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  • Day 18

    Singapur - Kirchenbesuch & Gottesdienst

    June 11, 2023 in Singapore ⋅ 🌩️ 32 °C

    Heute ist Sonntag - und was macht man da als anständiger Europäer? Richtig, in die Kirche gehen 😊 Passenderweise wurden wir von unserer lieben Gastfamilie heute zum Gottesdienst der „Singapore Victory Church“ eingeladen.

    Wir sind zwar keine Kirchgänger, aber zwei große Unterschiede fallen uns direkt auf. Statt in aller „Herrgottsfrühe“ (wie in Europa) finden sich die Gläubigen erst um 10 Uhr ein - aber nicht etwa in einer ehrfürchtigen Kirche, sondern in einem farbenfrohen quaderförmigen Gebäude. Sieht man mal vom McDonalds im Erdgeschoss ab, hätte ich hier eher ein Kunstmuseum vermutet.

    Die Räumlichkeiten sind ebenfalls überraschend: mit der Rolltreppe geht’s hinauf zum „Victory Family Center“. Hier werden in einem modernen bunten Spielzimmer grade die lieben Kleinen beschäftigt. Der Hauptraum des Gebäudes erinnert uns eher an einen Kino- oder Konzertsaal - überall Technik, sogar die gigantische Hintergrundleinwand ist angeschaltet.

    An der Tür werden wir ganz euphorisch von der Frau des Pastors (in Kleid und Jeansjacke) begrüßt, die uns direkt ein Geschenk (To-Go-Thermobecher der Kirche) in die Hand drückt. Jetzt fehlt nur noch der rote Teppich und der VIP-Status ist bestätigt 😊

    Wow, das Ganze müssen wir jetzt erstmal auf uns wirken lassen. Wir nehmen Platz und lauschen der ruhigen Hintergrundmusik, die von einer Band eingespielt wird! Bevor der Gottesdienst startet, kommt sogar noch der Pastor auf einen „Smalltalk“ vorbei. Das alles passt so gar nicht in unsere bisherigen „Kirchenerlebnisse“. Als dann noch die Band rockig loslegt, die Texte an der Leinwand und auf einigen Tablets zu sehen sind, sind wir völlig fertig! Nochmal wow!

    In einer kurzen Pause wird das SommerKINOprogramm (Inhalt: Blockbuster aus Kirchenperspektive erklärt bzw. „zerlegt“) auf der Leinwand vorgestellt und auch um Spenden wird gebeten - aber nicht mit Klingelbeutel oder Körbchen, sondern mit „Online Giving“, also Zahlung per Handy!

    Vielleicht ist es unfair, aber diese von der jungen Truppe auf der Bühne verkörperte Kirche macht in vielerlei Hinsicht einen gigantischen Unterschied zu unserer in Deutschland und Europa gelebten christlichen Religion. Man könnte sagen: "Wie die Kirche, so die Wirtschaft" – Singapur ist einfach sehr gut digital aufgestellt, frisch und voller Ideen, jung, lebendig, fortschrittlich. Also ganz im Gegenteil zu „unserem“ nur träge beweglichen, verstaubten Beamtenstaat, der in manchen Bereichen dermaßen hinterherhinkt, dass man auch von abgehängt sprechen kann.

    Wir folgen der musikalischen „Darbietung“ mit Freude und sind begeistert von der Energie, die von der Bühne ausgeht. Die wird sogar noch weiter befeuert, als die erste Rednerin loslegt! Sowohl der Pastor als auch seine Kollegin sind beide Mitte 30 und verströmen eine unfassbare, jugendliche Dynamik und einen scheinbar unerschöpflichen Optimismus.

    Der junge Pastor bringt uns den „holy spirit“ lebhaft näher: mit Erzählungen aus seinem Leben, mit Zitaten aus der Bibel und spannenden Alltagsbegegnungen. Und das zu keiner Zeit verstaubt, sondern authentisch, quirlig, mit Humor. Den Abschluss der Predigt markiert die gemeinsame Einnahme des Abendmahls – Corona-konform liegen Brot und Wein in kleinen Einwegverpackungen auf unseren Stühlen bereit.

    Gegen Ende des Gottesdienstes wird es uns dann doch etwas zu „bunt“. Im abschließenden gemeinsamen Gebet versammeln sich viele Gläubige direkt vor der Bühne, um einander zu (unter)stützen. Ihre Hände legen sie sich gegenseitig auf die Schultern, murmeln tranceartig Gebete und liegen sich wenig später in den Armen. Es wirkt schon sektenähnlich – wir sind jedenfalls froh als dieser Teil vorbei ist und wieder Normalität eintritt.

    Nach dem Gottesdienst wartet noch eine Stärkung auf alle Gläubigen. Es gibt Kaffee oder Tee mit süßen Häppchen. Neben dem Pastor und seiner jungen Frau tauschen wir uns auch noch mit einem weiteren Paar aus, dass mit seinen drei Kindern für einige Jahre in Köln missionierte. Die Beiden haben ihre Zeit in Deutschland genossen - ihr Urteil zum Stand der Digitalisierung ist allerdings vernichtend. Tja - leider wahr.

    Zur Krönung des interessanten Vormittags werden wir zum Essen in eine naheliegende Universität eingeladen. Auch hier - wir sind schließlich in Singapur - handelt es sich nicht um eine schnöde Kantine, sondern ein exquisites Lokal. Wir werden nobel empfangen und können von einer hochwertigen Speisekarte auswählen. Da wir insgesamt zu sechst sind, bestellen und probieren wir alle bunt durcheinander: Es kommen chinesische, indische und weitere ausgewählte asiatische Gerichte auf den Tisch. Randnotiz: Ich bin erneut begeistert, nicht etwa, dass wir mit dem Handy bestellen können, sondern darüber, dass wir über mehrere Handys die gleiche Bestellung bearbeiten können!

    Nach dem leckeren Mittagessen und einem erneuten lebhaften Austausch werden wir von unserer Gastfamilie sogar noch bis zur Haustür gebracht.

    Im Beisein unserer vierbeinigen Mitbewohnerin lassen wir die Eindrücke des religiösen Wochenendes nachwirken. Wir sind insbesondere vom Gottesdienst und der Offenheit sowie Gastfreundschaft der asiatischen Christen total ge“flash“t. Wie schön, dass wir nach den Mormonen in Utah einen weiteren Einblick in das globale Christentum erhaschen konnten!
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