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Aug – Sep 2025

Westerwaldsteig

Wanderprojekt vom Rhein ostwärts: Während meiner Reha in Waldbreitbach gestartet, erkunde ich den Westerwaldsteig Etappe für Etappe – von Bad Hönningen durchs Wiedtal und über die Höhenzüge bis ins Herz des Westerwaldes. Read more
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    🇩🇪 Ammerich, Deutschland

    Von Wackes und Wällern

    Today in Germany ⋅ ☁️ 24 °C

    Morgens in Roßbach, die Sonne noch mild, der Himmel klar. Ich wusste schon: Das wird ein langer, heißer Tag. Die Temperaturen sollten von 20 bis 28 Grad klettern – kein Wetter, das dir etwas schenkt, aber genau richtig, um sich den Staub auf die Haut schreiben zu lassen.

    Gleich nach dem Ortsausgang kam der Anstieg, der steile Zahn, der mich hinauf aufs Roßbacher Häubchen brachte. Die Basaltsäulen standen da oben wie schwarze Wackes, kantig und störrisch, als hätte der Westerwald selbst seine Muskeln spielen lassen. Oben auf dem Kegel wehte ein trockener Wind, und der Blick über das Wiedtal war scharf wie ein Messer – Wälder, Felder, Dörfer, alles klein und klar unter mir. Ich blieb kurz stehen, nahm den ersten Schluck Wasser, und dachte: „Das hier ist kein Sonntagsspaziergang. Das ist ein Pakt mit dem Trail.“

    Der Weg führte runter, wieder hoch, immer am Rand des Wiedtals entlang. Die Sonne brannte inzwischen kräftiger, der Schweiß lief, und ich spürte, wie jeder Schritt Gewicht bekam. Hinter Strauscheid traf ich einen Mann mit Astschere und orangefarbener Weste. Ein Wegewart, wie er sich nannte. Er schnitt die Markierungen frei, damit Leute wie ich nicht vom Pfad abkommen. Wir plauderten kurz über den Steig, über die Mühen, ihn in Schuss zu halten. Zum Abschied drückte er mir einen kleinen Pin vom Westerwaldsteig in die Hand – ein stilles Abzeichen, das mir zeigte: Ich gehöre jetzt dazu.

    Danach öffnete sich die Landschaft. Ein langer Abschnitt über Wiesen, der Waldrand links, die Sonne von oben – kein Schatten, nur dieser endlose, heiße Teppich aus Gras. Ich biss die Zähne zusammen, setzte einen Schritt vor den anderen. Dann über die Autobahn A3, der Lärm donnerte wie ein Kontrastprogramm zum Schweigen der Wälder. Hinter der Brücke lag der Jungfernhof, eine kleine Oase mit weitem Blick, und kurz danach der stille Manrother See, dunkelgrün, mit Libellen, die knapp über der Wasseroberfläche tanzten.

    Dort fand ich etwas, das mich innehalten ließ: ein kleiner bemalter Glücksstein, auf die Rückseite ein Schutzengel gekritzelt. Einfach, unscheinbar – aber manchmal sind es genau diese Dinge, die dir den Rücken stärken. Der Stein kommt mit in die Eifel, als Erinnerung daran, dass man nie ganz allein unterwegs ist.

    Der Abstieg nach Neustadt (Wied) war lang und heiß, die Sonne stand jetzt gnadenlos hoch. Die Felsen im Tal wirkten wie ein Canyon, scharfkantig, eng, und unten rauschte die Wied. In der Stadt ließ ich mich schließlich in ein Bistro fallen, bestellte einen ordentlich gefüllten Wrap mit Fleisch und Gemüse und dazu ein kaltes Bier. Es schmeckte nach Freiheit, nach Staub, nach einem Tag, an dem ich mir den Weg verdient hatte.

    Mit schwerem, aber zufriedenen Schritt stieg ich in den Bus 130, der mich zurück nach Roßbach brachte. Durchs Fenster glitten die Höhen vorbei, über die ich vor Stunden noch gegangen war. Sonne, Basalt, Schweiß, Gespräche, ein Stein in der Tasche – der Tag hatte mir alles gegeben, was ein Cowboy braucht.
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  • Von Römern und ihren Grenzen

    August 31 in Germany ⋅ ☁️ 23 °C

    Es war einer dieser Tage, an denen der Morgen noch nicht wusste, ob er Regen oder Licht bringen wollte. Am Ufer des Rheins in Bad Hönningen stand ich, der Strom tief und gleichgültig, als ob er sagen wollte: „Komm, Junge, geh deinen Weg, ich fließ weiter.“ Gleich daneben der Limesturm I, steinerner Wächter einer Grenze, die längst keiner mehr braucht. Und doch, als ich die ersten Schritte auf den Westerwaldsteig setzte, spürte ich diesen Hauch von Geschichte. Hier ritten schon andere vor mir – Legionäre, Händler, vielleicht auch ein paar verlorene Seelen, die wie ich den Kopf freikriegen wollten.

