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  • Day 49

    Bikaner

    December 19, 2023 in India ⋅ ☀️ 16 °C

    Der Nachtbus erreicht Bikaner. Ich tapse müde und durchgefroren zur Tür heraus und werfe mich erschrocken zurück in den Bus, als mir 10 aufgeregte Tuktukfahrer ihr bestes Angebot entgegen brüllen. Ich bin völlig überfordern mit dem plötzlichen Überfall. Ein Mitreisender schreitet ein, erkundigt sich nach meinem Ziel und empfiehlt mir noch einen Stopp abzuwarten. Ich stehe während der Weiterfahrt mit Herzrasen in der offenen Tür, eine Schar Tuktukfahrer folgt dem Bus wie wütende Schmeißfliegen, gierig, die Reisenden an der nächsten Haltestelle zu belästigen. Der freundliche Local baut sich beim nächsten Ausstieg schützen vor mir auf, kurze Hektik, eigentlich will ich ja tatsächlich mit einem tuktuk weiter, aber die Situation ist zu chaotisch und laut. Der junge Mann bietet mir kurzerhand an, mich zum Hotel zu fahren... Ja, nein, ja, nein, ja... Was ist das geringere Übel gerade? Nach den Sicherheitsvorkehrungen steige ich also in sein schützendes Auto, die Augen und Ohren wachsam aufgesperrt. Die Sorge ist unberechtigt, wir haben eine großartige Unterhaltung und umarmen uns sogar zum Abschied, noch immer bibbernd vor Kälte.

    Das Hotel ist eine ehemalige "Haveli", ein ehemals palastartig ausgestaltetes Wohnhaus wohlhabender Fernhändler. Die Architektur des Gebäudes fesselt mich. Viel Stein, feine Details, völlig unproportional führen schmale Treppen in unrhytmischer Abfolge auf Splittlevel und unterschiedliche Etagen. Ein wirrer und verwinkelter Grundriss, jeder Raum hat andere Höhen und Abmessungen. Der Innenhof verbindet die Ebenen miteinander, das erzeugt eine tolle Atmosphäre! Ich kann von meinem Zimmerchen auf der Dachterrasse in den Tee eines Gastes im Erdgeschoss spucken. 

    Ein älterer Herr, ein Aussteiger aus den Niederlanden, erzählt mir kette-rauchend von seinem außergewöhnlichen Leben. Ein italienischer Gast schließt sich meinem Ausflug zum Fort an. Der Hotelbesitzer liest mir jeden Wunsch von den Augen ab. Alles fügt sich wieder wie von selbst. Ich bin froh darüber, nach der entmutigenden Erfahrung in Delhi hier zu sein.

    Ich besuche den Rattentempel. Im Gebäude hausen tausende Nager, barfuß bahne ich mir vorsichtig einen Weg, jeder Schritt knirscht auf der Mäusekacke. Überall flitzt und wuselt es. Es ist ein faszinierendes Erlebnis, ein bisschen eklig und abstoßend, aber hauptsächlich sehr interessant.
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