegner dieses Birds of Eden. Muss Mia eben alleine kommen.
Nach einer kurzen Tasting- und Tapas-Pause treibt uns der wie letztes Mal noch nicht wirklich leere Tank ein zweites Mal an eine Tankstelle. Diesmal stoppt die Anzeige bei 43 Liter. Das sind 13 Liter weniger als bei der ersten Betankung!? Wir hatten uns noch gewundert ob der 56 Liter, da der Tank unseres Renault Senderas mit Einliter-Zuckerwassermotor wohl kaum 70 Liter oder mehr fasst. Da war wohl der gleiche Eicher am Werk wie beim Taxometer in Indien. Verdammte Abzocker. Wobei das war eine Caltex-Tankstelle, eine der grössten Ketten überhaupt. Da werden ja bestimmt keine Touristen abgezogen. Oder doch? Egal, wie so vieles geht mir auch das am Arsch vorbei. Aber nur weil ich schon betrunken bin. Danke. Liebster Wein aus Südafrika. Nach einem weiteren Hike an der Küste - zum Lunch gabs zwei leckere Cervelats - entfachen wir unser erstes, feuriges BBQ der Reise. Wir können es selbst kaum glauben, aber in dem ganzen Jahr haben wir nie ein richtiges Feuer zum Zwecke des Bratens von leckerem Grillgut gemacht. Neben achthundert Gramm Entrecote schaffen es auch ein paar Landjäger in die Gluthitze. Ich weiss, Gepökeltes gehört eigentlich nicht auf den Grill. Viele freie Radikale von wegen kanzerogen und so. Gott sei Dank haben wir genügend Antioxidantien in Form von rotem Wein zur Hand, um die unnötig Radikalen wieder einzufangen. Wenn das in der Politik doch nur auch so einfach wäre. Egal, das muss gefeiert werden. Zum Glück hab ich noch eine gute Zigarre. Und eine Cervelats.
Ich werde das Gefühl nicht los, dass diese verdammten Würste gar keine Energie liefern, sondern sich direkt auf die Hüften schleichen. Hinterhältige Glücksbringer. Egal, die zehn Männergipfeli sind geschafft und wir können uns wieder Fleisch am Stück widmen. Also ab zur nächsten Straussenfarm. Das globale Straussenzentrum befände sich hier, erklärt uns das kecke Farm-Mädel nicht ohne Stolz. Nach einer kurzen Tour wollen wir es dann natürlich auch probieren, dieses zarte und dunkelrot saftige Straussenfleisch. Doch der Koch hier ist eine Pfeife. Der Arsch hat das schöne Filet mehrfach totgrilliert. Geschätzte zwei Stunden über Medium. Armer Vogel. Ich find die Dinger aber auch sonst irgendwie lustig. Also „bescheuert-lustig“. Grösser als ich aber Intelligenz-technisch auf dem Niveau eines Huhns, gilt die gesamte Aufmerksamkeit ausschliesslich dem Essbaren. Gemäss Farm-Girl sind sämtliche Versuche, den grössten Vögeln der Welt etwas beizubringen, kläglich gescheitert. Also ab auf den Grill damit. Bevor wir noch für zwei lange Tage durch die Wineries in Franschhoek und Stellenbosch wildern und die hiermit herzlich verdankten Tipps von Gilgen, Taeschler und Renato abfahren, machen wir noch einen kurzen Halt in Ronnies Sex Shop. Nach knapp zehn Jahren Beziehungs- und Liebesleben ist das nie verkehrt. Wir finden aber keine Dildos oder sonstiges Spielzeug, sondern eine leicht schlüpfrige Bar und ein simples Restaurant irgendwo im nirgendwo an einer viel befahrenen Strasse. Gutes Marketing würde ich sagen. Muss es eben doch wieder die unbändige Fantasie richten. Hab da schon was im Kopf. Eigentlich immer.
Bevor wir es nach Franschhoek schaffen, steht noch ein drittes Tanken an und auch diesmal ist der Tank noch weit über die Reserve gefüllt. Das allwissende Internetz hat unseren 50 Liter Tank in der Zwischenzeit ebenfalls bestätigt und so sind wir gespannt wie Gitarrensaiten, was man uns diesmal verkauft. Diesmal soll es eine Tankstelle der Kette „Total“ sein, ebenfalls ein globaler Brand. Ich beobachte den Tankvorgang sehr genau und wie üblich, fixiert der Tankjunge den Griff vom Hahn, womit die Betankung automatisch stoppt, sobald der Tank zu überlaufen droht. Das Benzin fliesst aber ungewöhnlich langsam, da der Griff nur zur Hälfte gezogen wurde. Die Betankung würde so mehrere Minuten dauern. Auf Nachfrage gehts plötzlich schneller, nachdem Tank-Boy den Griff komplett durchgezogen und fixiert hat. Witzig. Als der Vorgang mit einem lauten Klick automatisch stoppt, zeigt die Uhr schon 47 Liter. Spannend. Wie üblich folgt ein manuelles aber in diesem Fall nicht enden wollendes „Vollmachen“, das ich bei 56 Litern mit böser Miene stoppe. Das kann gar nicht sein. Unmöglich. Offensichtlich läuft die Uhr bei wenig Durchlauf viel zu schnell. Der grinsende Tank-Bubi an der Zapfsäule weiss natürlich nichts dergleichen und mutmasst wirre Dinge wie stille Zusatzreserven die womöglich noch gefüllt wurden. Ja, klar. Ich tank dir gleich eine. Ab zum Manager. Der sieht sich die Sache auf Platz an und labert etwas von wegen diese eine Säule werde diese Woche nochmals kalibriert, da wir schon die zweiten Nörgler seien, die nicht bereit sind, imaginäres Benzin zu bezahlen. So so. In einem weiteren Atemzug fragt der Komiker noch ob wir schöne Ferien hatten, bedankt sich für das ach so wichtige und geschätzte Feedback und schlägt vor, dass wir einfach für 50 Liter zahlen. Ich werde das Gefühl nicht los, dass diese Diskussion schon mehrfach geführt wurde. Sue auch nicht. Wir bieten ihm 48 Liter - was immer noch viel zu viel ist - und eilen zur nächsten Winery. Ich will ihm ja glauben, dass es keine systematische Abzocke gibt, aber bei zwei von drei Betankungen?! Kurze Zeit später bin ich bereits wieder betrunken und ... genau, geht mir auch diese Geschichte am Allerwertesten vorbei. Wein sei Dank.Read more
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- Day 404
- Sunday, February 24, 2019
- ⛅ 23 °C
- Altitude: 13 m
South AfricaKapstadt33°55’31” S 18°25’27” E
Ich steige aus

Unsere Zeit in Südafrika ist schon bald gezählt und wir verbringen die letzten Tage in Kapstadt. Das ganze Touri-Zeugs haben wir uns zugunsten diverser Hochzeitsfestivitäten für den Schluss aufgespart. Doch zuerst will der Mietwagen von Hertz retourniert werden. Beim Pickup um zehn Uhr abends wurde uns am Schalter bestätigt, dass der Wagen total in Ordnung ist und wir sonst tags darauf Fotos von Schäden machen sollen. Natürlich hatte die Kiste etliche Beulen im Kofferraum, die wir fotografisch festgehalten haben. Der Harry beim Drop-Off sieht das nun aber etwas anders, da ich das Formular eindeutig ohne Schäden unterschrieben hatte und Fotos im Nachhinein kann ja jeder machen. Lustige Vögel. Hätten wir nicht schon das eine oder andere Tasting intus, wäre ich jetzt wahrscheinlich pissed. Bin ich aber nicht und nach ein paar Minuten findet der lustige Harry ein älteres Übergabeprotokoll im System, auf welchem der Schaden schon vermerkt war. Da hat der Harry nochmals Glück gehabt. Wär sonst sicher eskaliert. Spassvögel.
Sue hat sich verändert. Muss an den putzigen Tieren hier in Afrika liegen. Obwohl unser Airbnb total schön und geräumig ist, schleicht sich irgendwann so eine scheiss Kakerlake durch die Hintertür. Wie schon beim Addo-Nationalpark, erledige ich den ungebetenen Gast mit einem Flipflop. Doch da wo die kleine Sue sonst angeekelt rumschreit und Heldentaten von mir erwartet, höre ich jetzt bloss ein mitleidiges „jöö, nei, arms Putzi“. Wat?! Jetzt schlägt sich die Schöne schon auf die Seite von Kakerlaken und ich bin das fiese Monster? Sie hätte so „herzig geschaut“. Ähh?! Als ob man die Augen einer Kakerlake oder gar deren Art zu schauen erkennen würde. Ich brauch ne Pause. Lange hält das wohl nicht mehr mit uns.
Um auf andere Gedanken zu kommen - und weil es auf der Todo-Liste steht -, laufen wir den beeindruckenden Tafelberg hoch und runter. Natürlich nehmen wir die direkteste und steilste Route - Klettereinlagen inklusive. Haben schliesslich keine Minute zu verschenken, geht uns alles von der „Weinzeit“ ab. Rauf und runter kostet trotzdem ein paar Stunden und grössere Mengen Schweiss, welche sich aber ganz einfach mit lokal vergorenem Traubensaft kompensieren lassen. Und das abendliche Braai mit Straussenfilet hat man sich so auch redlich verdient. Was man von den gewechselten knapp zweitausend USD für unsere nächsten Destinationen auch behaupten darf. Die Geldwechselübung ging über drei Tage, bedingte sechs Bezüge an einem ATM und gipfelte in einer vierzig minütigen Sitzung bei welcher sechzehn(!) Blatt Papier bedruckt und sechs Unterschriften von mir gefordert wurden. Zum Glück haben wir hier auch noch Pinguine gefunden. Und nur darum machen wir den ganzen Scheiss ja. Wer würde sonst schon freiwillig viele Monate um den ganzen Globus hetzen? Ich nicht.
Sues Kamera übrigens auch nicht. Das Ding ist kaputt. Ein Jahr Dauerbetrieb scheint zu viel für die bereits einige Jahre alte Sony. Vielleicht hat Sue aber auch einfach die Schnauze voll von den gemeinsamen Posts, bei denen sie jeweils wunderschöne Fotos liefert und ich meist hässliche Texte beisteuere. Mir solls recht sein, mach ich eben was auf eigene Faust, bis sich die schöne Sue wieder aufgerafft und die doofe Kamera repariert hat. Ich steig aus und geh nach Persien. Tschüss.
Eine Sache noch ...
Neben diversen Tagen und Abenden voller Spass, Food und Wein mit den frisch verheirateten Mr und Mrs Kronlund, durchleben wir die Tage auch ein paar schwierige Stunden. Wir erfahren, dass Housi - den wir sofort in unser Herz geschlossen haben, als wir uns beim Segeln kennenlernten - vor der letzten Brücke des Lebens steht und diese von zu Hause aus begehen will. Diese letzte Brücke, die letztendlich jeder alleine beschreitet. Natürlich gehören Leben und Tod untrennbar zusammen und es ist irgendwie tröstlich zu wissen, dass Housi die letzten Wochen, Tage und Stunden bewusst und selbstbestimmt im Kreise seiner Liebsten verbringt. Trotzdem gibt es in der eigenen Vorstellung noch so viele gemeinsame Momente und Geschichten zu erleben. Und genau dieses Gefühl überfällt mich zwischen all den genüsslichen Momenten eines ausgedehnten Dinners mit Freunden und lässt mich für einen Moment zusammen- und in Tränen ausbrechen. Ich bin fassungslos und schreibe auch diese Worte unter Tränen. Ich wünsche Dir eine gute Reise - Du hinterlässt so viel Gutes ...Read more
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- Day 440
- Monday, April 1, 2019
- ☁️ 11 °C
- Altitude: 30 m
AzerbaijanKitly40°24’33” N 49°52’2” E
Samir und andere Träumer

