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  • Day 10

    Kindermesse und Packalarm

    May 7, 2023 in Tanzania ⋅ ☀️ 30 °C

    Der Wecker war gestern auf 8:15 gestellt worden (endlich mal ausschlafen - so der Gedanke), aber von wegen. Um 6:30, pünktlich zur ersten Messe, werden wir langsam zu den Gesängen und Gebeten wach, die aus der großen Kirche direkt nebenan über die ganze Nachbarschaft ertönen. Wenn wir Swahili verstehen würden, könnten wir quasi aus dem Jino Haus an der Messe teilnehmen. Zumindest können wir heute langsam wach werden und liegen noch ein wenig faul im Bett rum. Wir fangen schonmal an zu packen, bevor die Sisters und Father Richard von der ersten Messe zurückkehren und es Frühstück gibt. Wir hatten uns gestern dazu entschieden zur dritten Messe, der Kindermesse, zu gehen. Und so schmeißen wir uns nach dem Frühstück ins Röckchen und bewegen uns langsam mit Sr. Hifadhi Richtung Kirche. Auch hier hören wir wieder aus allen Ecken das Wort "wazungu" (Europäer*innen), gefolgt von Gekichter und Getuschel. Ab und zu traut sich mal eine/r von den Kindern uns zu grüßen: "Hello how are you ?"
    Wir haben nicht genügend Finger und Zehen, um zu zahlen wie oft wir diese Woche schon Mzungu oder Wazungu gehört haben. Überall, wo wir sind, ist das das Lieblingswort, vor allem das der Kinder.

    Unser gestern angekündigte Plan uns seitlich an den Ausgang der Kirche zu setzen muss direkt verworfen werden, als uns Sr Hifadhi wieder nach vorne winkt, um uns in die erste Reihe zu holen. Der Vorteil ist dieses Mal, dass seitlich hinter uns ein Ventilator angeworfen wird und von links nach rechts schweift (wir glauben nur wegen uns, da kein anderer Ventilator in der Kirche angemacht wird). Von Nachteil ist wiederum, dass die Sonne um 10:00 Uhr morgens die Kirche schon ganz schön aufheizt und so laufen mal wieder die Schweißperlen die Stirn und das Décolleté hinab. Der erste kritische Punkt kommt dann, als wir das ersten Mal auf den Kniebänken knien, aber Tahnee hält tapfer durch. Als wir wieder sitzen, schaut Sr Hifadhi rüber, sieht die nass geschwitzen Haare auf Tahnees Stirn kleben und reicht ihr geistesgegenwärtig ein Umschlag, mit dem sie sich zuwedeln kann. Das ist die Rettung, denn der Wind des Ventilators schafft es kaum zu uns nach ganz vorne. Die Messe an sich bringt uns nicht nur einmal zum Schmunzeln. Der Kinderchor, in dem auch Agrepina mitsingt, aber auch viele andere Kinder, singen aus voller Kehle mit und der Gesang hallt von der hohen Decke der Kirche wider. Dazu klatscht die ganze Kirche und auch die Tanzschritte sitzen perfekt. Das zweite Schmunzeln galt definitiv Sr. Hifadhi, die doch eine geraume Zeit während der Messe gegen ihre Müdigkeit ankämpft und immer wieder einnickt und nach vorne schaukelt. Heute schaffen wir es bis zum Auslaufen des Priesters, der Messdiener und des Chores. Viele Kinder folgen nicht deren Vorbild oder benutzen den nächsten Ausgang, sondern stürmen nach vorne zur ersten Reihe. Alle vorherige Schüchternheit ist jetzt abgelegt und es werden wieder Haare angefasst, Händchen gehalten und von allen Seiten losgebrabbelt. Wir können nicht mehr tun als allen ein Lächeln zu schenken und dann geht's mit Sr Hifadhi,doch recht zügig, wieder hinter das Tor des Grundstücks der Schwestern. Es folgen noch ein paar Luftküsse und "I will miss you" und "I love you"-Rufe, dann geht die Tür zu und es kehrt wieder Ruhe ein.

    Nach einem kurzen Ausruhen geht's auch schon zum Mittagessen. Es gibt Reis und eine leckere Sauce aus Kokosnussmilch, gefolgt von tikiti maji und ndizi (Wassermelone und Bananen). Wie schon gestern und heute morgen fragt Father Richard zum dritten Mal nach, ob & wann das Taxi organisiert ist, was ihn heute zum nächsten Standort bringen soll. Niemand weiß so ganz Bescheid, aber alle geben Halbwahrheiten ab, bis noch während des Mittagsessens das besagt Taxi auf den Hof fährt. Father Richard ist sichtlich gestresst, da er noch nicht gepackt hat, aber die Sisters versichern ihm er solle Polepole machen und kein Stress. Auch der Taxifahrer bekommt noch ein Mittagessen hergerichtet mit einer Portion Reis, die uns zwei Tage satt gehalten hätte.

