• Ritt und Zug in einem

    August 23 in Germany ⋅ ☀️ 14 °C

    Ich steh früh in Gemünd, der Rucksack sitzt, die Stiefel sind geschnürt, und der erste Kaffee brennt mir noch warm im Bauch. Der Eifelsteig startet hier, also setz ich meine Spur am Rand des Nationalparks. Die Etappen sind heute bis auf die ersten Kilometer identisch. Wer den Eifelbahnsteig läuft, startet am Bahnhof in Kall und muss erst vier, viereinhalb Kilometer durch Wohngebiet und Nutzwald – das spar ich mir. Mein Trail beginnt gleich richtig.

    Der Weg zieht pfadig am Hang entlang, oberhalb von Gemünd, die Olef tief unten gluckert leise. Der Wald riecht nach Tau, nach diesem feuchten Grün, das dir sagt: „Cowboy, du bist draußen.“ In Olef selbst bleib ich kurz stehen, mitten auf dem Platz, wo die Bahnstrecke quer durch den Ort läuft – oder besser lief. Seit der Flut 2021 ist hier Ruhe. Die Gleise sind noch da, aber kein Zug mehr, kein Rattern, nur ein leiser Hauch von Vergangenheit.

    Hinter Olef ändert sich der Takt. Der Trail wird zum breiten Fahrweg, frisch geschottert, damit die Rettungsfahrzeuge hier hochkommen. Schilder erklären den alten Pingenbergbau. Hunderte kleine Dellen links und rechts im Waldboden – stumme Zeugen einer Zeit, in der hier malocht wurde, bis die Hände blutig waren. Spannend, ja. Aber ehrlich gesagt: Ein Wandertraum ist das nicht. Kilometerlang zieh ich durch den Wald, eintönig, immer geradeaus.

    Vom in den Medien so angepriesenen „Pferdskopf“ mit Aussicht krieg ich nichts zu sehen. Vielleicht war ich blind, vielleicht auch einfach zu sehr im Rhythmus meiner Schritte, um den Abzweig zu bemerken. In Golbach dann der nächste Dämpfer: die „Golbacher Oase“, ein Bistro, das angeblich der Rastplatz schlechthin sein soll, hat an einem Samstagmittag die Türen verrammelt. Na danke.

    Hinter Golbach zieht der Weg in ein Tal, breit wie eine Schafsweide, immer leicht bergan, auf einem Fahrweg, der keinen Charme hat. Erst kurz vor Steinfelderheistert wird der Pfad wieder schmal, ein Wiesenweg, weich und ruhig, die Stiefel endlich wieder im Gras statt im Schotter. Und dann, endlich: Kloster Steinfeld. Die alten Mauern strahlen Würde aus, das Tor knarzt leise, und ich gönn mir meinen Lohn: einen Kaffee, ein Stück Käsekuchen, und als Souvenir ein paar Flaschen Klosterbier im Rucksack.

    Hier endet die Eifelsteig-Etappe. Der Eifelbahnsteig dagegen zieht noch zwei Kilometer weiter, hart auf Asphalt, runter zum Bahnhof Urft. Ich folge ihm, weil der Tag rund sein soll. Am Bahnhof treffe ich eine junge Lady, die schon ein Taxi nach Gemünd bestellt hat. Wir teilen uns den Wagen, lachen über die Stunde, die wir uns gespart haben, und ich schließe den Tag ab – müde Beine, aber ruhiger Kopf.

    Und doch, Partner, fühlte sich diese Etappe irgendwie nach Zwischenetappe an. Für den Eifelsteig gab’s zu wenig zu sehen, kein echtes Highlight, das hängenbleibt. Und für den Eifelbahnsteig war es zu brav, zu wenig naturverbunden, der Pfadanteil, der sonst so hoch ist, fehlte mir hier einfach. Kein Trail, der dein Herz schneller schlagen lässt – eher ein notwendiges Stück Weg, um weiterzukommen.

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    Zeit für den Vergleich

    Der Eifelsteig bleibt der geradlinige, schnelle Bruder. Er bringt dich zügig voran, zeigt dir viele Gesichter der Eifel und lässt dich Kilometer fressen, bis die Stiefel heißlaufen. Aber er bringt eben auch Gesellschaft mit: Du bist selten allein, gerade an Wochenenden. Mal ein Grüppchen aus Holland, mal ein Pärchen aus Belgien, mal ein deutscher Wanderclub mit Schellen am Stock – auf dem Eifelsteig bist du Teil eines stillen Karawanenzugs, ob du willst oder nicht. Logistisch macht er’s dir einfach: Busse fahren zuverlässig, Parkplätze gibt’s fast überall, auch wenn sie oft ein paar Euro kosten, und Einkehr- sowie Übernachtungsmöglichkeiten sind an jedem Etappenort drin.

    Der Eifelbahnsteig dagegen bleibt der wilde, stille Bruder. Die Pfade gehören dir allein, höchstens mal ein Reh, das kurz den Kopf hebt, oder ein Bauer, der nickt, wenn du an seinem Feld vorbeigehst. Menschenseelen? Kaum. Dafür absolute Ruhe. Logistisch ist er fast unschlagbar: Start und Ziel direkt an Bahnhöfen, P+R oft kostenlos, und mit ein bisschen Planung kriegst du selbst spontane Touren gut hin. Nur einkehren? Vergiss es oft. Wer hier unterwegs ist, packt sein Vesper selber.

    Nur diesmal, Partner, war auch der Bahnsteig nicht in Bestform. Die Magie seiner einsamen Pfade fehlte auf weiten Strecken. Statt Naturverbundenheit gab’s breite Forstwege – zweckmäßig, aber ohne Seele

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    Für mich heißt es jetzt: Erstmal Schluss für ’nen Monat. Reha ruft, und der Trail muss warten. Aber er wartet geduldig. Danach geht’s weiter Richtung Süden, immer tiefer in die Eifel. Die nächsten Etappen? Da schlängeln sich die beiden Brüder weiter umeinander, bis Blankenheim. Ich folge dann dem Bahnsteig über Nettersheim bis nach Blankenheim(Wald) und such mir von dort meinen eigenen Weg runter nach Blankenheim(Stadt). Der Bahnhof liegt gut sieben Kilometer draußen, aber Cowboy Kev mag Umwege – solange sie nach Abenteuer riechen.
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