So, Schluss jetzt. Eine ganze Woche Rückzug mit viel Tee, Tabletten und Tablet muss reichen. Aus- beziehungsweise eingeschlossen wie der Glöckner von Notre Dame. Einfach mit iPad. Das Leben und somit die Reise geht weiter. Auch wenn ich immer noch aussehe, als ob ich mich mit dem Fahrrad und ohne Helm auf die Fresse gelegt hätte. Egal. Ich will die kleine Sue jetzt wiedersehen. Die Arme hat genug gelitten. So ganz ohne mich unterwegs zu sein, ist bestimmt nicht lustig. Egal was ihre Reiseberichte sagen. Doch kaum in Azerbaijan gelandet, verweigert man mir auch hier die Einreise. Vorerst. Die zwei Mädels vom Grenzwachcorps beäugen unentschlossen mein Passbild. Frau ist sich einfach nicht sicher und ein dritter Beamter - der Schichtführer? - wird hinzugezogen. Doch auch der bärtige Witzbold zweifelt an der Übereinstimmung. Man will weitere Dinge sehen, die meine Identität bestätigen können. Echt jetzt? Ratlos zücke ich ID, Mastercard, Visa, Miles & More Frequent Traveller, Coop Supercard und eine Kebab-Stempelkarte. Nicht dass da andere Fotos drauf wären, aber was hat Kamerad Schwungrad denn erwartet? Dass ich noch weitere Pässe mit anderen Fotos bei mir habe?! Träumer. Und ich hab ja gesagt, ich sehe aus wie ein Unfallopfer. Armer Junge.
Auf die Frage, ob ich auf dem Foto oder in echt besser aussehe, erhalte ich keine Antwort. Noch nicht einmal ein Lächeln. Fuck you. Als Gegenfrage will der dämliche Schichtführer den PIN-Code meiner Visa wissen. Dafür gibts auch von mir kein Lächeln. Verdammter Komiker. Irgendwann ist dann fertig Cabaret und ich darf auch in dieses Land einreisen und mein teures Geld verpulvern. Aber ja, das Netz zieht sich wohl langsam zu. Offensichtlich Zeit wieder in Richtung Schweiz zu schielen. Zuerst schiele ich aber in der Empfangshalle von Baku noch nach einem Empfangskommitee. Und siehe da, irgendwo winkt tatsächlich jemand mit einem Schild mit meinem Namen drauf. Für einen Moment glaube ich die Taeschler Sarah zu erkennen. Sehe dann aber doch die kleine Sue hinter dem „Pasci Pfupf“ Schild. Total süss. Schau Foto. Und so haben wir nach einem Monat solo zum Glück wieder zusammengefunden. Oder in anderen Worten: Ade Freiheit und Flexibilität. Hallo warten, warten, warten ... Aber hey, der Sex ist toll.
Baku ist auch toll. Auf den ersten Blick. Total prunkvoll, sauber und eine gelungene Mischung aus alt und neu. Historisch und modern. Das Internet warnt uns allerdings vor diversen Scams. Touristen werden hier gerne abgezockt und wir sind ab sofort total wachsam. Zum Glück kommt mein Kopf langsam wieder in Form und lässt eine gewisse Wachsamkeit zu. Ich kann stellenweise sogar wieder mein Cap anziehen und den coolen Typen spielen. Die aufwändig bearbeitete Front sieht aber nach wie vor hässlich aus. Echt grässlich. Wie eine riesige, mehrere Millimeter dicke Schuppenflechte, die sich allmählich und in kleinen Stücken ablöst. Wann immer ich den Kopf senke, schneit es. Da es die Tage nicht nur in mein Essen rieselt, sondern auch sonst pisst, verpissen wir uns in Richtung Berge nach Quba. Bevor es losgeht, beäugen wir aber noch das kleinste Buch der Welt. Das grösste Buch durften wir ja in Myanmar bestaunen. Aber das hier ist etwas schwieriger. Ich für meinen Teil sehe das 0,3 Millimeter grosse und einundzwanzig Seiten starke Teil gar nicht. Ist einfach ein kleiner Punkt. Lustig. Ich muss weg.
Wir gönnen uns in Quba zur Abwechslung ein ziemlich schickes Hotel mit einem ziemlich lustigen Lift. Für die dritte Etage soll man die „2“ drücken und für die fünfte Etage das „R“. Wie auch immer. Wir sind nicht auf der Suche nach einem Schindler Lift, sondern nach den schneebedeckten Bergen des Kaukasus. Genauer gesagt wollen wir für ein paar Stunden nach Xinaliq - das höchst gelegene Dorf Europas. Wäre es denn in Europa. Aber auch das ist egal. Azerbaijan will um jeden Preis Europa sein und da spielt die geografische Lage keine Rolle. Von mir aus. Trotz herrlichem Wetter und Google ist die Verständigung mit unserem Lada-Fahrer Samir schwierig. Er versichert uns aber per Whatsapp und allerlei Bildern von irgendwelchen Jeeps, dass sein Lada locker den Berg hoch kommt. Auch ohne 4x4. Alles „no problem“. Xinaliq liegt mit 2’350m einiges höher als Juf in Graubünden, das mit 2’126m als die höchste Gemeinde Europas gilt. So oder so, sicher verdammt kalt da oben. Wissen werden wir es aber nie. Zusammen mit Samir und seinem Kack-Lada bleiben wir nämlich auf halbem Weg im Schnee stecken. Toll gemacht. Samir. Für einen Spaziergang im Schnee reicht es trotzdem. Nach zweieinhalb anstelle der geplanten fünf Stunden zurück am Busbahnhof will der Samir dann trotzdem seine sechzig Manat - etwa fünfunddreissig Stutz. Oder zumindest fünfzig. Verdammter Träumer. Wir geben ihm dreissig und fühlen uns trotzdem subtil abgezockt. Kein guter Start. Azerbaijan. Sex hin oder her.
Bevor es weiter in Richtung Westen und Georgien geht, verbringen wir zwei weitere Tage in und um Baku und unternehmen unter Anderem eine Tour zu den bekannten „mud volcanos“. Muss man gesehen haben, sagt das Internet. Unser Guide heisst auch hier Samir. Dank Regen sind aber nicht nur die Vulkane matschig, sondern auch die einzige Strasse da hoch. Und so bleiben wir auch mit diesem Samir stecken. Diesmal im Schlamm. Toll. Ausser das total poshe Baku will uns das ach so tolle Azerbaijan also nicht viel zeigen. Verdammte Zicke. Oke, ein paar Dinge haben wir schon gesehen. Darunter den brennenden Feuertempel, den brennenden Burning Mountain und die nicht brennbaren Petroglyphen. Trotzdem. Scheiss Zicke.
Aber ich will ehrlich sein. Ich bin auch einfach etwas müde. Reisemüde. Ich interessiere mich sehr für die Länder, Städte und Menschen die noch auf unserer Liste stehen. Und trotzdem lässt die Spannung spürbar nach. Gut möglich, dass wir in ein paar Wochen tatsächlich wieder zu Hause sind. Und das schreibe ich jetzt nicht, weil heute der 1. April ist. Vielleicht schon. Egal. Unser bisheriges Fazit zu Azerbaijan ist nicht besonders berauschend. Das Land ist generell teuer und man kriegt gefühlt weniger fürs Geld als andernorts. Und wie das Internet prophezeit hat, kostet auch einfach alles mehr, als zuerst angenommen. Das Zimmer (Mitarbeiter hätte einen Fehler gemacht), Ausflüge (Eintrittspreise haben sich erhöht), ja sogar der Tee (Livemusik spielt gerade). Keine offensichtlichen Scams, aber doch irgendwie subtile Abzocke. Das Essen hier gehört ebenfalls ins untere Mittelfeld. Und die Leute? Naja. Irgendwie eingebildet. Das Land sei ja soo reich und die weltweite Erdölindustrie fand dank der schwedischen Gebrüder Nobel - die beiden älteren Brüder des Stifters des Nobel-Preises - in den 1870ern hier in Baku ihren Anfang. Und dann sind da natürlich noch der meeega geile Eurovision Song Contest und diverse grossartige Sportveranstaltungen. Verlässliche Fahrpläne gibt es hier trotzdem nicht. Pfeifen.
Es scheint auch, als ob das Land den Ausstieg aus der Erdölindustrie verpasst. Das knapp drei Milliarden schwere und furchtbar sinnvolle Projekt zum Bau des höchsten Gebäudes - immerhin 1,3 Kilometer! - wurde nach der Fertigstellung des Fundaments und aufgrund des eingebrochenen Erdölpreises vorerst auf Eis gelegt. Man hofft nun, dass irgendwelche Emirate einspringen und das Projekt fertigstellen. Als ob die Araber wollen, dass das höchste Gebäude der Welt in Azerbaijan steht. Träumer. Wahrscheinlich würden die drei Milliarden sowieso nicht reichen. Zum Schluss heisst es einfach die Stahlpreise hätten sich erhöht, ein Mitarbeiter habe ausserdem einen Rechenfehler gemacht und aufgrund permanenter Livemusik auf der Baustelle kostet das Projekt nun doch sechs Milliarden. Verdammter Scam eben. Aber wie immer geben wir nicht so schnell auf. In Gabala weiter westlich soll es neben einem beliebten Skiressort auch einige Wineries geben. Das hat noch immer geholfen. Mal schauen.Read more
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- Day 443
- Thursday, April 4, 2019
- ⛅ 8 °C
- Altitude: 901 m
AzerbaijanQutqashen40°59’53” N 47°52’12” E
Noch mehr Träumer ... und Wein

