• Cottage Time in Figheldean

    1 января, Англия ⋅ ☁️ 5 °C

    Wir erreichen also Figheldean, dieses idyllische, winzige Dörfchen, das mit einer fast magischen Nähe zu Stonehenge lockt – nur zehn Minuten entfernt. Es fühlt sich an, als wäre es der perfekte Ort, um nach einem langen Reise-Tag den Kopf frei zu bekommen. Vielleicht gibt es hier ja einen geheimen „Steinkreis-Zauber“, der uns für die Nacht fit macht.

    Unser Ziel: ein „thatched Cottage“, ein strohgedecktes Häuschen aus dem 18. Jahrhundert. Als wir vor dem Cottage stehen, sehen wir sofort, dass es aussieht wie aus einem alten Märchenbuch – das Dach aus Stroh schimmert im schwachen Straßenlicht und wir können uns fast vorstellen, dass es von einem weisen alten Raben oder einem besonders ehrgeizigen Eichhörnchen bewacht wird. Es sieht ein bisschen so aus, als könnte das Cottage bei jedem heftigen Windstoß umkippen – aber keine Sorge, das ist nur der Eindruck von außen. Im Carport steht eine rot-weiße Corvette, die irgendwie nicht ins Bild passen will.

    Das Haus hat kleine Fenster und der Duft von Holz und Stroh weht durch die Ritzen. Wenn wir eintreten, fühlt es sich an, als ob wir in eine andere Ära abtauchen: Holzbalken an der Decke, eine zusammengewürfelte Einrichtung und ein Kaminofen in der Mitte des Raumes – so als wollte uns das Cottage einladen, uns niederzulassen und die Geschichte der vergangenen Jahrhunderte zu hören.

    Und dann begegnen wir ihm: Vincent. Vincent begrüßt uns mit einem breiten Lächeln, als wäre er der Chef eines privaten Clubs, den man nie verlassen möchte. „Willkommen im Cottage“, sagt er und winkt mit einer Handbewegung in Richtung der spartanischen Stube. Er zeigt uns das verwinkelte Zimmer unter dem strohgedeckten Dach: Matratze auf dem Boden, das war es - nichts weiter drinnen. Für Harald eine kleine Herausforderung zum schlafen. Vince schaltet schon mal die Elektroheizung an.

    „Es gibt hier ein paar wirklich gute Pubs im Dorf“, sagt Vince, „aber ob sie an Neujahr geöffnet sind… tja, das ist eine andere Frage.“ Ein Augenzwinkern begleitet seine Worte, als ob er uns gerade eine geheime Herausforderung stellt: Wer schafft es, einen offenen Pub zu finden?

    Natürlich sind wir mutig und beschließen, unser Glück zu versuchen. Figheldean, das verschlafene Dörfchen, ist nicht unbedingt für sein aufregendes Nachtleben bekannt, aber wie gesagt – die Herausforderung muss angenommen werden! Nach einer kurzen, aber sehr entschlossenen Autotour durch das dunkle Dörfchen – vorbei an Häusern, die genauso ruhig sind wie die Steine von Stonehenge selbst – merken wir schnell: Nichts geht. Ein Pub nach dem anderen ist geschlossen, als hätte jemand alle Türen mit „Sorry, sind geschlossen, Neujahr halt“ zugeklebt. Eines fanden wir für ein halbes Pint, aber nichts zu essen.

    „Na gut, dann eben nicht“, sagen wir uns und kehren zurück zu Vince, der uns schon erwartet. Ich habe in der Zwischenzeit eine Lösung parat: „Wenn die Pubs uns nicht wollen, dann kochen wir eben selbst!“ Ein Plan, der uns aus der Patsche hilft, also schlüpfen wir in die Küche und zaubern uns Trüffel-Gnocchi, als wären wir in einem italienischen Restaurant und hätten das Geheimrezept des Jahrhunderts entdeckt. Harald telefoniert währenddessen mit Bruder Martin, unserem Mönch aus der Trappistenbrauerei. Ich lausche den beiden, wie sie sich über den Film "Konklave" austauschen, hier und da muss ich schmunzeln und koche weiter. Vince versucht indes den Kamin anzuheizen, der schon nach wenigen Minuten einladend vor sich hin knistert.

