• Im Zug zu Kapellen und Katzen

    August 19 in Germany ⋅ ☁️ 27 °C

    Morgen, Freunde des weiten Trails. TrailSoulKev wieder im Sattel. Zweiter Tag auf dem Eifelbahnsteig, zweiter Ritt durchs Land der Burgen, Wälder und stillen Spuren. Heute keine halben Sachen: 22 Kilometer von Satzvey nach Mechernich, die Sonne im Nacken, den Staub auf den Stiefeln und das unruhige Herz eines Cowboys, der weiß: Jeder Tag draußen ist ein Tag gewonnen.

    Los geht’s in Satzvey, gleich raus aus dem Ort, und wie’s der Teufel will, führt der Trail erst mal neben der Autobahn entlang. Der Lärm rauscht wie ein endloser Sturm, Motoren statt Wind – aber das gehört auch zum Ritt: nicht immer Freiheit pur, manchmal musst du den Dreck der Zivilisation fressen, bevor dich wieder das offene Land schluckt. Durch Wiesen führt der Weg, am Waldrand entlang, ein schattiger Laubenweg, dazu ein alter Kreuzweg aus Natursteinen. Er endet an einer Gedenkstätte für Kriegsopfer – still, ernst, schwer. Ich verweile einen Moment, ziehe den Hut, denke an all die, die hier ihre Spuren verloren haben. Der Trail erinnert dich daran: Freiheit ist nie selbstverständlich.

    Dann geht’s weiter, raus ins offene Land, Wiesen, soweit das Auge reicht. Fahrwege, die sich verlieren, manchmal nur eine Trittspur am Rand des Feldes. Das Land liegt still, die Sonne brennt, und wenn das Getreide hoch steht, tanzen Korn- und Mohnblumen wie rotes und blaues Feuer im Wind. Da spürst du, dass du lebst – kein Highway, keine Stadt, nur du, die Spur und das weite Feld.

    Die Bruder-Klaus-Kapelle liegt mitten im Nichts, ein steinerner Block im offenen Feld. Von außen streng und abweisend, von innen hell und strahlend, aber keine Spur von Ruhe. Eine koreanische Touristengruppe wird gerade durchgeschleust – nix mit Einkehr oder Stille. Ich lehne im Schatten und denke: Auch Pilgerorte verlieren ihre Seele, wenn der Tross sie überrollt. Ein Cowboy zieht weiter, bevor er zu lange bleibt.

    Dann wird der Trail endlich wieder rau und wild. Hinter der Autobahn biege ich in den Wald, und der Weg verwandelt sich in einen echten Pfad, schmal, ungezähmt, flankiert von Ilex-Büschen und hohen Birken. Eine Stunde lang fühle ich mich hier wie im Sattel auf einer Waldtraverse, das Licht fällt gefleckt durch die Blätter, der Boden weich, der Wind frisch. Mehrfach treffe ich auf Aufschlüsse des alten Römerkanals. Stein für Stein ziehen sich die Überreste durchs Land, und ich erkenne die alte Trasse noch gut. Da begreifst du, dass schon 2000 Jahre vor dir Männer hier unterwegs waren, nur mit anderen Zielen – und dass der Boden alles speichert.

    Dann die Katzensteine – mächtige Sandsteinfelsen, aufgetürmt wie ein zerfallenes Fort. Sie stehen da, roh und erhaben, als hätten Riesen ihre Würfel über das Land gestreut. Ich halte inne, lege die Hand auf den warmen Fels und denke: Das hier ist Natur, wie sie sein soll – ungezähmt, ehrfurchtgebietend.

    Auf Mechernich zu führt der Trail weiter durch ein ruhiges Nebental, vorbei an einer 1000-jährigen Eiche – uralt, knorrig, standhaft wie ein alter Revolverheld, der alle Stürme überlebt hat. Eine kleine Kapelle zu Ehren der heiligen Barbara lädt zur Rast. Ich setze mich auf eine Bank, blicke Richtung Kommern, die Weite liegt vor mir. Ein Schluck Wasser, ein tiefer Atemzug – das ist alles, was ich jetzt brauche.

    Mal Waldrand, mal Wiesen, der Trail bleibt abwechslungsreich, hält dich wach, lässt dir keine Routine. Schließlich führt er noch mal in den Wald, und plötzlich, unvermittelt, stehe ich auf Treppenstufen. Ich steige abwärts, trete hinaus – und da steht er, schräg gegenüber, ganz unvermittelt: der Bahnhof von Mechernich. Keine lange Ansage, kein feierlicher Schluss – einfach da. Wie ein Saloon am Ende eines langen Ritts.

    22 Kilometer, und ich sag euch: Dieser Tag hatte alles. Den Lärm der Autobahn, die vermeintliche Stille an der Bruder Klaus Kapelle, die Weite der Felder, die Enge des Waldes, die uralte Kraft der Römer und die rohe Wucht der Katzensteine. Mein Highlight? Ganz klar: die Kapelle im Feld, so widersprüchlich wie das Leben selbst, und die Katzensteine, Monumente einer Natur, die keinen Respekt verlangt, sondern ihn erzwingt.
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