Ich kann meinen Anschiss auch in Gabala nicht leugnen. Die schöne Sue versucht ihr Bestes, um mich aufzumuntern. Lieb von ihr. Wir mieten uns ein kleines und günstiges Ferienapartment mit eigener Küche. Kochen hebt für gewöhnlich die Stimmung. Nicht wegen dem Essen selber oder den Unmengen Butter, die im Töpfchen landen. Aber wegen der Flasche Wein, die neben dem Herd steht. Ausserdem gibt es hier Einliter-Bierbüchsen. Auch das hilft. Allerdings habe ich in Ankara neben meiner Stimmung auch meine Eichung verloren und ich schwanke ungewöhnlich schnell. Egal. Immerhin bin ich happy und voller Vorfreude. Schliesslich habe ich für den Folgetag eine Weintour mit Tasting organisiert. Per Mail habe ich uns auf elf Uhr verabredet. Eine klassische Besichtigung der Weinberge und Produktionsstätten gefolgt von einem Tasting. Von Kosten schreibt Gafur nichts. Cool. Kaufen dann sicher das eine oder andere Fläschchen. Wie üblich. Mit einem Taxifahrer habe ich mich ausserdem per Whatsapp auf zwanzig Manat für die Fahrt hin, zurück und das Warten dazwischen geeinigt. Die Tour ist trotz Verständigungshürden ganz unterhaltsam und mit Grappa und Brandy werden es zum Schluss zehn Tastings, begleitet von Chips, Käse und Früchten. Pegel hoch. Stimmung gut.
Wir entscheiden uns zum Schluss für ihre beiden Spitzenweine Elisa und Ripassato und ein Fläschchen vom Grappiolo. Wenn wir schon mal hier sind. Zusammen kosten die drei Stimmungsmacher immerhin siebenundsechzig Manat - also knapp vierzig Franken. Nicht billig aber total lecker. Doch so einfach ist das nicht. Wir sind hier schliesslich in Azerbaijan und so lässt man uns wissen, dass Tour und Tasting zusätzlich noch hundert Manat kosten würden. Das wäre mit sechzig Stutz dann das teuerste Tasting der gesamten Reise und das erste, bei dem gekaufter Wein nicht angerechnet wird. Ich werde sofort laut. Verdammte Schweinerei! Er hätte leider vergessen, mir die Preise per Mail zu schicken - oder überhaupt zu erwähnen - und während der Tour oder zu Beginn des Tastings war irgendwie auch kein geeigneter Moment. Genau. Der Typ labert nur Scheisse. Um den entstandenen Disput in eine simple Verhandlung zu transformieren, rechnet der Scammer in einem ersten Schritt die vier Flaschen zusammen, die er heute frisch geöffnet hat. Wat?! Nicht dass das im Entferntesten auf hundert Manat käme oder auch nur im Ansatz sinnvoll wäre - die kommen ja beim nächsten Tasting wieder zum Einsatz -, aber das stört den Komiker nicht weiter. Ich schlage also vor, dass wir die vier eben geöffneten Flaschen bezahlen und mitnehmen. Den teureren Scheiss könne er behalten. So hätte er das aber nicht gemeint. Wir sollen ja den leckeren Wein bekommen, für den wir uns entschieden haben. Fünf Minuten diskutieren, gestikulieren und fluchen später, überlässt man uns die gewünschten Flaschen für hundert Manat. Inklusive Tasting. Immerhin. Es bleibt insgesamt trotzdem das teuerste Tasting der gesamten Reise und ein Gefühl subtiler Abzocke. Ein kleiner Alptraum. So wird das nichts mit meiner Stimmung. Verdammte Scammer.
Zurück im Taxi entscheiden wir uns, noch mit der Gondel auf den Berg zu fahren und die Aussicht zu geniessen. Vielleicht können wir auch noch ein paar Schneebälle versehentlich auf lokale Kinder schmeissen. Einfach so zum Spass. Sind hier ja im total lässigen Azerbaijan. Der Taxifahrer hatte sich für hin und zurück plus warten tags zuvor wie folgt ausgedrückt: „you have money, ok, you no have money, no problem, problem no“. Das gefiel mir nicht. „Money is always a problem, tell me your price“ liess ich ihn wissen. „Problem no. maximum 20 manat, maximum ... problem no“ lautete die Antwort. Beim Abladen will der Arsch dann natürlich vierzig Manat von uns. Zwanzig hin und zwanzig zurück. Das Warten wäre wohl umsonst gewesen. Und die gestrige Nachricht habe er nicht selber geschrieben, das wäre sein Freund gewesen. Mit seinem Handy. Schon wieder so ein Träumer. Es ist diese plumpe Art, mit der man hier argumentiert und einen über den Tisch zieht. „Hast du wohl falsch verstanden, Idiot, deine Schuld, Geld her!“ ... Er kriegt zum Schluss dreissig Manat. Auch zu viel. Schade, Azerbaijan. Sehr, sehr schade!
Uns bleibt nichts anderes übrig, als weiter Richtung Westen zu reisen. Vielleicht gibt es ja in Sheki bessere Menschen. Vielleicht. Und auf einen Schlag verstehe ich das Prinzip Azerbaijan. Ob man will oder nicht. Hier wird man zum Träumer.Read more
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- Day 445
- Saturday, April 6, 2019
- 🌧 12 °C
- Altitude: 573 m
AzerbaijanQuruçay Ayrığı41°11’51” N 47°9’26” E
Ausgeträumt

Auf dieses Sheki ist man total stolz im Land. Wurde uns mehrfach empfohlen. Viel Geschichte und so. Für viele ist es die schönste Stadt in Azerbaijan. Für mich nicht. Okee, es hat schon ein paar schöne Ecken und ein paar wirklich nette Leute hier. Neben ganz viel Lamm. Oder besser gesagt Schaf. Die schöne Sue und ich haben noch nie so viel Wolltier gegessen wie hier in Azerbaijan, was der Stimmung ebenfalls nicht dienlich ist. Wie so vieles hier. Sogar eine meiner Lieblingssuppen, Borschtsch, wird hier mit Lamm anstatt Rind gereicht. Selbst dieser sicher geglaubte Wert auf einer sonst unverständlichen Speisekarte entpuppt sich hier als Hammel-Scam. Verdammt, Azerbaijan. Wieso?
Es finden sich erstaunlich viele nette Menschen hier und man will sogar wieder Fotos von und mit uns. Ich wittere meine Chance für eine kleine Abzocker-Revanche. Fünf Stutz kostet das eben geschossene Foto mit mir. Das habe ich leider vergessen zu erwähnen. Selber Schuld, Idiot, Geld her! Natürlich mache ich das nicht, bin ja kein Arsch und unser Host ist sowieso ein viel zu netter Mensch für so eine Aktion. Wir hausen in einem seiner alten, kalten Zimmer für sieben Stutz die Nacht, meiden die lokalen Restaurants und kochen lieber unser eigenes Ding. Ohne Lamm. Dafür genügend Wein. Auch wenn das Tasting ein einziger Frust war, der erworbene Wein ist schon geil. Produziert nach italienischer Art und mit italienischer Technologie. Sogar die Flaschen werden aus Italien importiert. Damit lässt sich ganz gut an der Stimmung arbeiten und ich setze mit der zweitletzten kubanischen Zigarre noch einen oben drauf. Eine Petit Edmundo von Montecristo zu lokalem Rotwein und einem - oder zwei - Gläschen Grappiolo. Total schön dieses Azerbaijan. Zumindest für fünfundvierzig Minuten.
Die letzte Nacht im Schlusslicht-Land Azerbaijan verbringen wir in Zaqatala, nahe der Grenze zu Georgien. Erwartungen haben wir keine. Nicht mehr. Vielleicht was Nettes essen und ein Glas Wein, ohne abgezockt zu werden. Das wäre schön. Jaja, träum weiter, dummer Junge. Der Einstieg zum Lunch ist ziemlich holprig. Hühnersuppe? Ist aus. Linsensuppe? Ist auch aus. Borschtsch? Hmm, auch aus. Aber eine Pilzsuppe könnte die Küche bieten. Wie auch immer, Hauptsache warm. Doch völlig überraschend serviert man uns eine der besten Suppen der bisherigen Reise. Gefolgt von ... nichts. Irgendwann werden wir skeptisch und fragen nach. Den von Sue bestellten Hauptgang? Hmm, hat man wohl vor lauter Suppenunverfügbarkeiten vergessen. Ob wir diesen nochmals bestellen wollen. Nee du, Ramon, lass gut sein. Die Rechnung bitte. Wir können nur müde schmunzeln, als wir darauf erstmalig separate Positionen für die wie üblich und ungefragt zum Tee gereichten Zitronenscheiben und Kekse sehen. Und dann steht da noch ein unerklärliches „x/h“. Wir fragen nicht einmal mehr nach, was der ganze Scheiss soll. Ist ja der letzte Tag hier und „was di Azeris möged heusche, möged mir no lang zahle!!“ ... und tschüss!Read more
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- Day 448
- Tuesday, April 9, 2019
- ⛅ 13 °C
- Altitude: 737 m
GeorgiaKedeli41°36’40” N 45°55’38” E
Feuchte Träume

Die Sonne scheint, die Einreiseformalitäten dauern keine zwei Minuten, der angebotene Wechselkurs entspricht exakt demjenigen von Google und das Taxi von der Grenze nach Sighnaghi soll weniger kosten, als das Tripadvisor-Forum als fairen Preis beschreibt. Hallo Georgien, du schönes Land! Kaum in unserem Guesthouse angekommen, geht es ähnlich liebreizend weiter. Man spendiert uns ein Zimmer-Upgrade, setzt uns vor eine herrliche Aussicht und serviert uns frisches Brot mit Wurst, Käse und Eiern. Dazu wird hausgemachter Wein gereicht. Ach Georgien, du bist zu gut zu uns! Das vielseitige Dinner im Guesthouse gehört geschmackstechnisch ebenfalls in die oberen Ränge der letzten Monate und rundet das Feuerwerk der Glücksgefühle ab. Unzählige georgische Leckereien werden aufgetischt - darunter keinerlei Lamm, Schaf oder Gammel-Hammel - und ausnahmslos alles schmeckt fantastisch. Insgesamt landet ein Vielfaches von dem auf dem Tisch, was ein verfressenes Paar wie wir verzehren könnte. Wir versuchen es natürlich trotzdem. Mit wenig Erfolg. Und habe ich eigentlich schon erwähnt, dass meine Stirn nun aussieht wie bei einem 15-Jährigen? Klar, jung klingt erst mal ganz gut. Aber derlei pubertierende Haut hatte ich seit über zwanzig Jahren nicht mehr. Es scheint als ob die ganze Transplantationsscheisse - oder Sauce - allmählich ins Gesicht fliesst. Echt hässlich. Armer, hässlicher Junge.
Sue ist das egal. Als wir im Guesthouse nach Lucky - eine stolze Schäferhündin - auch noch ihren Fünfer-Wurf Puppies entdecken, gibt es für Sue sowieso kein Halten mehr. Ausserdem gibt es hier überall Khachapuri. Ein mit Käse gefülltes Fladenbrot frisch aus dem Ofen. Geiler geht kaum. Nur die scheiss Waage sieht das natürlich wieder ganz anders. Egal, Fresse halten. Und last but not least befinden wir uns hier in einer furchtbar berühmten Weinregion. Traumhaft. Über fünfhundert Rebsorten gibt es in Georgien, gehört habe ich noch von keiner. Saperavi und Rkatsiteli heissen die Bekanntesten. Ausserdem unterscheidet sich die Herstellung hier gravierend von der westeuropäischen Machart. Traditionell wird der Wein hier in Qvevris hergestellt. Das sind so eingegrabene Lehmdinger die gerne auch mehrere tausend Liter fassen. Das Resultat ist intensiv und spannend in Erscheinung und Geschmack. Unsere regionale Wein-Tour dauert ganze acht Stunden, auf der unser Fahrer zwar nur russisch spricht, dafür aber durch seine ruhige und gelassene Fahrweise und seine ausgeprägte Geduld besticht, während wir uns dem Wein oder der Aussicht widmen. Komisch ist er trotzdem. Kaum erscheint ein Kreuz oder eine Kirche in seinem Blickfeld, muss sich der Russe umgehend bekreuzigen. Also dieses Stirn, Wampe, linke Titte, rechte Titte. Und zwar drei Mal hintereinander. Wohl so ein Sheldon-Ding. Einfach ohne das mit dem Genie. Also einfach ein orthodoxer Tick. Und Kreuze gibt es hier wie bei uns Christbäume in der Adventszeit. Was den ansonsten sehr gemütlich Russen hinter dem Steuer doch ziemlich hektisch werden lässt. Erinnert mich irgendwie an den wild fuchtelnden Busfahrer in Patagonien. Haben doch alle einen an der Klatsche. Verdammte Fuchtler.
Egal, Georgien ist wie ein feuchter Traum. Also einfach traumhaft und das feiern wir feucht-fröhlich. Jeden Tag. Punkt.Read more
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- Day 451
- Friday, April 12, 2019
- ⛅ 16 °C
- Altitude: 202 m
GeorgiaStantsiya Kutaisi Vtoraya42°15’58” N 42°43’5” E
Stalin wurde alt, Sue auch bald