    Das Abendessen, einfache, aber leckere Gnocchi-Kunst, wird in der warmen, rustikalen Küche serviert. Wir stoßen an, als hätten wir gerade den Nobelpreis für Gnocchi gewonnen, und dann setzt sich Vince mit uns vor den Kamin. Er ist offenbar in Plauderlaune und beginnt, uns seine Lebensgeschichte zu erzählen – und die ist, sagen wir mal, „reich an Abenteuern“. Er hatte einige Jahre in Hamburg gelebt - Ende der 90er Jahre und hat für das britische Militär gearbeitet und dort den Osten Deutschlands und die Russen abgehört. Dann ging er zurück nach London, aber nur für ein paar Monate, dann fand er einen lukrativen Job in einer IT-Firma als Customer Support Manager und zog dann auf´s platte Land, da er hauptsächlich Home-Office hat. Er springt gerne Fallschirm, joggt und liebt das Model bauen. Er ist Dauer-Single, mag es nicht allein zu sein und stellte während des ganzen Gespräches keine einzige Frage. Wir wissen so gut, wie alles über ihn und er nichts über uns. Vince erzählt uns noch, dass er uns die Ausstellung im historischen Hafen von Portsmouth empfiehlt, mit den alten Kriegsschiffen - Harald bekommt leuchtende Augen - ich beachte dieses Zeichen ;0)...

    Aber bevor die Nacht sich ganz über uns legt, muss ich noch schnell meine Wanderung zu Stonehenge planen. Ich möchte unbedingt den Sonnenaufgang dort erleben – der soll spektakulär morgen werden, laut Wetterbericht. Ich frage mein I-Pad nach der besten Route, wo ich keinen Eintritt für Stonehenge zahlen muss, während Harald, der es gemütlicher mag, bereits auf den Sprung ins Bett (Matratze) ist.
    Ich höre ihn jetzt schon schnarchen und ich denke mir - mach es und genieß es, ich schlafe ja eine ganze Etage tiefer. Er würde sich morgen früh nicht einmal vom „Steinkreis des Morgens“ erwecken lassen. Für ihn klingt das eher nach „Steinkreis der Schmerzen“ um die Uhrzeit, wo ich los möchte und dann noch wandern und Matsch - ich glaub, ich hab ihn in Derbyshire traumatisiert. Ich frag ihn trotzdem:

    „Magst Du morgen früh zu Stonehenge mitkommen? - du weißt schon“, sage ich, „Frühaufstehen, Sonne, Nebel… ich will es einfach mit Sonnenaufgang erleben!“ Harald antwortet mit einem verschmitzten Lächeln: „Na, dann, viel Glück! Aber ich will mich mal im Ausschlafen testen - du wirst dich wundern, wie gemütlich das ist, wenn der Tag ganz in Ruhe beginnt!“

    Ich ziehe mich also noch ein bisschen mehr in meine Planungen zurück, während Harald sich bettfertig macht und dann wohl in den tiefsten Schlaf driftet, der vermutlich in den nächsten Stunden nicht einmal durch das prachtvolle Brüllen von Stonehenge selbst zu wecken wäre.

    Und so endet der Abend – mit einem nachdenklichen Lächeln, einem letzten Blick in den knisternden Kamin und der unweigerlichen Erkenntnis, dass Neujahr im „thatched Cottage“ definitiv nicht der langweilige Tag war, den wir uns vorgestellt hatten.
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  • Stonehenge

    2 января, Англия ⋅ ☀️ 1 °C

    Es war gegen 7:30 Uhr, als ich wach wurde– ein erfrischender Start in den Tag! Ich sprang von der Couch, voller Vorfreude auf das Abenteuer, das vor mir lag: Stonehenge! Kalte Temperaturen? Kein Problem – ich liebe den Winter und die klare, frische Luft. Kalte Temperaturen - also zieh ich mich in meine besten „Es-ist-kalt-aber-ich-werde-das-überleben“-Klamotten und mache mich auf den Weg.

