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  • Day 7

    Lorca

    November 21, 2019 in Spain ⋅ 🌙 7 °C

    Und so geht die Geschichte unseres ertsen Trampabenteuers:
    Mit Pappschild, ausgestrecktem Daumen und Strohhut auf dem Kopf stellten wir uns also an die Hauptstraße. Wir mussten keine fünf Minuten warten bis uns auch schon das erste Auto mitnahm. Der Fahrer ist selber früher oft getramt und war ein Gefängniswärter auf dem Weg zur Arbeit. So erfuhren wir viel über die Zustände in spanischen Gefängnissen und auch über die Region allgemein. Leider war die Stadt, in der er arbeitete nicht all zu weit entfernt und dementsprechend die Autofahrt nicht sehr lang. Er ließ uns an einer großen Raststätte bei Tarragona raus. Laut seiner Aussage würden hier viele Leute, die in den Süden fahren wollen, Pause machen. Er schätze unsere Chance sehr groß ein hier jemand zu finden. Was sich allerdings nicht bestätigte...
    Nach 3 Stunden erfolglosem Daumen rausstrecken, fassten wir den Entschluss bis zu einer besseren Stelle zu laufen. Nach einer dreiviertelstunde Fußmarsch sahen wir schließlich eine Autobahn und sogar direkt eine Raststätte dort. Wir kletterten über eine Brücke und einen Zaun und gelangten so zu der Zufahrt in unsere gewünschte Fahrtrichtung. Wir wollten die A7 nicht mehr verlassen, da sie an der Küste entlang bis nach Gibraltar verläuft. Und siehe da: schon das dritte Auto das kam hielt an und brachte uns 200km weiter. Er hieß Hector, war Informatiker, hatte aber eigentlich kein Bock auf Informatik und wir könnten bis kurz vor Castellon mit ihm fahren. Leider konnte er aber nur Spanisch. Allgemein konnte insgesamt nur 2 der Fahrer mit denen wir mitgefahren sind Englisch. Selbst die jüngeren könnten keine Fremdsprachen. Als wir die Leute darauf ansprachen meinten sie, dass hier das Schulsystem leider nich so gut ausgebaut ist. Die öffentlichen Schule seien auf einem schlechten Level und die privaten imens teuer. Und nicht nur das, es wäre zudem noch sehr schwer überhaupt einen Platz zu bekommen. Einen Kindergartenplatz zu bekommen dagegen wäre sogar quasi unmöglich. Englisch wäre zwar leichter gewesen, da Rickmer kein Spanisch spricht, aber so ging es auch. Ich überstezte immer und nach und nach versteht Rickmer sogar immer mehr. Kleine Fragen stellt er sogar schon selber auf Spanisch.
    Von der nächsten Autobahnraststätte nahm uns Alberto mit. Er ist Ingenieur und hatte am nächsten morgen ein frühes Meeting in einer der Städte hier. Deswegen fuhr er schon abends hin und wollte in einem Hotel dort schlafen. Er lebt eigentlich in Barcelona, würde aber gerne mit seiner Familie in einen ruhigeren Vorort ziehen. Seine Frau ist aber gebürtige Barcelonerin und lebt mit vollem Herzen dort. Er hat eine 6
    7-jährige Tochter, "seine Princessin", und einen 9 Monate alten Sohn, "sein kleiner Bastard". Da vor seiner Abfahrt gerade keine Raststätte kam, fuhr er sogar nochmal 30km weiter bis eine kam an der es für uns besser sein würde ein weiteres Auto zu finden. Es müsste echt mehr Menschen wir Alberto geben! Er war zuvorkommend, witzig und hat sich riesig über unsre Gesellschaft gefreut. Er meinte er fährt uns lieber die paar Kilometer weiter, als die Zeit allein im Hotel zu verbringen. Als wir an der nächsten Raststätte ankamen war es leider schon dunkel. Aber wir konnten keinen Platz finden, wo wir unser Zelt hätten aufstellen können und, da es auch noch nicht all zu spät war, entschieden wir uns weiterzutrampem. Nach langem Warten verlangsamte sich ein kleiner, sehr alt aussehender Wagen. Wir waren glücklich, dass um diese Uhrzeit überhaupt noch ein Auto anhielt. Jedoch hatte ich bei den beiden Insassen ein leicht mulmiges Gefühl im Bauch.  Wir luden unsrere Rucksäcke in den Kofferraum und stiegen ein. Die beiden Jungs waren etwa mitte zwanzig und erzählten uns, dass sie eigentlich aus Marokko kamen. Aber weil sie dort keine Arbeit fanden, sind sie nun nach Spanien gekommen um hier auf einer Farm zu arbeiten. Sie hatten eine Freundin zum Flughafen nach Valencia gebracht und waren nun auf dem nach Hause weg. Der Fahrer sprach kein Wort mit uns, und sein Nebensitzer auch nicht gerade viel. Das Auto war dreckig und stank.