Der eine Tag in Gori - dem Geburtsort Stalins - hätte nach Besuchen einer Felsenstadt und dem Stalin-Museum angenehm ereignislos enden können. Tat er aber nicht. Denn auch hier gibt es sie, diese verdammten Abzocker. Da ich Georgien aber total toll finde, überspringe ich die relevanten fünfzehn Minuten einfach. Obwohl ich mich in dem Moment derart aufrege, dass ich im Anschluss das komplette Abendessen verweigere und mich mit einer Flasche Rotwein ins Guesthouse verkrieche. Für spätere Erinnerungen an Georgien hoffe ich einfach auf ein selektives Gedächtnis nach kolumbianischem Vorbild. Schliesslich gilt es sich viel wichtigere Dinge über dieses Land zu merken. Hier sollen sie zum Beispiel herkommen, die ersten Europäer. Migranten vom afrikanischen Kontinent. Begriffe wie „Medizin“ oder „Metall“ stammen ebenfalls aus Georgien. Und dann gelten die Schlingel auch noch als Erfinder des Weins. Geili Sieche. Mit grossen Nasen.
Wir machen Halt in Kutaisi, der drittgrössten Stadt Georgiens. Das Riesenrad auf dem stadteigenen Rummel erinnert allerdings mehr an Prypjat nahe Tschernobyl als ans London-Eye. Die Stadt hat durchaus Charme, eine Art Fallout-Charme. Im sympathischen Sinne. Wir erkunden auch die umliegende Natur, schliesslich galt diese Umgebung in der Sowjetzeit als einer der wichtigsten Kurorte. Damals musste jeder Erwachsene - jeder einzelne im Land! - für mindestens zwei Wochen pro Jahr zur Kur. Eine Art Kur-Zwang. Jahr für Jahr. Heute ist das nicht mehr so. Heute haben Leute einfach Ferien und dürfen diese auch im Dauerrausch am Strand oder mit feuchten Träumen verbringen. Jedem wie er will. Als Folge präsentieren sich etwa neunzig Prozent der imposanten Kurhotels nur noch als gespenstige Ruinen aus glorreichen, kommunistischen Zeiten. Unser Öko-Ausflug führt uns also vorbei an verfallenden Kur-Bunkern, vorbei an diversen Wasserfällen, über einen rostigen Cliff-Walk mit Adrenalin-Garantie und in die beeindruckende Prometheus Cave - die grösste Höhle die wir je gesehen haben. Wir sind ja auch noch jung. Sue zumindest. Noch bis im August. Dann nicht mehr.
Batumi - am westlichen Ende Georgiens und unsere nächste Destination - wird gerne auch Las Vegas vom Kaukasus genannt. Wir wollen unbedingt noch das schwarze Meer sehen, bevor Sue alt ist. Danach wäre es wohl nicht mehr das selbe. Ist wie mit Las Vegas. Alte Leute haben da auch ihren Spass, aber wie wir aus Hangover wissen, braucht es für Ü30-Menschen deutlich mehr Komponenten. Darunter Roofies, Tiger und fremde Babies. Als Backpacker wäre das einfach etwas viel für uns. Also gehen wir jetzt da hin. Ich bin gespannt. Sue auch.Read more
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- Day 454
- Monday, April 15, 2019
- ☀️ 15 °C
- Altitude: 12 m
GeorgiaPeria41°38’19” N 41°39’35” E
Hässlicher Loser

Neben all den Casinos gibt es viele äusserst kuriose Gebäude in Batumi. In einem Fall wurde gar ein Riesenrad in ein Hochhaus verbaut. Viele Türken kommen zum Gambeln über die nahe gelegene Grenze in dieses Las Vegas Georgiens. Wir sind natürlich nicht wegen den Casinos hier. Wir wollen zum ersten Mal das Schwarze Meer sehen. Und unser modernes Studio-Apartment für fünfzehn Stutz pro Nacht bietet sogar einen Blick darauf. Aber Achtung, Spoiler-Alarm! Es ist auch blau. Wie unspektakulär. Spektakulärer war da sicher die Schach-Olympiade, die 2018 hier stattfand. Ob Deep Blue auch hier war? Wahrscheinlich nicht, die sture Kiste. Noch einen Tick spektakulärer ist sowieso das aus dieser Region stammende Ajaruli Khachapuri. Ein offenes, knuspriges Brotschiff gefüllt mit Käse, frischem Butter und Eigelb. Vergessen wir mal Penicillin. Wer auch immer diese Geschmacksbombe erfunden hat, verdient alle Nobelpreise, Oscars und Grammys dieser Welt. Ich bleibe hier. Für immer. Oder mindestens bis Montag.
In einem letzten verzweifelten Unterfangen, unsere Reisekasse nochmals voll zu machen, besuchen wir das laut Google äusserst beliebte Princess Casino. Lovely Sue ist nicht wirklich begeistert, aber broke und verzweifelt genug, um dem Besuch zuzustimmen. Casino ist eine Sache der Einstellung, sage ich immer. Das Resultat erstaunt daher nicht. Sue der Loser verzockt ihre zwanzig Dollar, während ich meine vervierfache. Kein Ahnung wieso ich die letzten zwanzig Jahre so viel verloren habe. Ist ja eigentlich ganz einfach. Muss an Marc liegen. Oder Fönz. Der heutige Gewinn reicht zwar nicht für ein weiteres Jahr reisen, aber für drei deftige Ajaruli Khachapuri Dinner mit Wein aus der Flasche allemal. Das ist ja auch was. Aus lauter Freude mieten wir uns umgehend ein Elektrodreirad und heizen die Promenade rauf und runter. Ganz der Gewinnertyp, kaufe ich der glücklosen und doch so schönen Verliererin ausserdem einen Ballon. Den hat sie sich tags zuvor schon gewünscht. Nicht den hässlichen Masha-Ballon, den ich ihr gekauft habe, aber das ist nicht mein Problem. Ich habe die scheiss Kohle schliesslich nicht verloren. Verdammter Loser.
Apropos Loser. Kaum sieht meine Stirn wieder etwas besser aus, fangen die umgesiedelten Haare auch schon an auszufallen. Alles Teil vom kommunizierten Plan und somit erwartet. Aber das macht den entstehenden Flickenteppich auch nicht schöner. Unschön beim Essen und auch sonst einfach hässlich. Armer, hässlicher Junge.Read more
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- Day 457
- Thursday, April 18, 2019
- 🌫 7 °C
- Altitude: 961 m
GeorgiaAkhaltsikhe41°38’36” N 42°59’36” E
Das anale Ende Georgiens

Kaum haben wir das südwestliche Ende Georgiens erreicht, sind wir auch schon wieder auf dem Weg nach Osten. Wir machen Halt in Khulo, was in einigen Sprachen bekanntlich so viel wie das „anale Ende von lebenden Organismen“ bedeutet. Vergleicht man Georgien mit einem Menschen, würde man Khulo tatsächlich etwa an der Stelle finden. Charme hat es trotzdem reichlich und wir fühlen uns irgendwie ans Wallis erinnert. Und wäre Khulo selber ein Mensch, ja dann würde die Lage „am Arsch“ auch für unser Guesthouse gelten. Die Hütte ist dermassen weit vom Zentrum dieser Tausend-Seelen Gemeinde entfernt, dass der Taxifahrer zehn anstatt der ursprünglich vereinbarten fünf Lari von uns will, als ihm irgendwann das wahre Ausmass dieses Beförderungsauftrags klar wird. Die idyllische Abgeschiedenheit wird mit Pizza sowohl zum Dinner als auch zum Frühstück belohnt. Klingt erst mal total geil und sieht auch irgendwie so aus. Das Weisse ist allerdings weniger Mozzarella und viel mehr Mayonnaise. Trotzdem geil. Findet Sue. Eine Nacht am Arsch of everything reicht aber und wir müssen weiter gen Osten. Nahe der armenischen Grenze haben wir uns wieder was Schönes gebucht. Doch diese eine bauernschlaue Quacksalber-Binsenweisheit stimmt auch in Achalziche. Der April macht was er will. Und für den Moment will er einfach nur regnen. Der Arsch.
Wir schauen uns trotz Wetterkapriolen das hiesige Castle an und unternehmen den geplanten Tagesausflug zu einer nahe gelegenen Felsenstadt. Deshalb sind wir ja eigentlich hier. Das zwei Autostunden entfernte Vardzia ist eine furchtbar imposante Siedlung, die vor etwas mehr als einer Ewigkeit in eine Felswand geschlagen und über Jahrhunderte erweitert wurde. Sie ist nach dem deftigen Ajaruli Khachapuri eine der grossen Attraktionen Georgiens. Auch bei Regen. Was sollen wir denn auch sonst machen? Den ganzen Tag saufen und fressen? Hm, klingt eigentlich auch ganz gut. Ich glaub das mach ich jetzt. Sue auch.Read more
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- Day 460
- Sunday, April 21, 2019
- 🌬 5 °C
- Altitude: 1,541 m
ArmeniaHayuhin40°47’34” N 43°50’47” E
Romantische Zombie-Apokalypse

Per Marshrutka - eine Art Minibus - tingeln wir über verschneite und schlammige Strassen nach Armenien. Kaum passieren wir die Grenze, scheint auch schon die Sonne. Ein ähnlich freundlicher Empfang wie damals Georgien. Doch ein Blick auf die Speisekarte verrät, nein, hier gibt es kein Ajaruli Khachapuri. Schade. Dafür hat sich der blöde Schafbock wieder auf das Menu gemogelt. Egal, die Sonne scheint und unsere erste Gastfamilie spricht fliessend Deutsch. Soweit so gut. In Gjumri wurden beim verheerenden Erdbeben von 1988 achtzig bis neunzig Prozent der Häuser zerstört. Die meisten wurden wieder aufgebaut oder repariert, ein anderer Teil noch nicht. Zusammen mit dem lokalen Rummel herrscht auch hier ein gewisses Fallout-Flair. Das scheint ja durchaus üblich in der Region. Vielleicht sind dies aber auch einfach eine Art Solidaritätsbekundungen für Tschernobyl und Umgebung. Ich hab keine Ahnung. Sue auch nicht. Wovon wir aber scheinbar Ahnung haben, sind Fremdsprachen. Die Dame Im lokalen Telekom-Shop spricht nur eine Fremdsprache. Französisch. Damit haben wir zwei Osterhasen zwar nicht gerechnet, aber nach wenigen Minuten haben wir beide vollen Handy-Empfang und grinsen stolz wie Oskar. Wenn mich Stalking-Mam doch bloss sehen könnte. Ohh, très bien! Ça marche. Merci madame. Je suis très heureux. À tout à l‘heure.
Da wir auch den diesjährigen Karfreitag auf Reisen verbringen, verpasse ich schon den zweiten 11bis11-Sauf ... äh, Jassmarathon im Kreuz. Ich bin obdessen derart frustriert, dass wir neben Museen, Klostern und Festungen auch eine Brauerei aufsuchen. Bier in einem normalen Laden zu kaufen, scheint mir heute nicht das Richtige. Aber es ist Karfreitag und Armenien ein äusserst christlich-traditionelles Land. Der Fabrikladen ist denn auch erwartungsgemäss geschlossen, doch die Produktion läuft unbeeindruckt vor sich hin. Der Security-Mensch am Eingang spricht wie unser Guesthouse-Daddy und heutiger Fahrer ein paar Worte Deutsch und nach ein paar Telefonaten kriegen wir doch tatsächlich eine Privatführung mit Trinkproben. Total nett und total gut gegen den Frust. Zum Schluss decke ich uns noch mit ein paar 1,5l-Flaschen ein. Für später. Wenn der Frust zurück kommt.
Auf dem Weg nach Jerewan machen wir für eine Nacht halt in Spitak, dem Epizentrum des Erdbebens von 1988, welchem mehrere zehntausend Menschen zum Opfer fielen. Spitak wurde dabei komplett zerstört und einige Kilometer entfernt vom ursprünglich Zentrum neu aufgebaut. Die damals aufgestellten Container werden teilweise heute noch genutzt. Das hat jetzt nicht direkt damit zu tun, aber die kleine Sue hätte es in einem einfachen Container wohl auch einfacher. Die „Erlebnis“-Dusche im YMCA Spitak ist der Schönen offensichtlich viel zu kompliziert und ich werde mit mürrischem Ton mehrfach ins Badezimmer bestellt. Trotz drücken aller Knöpfe an der elektrischen Konsole fliesst kein Wasser. Ich drücke zuerst ein paar von Sues Knöpfen und öffne dann einfach den physischen Wasserhahn. Gern geschehen. Beides.
Die Reisezeit hat hier noch nicht wirklich begonnen und wir sind die einzigen Gäste im vom Schweizer CEVI ins Leben gerufene YMCA. Eine Art Schulhaus mit diversen Klassen- und Sporträumen, einer grossen Mensa und ein paar Gästezimmern im oberen Stock. Sobald wir abends alleine sind, kommt allerdings ziemlich Fallout-Feeling auf. Ist das jetzt diese Zombie-Apokalypse? Sind wir die Letzten? Und wo ist unser Lead-Preper Robin, wenn man ihn braucht? Jeder Schritt und jedes Wort hallt durch das übertrieben kalte Gebäude. Man überlässt uns netterweise den Schlüssel zur Küche, welche wir für die Herstellung eines (letzten?) Abendessens bestehend aus Pasta mit Reste-Sosse aus gefüllten Zucchinis nutzen. Total lecker und das Abendmal ist inmitten dieser post-apokalyptischen Grundstimmung in gleichem Masse einsam wie romantisch. Die gleichentags erworbene Flasche Rotwein aus armenischer Produktion spielt aber das Zünglein an der Waage und lässt die Stimmung zum Schluss vollends ins Romantische kippen. Zombies hin oder her. Und falls sie nicht gestorben sind, ... blablabla.Read more
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- Day 463
- Wednesday, April 24, 2019
- ☀️ 12 °C
- Altitude: 969 m
ArmeniaHrazdan40°10’45” N 44°29’57” E
Totale Hochkultur ... und Pizza