    Der Plan war einfach: Um 8 Uhr losfahren, ein bisschen die Landschaft genießen und dann ein geheimes Parkplätzchen in der Fargo-Road finden, um das legendäre Monument zu Fuß zu erreichen. Wie ein geheimer Agent, nur dass mein Einsatz nicht die Rettung der Welt war, sondern das Umgehen des Eintritts und das Erleben von Stonehenge auf eigene Faust. So viel zum Thema Sparen.

    Der Frost war an diesem Morgen besonders hartnäckig – ich muss das Auto freikratzen, als ob ich mit einem Schaber an den Eiszapfen eines gefrorenen Wasserfalls kratzen würde. Ich hatte es mir romantisch vorgestellt, aber die Realität war ein bisschen mehr „Die-arme-Frau-muss-sich-über-den-eingefrorenen-Fenster-schinden“.

    Endlich los! Der Weg führt mich über einen hübsch ausgebauten Wanderpfad, und in der Ferne kann ich es schon leicht und klein sehen – das berühmte Stonehenge. Es schimmerte in dem ersten leichten Licht der Morgensonne, als ob es zu den ersten Sonnenstrahlen des Tages ein kleines Tänzchen aufführte. Der Boden unter meinen Füßen war gefroren, und der Reif an den Bäumen und das Gras – oh mein Gott – das war wie ein Diamantmeer. Ein wirklich magischer Moment, den der frostige Januartag da kreierte.

    Ich geh weiter und komm an ein paar Schafen vorbei, die mich fragend ansehen, als ob sie denken: "Da geht sie, die Touristin. Aber wo ist der Eintritt? Kannst du uns auch gleich etwas zu futtern bringen?" Naja, ich hatte leider keine Leckereien für sie dabei, nur meinen Atem, der in der kalten Luft zu Dampf verflog.

    Und dann, als ich näher kam, wurde mir plötzlich bewusst, wie riesig diese Steine wirklich sind. Stonehenge war beeindruckend, fast schon ein bisschen unheimlich, und doch hatte dieser Ort eine ganz besondere, ruhige Energie. Ich stand da, während die Sonne langsam aufging und die Steine im goldenen Licht badeten. Es fühlte sich an, als ob der Tag gerade seine allererste Geschichte zu erzählen begann – ein bisschen wie der Moment, in dem man begreift, dass man wirklich an einem der mystischsten Orte der Welt steht.

    Es war fast wie ein ritueller Moment, und in diesem Augenblick dachte ich: Warum nicht Margreth teilhaben lassen? - sie hat mir eh eben geschrieben. Über FaceTime zeige ich ihr den Sonnenaufgang, den ich gerade erlebe – quasi den „Stonehenge-Live-Stream“. Sie findet es natürlich genauso faszinierend, auch wenn sie nicht in der Kälte steht und es in der warmen Stube genießen kann.

    Ich verbringe eine gute Stunde dort, geniesse die Ruhe und laß mich von der Geschichte des Ortes durchströmen. „Wie wurde das hier gebaut?“, dachte ich. „Warum? Und vor allem: Wieviele Steine haben dafür überhaupt Platz?“ All diese Fragen schweben im Raum – und genau das macht diesen Ort so besonders: Man weiß nie ganz, was er wirklich bedeutet. Er bleibt ein Rätsel.

