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  • Day 22

    Helsinki - Tallinn

    June 13, 2022 in Finland ⋅ ☀️ 17 °C

    43.294 km (2.785 Reisekilometer) + Fähre (2:15h)

    Nach dem Kirchentag gestern, stehen heute Bibliotheken und der Untergrund Helsinkis auf dem Besichtigungsplan. Da wir ja wieder einen Schattenparkplatz für Sally suchen müssen, fahren wir gleich in die Tiefgarage. In meinem Buch "Finne dein Glück", schreibt der Autor, dass ganz Helsinki eine Tiefgarage ist und man zum Teil dort Stunden, wenn nicht Tage, braucht um wieder herauszufinden. Ganz so schlimm wird es wohl hoffentlich nicht sein. Helsinki hat schon in den 80er Jahren begonnen die Stadt komplett zu unterkellern und ist jetzt immer noch fleißig dabei. 13 Quadratkilometer sind mittlerweile verbaut und es könnten 900.000 Menschen dort einige Wochen leben (Helsinki selbst hat knapp 660.000 Einwohner). Es gibt eine komplette Stadt unter der Stadt mit einem Schwimmbad, Museum, Kirche, Eishockeyfeld, Kartbahn und natürlich einer Sauna. An jedem Eingang der U-Bahn und dem Busbahnhof sieht man Zeichen, die im Notfall den Weg in den Bunker zeigt. Nun ist eine große Fläche eben Tiefgarage. Auf der Internetseite kann man sich schon mal einen Parkplatz reservieren oder einen Termin geben lassen für die "Autoklinika", das Auto kann gewaschen werden, während man selbst einkaufen geht. Die Parkhäuser sind riesig und so haben wir gestern einen Eingang mit 4 Metern Höhe gesehen aus dem ein Bus herausfuhr.
    Einen Eingang haben wir schnell gefunden und es geht auch schon sehr tief runter und weil wir wissen wollen wie tief es runter geht, fahren wir bis zum 3. Parkdeck - mehr geht nicht. Das erste Mal ziehen wir nicht unseren Kopf ein, weil wir nicht glauben können, dass unser Spacy wirklich in die Tiefgarage passt; hier ist massig Platz. Mit dem Fahrstuhl fahren wir nach oben und landen in der Parfümabteilung eines Kaufhauses auf der gegenüberliegenden Seite des Bahnhofs. Da müssen wir sowieso hin, da wir ein bestimmtes Geschäft suchen für ein Geschenk für Papa Mertens. Natürlich ist auch der Bahnhof mehrfach unterkellert und wir brauchen ein paar Minuten um das Geschäft zu finden, einen Brettspielladen gibt es auch...
    Nachdem wir noch ein bisschen durch die Passage laufen und auf der Erdoberfläche auftauchen, stehen wir wieder in dem Kaufhaus von unserer Tiefgarage gegenüber vom Bahnhof, da unser nächstes Ziel die Stadtbibliothek hinterm Bahnhof ist, müssen wir wieder über die gleiche Straße wie eben - es ist etwas verwirrend.
    Die Bibliothek ist ein modernes Gebäude aus Glas und Holz und sieht wie eine riesige Welle aus. Sie wurde 2018 eröffnet und wurde von und für die Bürger gestaltet. Die "Oodi" ist nicht nur eine Ode an die Bücher, sondern auch an die Gemeinschaft und so steht auf einer Tafel:
    "Jeder hat das Recht, in der Bibliothek zu sein.
    Herumhängen ist erlaubt, ja sogar erwünscht.
    Rassismus und Diskriminierung haben in dieser Bibliothek keinen Platz.
    Oodi ist unser gemeinsames Wohnzimmer."
    Im ersten Stock kann man viele Dinge ausprobieren: Ein 3D-Drucker steht neben einer Buttonmaschine und einer Nähmaschine; es gibt viele Gruppenräume, die Studierende und andere Gruppierungen zeitweise mieten können; auch Musikinstrumente und das dazugehörige Studio können ebenso gemietet werden. Überall sind Sitzmöglichkeiten und gemütliche Sessel, Computer und Tablets können ausgeliehen werden und in mehreren Räumen wird gezockt. Eine komplette Küche kann auch genutzt werden. Eine Wendeltreppe führt in die 2. Etage, an ihr ist eine nicht endenwollende, finnische Widmung für die Menschen, die die Bibliothek nutzen sollen: Für Neugierige, Zweifelhafte, Quatschköpfe, Freie, laut Sprechende, Sommersprossige, Bootsfahrer, Gläubige, Tanten, Frühaufsteher, Allergiker, Vertriebene, Glückssucher, ... also für alle.
    Im 2. Stock (dem Bücherhimmel) ist das lichtdurchflutete Herzstück der Bibliothek: Bücher in 20 Sprachen, DVDs, Brettspiele (!), Comics, allein die Bilderbuchabteilung für die Kinder ist riesig. Finnland ist bei der Pisastudie weit vorne, weil u.a. alle Kinder schon vor der Schule lesen können. Die spielenden Kinder hört man auf der anderen Seite des Raums nicht, obwohl es ein offener Raum ist. Es wird darauf hingewiesen, dass die Bibliothek Platz zum Spielen bietet, aber kein Spielplatz ist. Für die Kinderwagen gibt es extra Parkplätze und genügend Tische zum Spielen, Malen oder Essen. Im Erdgeschoss gibt es noch ein Restaurant und ein Kino. Sehr beeindruckend.
    Unser nächstes Ziel ist ein totaler Kontrast zur Oodi: Die Nationalbibliothek. Sie steht direkt neben dem weißen Dom und wurde 1640 eröffnet und gilt als älteste und wichtigste Bibliothek von Helsinkis knapp 40 Bibliotheken. Am Eingang müssen wir unsere Taschen und Jacken abgeben und stehen dann im Hauptteil der Bibliothek. Schon der Geruch ist ein anderer, wie eine Bibliothek mit alten Büchern, in drei Etagen; es sieht aus wie eine Mischung aus Theater und Kirche. Die Regale sind etagenweise wie in Logen aufgeteilt, Säulen reihen sich an der Empore entlang und eine Kuppel lässt Licht an die bemalten Wände und Decken scheinen. In die dritte Etage dürfen nur Angestellte, hier sind wohl die wertvollsten Bücher. Neben dem Hauptraum gibt es noch Leseräume, die wiederum nur Lesende und echte Kunden besuchen dürfen und hinter dem historischen Raum erstrecken sich weitere Regalreihen.
    Nun haben wir Hunger und gehen wieder Richtung Hafen, dort wollen wir in der Markthalle uns etwas zu essen kaufen. Aber vorher kommen wir an eine Saunaboutique vorbei, dort werden normale Sachen wie Bademäntel, Seifen, Holzlöffel für den Aufguss usw. verkauft. Es gibt aber auch typisch finnische Saunaartikel: Mützen, ein Finne geht mit einer dicken Mütze in die Sauna und ganz wichtig ist auch ein Birkenreisig, den man auch im Supermarkt tiefgekühlt kaufen kann.

