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  • Day 35

    Copacabana

    December 6, 2016 in Bolivia ⋅ ☀️ 11 °C

    Am Morgen des Tages, als wir nach Bolivien aufbrechen wollten, liefen wir nochmal über den Plaza de Armas in Puno. Hier wurde grade ein Polizeiparade abgehalten. Offenbar stand jeder verfügbare Beamte hier in seiner Einheit bereit und hörte mehr oder minder interessiert einem Redner zu. Sogar die Spurensicherung war dabei, inklusiven weißen Laborkitteln und metallenen forensischen Koffern, die neben ihnen abgestellt waren.

    Allerdings ist sogar mir, als ehemaligem Zivildienstleistenden, aufgefallen, dass es nicht wirklich gut um die Diziplin der Truppe stand. Die meisten der Polizisten unterhielten sich mit ihrem Nebenmann oder alberten herum. Vor meinem inneren Auge liefen sämtliche Teile von Police Academy ab. Leider habe ich keine Fotos und wenn man Videos von der peruanischen Polizei sucht, findet man meistens welche davon, wie Straßenblockaden aufgelöst oder Streiks beendet werden. Aktuell versuche ich mir einen guten Einblick in das südamerikanische Leben zu verschaffen und lese mehrere (Online-)Zeitungen. In einer davon habe ich auch gelesen, dass die peruanische Polizei nicht ganz ohne ist: https://amerika21.de/2016/08/158867/toetungen-p…

    Neben https://amerika21.de/ kann ich euch noch wärmstens http://www.blickpunkt-lateinamerika.de/ ans Herz legen. Wer sogar etwas Geld investieren möchte kann über ein Probeabo (10 Euro für 3 Ausgaben) von der kritischen, in Berlin aufgelegten, Zeitschrift „Lateinamerika Nachrichten“ (http://www.lateinamerikanachrichten.de/) erwerben.

    Aus diesen Medien haben wir auch unsere Informationen über die derzeitige politische Lage in Bolivien. Dort, insbesondere in La Paz, soll es zu einer massiven Wasserknappheit gekommen sein. Dies sorgt für Unmut in der Bevölkerung, die solche Konflikte gerne mit Straßenblockaden klärt. Wir sind also sehr gespannt, wie weit wir unbehelligt reisen können. Im Grunde sind wir aber recht positiv gestimmt.

    In Puno haben wir, kurz bevor der Bus nach Copacabana gehen sollte, noch ein veganes Restaurant gefunden, in dem ich Ceviche probieren konnte. Normalerweise wird dieses Gericht mit rohem Fisch zubereitet, der in Limettensaft eingelegt wird. Durch dessen Säure kommt es zu einer Veränderung der Proteine im Fisch, ähnlich wie beim Kochen. Die Version, die ich gegessen hatte, wurde mit Soja (das ja auch ungemein proteinreich ist) und ein paar Algen gemacht. Wirklich empfehlenswert!

    Die Busfahrt über die Grenze verlief ohne größere Besonderheiten. Nur das Fenster, das Silke zu Anfang geöffnet hatte, ließ sich auf einmal nicht mehr schließen und zwei Amerikaner, die wir dort kennengelernt haben waren etwas erschrocken darüber, dass sie Visa für umgerechnet 320 Dollar kaufen mussten. Selst die Grenzüberquerung verlief ausnehmend unspektakulär. Man steigt aus dem Bus aus, geht nacheinander in beide Grenzhäuschen, bekommt Stempel und ein Einlegekärtchen ausgehändigt und steigt dann auf der bolivianischen Seite wieder in den Bus ein. Weder die Landschaft, noch die Menschen haben sich nennenswert verändert. Dies liegt vermutlich stark in der Tatsache begründet, dass die andinen Völker grenzübergreifende Identitäten und Traditionen haben.