    Der Trail nahm mich nicht freundlich auf. Schon hinter dem Ort zogen sich die Wege an, der Wind stand quer, und die feuchte Luft hing wie ein schwerer Mantel über mir. Kein Sommerduft, kein sanftes Licht – nur ein grauer Himmel und der Geruch von nassem Basalt. Aber weißt du was? Ich mochte das. Der Westerwald ist kein Zuckerschlecken. Er testet dich gleich am ersten Tag, ob du wirklich hierher gehörst oder nur spazieren willst.

    Kurz hinter Bad Hönningen lag die RömerWelt. Ein Ort, an dem man sich für ein paar Euro anschauen kann, wie die Jungs vom Limes damals gelebt haben. Ich blieb nicht lang, nur ein kurzer Blick auf die Tafeln, dann weiter, den Pfad hinauf, raus aus dem Tal. Ein zweiter Limesturm stand wie ein Mahnmal am Wegrand. Stumm, aber unübersehbar.

    Oben, am Malberg, öffnete sich die Landschaft. Ein alter Vulkankrater, stillgelegt seit Jahrmillionen, als Basaltbruch genutzt, heute überwachsen, aber immer noch mit dieser wuchtigen Präsenz. Ich setzte mich auf eine Bank, trank einen Schluck Wasser, spürte den Wind im Gesicht. Es war kein freundlicher Wind, sondern einer, der dich prüft – rau, kühl, unbarmherzig. Aber das gehört dazu. Auf einem Trail wie diesem bist du nicht der Herr, sondern nur ein Gast.

    Der Abstieg nach Hausen (Wied) tat gut. Der Boden weich, die Wege gesäumt von Wiesen und Gärten. Für einen Moment war der Westerwald sanft, fast freundlich. Aber nur kurz. Hinter dem Ort ging es wieder hoch, rauf in die Wälder, die sich wie ein Dach über mich spannten. Stille. Nur das Knirschen meiner Stiefel und das gleichmäßige Ziehen des Rucksacks.

    Als der Weg nach Waldbreitbach führte, weichte der Himmel kurz auf, und für ein paar Minuten war da dieses fahle Licht, das die Wied zum Glitzern brachte. Am Ufer entlang zu laufen, den Fluss neben sich, war wie eine kleine Geste des Friedens – der Trail gibt dir immer wieder diese Momente, bevor er dich wieder fordert. Hinter dem Ort führte er hoch zu Schloss Walburg, ein stiller Zeuge vergangener Zeiten, und dann wieder steil hinab nach Roßbach.

    20 Kilometer. Wolken, Wind, ein kurzer Schauer, aber kein Aufgeben. Der Westerwaldsteig hat keine Lust auf Weicheier, und das ist gut so. Am Ende des Tages, die Schuhe staubig, die Beine schwer, war ich nicht nur unterwegs gewesen. Ich war auf dem Weg – Teil dieses rauen Landstrichs, in dem Freiheit nicht geschenkt wird, sondern erkämpft.

    Wer diesen Trail geht, ist kein Tourist. Er ist ein Lone Rider ohne Pferd, der weiß, dass der Weg manchmal der einzige Ort ist, an dem man wirklich ankommt. Und heute, da draußen zwischen Rhein, Basalt und Wied, war ich genau da, wo ich sein sollte.
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  • Kick-Off

    August 30 in Germany ⋅ ⛅ 17 °C

    Wer glaubt, Cowboy Kev würde während der Reha die Füße stillhalten, der kennt mich schlecht. Waldbreitbach mag ein ruhiges Krippendorf im Wiedtal sein, mit ner großen Kurklinik aufm Berg; aber drum herum ruft der Westerwald – laut und verlockend. Zwischen steilen Hängen, stillen Waldpfaden und diesem steten Rauschen der Wied liegt ein Trail, der mich packt: der Westerwaldsteig.

    Ich laufe ihn gegen den Strich, von Bad Hönningen am Rhein ostwärts, hinein in den Westerwald. Da draußen stehen römische Limestürme wie steinerne Sheriffs am Weg, Basaltkuppen ragen über die Wälder, und an guten Tagen weht der Wind vom Rhein herauf, als wollte er sagen: „Junge, das hier ist mehr als ein Wanderweg.“

    Logistisch? Sagen wir’s so: Es geht … schlecht, aber es geht. Die Busse fahren, aber nicht immer dahin, wo ich gerade stehe. Also trickse ich: Ich weiche ein wenig von den offiziellen Etappenorten ab, plane nach den Linien 146, 130, 125 und 120. Vier Etappen sollen es werden – jeweils gut 15 bis 20 Kilometer, perfekt für ein paar freie Tage zwischen den Therapien.

    Hier draußen, im Rhein-Westerwald, finde ich wieder den Rhythmus. Die ersten Schritte sitzen, der Plan steht – jetzt kann der Trail kommen.
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    Trip start
    August 31, 2025