    In der Markthalle habe ich mal wieder Angst um Elas Kreditkarte, sie könnte hier an jedem Stand einkaufen, bis auf den Kaviarstand da kostet die Verkostung schon 10 Euro. Es sieht aber auch wirklich alles sehr lecker aus! Wir nehmen ein bisschen frischen und geräucherten Fisch und eine spezielle Süßigkeit mit. Es ist uns aber dann doch zu voll und so gehen wir in ein interessantes Bistro mit riesiger Salatbar. Anschließend schlendern wir noch ein bisschen durch die Straßen und uns fallen an den zweisprachigen Straßennamen (finnisch und schwedisch) noch eine weitere Besonderheit auf: Jede Straße hat noch ein Tier als Kennzeichnung, so gibt es Zebra, Dromedar, Hase und ein Einhorn. Warum die Tiere zusätzlich angebracht sind, wissen wir nicht. Die finnischen Straßennamen muss man schon sehr langsam, konzentriert und manchmal mehrmals lesen: Korkeavuorenkatu (schwedisch: Högbergsgatan).
    Damit Sally vor der langen Fahrt mit der Fähre noch mal Bewegung bekommt, steuern wir die Tiefgarage an. Das Auto haben wir schnell gefunden, bis wir wieder auf den oberirdischen Straßen sind dauert es etwas länger, obwohl wir direkt neben dem Ausgang geparkt haben. Die Ausfahrten sind zweispurig in beide Richtungen, plötzlich taucht ein Kreisverkehr auf, es gibt unterirdische Ampeln und einen Blitzer! Irgendwann werden wir wieder ans Tageslicht gespuckt und MapsMe muss mit der neuen Situation erstmal klar kommen. Zum Hafen wäre es ja nicht weit gewesen, es ist der Hafen direkt an der Innenstadt, aber wir sind auf der falschen Seite Helsinkis herausgekommen. Neben dem CheckIn der Fähre gibt es direkt am Wasser einen schönen Parkplatz und einen kleinen Park. Sally freut sich über Bewegung und Fressen und wir spielen noch ein paar Runden mit Blick auf die Segelschiffe, Boote und Fähren. Während der Fährfahrt kann ich mir ein paar Ausgaben des Westfälischen Volksblatts herunterladen und schon ein bisschen nacharbeiten. Um 22:58 Uhr gehen die Tore der Fähre auf, um 23:13 Uhr parken wir im Hafen auf unserem Stellplatz. So schnell ging das ja noch nie: Willkommen in Estland!
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