Jerewan - die „Pink City“ nennen anderthalb der insgesamt drei Millionen Einwohner Armeniens ihr Zuhause - empfängt uns mit einem klasse Zimmer in einem netten Guest House im Herzen der Stadt. Die Küche darf ebenfalls mitbenutzt werden und ich habe derart Hunger, dass ich bei der kurzen Besichtigung einen von vier lecker strahlenden Muffins klaue. Also stibitze, das klingt harmloser. Fertig ausgepackt und zurück vom Zimmer auf dem Weg in die grosse, fremde Stadt, packt mich aber dann doch das schlechte Gewissen und ich gestehe mein Verbrechen ungefragt. Er sei wirklich total lecker gewesen. Das diebische Feedback freut die gute Irina aber dermassen, dass sie uns sogleich Brot, Käse, Eier und Weisswein sowie die restlichen drei Muffins auf den Tisch stellt. Esst, esst! Ehrlichkeit zahlt sich also doch aus. Manchmal.
Armenien hat neben einer sehr lebendigen Kaffeekultur leider nach wie vor mächtig Beef mit Azerbaijan - es geht um post-sovjetische Landverteilung und die Zugehörigkeit seither autonomer Regionen innerhalb Azerbaijans - und der Türkei, die den Genozid vom Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts nach wie vor leugnet und innerhalb deren Landesgrenze das armenische Wahrzeichen - der Berg Ararat - liegt. Über Georgien, das seinerseits mit allen einigermassen gut auskommt, macht man sich gerne lustig und die grossen Verbündeten heissen Russland und(!) die USA. Der Kaukasus ist so gesehen wenig harmonisch. Der Wein aus der Region hingegen schon. Armenien für sich hat eine interessante und in weiten Teilen tragische Geschichte. Im Bezug auf Azerbaijan leider noch immer mit tödlicher Dynamik. Ein paar Anekdoten dazu erfahren wir während der eher mittelmässigen Free Walking Tour mit einem Guide vom Typ „Kunstlehrer mit narzisstischen Zügen und regelmässigen Anflügen von Schwachmatismus“. Den Namen von Ramon habe ich mir erst gar nicht gemerkt. Fragen sind zwar ausdrücklich erwünscht aber ungern beantwortet. Auf meine Frage, ob die eben erwähnte Cognac-Fabrik am Oster-Montag wohl offen hat, bekomme ich ein vielsagendes „if it‘s open, it‘s open“ ... ah, shut up, bitch! Das abschliessende Bier halten wir kurz. So kurz wie möglich. Schliesslich wartet eine extrem leckere Pizza auf uns. Vor allem auf Sue. Die ist total aus dem Häuschen. Ich irgendwie auch. Das Teil ist so authentisch, dass wir den Laden die Tage noch ein zweites Mal aufsuchen. Für Menschen vom Land mit einfachen Gemütern wie uns braucht es definitiv nicht viel, um glücklich zu sein. Und sonst ist da ja noch der Wein.
Wir kompensieren diesen Ausbruch frivoler Freude an einfachem italienischen Essen mit einem kulturell um einiges höher gestellten Besuch der Jerewan’schen Philharmonie. Alexander Romanovsky und das armenische Symphonie-Orchester geben Sergei Rachmaninoffs übel schweres Piano Concerto No.3 in D-Moll zum Besten. Kein Stück verlangt mehr Noten pro Sekunde am Klavier. Total kranker Scheiss. So krank, dass der australische Pianist David Helfgott bei seinem Konzert in London 1970 einen Nervenzusammenbruch erlitt und für mehrere Jahre in die Klapse wanderte. Alex behält aber zum Glück die Nerven und spielt das total toll. Und das ganz ohne Noten. Wir sind beeindruckt. Und haben geklatscht.
Wir haben unseren Besuch in Jerewan bewusst so geplant, dass wir während des „Genocide Memorial Days“ hier sind, an welchem den mehreren hunderttausend Opfern der Kriegsverbrechen des Osmanischen Reichs an den Armeniern vor und während dem ersten Weltkrieg gedacht wird. Bewegende Stunden, während denen über achthunderttausend Menschen die über der Stadt liegende Gedenkstätte besuchen. Die niedergelegten Blumen bilden zum Schluss gigantische Wände und schaffen eine einzigartige Atmosphäre. Sehr bewegend. Ein anderer Tagesausflug bringt uns ins unendlich weit entfernte Tatev, eine der grossen Touristenattraktionen Armeniens. Im Sommer. Es ist aber auch bei Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt schön. Wie Sue, einfach anders. Zurück in Jerewan finden wir - wie eigentlich in allen Städten und grösseren Gemeinden im Kaukasus - auch hier einen permanenten Rummel. Dieser kommt aber weit weniger solidarisch daher, als die Rummel die wir bisher in der Region gesehen haben. Das Riesenrad ist zwar rostig, dreht sich aber fröhlich im Kreis und auch sonst sind diverse Familien mit Kindern unterwegs. Der schönen Sue kommt der aktive Betrieb ganz gelegen. Sie will sofort Popcorn. Und das kriegt sie natürlich. Wie sonst alles im Leben. Zum Beispiel mich.
Da wir nach dem wiederholten Pizza-Flash das kulturelle Niveau nochmals aufzubessern haben, Bier ja eher für Bauern ist und „because if it’s open, it‘s open“, besuchen wir Menschen von Welt noch die berühmte Cognac-Fabrik „Noy“, bei der uns als Teil des Tastings auch ein Gläschen 75-jähriger Port für zweitausendfünfhundert Dollar die Flasche gereicht wird. Total classy eben. Damit schliesst sich aber der armenische Kreis allmählich und wir verlassen Jerewan in Richtung Norden. Irgendwo auf dem Weg soll es ja noch die „Armenische Schweiz“ geben. Aber wehe es gibt dort keine Cervelats. Da versteh ich keinen Spass!Read more
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- Day 466
- Saturday, April 27, 2019
- ⛅ 14 °C
- Altitude: 1,251 m
ArmeniaKarapi40°44’26” N 44°51’45” E
Engel mit Eisaugen und Käsebrot

Auf dem Weg zurück nach Georgien machen wir Halt am Sevan Lake. Bei Murka, der schönsten Katze der Reise. Böse Zungen behaupten sogar schöner als die schöne Sue. Aber anders als die schöne Sue, ist Murka so schön wie verbissen. Ein kleiner Teufel mit teuflisch schönen Augen. Oder wie Amanda Knox ein Engel mit Eisaugen. Ohne Vorwarnung und mitten im Liebesspiel schnappt die Kuh über. Ständig. Ich tippe auf bipolare Störung. Wie eigentlich alle Katzen. Oder das Biest hat einfach einen an der Klatsche. Natürlich kriegt sie trotzdem endlose Streicheleinheiten, wird getragen wie ein Baby, liebevoll umgarnt und zärtlich durchgeschmust. Ständig. Bis sie eben zubeisst. Die Sau. Ein schönes Beispiel dafür, dass es die Schönen einfach einfacher haben im Leben. Gäll, Sue.
Die Sevan-Halbinsel samt Kirche aus dem zehnten Jahrhundert ist aber auch schön. Ein Grüppchen Asiaten ist auf der Suche nach dem perfekten Insta-Pic, was irgendwie mein Interesse weckt. Wieso weiss ich nicht. Mir ist wohl langweilig vom ständigen Warten auf Insta-Sue, die immer und überall das perfekte Pic sucht. Die fernöstliche Dame in weiss bewegt sich theatralisch in Richtung der tief stehenden Sonne und wird ziemlich geblendet. Die Anweisung vom Fotografen lässt daher eine gewisse Unzufriedenheit mit dem Gesichtsausdruck vermuten: "Open your eyes!" ... Als ob das nicht schon lustig genug wäre - was keine Beleidigung asiatisch schmaler Augen sein soll, sondern reine Szenenkomik, die alle Beteiligten zum Lachen bringt - versucht sie tatsächlich mit aller Macht, entgegen der Natur und trotz Sonne ihre Augen weit aufzureissen. Total amüsant. Wir bekommen in der Folge nämlich lediglich ihren weit aufgerissenen Mund zu sehen. Topmodel eben. Bestimmt ein ganz tolles Insta-Pic geworden.
Dilijan markiert das Ende unserer Armenien-Rundreise. Man nennt den Ort auch "the Armenian Switzerland". Wieso weiss ich nicht. Cervelat habe ich auf jeden Fall keine gefunden. Verdammte Frechheit. Wir fühlen uns aber auch sonst nicht gross an die Schweiz erinnert. Ausser vielleicht bei der Service-Freundlichkeit in unserem Hotel. Die könnte man durchaus als ein bisschen Schweiz bezeichnen. Ziemlich grumpy und rüpelhaft eben. Ausserdem erinnert der lokale Rummel wieder einiges mehr an Prypjat als an Davos oder Engelberg. Unsere kleine Tageswanderung ist trotzdem schön, die Vegetation sogar ein wenig wie in der Schweiz. Aber nur ein wenig. Und damit ist auch schon wieder Schluss mit Armenien. Schön wars. Aber jetzt fahren wir zurück nach Georgien. Der Drang nach Ajaruli Khachapuri ist einfach zu stark. Verdammtes Käsebrot.Read more
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- Day 472
- Friday, May 3, 2019
- ☀️ 21 °C
- Altitude: 604 m
GeorgiaVazisubani41°42’55” N 44°49’38” E
Beziehungs-Endgame