    Nach meiner kleinen Auszeit und dem „Steine-bestaunen“ mache ich mich dann auf den Rückweg, um meinen Tag mit einem Frühstück zu starten. Während ich auf dem Rückweg war, dachte ich darüber nach, ob Harald Lust hatte, nach Portsmouth zu fahren, um den historischen Hafen zu erkunden – was für ein Abenteuer! Aber für jetzt war Stonehenge das Highlight des Morgens. Ein Ort, der mich nie wieder loslassen wird, und der mit seiner mystischen Aura irgendwie immer ein wenig im Hintergrund meines Bewusstseins weiter existieren wird.
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  • Portsmouth historischer Hafen

    2 января, Англия ⋅ ☀️ 4 °C

    Wir frühstückten und Harald war begeistert von der Idee nach Portsmouth zu fahren. Die Sonne schien vom strahlend blauen Himmel. Wir waren gut gelaunt. Wir parkten direkt in Hafennähe, als wir ausstiegen spürten wir den Winterzauber, der uns mit kaltem Wind und der frischen Seeluft aus dem Ärmelkanal beglückte – der frische Hauch von Salz und Abenteuer war nicht nur eine Erinnerung an die „gute alte Zeit“, sondern auch ein tiefes Einatmen von... sehr kalter Geschichte, auf die wir jetzt schon neugierig sind.

    Wir standen also da, vor dem Eingang des historischen Hafens von Portsmouth. Ein Hoch auf die warme Kleidung! Harald und ich, bestens eingepackt in Schichten aus Wolljacken und dicken Mützen, strahlten trotzdem eine gute Laune aus, als hätte der Winter uns eher munter gemacht als zurückgehalten. „Nun gut“, dachte ich mir, „wenn wir schon mal hier sind, dann nehmen wir die ultimative Tour! Wir können ja schließlich nicht nach Portsmouth fahren und uns dann mit der ‚abgespeckten‘ Tour abspeisen lassen!“

    Harald, der – wie es sich für einen Senior gehört – mit einem beneidenswerten Rabatt von einem Pfund glänzen kann, strahlt, als hätte er gerade die Winterlotterie gewonnen. Ein ganzes Pfund sparen! Ich kann mir nicht verkneifen, dem Kassierer ein trockenes „Wow, ein Pfund! Der Winter ist wirklich die Zeit der großen Schnäppchen!“ zu entlocken. Der Kassierer grinst etwas schüchtern und übergibt uns die Tickets, während wir uns durch die Eingangsschleuse begeben – die kalte, frische Winterluft schnitt uns ins Gesicht, aber das Gefühl, gleich in die Geschichte der britischen Marine einzutauchen, ließ uns alles vergessen.

    Und dann… der historische Hafen von Portsmouth. Da standen wir, als ob wir in einem Filmset gelandet wären, irgendwo zwischen einem James-Bond-Film und einer Doku über britische Seefahrergiganten. Die Schiffe, die dort im Wasser dümpelten, schienen nicht nur aus Holz zu bestehen, sondern auch aus Geschichte, Abenteuer und wahrscheinlich ein bisschen Spucke und Öl, um sie in Schuss zu halten.

    Aber auch das ganz moderne Portsmouth war nicht zu übersehen. Da, wo einst Kriegsschiffe aufeinanderprallten, fuhr jetzt eine neue Generation von riesigen Flugzeugträgern in den Hafen, als würden sie uns sagen: „Wir haben jetzt Flugzeuge – und wir können über alles fliegen.“ Fast, als ob wir mit der Geschichte in eine Art „How-to-build-your-own-navy“ Masterclass auf 400 Jahren Geschichte eingetaucht wären.

    „Stell dir vor, was hier alles passiert sein muss“, sagte ich, als wir an den Docks entlanggingen und die vielen restaurierten Werkstätten und Werften betrachteten. „Hier wurde Schiff für Schiff gebaut, und das mitten im kalten Winter! Wahrscheinlich war der Wind genauso beißend wie jetzt, und trotzdem haben die das alles durchgezogen. Respekt!“ Harald nickte zustimmend, während wir uns vorstellten, wie das Leben an den Docks damals gewesen sein muss – mit der Kälte, den rauen Händen der Werftarbeiter und dem ständigen Dröhnen von Hämmern und Ambossen.

