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  • Day 39

    Isla del Sol

    December 10, 2016 in Bolivia ⋅ ☀️ 22 °C

    Von Copacabana aus machten wir einen Ausflug zur Isla del Sol. Sie trägt ihren Namen aufgrund ihrer hervorstechenden Bedeutung in der Inca-Mythologie. Auf sie soll nämlich der Sonnengott Inti seine beiden Kinder, den ersten Inca und seine Frau, zur Erde hinabsteigen haben lasen.

    Von Copacabana aus fahren täglich mehrere Boote ab, die die nahegelegene Insel in etwas mehr als einer Stunde erreichen. Sie ist sehr langgestreckt und beherbergt 3 Gemeinden der indigenen Bevölkerung. Wir haben uns entschieden uns auf der Nordseite der Insel absetzen zu lassen, dort zu übernachten und am nächsten Morgen zur Südseite zu wandern.

    Als wir auf der Insel ankamen, brachte man uns keinerlei Aufmerksamkeit entgegen. Grade so, als habe man beschlossen, die ankommenden Touristen stillschweigend zu akzeptieren, ihnen aber nicht auf besondere Weise entgegen zu kommen. Ganz im Gegensatz zu Peru, wo man an jeder Ecke angesprochen wurde, war es hier so. als wäre man gar nicht da. Das wirkte auf uns keineswegs unhöflich, nur reserviert und zurückhaltend. Sprach man die Menschen nämlich an, etwa um nach dem Weg zu fragen, etwa einzukaufen oder einen Kaffee zu bestellen waren sie ungemein freundlich und zugewand. Die ganze Insel war voller Tiere. Bis zu dieser Stelle hatten wir es hauptsächlich mit Lamas, Alpacas und Hunden zu tun gehabt. Auf der Insel trafen wir aber auch eine Vielzahl an Schweinen, Eseln und Schafen an, die teilweise angebunden waren, teilweise aber auch frei über die Insel liefen. Insbesondere die Schweine mochten es gestreichelt zu werden und warfen sich dabei teilweise in Schaaren vor einen, sobald sie sahen, dass man sich mit einem von ihnen beschäftigte. Ein ungemein cleveres Verhalten für eine Gruppe von Tieren, die gemeinhin als wenig einfallsreich angesehen wird. Tatsächlich aber besitzen ausgewachsene Schweine eine mit Primaten vergleichbare Intelligenz. Untrsuchungen der Universität Leipzig zeigen, dass sie in der Lage sind, einen ihnen gegebenen Namen zu verstehen und ihn sich einzuprägen. Zudem erkennen sie sich selbst in einem Spiegel, was sie auf die selbe Ebene, wie Delphine stellt. Vermutlich, aber das ist nur meine Vermutung, haftet ihnen ihr etwas elendiges Image an, weil sie nicht der menschlichen Vorstellung von Zivilisiertheit entsprechen. Sie fressen sprichwörtlich, „wie die Schweine“, suhlen sich im Dreck und gelten in mindestens 2 großen Religionen als „unrein“.

    Nachdem wir, kurz nach unserer Ankunft, etwas in der Nähe des Anlegers herumgelaufen waren und eine Karte gekauft hatten, wurde uns von einer Frau mittleren Alters ein Hostelzimmer angeboten, das wir gerne annahmen. Die Familie hatte für das Hostel einfach ein zusätzliches Gebäude auf ihrem Bauernhof errichtet, der ganz dicht an der Inselspitze lag und somit einen wunderbaren Blick auf die beiden nahegelegenen Buchten bot. Das Zimmer war einfach, verfügte aber über eine Toilette und Elektrizität. Wir luden unser Gepäck ab und machten uns zunächst auf den Weg unsere Inselhälfte zu erkunden. Ein langer Pfad führte zu einigen Incastätten. Eine bestand lediglich aus zwei ovalen Auslassungen im Boden, die mit etwas Phantasie wie die Fußabdrücke des auf die Erde hinabgestiegenen ersten Inca aussahen. Zudem war ein Opferschrein auf einer der Landzungen aufgebaut. Ganz Lateinamerika hat eine lange Opfertradition. Zwar waren Menschenopfer bei den Inca im Vergleich zu den Azteken seltener, kamen aber mit einer gewissen Regelmäßigkeit vor. Allerdings wurden Menschen zumeist nicht, wie in Mittelamerika üblich, ausgeblutet, sondern in der Kälte, manchmal unter Drogeneinfluss, ausgesetzt. Der Opfertisch wird also vornehmlich Tieropfern gedient haben. In den sehr traditionellen Bergregionen Boliviens werden beim Bau von Häusern noch häufig getrocknete Lamaembryonen mit verbaut, um es zu segnen.