Der schwarze Mercedes Viano stinkt zwar nach Kotze, ist sonst aber ganz bequem für die vierstündige Fahrt zurück nach Georgien. In der Hauptstadt Tiflis waren wir noch nicht und die Hoffnung auf zahlreiche Ajaruli Khachapuris ist gewaltig. Die Stadt ist wunderschön. Zumindest das was wir davon sehen. Es gibt hier sogar einen natürlichen Wasserfall. In der Stadt. Das sagt ja schon alles. Und was Narnia kann, kann Tiflis schon lange. Hoch über der Stadt thronen die unfassbar grossen Chroniken von Georgien. Ziemlich beeindruckend, auch wenn die Dinger wie die riesige Treppe in Jerewan nie richtig fertig gebaut wurden. Was Tiflis aber nicht kann, ist Ajaruli Khachapuri. Natürlich bestellen wir mindestens ein Mal pro Tag so ein deftiges Käseschiff. Doch wir sind enttäuscht. Furchtbar enttäuscht. Kein Geschmack, scheiss Teig oder einfach schlabbrige Scheisse wird uns serviert. So schwach, dass ich in einem Fall den Scheiss stehen lasse und den verbleibenden Hunger und die entstandene Enttäuschung im gegenüber liegenden Mäc bekämpfe. Ein Double Cheese Burger ist nie verkehrt. Ein sicherer Wert. Weltweit.
Wir haben nach einer längeren Phase übertriebener Harmonie mal wieder Zoff. Natürlich ist Sue schuld. Wer sonst? Hmm, vielleicht auch das verdammte Käsebrot. Geholfen hat es sicher nicht. Der letzte Versuch beziehungsweise die letzte Bestellung ist geschmacklich allerdings nochmals ein grosser Erfolg. Immerhin. Das Ajaruli Khachapuri bleibt somit unsere Lieblings-Entdeckung im Kaukasus. Noch vor Murka, dieser bipolaren Schnapp-Mieze. Auf der Suche nach weiteren Katzen fahren wir für zwei Nächte ins vier Autostunden entfernte Stepantsminda auf über siebzehnhundert Metern. Bergfeeling ohne mit dem Lada stecken zu bleiben ist das erklärte Ziel. Und tatsächlich, in Kazbeghi klappt auch das mit den schneebedeckten Bergen im Kaukasus noch. Obwohl es da oben aktuell nicht sonderlich kalt ist - wie die kurzen Hosen beweisen -, gönnen wir uns kaum zurück in Tiflis eine Stunde Private-Spa in einem der unzähligen Sulfur-Bäder. Diese „warmen Quellen“ haben der schönen Stadt „Tiflis“ schliesslich ihren Namen gegeben. Wobei „warm“ hier nicht wirklich zutrifft. Unmenschlich heiss ist der Scheiss. Man könnte darin locker Eier kochen. Solange bleibe ich dann aber jeweils nicht drin. Nicht deshalb aber trotzdem ist unser Zoff irgendwann auch wieder beendet. Die Beziehung nicht. Zum Glück.
Nach vierhundertsiebzig Tagen ist es gar nicht so einfach, neue Dinge zu finden, die man in der Zeit noch nicht gemacht hat. Doch wer sucht, der findet. Und manchmal ist es ganz simpel: Kino. Nach dem ganzen Social Media Hype rund um Avengers: Endgame, schauen wir uns den Streifen eben an. Wir verbringen durchaus unterhaltsame drei Stunden, wobei wir auch nach all den Jahren nicht verstehen, wieso Filme in diesem komischen und oft verschwommenen 3D gezeigt werden. Echt zum Kotzen. Womit wohl auch geklärt wäre, wieso der schwarze Mercedes Viano so gestunken hat. Egal. Wir verlassen Tiflis um 03:15. Jup, richtig gelesen, um kurz nach drei Uhr. Mitten in der Nacht. Krank.Read more
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- Day 479
- Friday, May 10, 2019
- ☁️ 19 °C
- Altitude: 33 m
SpainSant Antoni41°22’55” N 2°9’47” E
Food und Porn bis die Chinos reissen

Ich staune auch nach über fünfzig Grenzübertritten noch, welch bewundernde Blicke der rote Pass so auf sich ziehen kann. Erinnert mich immer wieder an unser Geburtsglück. Danke Mam und Dad! Oder wer auch immer dafür verantwortlich ist. Ich bins sicher nicht. Der komischen Schnepfe am Security-Check ist mein Pass allerdings ernüchternd egal. Nachdem ich mein Rucksack, mein Handy, mein Cap, mein Gürtel und auch sonst alles fein säuberlich auf das laufende Röntgenband gelegt habe, schreite ich mutig und zügig durch den Body-Scanner, die linke Hand lässig in der linken Hosentasche. Wie erwartet, bleibt das graue Blech-Gate stumm. Nicht so Sheriff Ramona vor mir. „Goo bäck!“ wettert es in diesem typisch russischen Akzent. Man darf an der Stelle nicht vergessen, es ist vier Uhr in der Früh und ich fühle mich ohne Cap, Gürtel und Handy irgendwie verletzlich. Das lasse ich mir aber natürlich nicht anmerken, bleibe bewegungslos stehen und starre die olle Ramona ungläubig an. Was soll der Scheiss? Ich bin sauber. Das hat der stille Body-Scanner doch eben bestätigt. „Gooo bääck!“ schallt es mir erneut entgegen. Aber ich will noch immer nicht. Wieso auch? Also schaue ich die Kuh einfach weiter fragend an. Für einen Moment will ich ihr sogar meinen roten Pass zeigen, finde es dann aber doch irgendwie unpassend und nicht im Sinne des Erfinders - oder Schöpfers. Ausserdem ist der ja auch schon auf dem Röntgenband davon gefahren. „Puut your händs up“ höre ich als nächstes. Oh boy, that escalated quickly! Verhaftet aufgrund übertrieben ungläubigem Starren?! In Erwartung eines SWAT-Tacklings schaue ich kurz zur Seite und nach hinten. Aber da kommt nichts. Ich hebe also langsam und fragend die Arme und harre der Dinge, die da kommen. „Nau gooo bääck“ nörgelt Tante Ramona weiter. Ich nehme den ganzen verbliebenen Mut zusammen und frage mit genervtem Unterton „why?!?!!“ ... „Händ not in pooket and goo bäck!“ schnaubt es ebenfalls genervt zurück. Ach so, meine linke Hand soll das Problem gewesen sein. Mal wieder was Neues. Hält man die mitgebrachte Granate also einfach in der Hand, so wird sie der einfältige Blech-Scanner nicht entdecken?! Lustig. Ramona. Sehr lustig. Um ein Haar hätte ich gelacht.
Bei der Zwischenlandung in Athen will ich das Ramona-Dings genau wissen, denn man schickt uns erneut durch einen Security-Check. Beim Gang durch das Blech-Gate stecke ich demonstrativ beide Hände in die Taschen. Und wen interessierts? Genau, keine Sau. Ausser mich natürlich. Bei mir dreht sich gerade alles um die verdammte Ramona-Attacke. Knappe drei Sekunden später habe ich mich aber bereits wieder gefangen und beruhigt. Und so schaffen wir es trotz Händen in der Hose ins sonnenverwöhnte Barcelona. Genau, in Spanien. Wir schleichen uns also von Süden her gen Heimat. Wir lieben Barcelona. Auch wenn die Stadt nach den vielen Monaten auf Reisen ein vernichtender Preisschock ist. Wir wohnen die Tage bei Marcela, die ursprünglich aus Kolumbien stammt und dank ihrer drei Katzen gewisse Ähnlichkeiten mit der Crazy Cat Lady aufweist. Also weniger sie selbst und mehr ihr Zuhause. Aber etwas anderes als ihr Gästezimmer können beziehungsweise wollen wir uns hier nicht leisten. Natürlich braucht es keinen Tag und mindestens einer der drei Stubentiger outet sich als bipolarer Scheissbeisser. Und diese Haare!? Meine Fresse, diese Haare! Ich lass mehrheitlich die Finger von den Viechern. Sue nicht.
Wir starten unsere Sonnenzeit in Barcelona mit einem Dinner im CDLC. Nach Monaten voller „einfachem“ Leben lassen wir mal wieder die Korken knallen. Alles hier ist perfekt abgestimmt und orchestriert. Kein warten, jeder ist zuvorkommend und das Essen ist ein Traum. Wie kann Sushi nur soo viel besser sein als sonst wo? Das Treatment ist natürlich nicht gratis, obwohl wir weder Kobe noch richtig teuren Wein bestellt und die Sushi-Platte als Vorspeise ungewöhnlich klein gehalten haben. Aber selbst die „günstige“ Rechnung ist nicht unser Problem. Mich kostet das bloss ein überhebliches ... äh, müdes Lächeln. Schliesslich habe ich die Wette gegen Tesla-Thomi gewonnen, bei der ich schon vor anderthalb Jahren prophezeit habe, dass sein reserviertes Modell 3 frühestens 2019 ausgeliefert wird. War ja klar. Danke fürs Dinner, Loser! Was hingegen mein Problem ist, sind die verdammten Schmerzen beim Anziehen der Chinos, die ich an der Hochzeit in Südafrika getragen habe. Irgendwie habe ich die Passform ganz anders in Erinnerung. Das wars also schon wieder mit skinny bitch und das Hemd kommt mir definitiv nicht in die Hose. Der Kaukasus war also ganz gut zu mir. Zu gut offensichtlich. Verdammtes Ajaruli Khachapuri.
Ich würde ja wieder Sport machen, aber das hat der Onkel Doktor in Ankara verboten. Zumindest für ein paar Wochen noch. Ich fühle mich die Tage also ein wenig wie Thor in Avengers: Endgame. Armer Junge. Armer, pummeliger Junge. Barcelona ist allerdings ein ganz schlechter Ort für solch ein Problem, denn wir wollen hier in erster Linie futtern. Chino-Krise hin oder her. Und futtern tun wir die Tage auch, wie der kleine Clip zeigt. Also zeigen sollte. Die Teller sind aber des Öfteren bereits leer oder haben es gar nicht erst auf Band geschafft, denn die schöne Sue entpuppt sich als furchtbar schlechte Foodporn-Kamerafrau. Im entscheidenden Moment sind ihre Gedanken nicht bei der Kamera sondern ausschliesslich beim Food und Porn und so schiebt sie sich das Zeugs ohne Umschweife ins Gesicht. Sushi, Tapas, Empanadas, Patatas, Pasta, Paella, Panini, Pincho, Pimmel, Pizza ... Ganz egal, einfach immer schön rein damit. Nein, mache natürlich nur Spass. Paninis hatten wir die Tage keine.
Da wir Barcelona schon ein wenig kennen, unternehmen wir diesmal auch ein paar Tagesausflüge rund um Barcelona: Wandern am wunderbaren Montserrat - wir erklimmen immerhin tausendundsiebenundachzig Höhenmeter -, Roadtrip entlang der wunderbaren Costa Brava - wir furzen immerhin dreihundertsiebenundfünfzig Kilometer durch die Gegend - und eine Velowein-Tour im wunderbaren Penedès - Sue degustiert sich auf immerhin 1,8 Promille. Aber ganz egal wo wir sind, Essen steht ganz oben auf der Liste der Dinge, die uns die Tage bewegen. Soll heissen, wir bewegen uns in erster Linie, um an Futter und Getränke zu gelangen. Doch irgendwann ist auch die bewegte Woche in Barcelona rum und wir bewegen uns weiter in Richtung Norden. Näher zu dem, was ich soo sehr vermisse. Genau, Cervelats.Read more
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- Day 480
- Saturday, May 11, 2019
- 🌧 12 °C
- Altitude: 534 m
SwitzerlandSarmenstorf47°18’34” N 8°14’50” E
Plan C mit Blutgrätsche