    Das Mittagessen hat etwas länger gedauert als geplant und so setzt sich Tahnee sofort raus in den Schatten, um mit ihrer Familie zu telefonieren. Es gibt wieder Gastauftritte, aber dieses Mal von Agrepina und Success. Als Isi sich dazugesellt, reden wir noch über die weitere Reiseplanung und über Ideen, von denen wir hoffen, sie in Zukunft verwirklichen zu können. Währenddessen ist Agrepina sehr interessiert daran, wie dieses Armbandknüpfen denn funktioniere. Isi lässt sie vier Farben aussuchen und zeigt ihr anhand eines einfachen Musters wie es geht... alles in Zeichensprache versteht sich. Da ich gerade dabei bin das Armband für Agrepina zu knüpfen, schreibt sie mithilfe vom Google Übersetzer (der in den letzten Tagen unser bester Freund ist, was die Kommunikation mit Agrepina angeht) und sagt mir, dass wir uns die Bänder gegenseitig machen können. Success, der kleine Wirbelwind, hüpft wieder fröhlich um uns herum und sucht nach Aufmerksamkeit, indem sie versucht Tahnees Airpods (kabellose Kopfhörer) zu stibitzen oder sich alte, dreckige Socken anzieht, die sie unter der Wäscheleine findet. Aus für uns unerklärlichen Gründen kann sich Success Tahnees Namen (ausgesprochen Tani) einfach nicht merken und während Isi mit "Isabella" angesprochen wird bleibt Tahnee für sie "Mzungu" (Singular von Europäer*in).

    Unsere mitgebrachte Brotbackmischung backt sich auch nicht von allein und so gesellen wir uns zu Sr. Hifadhi, die gerade Mandazi (Gebäck) für unsere morgige Fahrt vorbereitet, in die Nachmittagssonne. Nach Isi's fehlgeschlagener Schätzung über die benötigten 300 ml Wasser, hat unser Brotteig eher die Konsistenz von Waffelteig und so fügen wir noch eine gute Menge Mehl hinzu. Der Teig darf dann bei den hier vorherrschenden Temperaturen aufgehen.

    Während die Brötchen im Ofen knusprig werden setzen wir uns mit den Kids (Success, Agrepina und ihrer Freundin Jaqueline) nach draußen und albern rum. Die beiden großen Mädels hüpfen spielerisch hin und her und fragen, ob sie unsere Haare kämmen und flechten dürfen. Das endet darin, dass Isi Tahnees unendlich lange Haaren bändigt und Agrepina sich eine Strähne von Isis Pony rauszieht und flechtet. Da ein Zopf in meinen Haare nicht ohne Haargummi hält versiegelt Agrepina ihr Meisterwerk mit ihrer eigenen Spucke, sodass Isi die nächsten paar Minuten die angelutschte Strähne im Gesicht baumeln hat. Wie sich herausstellt sind unsere Brötchen mittlerweile zu Fladen mutiert, ABER sie schmecken und das ist die Hauptsache.

    Zum vorerst letzten Abendessen hier in Kitunda sitzen wir mit Dr. Hifadhi und Sr. Goretti zusammen. Wir übergeben unsere selbstgemachten Schlüsselanhänger und sie bedanken sich. Erst nach einigen Minuten in denen Sister Goretti immer wieder auf das Band starrt fragt sie: "Is it made by machine?" (Wurde das maschinell gefertigt)
    Beide Sisters sind doch sichtlich erstaunt darüber, dass wir die Woche über die Bänder selbst geknüpft haben. Wir erklären ihnen, dass es eigentlich nichts anderes, als viele geordnete Doppelknoten. Direkt kommt Sr. Goretti die Idee, dass das doch eine ideale Beschäftigung für Sister Doris wäre. Wir machen aus, diesem Vorhaben in vier Wochen nachzugehen, wenn wir zu unserem zweitägigen Zwischenstopp wieder in Kitunda sind.

    Wir bedanken uns für die schönen Zeit, die außerordentliche Gastfreundschaft, Fürsorge und die tollen Erfahrungen die wir in nur einer Woche sammeln durften. Endlich wurden unsere Vorstellungen von Tansania mit den ersten Bildern gefüllt. Tansania hat jetzt schon ein Stück unseres Herzen für sich gewonnen.

    Heute nehmen wir ausnahmsweise das Angebot an und verzichten darauf den Abwasch zu machen, da im Jino Haus noch das Packchaos auf uns wartet. Zumindest auf Isis Seite gibt es noch einiges umzusortieren und einzupacken. Tahnee schnappt sich schon einmal eine (wohlgemerkt kalte) Dusche, was jedoch dazu führt, dass unser ohnehin warmes Zimmer nun das Klima eines Gewächshauses innehat (Luftfeuchtigkeit=100%). Weitergepackt wird ab jetzt nur noch in Unterbuxe. Irgenwann sind alle Sachen verstaut, die Rucksäcke in den Flur gestellt und auch der pinke Koffer mit der Wanderausrüstung liegt unterm Bett, wo er die nächsten vier Wochen verweilen darf.
    Dann aber schnell ins Bett, denn morgen geht es früh raus, zu unserem nächstes Abenteuer.
    Die letzen Mücken werden mithilfe der Handytaschenlampe unterm Mosquitonetze gefunden und zerklatscht. Jetzt heißt es wieder: "Usiku mwema, tuta onane kesho" (Gute Nacht & wir sehen uns morgen)
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