    Der historische Teil des Hafens, wo einst die Schiffe der britischen Marine in den Krieg zogen, fühlte sich im Winter fast noch ehrwürdiger an. Der kalte Wind schnitt durch die Straßen, aber die Schiffe und Gebäude um uns herum schienen uns zu sagen: „Komm, lass uns die Kälte herausfordern!“ Es war fast, als könnten wir die Seefahrer der Vergangenheit hören, die im Nebel der Geschichte in die Schlachten zogen. Und inmitten all dessen, der Glanz des modernen Portsmouth, wo Flugzeugträger und neue Kriegsschiffe vor uns ankerten – was für ein Kontrast zu der eisigen Weite der Vergangenheit!

    Wir stehen als erstes vor der HMS Warrior, dieser eiserne Koloss aus der viktorianischen Ära, als wäre sie ein eisernes Kunstwerk aus der Zukunft der Schifffahrt, das direkt aus der Geschichte von Jules Verne entsprungen war. „Komm schon, wir könnten zusammen auf einem Schiff wie diesem über den Kanal fliegen... äh, fahren!“, scherzte ich. Harald lachte und meinte, dass er bei all dem Stahl und der Technik lieber auf einem kleinen Dampfer von damals mit einer Tasse heißen Tee sitzen würde – der Gedanke, den wir dann, von der kalten Winterluft umweht, ein wenig mehr schätzen.

    Vor uns lag nun die Gangway! Der königliche Zugang zur HMS Warrior, der uns wie eine Einladung ins Abenteuer entgegenstrahlte. Sie lag da, stolz und einladend wie ein roter Teppich für Seefahrer – nur dass dieser „Teppich“ aus Holzplanken bestand und ein bisschen wackeliger wirkte als das, was wir uns unter einem luxuriösen Empfang vorstellen würden. Und genau das machte den Reiz aus!

    Mit einem entschlossenen Schritt und einer Menge Vorfreude marschierten wir auf die Gangway zu, die sich vor uns wie der Eingang zu einem geheimen Reich der Eisen-Pioniere präsentierte. Es war, als hätten wir gerade beschlossen, uns den Titel „Pirat des Jahres“ zu verdienen – und dieser steile Gangway-Steg war unsere erste „Mutprobe“. Jeder Schritt war ein kleiner Triumph, während wir den Schiffsrand betrachteten, der sich in der winterlichen Sonne gegen den Himmel abzeichnete.
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  • The Warrior

    2 января, Англия ⋅ ☀️ 4 °C

    Während wir also die Planken unter unseren Füßen spüren, als würden wir auf den Schultern von Schiffsgiganten wandern, fühlen wir uns wie die Entdecker der neuen Welt. Es ist, als ob sich die HMS Warrior uns zu Füßen legt – oder besser gesagt, die Gangway ist das Sprungbrett in ein neues Kapitel der Seefahrer-Glorie.

    Doch je näher wir der Bordwand kommen, desto mehr ist es, als ob das Schiff uns mit offenen Armen empfangen würde – oder zumindest mit einer alten Kanone, die uns auf einen (freundlichen) Empfang an Bord einläd. Ich drehe mich um und sehe, wie Harald den Steg in Angriff nimmt, als würde er einen dramatischen Marsch zum „Schiff des Jahrhunderts“ unternehmen, begleitet von der Musik aus „Fluch der Karibik“ in seinem Kopf ;0)...

    Mit einem letzten entschlossenen Schritt stehen wir dann auf dem Deck der HMS Warrior – und fühlen uns wie die wahren Herrscher der sieben Meere. Ganz so, als hätten wir gerade die Gangway als unsere persönliche Eintrittskarte in eine neue, grandiose Welt erobert.