Auch auf dem letzten Flug von Barcelona nach Zürich sitze ich auf einem Nichtraucher-Sitz und neben Sue. Doppelt verloren. Aber egal, sind ja bloss neunzig Minuten und als Belohnung winkt eine waschechte Cervelat! Die schöne Sue und ich wollen unsere Reise so beenden, wie wir sie begonnen haben. Wir zwei, ein Bus und keine winkenden Hände. Und so haben wir keiner Menschenseele erzählt, dass und wann wir wieder zu Hause sind. Der Plan ist einfach. Samstag gegen Mittag in Sarmenstorf auftauchen, wo sowieso das halbe Dorf in der Bäckerei Ruckli sitzt. Kurzes Selfie ins grosse, weite Internetz hochladen und gut ist. Hoi zäme! Doch wie so vieles im Leben kommt es erstens anders und zweitens als man denkt. Zumindest für Sue.
Der Flug verläuft bis auf die bescheidene Platzzuteilung für mich angenehm ereignislos. Kaum im kalten Zürich gelandet, steigt die Nervosität allerdings spürbar. Wer läuft uns als erstes über den Weg? Bald stehen wir wieder Zuhause auf dem Dorfplatz und sehen nach vierhundertachtzig Tagen unsere Freunde und Familien wieder. Womöglich. Man weiss es nicht. Aber mit jedem zurückgelegten Kilometer steigen die Chancen. Die Zug- und Busfahrten fühlen sich wie kleine Ewigkeiten an. Doch irgendwann sehen wir es, dieses einzigartige Schild mit diesem einzigartigen Schriftzug “Sarmenstorf”. Endlich. Bis zur Bäckerei Ruckli sind es noch vier Haltestellen. Doch schon bei der ersten der vier Haltestellen steigt ein uns nur zu bekanntes Gesicht samt Kick-Board zu. Es ist Fönz, der scheinbar gar nicht glauben kann, wen er da sieht. Die Überraschung ist bei allen gross. Auch bei mir.
Die überschwängliche Begrüssung inmitten des fahrenden Buses wird abrupt unterbrochen, als an der zweiten der vier Haltestellen Robin, Steffi und der kleine Ian - mein Göttibub, den ich noch nie persönlich getroffen habe - zusteigen. Während Sue noch an Zufälle glaubt, ahne ich bereits, dass unsere Ankunft nicht nach Plan B läuft. Plan A ist ja schon lange gestorben. Aber Robin dürfte eigentlich gar nicht hier sein, der trainiert doch mit irgendwelchen Special-Forces in Polen. Doch auch diese Begrüssung wird wenige Augenblicke später jäh gestört. An der vorletzten Haltestelle steht der Marc samt Handy-Kamera und signalisiert “Endstation”. Aussteigen. Hm, wir werden es also nicht bis zum Ruckli schaffen und Sue glaubt noch immer an Zufälle. Zumindest scheint sie ziemlich überfordert mit der Situation. Ich irgendwie auch, denn dies ist definitiv nicht Plan B.
Doch was ist eigentlich aus unserer Idee mit dem unangemeldeten Erscheinen geworden? Ich fand die Idee dann doch nicht soo gut. Kaum hatten wir vor ein paar Wochen die Flüge nach Barcelona und Zürich gebucht, habe ich hinterrücks Plan A verworfen und ein kleines aber feines Organisationskomitee für Plan B ins Leben gerufen. Meine lieben Freunde Robin, Marc und Fönz sollten mir helfen, die kleine Sue bei der Ankunft mit einem kleinen aber ebenfalls feinen Empfangskomitee vor der Bäckerei zu überraschen. Aber das EK-OK hatte scheinbar noch eigene Ideen und Plan C geschaffen. Arschgeigen. Ich mag keine Überraschungen. Sue scheinbar schon, wertet man ihr nasses Gesicht als Freudentränen. Kaum hat sie unsere sauber aufgereihten Familien erspäht, versteht aber auch sie, dass hier jemand geschummelt hat. Und das ist nur das, was vor der kleinen Eventlocation steht. Im Inneren warten noch viel mehr Menschen darauf, uns wieder in die Arme zu schliessen. Und das tun wir dann auch. Egal ob nach Plan A, B oder C.
Eigentlich kann unsere Heimkehr an der Stelle als abgeschlossen betrachtet werden. Es gibt reichlich Getränke, der Grill läuft und wir freuen uns einfach, wieder im Kreise unserer Liebsten zu sein. Doch einen Twist hat die Geschichte dann doch noch. Denn auch mit Plan C gab es noch dieses eine kleine Geheimnis zwischen mir und dem EK-OK. Nachdem Sue und ich Jede und Jeden in die Arme geschlossen haben, bedanke ich mich noch mit ein paar “offiziellen” Worten bei allen herzlich für das Erscheinen und bringe nochmals unsere grenzenlose Freude zum Ausdruck. Und dann passiert es. Mitten in meiner kleinen Rede streckt mich ein imaginärer Freund mit einer Blutgrätsche nieder. Mit voller Wucht von hinten in die Kniekehle. Ich gehe natürlich sofort zu Boden. Als ich dann Sues ungläubigen Blick sehe, verstehe ich sofort, wie das für sie aussehen muss. Ich, vor all den Leuten, auf einem Knie. Und um den Moment nicht zu zerstören und für immer in ihre Seele zu brennen, frage ich die Schöne ganz einfach die Frage aller Fragen. Ich wollte ja eigentlich zehn Jahre warten, aber nach neuneinhalb Jahren inklusive sechzehn Monaten Weltreise gehe ich das verbleibende Risiko einfach ein. Totaler Dare-Devil eben. Einen Ring habe ich leider nicht, aber als Traveler gibt es nichts, das man nicht mit Duct-Tape geregelt kriegt. Und ja, sie hat trotzdem JA gesagt. Zum Glück.
To be continued …Read more
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- Day 485
- Thursday, May 16, 2019 at 4:03 PM
- ⛅ 13 °C
- Altitude: 449 m
SwitzerlandHallwilersee47°17’14” N 8°12’49” E
Brief an Greta

Liebe Greta
Du hast ja in letzter Zeit ganz schön viel um die Ohren. Ziemlich viel Wind gemacht für ein sechzehnjähriges Mädel. Aber es geht ja auch um alles!
Wir sind dankbar und froh, nimmst du das alles auf dich. Menschen brauchen diese Art von Führungsfiguren. Ein Gesicht, das für eine Vision und eine Message steht. Für die unverhandelbare Aufforderung zum Handeln. Dass du in diesem Fall die Kinder dieser Welt vertrittst, macht dein unkonformes Auftreten umso mächtiger und kraftvoller. Bitte mach weiter, bis wir diese Krise zusammen überstanden und die Welt gerettet haben. Natürlich wird es unzählige Menschen geben, die Dich denunzieren und lieber in der Schule anstatt auf politischen Podien sehen wollen. Das sind entweder Klimaleugner - eine Frage des Verstandes - oder „Erwachsene“, die sich grundsätzlich nichts von „Kindern“ sagen lassen - eine Frage des Egos. Beide sind zu ignorieren und gesellschaftlich mit Ächtung abzustrafen. Die Pappnasen. Du hast nicht nur unsere seelische Unterstützung, sondern auch unser Wort, dass wir unseren Teil zur Rettung der Erde beitragen.
Dies von zwei vom Geburtsglück geprägten Schweizern zu hören, die in den letzten 480 Tagen zusammen mal eben 38 Länder besucht und 150’000 Kilometer - viele davon im Flugzeug - zurückgelegt haben, klingt jetzt sicher wie Hohn in deinen kleinen Ohren. Aber gib uns bisher ignoranten Sündern eine Chance. Wir haben in der Zeit vieles von und über die Welt gelernt, Wunderschönes aber auch Übles gesehen und wir sind noch nicht verloren. Versprochen. Hier ist unser zweistufiger Plan: In einem ersten Schritt beziffern wir den negativen Effekt, den unsere Weltreise verursacht hat und finden einen Weg, diesen sinnvoll und effektiv zu kompensieren. Zugegeben, das ist weit weniger sinnvoll als Vermeiden, aber immer noch sinnvoll. Insbesondere wenn man sich dies wie fast jeder in der westlichen Welt locker leisten kann. Im zweiten Schritt widmen wir uns der künftigen Vermeidung von Treibhausgasen und sonstiger Naturverschmutzung im täglichen Leben sowie den politisch/gesellschaftlichen Veränderungen, die unabdingbar und dringend nötig sind.
Also, Schritt 1: Wie du wohl selber weisst, ist es verdammt schwierig, CO2-Zahlen und wirklich vergleichbares Material über mehrere Länder hinweg zu erhalten. Das Internet bietet einen wilden Mix aus diversen Verbraucher- und Verursacher-Statistiken. Oft reduziert auf lediglich fossile Brennstoffe, den Verkehr oder dergleichen. Wir haben es trotzdem versucht. Glaubt man den offiziellen Quellen, verschulden wir zwei in der Schweiz auf grossem Fuss und verbrauchstechnisch leicht überdurchschnittlich lebend je etwa 15t CO2 pro Jahr. Das ist viel zu viel wirst du jetzt sofort sagen. Zurecht. Aber eins nach dem andern. Dank aufwändiger Recherche haben wir für die meisten der knapp vierzig relevanten Länder vergleichbare Verbraucherstatistiken gefunden und die übrigen Länder total ausgeklügelt mit vergleichbaren Nachbarländern extrapoliert. Ausserdem haben wir für die relevanten 16 Monate jede Schiff-, Bus-, Zug- und Autofahrt, sowie jeden Flug im Detail dokumentiert und CO2-technisch bewertet. Scheiss viel Arbeit und nur dank der einen oder anderen Flasche Rotwein machbar.
Du hast natürlich recht, fliegen ist im Vergleich immer katastrophal. Dafür produziert das Übernachten in einem abgelegen Dorf in Myanmar mit zehn anderen Spinnern in einem ungeheizten Raum und nur mit Wolldecken gewärmt weit weniger CO2, als in der Schweiz zu zweit eine Flasche Schampus im auf 37 Grad geheizten Whirlpool zu schlürfen. Ist also nicht nur negativ, dieses Reisen. Und wir sind ja nicht so bescheuert, für lediglich 10 Tage mal kurz nach Australien und wieder zurück zu fliegen. Das machen andere. Im Resultat haben wir in den letzten 16 Monaten je sagenhafte 29t CO2 verursacht. Das sind rund 9t CO2 mehr, als wir in unserem alten Leben in der gleichen Zeit verursacht hätten. Hmm, nicht gut. Die Kompensation für diese 9t CO2 liegt gemäss South Pole (https://shop.southpolecarbon.com/de/) bei etwa CHF 180. Aber du hast natürlich schon wieder recht, wir sollten unser altes Leben gar nicht erst als Standard nehmen. Schliesslich sind unsere 15t CO2 pro Person und Jahr nicht kompatibel mit unserer Erde. Die verträgt nämlich nur etwa 2,3t CO2 pro Person und Jahr. Demnach haben wir für die letzten 16 Monate ganze 26t pro Person zu kompensieren, was gemäss South Pole für CHF 500 zu machen ist. Das sind nur gerade 1,25% der entstandenen und mit beiden Händen ausgegebenen Reisekosten. Also nichts im Vergleich. Das unterstützte Projekt beschäftigt sich mit der Wiederaufforstung illegal gerodeter Wälder in Kolumbien. Pablos Koksfelder haben offensichtlich ziemlich Platz gebraucht.
Wie schon erwähnt, ist die Kompensation mit Geld natürlich nicht die beste Lösung. Vermeidung ist der Schlüssel. Aber es ist ein veritabler Ansatz zur Wiedergutmachung entstandener Schäden. Und wir reichen Säcke sollten genau da anfangen. Natürlich ist dies nur ein Teil - oder eben Schritt - und es braucht noch viel politische und gesellschaftliche Bewegung, um in der Schweiz auch nur ansatzweise auf 2,3t CO2 pro Person zu kommen. Heute ist dies praktisch nicht möglich. Der bisherige Ansatz des Bundesrats - man setzt auf freiwillige Umsetzung der Klimaziele - wird uns nicht schnell genug weit genug bringen. Und damit sind wir auch schon bei Schritt 2: Freiwillig ist gut. Wir sollten alle freiwillig weniger Fleisch essen - ACHTUNG, ich hab gesagt “weniger”, nicht “kein”, verdammte Karnivoren wollten mich schon mit einem Shitstorm eindecken -, regionale Produkte wählen, weniger Dinge wegschmeissen, ausschliesslich erneuerbare Energie konsumieren, den Zug anstelle vom Flieger nehmen, Elektroautos kaufen, und und und. Und den verbleibenden “Fehlbetrag” sollten wir alle freiwillig kompensieren. Sofort und jedes Jahr. Und genau diese Dinge werden wir zwei tun. Konstant und nachhaltig. Und wenn es um die Politik geht, ist unser Kredo klar: Man muss nicht “radikal links” stehen oder ein "Gutmensch" sein, um zu kapieren, dass wir Gesetze und Vorgaben brauchen, um unser Leben und Wirken mit der Kapazität unserer Erde in Einklang zu bringen. Jetzt. Nicht in 50 Jahren. Auch wenn dies “kostet”. Denn niemand kann sich den Preis für ein Versäumnis leisten. Nicht einmal Mr Bezos.
Also, liebe Greta. Wir arbeiten ab sofort jeden Tag daran, dass die Mischung aus “grün” und “liberal” auch bei uns funktioniert. Andere Länder und Du machen es ja schon vor. Und Veränderung ist immer auch eine Chance mit viel Potential in alle Richtungen. Du weisst das natürlich schon alles. Wir jetzt auch.
Keep going!
Sue & PasciRead more