    Um auf der Isla del Sol herumlaufen zu können, mussten wir im Verlauf der nächsten beiden Tagen insgesamt 3 Passierscheine kaufen. Hierzu standen gefühlt an jeder Ecke einheimische Männer herum und kontrollierten, ob alles seine Richtigkeit habe. Von einem Australier, mit dem wir bereits einen Tag vorher etwas gesprochen hatten meinte, dass ein Freund von ihm ihn davor gewarnt habe. Wir allerdings hatten keine wirklichen Probleme mit den Verkäufern. Wir bezahlten, wie angekündigt, drei Mal für die Passierscheine und konnten dadurch überall hin. Nur an einer Stelle schienen wir bei einem „nicht-offiziellen“ Verkäufer gekauft zu haben. Ein späterer Kontrolleur wirkte nämlich etwas verdutzt über unsere Aussage, wir hätten die Karten von einem Mann auf einem Bergpass erhalten. Er winkte uns dann aber trotzdem durch.

    Am Abend des ersten Tages aßen wir mit einem französischen Pärchen, das wir im Hostel kennengelernt hatten zu Abend. Sie wollten am nächsten Morgen zum Sonnenaufgang aufstehen und dann einmal die Insel umrunden. Als wir aufstanden waren sie schon weg. Die Nacht tobte aber ein so ungeheures Unwetter, dass ich mir nicht sicher bin, ob sie bei ihren Plänen geblieben waren. Unser Hostel hatte ein Blechdach unter das Nachts der Wind polterte und dem Unwetter Nachdruck verleite. Offenbar sind solche Unwetter auf der Isla del Sol, zumindest in der Regenzeit, aber keine Seltenheit. Ein paar Tage später lernten wir einen Kanadier kennen, der, als ein Gewitter hereinbrach, direkt auf einer Bergspitze stand. Er war somit der höchste Punkt der Insel, an dem bekanntlich gerne der Blitz einschlägt und dementsprechend nachhaltig hat ihn diese Erfahrung beeindruckt.

    Wir brachen am Vormittag auf, um die Insel zu überqueren und zum Nachmittag am Hafen der Südseite sein zu können. Auf dem Weg wurden wir von einem netten Hund begleitet, den wir Django tauften. In den einzelnen Gemeinden sieht man kaum Hunde und jedesmal, wenn wir an Menschen vorbeikamen zog unser Begleiter die Ohren an und klemmte seinen Schwanz an. In einem Dorf sahen wir ein kleines Kind von etwa 3 Jahren einen Stein aufheben als es Django sah. Zeitweise begleitete unser sogar noch ein weiterer Hund, den wir allerdings ungetauft ließen, da er uns nicht lange die Treue hielt. Django hingegen ging fast die gesamten 10 Kilometer des Küstenverlaufs mit uns. Immer wenn wir anhalten mussten, um unsere Passierscheine vorzuzeigen, legte er sich ins Gras und döste vor sich hin. Kurz vor dem Ziel aber kamen uns zwei andere Reisende entgegen denen sich unser bis dahin so treuer Weggefährte plötzlich anschloss, ohne sich auch nur einmal nach uns umzudrehen.

    Am Anleger stellten wir dann fest, dass wir nicht genügend Bolivianos für die Rückfahrt bei uns hatten und waren froh zu hören, dass man auch unsere Dollars akzeptieren würde. Der Wechselkurz war natürlich dementsprechend schlecht. Die Perspektive ohne Geld auf der Insel bleiben zu müssen war aber denkbar schlechter und für genau solche Fälle tragen wir immer etwa 100 Dollar in Bar mit uns rum. Wir haben auch gehört, dass man in Bolivien auf diese Weise Probleme mit der Polizei „lösen“ kann. Insbesondere in La Paz, unserem nächsten Ziel, soll es ab und zu vorkommen, dass man in problembehaftete Situationen kommt.
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