    Wir liefen, nachdem wir ins Hotel eingecheckt hatten, noch etwas durch die Stadt. Uns fiel auf, dass ausnehmend viele Hippies aller möglicher Nationen hier unterwegs waren. Copacaba gilt ja als Geheimtipp für Backpacker. Wir hatten allerdings den Eindruck, dass der Ort gar nicht mehr so gemein war, wie in unseren Reiseführern angekündigt. Aber genau die Tatsache, dass so viele (auch alternative) Menschen in diesen Ort gekommen waren, um sich dort ein Existenz aufzubauen, macht ihn tatsächlich unheimlich sympathisch und voller kleiner Ecken, die man entdecken kann. Am Abend gingen wir noch Essen. Dabei trank ich meinen ersten bolivianischen Wein. In Peru musste der Wein immer aus Chile oder Argentinien importiert werden und war somit ungemein teuer. Bolvien hingegen verfügt über ein eigenes Weinanbaugebiet in Tarija, was spannenderweise das höchste der Welt ist. Da Bolivien zu dicht am Äquator liegt bzw. über keine Meeresküste verfügt, sind die Bedingungen für den Weinanbau denkbar ungeignet. Die Höhe ermöglicht durch das milde Klima und die intensive Sonne, den Abau einer sehr süßen Traube, was sich auch im Geschmack des Weines bemerkbar macht.

    Am folgenden Tag fuhren wir zur Isla del Sol (nächster Beitrag). Wir hatten aber beschlossen, danach noch für einen Tag in Copacabana zu bleiben, um uns etwas auszuruhen. Den Tag verbrachten wir dann auch entsprechend entspannt. Wir lernten ein älteres, amerikanisches Paar kennen, die dort im Rahmen einer kirchlichen Tätigkeit, eine Bäckerei und Pizzaria eröffnet hatten. Die Schwester der Bäckerin wäre fast an einem zöliakiebedingtem Turmor verstorben, so dass sie auch einen (wirklich großartigen) glutenfreien Pizzateig im Angebot hatte. Wir unterhielten uns noch lange mit den beiden, um uns ihre Perspektive auf Bolvien anzuhören. Eine Geschichte war besonders spektakulär. Vor einigen Jahren wurde Copacabana wegen einer politischen Angelegenheit von (vermutlich) Minenarbeitern belagert. Ganze 3 Wochen konnten weder Lebensmittel noch andere Verbrauchsgüter in die Stadt gebracht werden. Dies führte soweit, dass die Bevölkerung verdorbene Speisen essen musste. An einem Tag standen die Belagerer auf den Hügeln der Stadt in engen Reihen und warfen Dynamit nach unten. Dabei handelte es sich um eine Einschüchterungstaktik – niemand wurde verletzt. Dennoch hat es den Einwohner, verständlicherweise, große Angst eingejagt. Als die Belagerer schließlich die Stürmung der Stadt planten, kam den Einwohnern das Militär zu Hilfe. Das ganze sei dann wohl, ähnlich wie die Parade in Peru, etwas unorganisiert gewesen, denn die Soldaten hatten kein Essen für sich mitgebracht. So dass Einwohner und Soldaten sich die Notrationen teilen mussten.

    Neben den wirklich offenherzigen Amerikanern haben wir auch noch einen netten Hippie, der umheimlich gutes Deutsch sprach und mir glutenfreies Brot organisiert hat und einen Iren kennengelernt, der mit seiner bolivianischen Frau ein Kaffee in der Stadt betreibt.
    Insbesondere der Ire hat uns wirklich gute Tipps gegeben und uns erzählt, dass viele Nachrichten in Bolivien nur über Facebook ablaufen, da die meisten Nachrichtenquellen in staatlicher Hand seien. Zu der Wasserknappheit in La Paz geht das Gerücht um, dass die Wasserreserven von den Minenbetreibern angezapft werden würden. Das ist allerdings unbestätigt und auch in den nächsten Tagen konnte ich dazu nichts herausfinden.

    An Sehensürdigkeiten bietet Copacabana, neben dem See mit seinen Inseln, leider nicht sehr viel. Lediglich die Kirche ist, insbesondere von Außen, sehenwert. Sie verfügt über einen sehr großen Hof und gilt als der Hauptwallfahrtsort Boliviens.
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