TravelerToll geschrieben, ich rege mich jedesmal auf wenn ich von Münster nach München und zurück für Meetings fliege und CO2 verursache und das in der heutigen Zeit von Videokonferenzen, aber manche Termine müssen physisch sein , dafür zwei Tagesreisen Zug oder Auto sind keine Alternative... Ich versuche es im Kleinen: Photovoltaik, Erdwärmepumpe mit Ökostrom, Lüftung mit Wärmerückführung, Bienen 🐝 und Insekten 🐜 freundlicher Garten...es gibt noch viel zu tun...es gilt nicht reden sonder machen auch in kleinen...LG und Pasci und Sue ich gratuliere euch zum nächsten Schritt zu zweit und eure Weltreise hat so viele die daran teilhaben konnten , ohne CO2 zu produzieren, inspiriert und gefreut habe selten so gerne gelesen und Bilder angesehen wie auf Eurer Reise ❤️😘
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- Day 501
- Saturday, June 1, 2019
- ☀️ 20 °C
- Altitude: 449 m
SwitzerlandSeebad Berstenberg47°18’41” N 8°12’28” E
Das Fazit. Dann ist Schluss.

Sooo, einen hab ich noch. Also wir. Bevor sämtliche Erinnerungen der vergangenen sechzehn Monate dem sommerlichen Alkoholkonsum zum Opfer fallen, wollen die schöne Sue und ich doch noch ein letztes Mal retrospektieren. Ein Fazit ziehen. Quasi das Schlussbouquet nach drei Wochen Schweiz. Und wie es sich für total wichtige Influencer wie uns gehört, einfach alle nochmals wissen lassen, was für eine unfassbar geile Zeit wir hatten. Meistens zumindest. Das dürften auch die lustigen Portrait-Timeshutter beweisen. Oder auch nicht. Egal. Was waren also die spirituellsten High- und die schlimmsten Lowlights, die grössten Learnings und die hellsten Erleuchtungen, die scheusslichsten Speisen oder die irrelevantesten Statistiken? Letzteres sind definitiv die 396 Weine, die wir auf einer Strecke von 0,4x zum Mond degustiert und wovon wir nur die Maulbeer-Pisse in Vietnam nicht ausgetrunken haben. Aber schön der Reihe nach …
Die einfachste Erkenntnis - und wohl die grösste Überraschung für alle initialen Zweifler meiner Reise- und Anpassungsfähigkeit - ist schnell formuliert: Eine Auszeit nehmen und die Welt bereisen ist viel einfacher, als man und Frau denkt! Selbst mit Nachwuchs ist solch ein Abenteuer problemlos machbar, wie uns unzählige Familien mit teils übertrieben kleinen Kindern während der Reise bewiesen haben. Das vorübergehende Ausscheren aus der Komfortzone und das gefühlte “Verlieren” von so unendlich wichtigen Dingen wie einem Einkommen, einer Wohnung oder einem Auto sind unfassbar kurz. Die Komfortzone stellt sich bei Gewohnheitstieren wie uns Menschen innert kürzester Zeit wieder ein und anders als bei der Rauchentwöhnung, ist nicht nur der effektive Entzug nach wenigen Tagen überstanden, sondern man gewöhnt sich auch genauso schnell an den neu gewonnenen Minimalismus. Nichts ausser einem Rucksack zu haben, ist absolut befreiend! Vor allem wenn eine furchtbar dicke Kreditkarte drinsteckt.
Natürlich ist die gewonnene Freiheit nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte ist noch viel geiler. Es sind all die Dinge, für die man sich nun Zeit nimmt und die man erlebt. Alleine, zu zweit oder als Gruppe. Länder, Kulturen und Menschen die man entdeckt. Also keine unentdeckten Urvölker mit Pfeil und Bogen, die noch nie Kontakt zu Menschen hatten. Die sind gefährlich. Aber sonst so Menschen, die erfrischend anders sind und denen man in der Schweiz oder in den Ferien wohl nie begegnen würde. Und man tut auch all die Dinge, die man eigentlich nie tun wollte. Ich meine jetzt nicht den in diversen Posts verarbeiteten Pärchen-Scheiss oder all die anderen perversen Dinge, die dem abgelenkten Leser nun durch den Kopf schiessen. Nein, ich rede vom Tauchen mit Haien und in Höhlen, auf dem Arsch einen aktiven Vulkan hinunterrutschen, mit Kerze und Badehose bewaffnet durch überflutete Höhlen hetzen oder im Stehen in ein Loch kacken. Grässliche Dinge eben, die dann entweder doch nicht so grässlich sind oder einen unerwartet stark faszinieren und total Spass machen. Genau, wie das mit dem Loch.
Leider kommen auch wir neben der Brechreiz-Geschichte mit dem Loch nicht um diesen einen Brechreiz verursachenden Quacksalber-Satz herum. Aber “es gibt einfach viel zu viele Highlights, als dass wir sie alle in nützlicher Frist oder noch in diesem Leben aufzählen könnten”. *Kotz*. Aber es stimmt. Leider. Oder auch nicht. Wir können ganz einfach keines der 20’000 geschossenen Fotos oder der 2’000 gedrehten Videos anschauen, ohne uns an eines dieser Highlights zu erinnern. Und damit sich dies auch in den nächsten fünfzig Jahren und mit fortschreitender Verblödung nicht ändert, umfasst unser nun abgeschlossenes Tagebuch neben einer hart umkämpften Auswahl von Fotos und Videos auch stolze 100’000 Wörter. Aber genug vom blumigen Brechreiz. Wenn wir als unerwünschte Inspiration trotzdem einzelne Orte oder Länder zuoberst oder zuunterst auf eine imaginäre und völlig sinnlose Liste setzen müssten, sähe das wie folgt aus: Die Destination mit der grössten Wow-Dichte? Die Galapagos-Inseln. Die Länder mit dem grössten Überraschungspotenzial? Pablo’s Kolumbien und der islamische Iran im positiven Sinne, shity Aserbaidschan im negativen. Das schlimmste Erlebnis? Für mich der erste von zwei und den gesamten Mundbereich ausfüllende Zahnersatz in Panama, für Sue die eingesperrten oder bereits ausgenommenen Hunde und Katzen auf dem Fleischmarkt in Yangshuo, China. Aber beim Vergessen der Lowlights hilft zum Glück das selektive Gedächtnis, das wir den liebenswerten Kolumbianern abgeschaut haben. Ausser das mit dem Loch. Da scheint ein Vergessen eher schwierig.
Genossen … ähh, gegessen haben wir die Hunde und Katzen sowieso nicht. Zumindest nicht bewusst. Auf dem Teller landete meistens das, was uns schon mehr oder minder bekannt war und davon nicht selten reichlich. Ab und zu wurden wir von einem stinkenden Schafbock überrascht, doch wie so vieles, haben wir auch das überlebt. Verdammtes Aserbaidschan. Die durchschnittlichen 2,5 Tage im selben Bett und somit 184 Mal Packen haben uns in erster Linie Offenheit und die Freude am Minimalismus gelehrt. Und das sind auch die Dinge, die wir um jeden Preis in unser altes, neues Leben mitnehmen wollen. Uns, unserem Umfeld und unserem Planeten zu liebe. Natürlich gehört auch das bereits mehrfach erwähnte Geburtsglück zu den erleuchtenden Erkenntnissen. Diesbezüglicher Stolz in irgendeiner Form sind aber gänzlich unangebracht. Stolz kann man auf Dinge sein, die man erreicht hat. Für die man gearbeitet und gekämpft hat und die einen nachweislich positiven Einfluss auf unsere Gesellschaft haben. Nackt, hilflos und ausgesprochen hässlich an einem bestimmten Ort geboren worden zu sein, gehört definitiv nicht in diese Kategorie. Aber genug geschwafelt, schliesslich zählen weder Gedanken noch Worte wirklich. Das tun einzig Taten. Auf die darf man stolz sein. Und das gilt auch fürs Loch.
Auf was wir uns aber auch nach stundenlanger Überlegung keinen Reim machen können, ist die äusserst mysteriöse “55er”-Korrelation. Also nicht die 55-Stunden-Bar der Heuröpfler, die macht total Sinn. Aber während den 150’000 zurückgelegten Kilometern in 56 Flug- und 127 Landfahrzeugen - vom alten, amerikanischen und mit 20 Marktverkäufern und 30 Hühnern geteilten Schulbus in El Salvador, über die für 12 Personen zugelassenen und mit 25 Personen gefüllten Minibusse in … hm, fast überall auf der Welt, zu umgebauten, indischen und frontscheibenlosen Offroad-Lastwagen in Afrika, bis hin zu Luxus-Reisecars mit Schlafsitzen und Porno-Beleuchtung in Argentinien - haben wir im Schnitt alle 55 Tage Pinguine gesehen, alle 55 Tage gestritten und alle 55 Tage etwas verloren. Da muss es einen Zusammenhang geben! Klauende Pinguine, die von der geflügelfreundlichen Sue unterschwellig, aber kategorisch und gegen mein Bauchgefühl in Schutz genommen wurden und so unbemerkt einen Keil zwischen uns trieben? Oder ein Universum, das uns nach dem unnötig schludrigen verhühnern meist wertloser Gegenstände und dem daraus entstandenen gegenseitigen Unmut übertrieben süsse Frackträger zur Versöhnung schickte? Ich hab keine Ahnung. Sue auch nicht. Drum lassen wir das jetzt. Wie das mit dem Loch.
Doch was ist nun unser Fazit? Oder was wäre die Antwort auf die Frage, ob wir so eine Reise nochmals unternehmen und jedem empfehlen würden? Sue? Logo. Pasci? Hm, jup.
Es grüssen zum letzten Mal von dieser Reise,
die schöne Sue & … Pasci
*** WICHTIGER “freiwilliger” Nachtrag ***
Zu allerletzt im allerletzten Post möchte ich dem allerersten Marc noch sagen, dass ich mich - entgegen der in einem Fall offensichtlich falsch verstandenen Darstellung in meinem Brief an Greta - unendlich über den Besuch in Melbourne gefreut habe. Und das bisschen CO2 für den kurzen Flug nach Australien und zurück habe ich heute früh via South Pole sauber erledigt. Die verursachten 6 Tonnen CO2 werden nun von einem Projekt in Thailand kompensiert, welches Methan aus dem Abwasser einer Stärkefabrik sammelt und so nachhaltige Energie erzeugt. Soo wichtig ist mir der Marc. Und die Umwelt.
*** Mein Dad hätte mich sonst enterbt ***Read more

Sue and PasciHm, ja, aber nicht mehr sicher wie sie hiess. Gibt aber diverse „timelapse“ apps die das können … 😉
TravelerJuhu wirst doch wieder mein Lieblings-Kunde❤️
Sue and Pasci😄 mal schauen ... 😏🤷🏼♂️