    Wir gehen unter Deck der HMS Warrior – und es ist, als würden wir in eine andere Ära katapultiert werden. Die dunklen Ecken, die schweren Holzbalken, der Geruch von altem Schiffsholz, und natürlich – die Kanonen! Überall diese riesigen Kanonen, die mit einem unmissverständlichen Blick sagten: „Mach keinen Unsinn, hier wird ordentlich durchgegriffen!“ Es ist, als ob das Schiff uns eine stillschweigende Einladung zur Piratenprüfung aussprach: „Seid ihr wirklich bereit, auf diesem Kanonen-Giganten zu segeln?“ Die Wände waren dicht von Geschichten der Schießpulver-Ära – und der warme Geruch von vergangenem Kampf und Abenteuer liegt in der Luft.

    Als wir durch das Interieur wandern, das so authentisch aussah, dass wir fast einen Kanonenschuss erwarten mussten, treffen wir auf einen jungen Mann in strenger, aber stilvoller Uniform. „Aha“, dachte ich, „jetzt kommt der Teil, in dem uns der Tapfere die Geheimnisse der HMS Warrior verrät!“ Der junge Mann lächelte uns an und begann, in einem Ton zu sprechen, der uns sofort glauben ließ, dass wir tatsächlich im 18. Jahrhundert gelandet sind.

    „Willkommen an Bord!“, begann er und erzählte uns, als ob wir mitten auf einem Kriegsschiff in die Vergangenheit gezogen wären. „Ich habe diesen Job auf der Warrior angefangen, als ich 13 Jahre alt war und bin jetzt seit 3 Jahren hier." Wir schauen uns etwas irritiert an, bis der junge Mann grinsend hinzufügte: „Mittlerweile bin ich auch recht geschickt beim Kanonenladen und – ja, zugegebenermaßen – auch im Singen von Seeleuten-Liedern!“

    Wir schauen uns an, wie er uns diese Geschichte mit einem so ernsten Blick erzählt, dass wir plötzlich das Gefühl haben, wir wären selbst mitten in einem maritimen Kriegsabenteuer. Der junge Mann fährt fort: „Und die Schichten hier, sie sind hart. Ganz ehrlich, es ist wie ein ständiges Hin- und Herbewegen zwischen der Kanone und dem Tafelgeschirr. Man kann nie wirklich sagen, ob man nach einem langen Dienst den Duft von Schießpulver oder von Roastbeef in der Nase hat.“

    „Wie viele Männer arbeiten denn hier?“ frage ich neugierig, immer tiefer in die Zeit eintauchend. „Oh, etwa 700 Männer, die wie eine gut geölte Maschine zusammenarbeiten“, antwortet er, „und das unter enormer Belastung. Es gibt keine Pause, wirklich keine. Du wirst zu jeder Stunde des Tages gebraucht – sei es zum Schießen, zum Laden der Kanonen oder zum sicheren Verschließen der Schiffs-„Magazine“, in denen das Schießpulver aufbewahrt wird. Aber wenn der Wind gut steht und das Feuergefecht naht, dann, glaubt mir, dann gibt es auch nichts Besseres als der Klang einer ordentlichen Salve, die das Wasser spritzt.“

    Meine Augen sind groß und weit geöffnet – war das der Moment, in dem wir uns tatsächlich auf einer Kriegsreise befinden? Der junge Mann nimmt einen tiefen Atemzug und spricht weiter, als ob wir tatsächlich an Bord eines Schiffes im 18. Jahrhundert wären, das gerade in den Kampf zieht: „Und wenn der Kapitän das Signal gibt, müssen alle schnell handeln. Kanonen laden, Masten setzen, und bei einem Treffer ist sofortiges Handeln gefragt! Der Schweiß mischt sich mit dem Salz des Meeres, und der Schrei des 'Feuer!' hallt über das Deck. So viele Kanonen, so wenig Zeit!“ Er führt es auch vor und Kinder dürfen die Kanone auch mit einem lauten Knall auslösen - natürlich nur als Attrappe ;0)...

    „Und der Kapitän, wie ist der?“, frage ich – wobei ich mir natürlich vorstelle, wie dieser alles andere als ein gemütlicher Teetrinker ist.