    Noch dazu kam, dass unsere Mitfahrer anfingen im Auto zu rauchen. Leider hatten diese Angewohnheit die meisten Leute hier in Spanien. Dafür meinten die beiden aber, dass wir bis Lorca mit ihnen mitfahren könnten und somit mehrere hundert Kilometer voran kommen würden. Ich betonte mehrmals, dass wir nicht von der Autobahn runter wollten und es am besten wäre, wenn sie uns an einer Tankstelle oder einem Parkplatz direkt an der Autobahn rauslassen würden. Als wir so durch die stockdustere Nacht fuhren, sagte ich Rickmer, dass ich bei diesem Auto kein gutes Gefühl hatte. Auch er meinte, er fühle sich nicht wohl hier drinnen. Wir konnten glücklicherweise frei auf Deutsch reden, da die beiden kein Wort verstanden. Da wir aber sehr müde waren und die Fahrt eine Weile dauern würde, beschlossen wir abwechselnd zu schlafen, sodass immer einer genauestens die Ortsschilder und die Strecke im Auge behalten konnte. Ich sollte auch im nächsten Gespräch erwähnen, dass ich wir das Kenzeichen immer an Freunde senden bevor wir irgendwo einsteigen und das GPS an haben. Was wir bei diesem Auto hätten definitiv wirklich machen sollen. Schon nach 10 Minuten kam dann der erste Schreckmoment: Unser Fahrer verließ die Autobahn. Auf der Ausfahrt war allerdings, genau wie auf der Autobahn Alicante angeschrieben. Und wir wussten sofort auf welcher Straße wir jetzt sind. Wir waren auf der Hauptstraße die sich neben der Autobahn die Küste entlangschlängelte. Die Marokkaner stritten sich ein bisschen. Das was ich raushörte war, dass der Fahrer aus versehen falsch abgebogen war. Dennoch machte es die Situation nicht wirklich besser, dass wir nun auf einer etwas kleineren Straße durch alle Dörfer fuhren. Noch dazu kam das der Typ wirklich kein guter Autofahrer war. Er fuhr sogar noch schlechter als ich und Mama, Papa, Lea, Nico, ihr wisst wie schlecht ich fahr. :)
    Nun legte ich mich also als Erste hin. Mit dieser Anspannung im Bauch konnte ich aber leider nicht einschlafen. Ich versuchte stattdessen irgendetwas von dem Gespräch unserer Fahrer zu verstehen. Es gestaltete sich aber sehr schwierig, da sie sich in einem marokkanisch-spanisch-Gemisch unterhielten. Das was ich jedoch verstand erschreckte mich noch mehr. Ich hörte nur einzelne Gesprächsfetzen: "den Jugen rauslassen und das Mädchen behalten" , "sie aussteigen lassen und die Rucksäcke rauben". Zwar waren diese Kommentare gefolgt von einem "ich habe das noch nie gemachr" oder "ich mache das nicht" , und einem "ich auch nicht", aber beruhigend war es trotzdem nicht. Nachdem ich Rickmer erzählte, was ich gehört hatte, beschlossen wir, dass ich zu erst aussteigen würde und er erst aus dem Auto geht, wenn ich die Rucksäcke aus dem Kofferraum geholt habe. Nun wollte jedoch keiner von uns mehr ein Auge zumachen. 2 weitere Stunden saßen wir bangend im Wagen der Marokkaner, bis wir in die Nähe von Lorca, unserem Zielort kamen. Anstatt uns wie abgemacht an einer Raststätte rauszulassen, fuhren sie mit uns ab. Ich hatte in diesem Moment das erste Mal richtig Angst auf unserer Reise. Und an Rickmers Gesichtsausdruck sah ich, dass es ihm nicht anders ging. Der Beifahrer fragte uns ganz freundlich wo er uns rauslassen sollte und an der nächsten Stelle die wir ihm zeigten hielt der Wagen und wir wurden herzlich verabschiedet. Ohne, dass irgendwer versuchte unsere Sachen zu klauen. Es ist zwar alles in Ordnung gewesen, trotzdem waren wir noch nie so froh aus einem Auto raus zu sein. Wir waren unglaublich erleichtert, standen jedoch gleich vor der nächsten Herausforderung: Um 2 Uhr nachts in einem spanischen Dorf einen geeigneten Schlafplatz zu finden. Wir kletterten auf einen der Hügel, von denen es in dieser bergigen Landschaft tausende gab. Oben fanden wir eine Stelle um unser Zelt aufzustellen und wurden zudem mit einer schönen Aussicht und einem klaren Sternenhimmel belohnt. Nach einem kleinen Snack im Zelt fielen uns dann beiden die Augen zu. Trotz dem Schreck am Ende hatten wir einen eindrucksvollen und sehr spannenden Tag. Zudem hatten wir für einen einzigen Tag eine gewaltige Strecke zurückgelegt. Wir freuten uns sehr auf den kommenden Tag. Es schwirrten sogar schon Hoffnungen in unsren Köpfen am nächsten Tag in Gibraltar anzukommen. Natürlich kam dann aber alles ganz anders...
    P.S. Ich hatte am Anfang vergessen diese Tracking Funktion anzumachen, deswegen geht die Route irgendwie am Anfang komisch übers Meer.
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