    „Ah, der Kapitän...“, sagt der junge Mann, als wäre er gerade in einer fast zeremoniellen Weise über einen alten Freund zu sprechen. „Der ist genauso wie das Schiff: entschlossen, hart, aber auch voller Leidenschaft für den Sieg. Wenn er uns befehligt, dann hört jeder auf ihn, als ob er ein Donnergott wäre – oder der letzte Tropfen Rum auf der ganzen Reise!“

    Es ist schwer, sich von ihm zu lösen. Der junge Mann erzählt mit solcher Inbrunst von seinen Erlebnissen, dass wir fast den bitteren Geschmack von Schießpulver in der Luft schmecken. Und wirklich, als wir uns so umsahen – mit all den Kanonen, den verschieden gedeckten Tischen und den antiken Details – fühlen wir uns wirklich, als würden wir in einem Moment aus der Vergangenheit leben. In dieser Atmosphäre kann man förmlich die salzige Luft, das Rattern der Kanonen und den eisigen Wind spüren, der durch die Riegel des Schiffs zischt, während die Warrior ausläuft und sich auf ihre nächste Schlacht vorbereitet.

    Und so stehen wir da, auf diesem beeindruckenden, historischen Schiff, in das uns der junge Mann so geschickt und humorvoll hineingezogen hat, oder der Mann im Maschinenraum. Wir gehen wieder an die Oberfläche. Ein Blick über das Deck läßt uns fast den Rauch von Kanonen und den Lärm der Seeschlachten hören. Das 18. Jahrhundert fühlte sich an diesem Ort lebendig an – und wir, kleine Zeitreisende auf einem gigantischen Schiff, fühlen uns für einen Augenblick wirklich wie Teil der HMS Warrior und ihrer Geschichte. Absolut beeindruckend und gut präsentiert.
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  • The Mary Rose

    2 января, Англия ⋅ ☀️ 4 °C

    Wir wollen nun also zur HMS Victoria aufbrechen, da werden wir mit der Nachricht überrascht, dass es einen kleinen Notfall gibt und wir in einer halben Stunde wiederkommen sollen. Als wäre das nicht genug Abenteuer für den Tag, beschliessen wir kurzerhand, die Mary Rose zu besuchen – schließlich ist es nicht gerade so, als ob wir die Gelegenheit, ein echtes Schiff aus der Tudor-Zeit zu sehen, einfach verstreichen lassen wollen.

    Also machen wir uns auf den Weg und finden uns plötzlich in einem Raum wieder, in dem Heinrich VIII. höchstpersönlich aus der Vergangenheit zu uns spricht – na ja, es ist eher eine Videoproduktion, aber wer kann schon von sich behaupten, dass er mit einem englischen König auf Augenhöhe plaudert? Heinrich steht da auf der Leinwand, in prächtiger Kleidung, und erklärte mit voller königlicher Inbrunst, warum er die Mary Rose hatte bauen lassen.

    „Meine Damen und Herren“, beginnt er, „ich brauchte ein Schiff, das so mächtig ist wie mein Wille, das so unaufhaltsam ist wie mein Ehrgeiz, und das so majestätisch ist wie mein königliches Selbst!“ Harald und ich schauen uns an, und ich flüstere: „Klar, das braucht ein Mann, der sicherstellen wollte, dass seine Flotte nicht nur bei Schlachten glänzte, sondern auch bei königlichen Feiern.“

    Heinrich fährt fort, das Schiff als ein wahres Meisterwerk der maritimen Technik zu preisen – „Der Stolz Englands!“, „Die mächtigste Flotte der Welt!“ – und wir fühlen uns fast ein bisschen schlecht, dass wir nicht in der Lage sind, ihm sofort eine Standing Ovation zu geben. Seine Begründung für den Bau war ganz einfach: Er wollte ein Schiff, das mit den französischen und spanischen Flotten mithalten konnte und es auch tat, als wäre es der letzte Schrei in Sachen Schiffsdesign. „Klar, Heinrich, klar“, sage ich leise zu Harald, „denkt man sich eben so: 'Ich baue mal eben ein Schiff, das die halbe Welt in den Schatten stellt.'“

    Der nächste Raum ist eine Zeitreise – und nicht im besten Sinne. Es ist der Raum, in dem der Untergang der Mary Rose nachgestellt wird. Wir stehen da, während uns die dramatischen Bilder und dramatische Musik in die Geschichte zurückführen, als das Schiff mitten in der Schlacht von Solent untergeht. Die Bilder des Schiffs, das von Wellen verschlungen wird, sind so packend, dass wir fast das Gefühl haben, selbst in den Sturm geworfen zu werden.

    „Also, wenn man einen so prächtigen Schiff hat“, sage ich ironisch, „sollte man vielleicht auch die Schwimmfähigkeit ein bisschen mehr berücksichtigen!“ Harald lacht und meint: „Na ja, vielleicht hat Heinrich ja nicht mit einem so scharfen Wind gerechnet.“ Während wir uns also in diesem traurigen, aber faszinierenden Moment der Geschichte befinden, kann man förmlich das Dröhnen der Kanonen und das Klatschen der Wellen hören. Aber dann – der nächste Raum! Die Wiedergeburt der Mary Rose.

    Und da war sie! Das gehohle Wrack, das Jahrhunderte unter Wasser gelegen hatte und nun vor uns in seiner restaurierten Pracht ausgestellt war. Sie lag da, fast wie ein Monument für die heldenhaften Seefahrer und ihre tragische Geschichte. Der ganze Raum ist so angelegt, dass wir das Gefühl haben, selbst Teil der Entdeckung dieses großartigen Schiffs zu sein. Überall sind Exponate, die uns das Leben an Bord zeigen – von Kanonen über Küchengeräte bis hin zu den persönlichen Besitztümern der Crew. Man kann förmlich den salzigen Duft von Schießpulver und frischem Brot in der Luft riechen, als wären wir auf einer Zeitreise, direkt zurück in den Alltag von 1545, als die Mary Rose noch stolz durch die Meere segelte. Selbst der das Skelett des Hundes vom Tischler ist dort ausgestellt.

    „Also“, sage ich zu Harald, „wenn wir jetzt hier stehen und dieses unglaubliche Wrack bewundern, dann ist das wahrscheinlich das Näherste, was wir an eine Zeitreise herankommen – und die Mary Rose hat’s überlebt, obwohl sie fast 500 Jahre im Wasser war!“

    Während wir weiter staunen, fühlen wir uns ganz klein, als ob wir Teil der Geschichte wären – von Heinrichs Vision, über den dramatischen Untergang bis hin zur Wiedergeburt dieses erstaunlichen Schiffs.
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  • Admiral Nelson und die Victory

    2 января, Англия ⋅ ☀️ 4 °C

    Also, da stehen wir nun, der Krankenwagen fuhr gerade von dannen, und wir – frisch von der Mary Rose – können nun endlich die legendäre HMS Victory betreten. „Das wird ein Abenteuer“, sagt Harald, „vor allem, wenn wir hier gleich unter Deck gehen und uns bücken müssen wie zwei verirrte Zwerge.“ Tatsächlich hören wir schon von weitem das Hämmern, Werkeln und Klopfen, denn die Victory wird immer noch restauriert, und man kann förmlich spüren, wie das Schiff von innen her atmet – oder vielleicht ist es auch nur der Wind, der durch die Ritzen zieht.

    Wir betreten die Gangway und treten aufs Deck, das noch heute genauso aussieht wie vor mehr als 200 Jahren. Und tatsächlich – mitten auf dem Deck, dort, wo Admiral Nelson gefallen ist, prangte eine messingfarbene Plakette. „Aha“, denke ich, „hier also wurde der gute Nelson von einem französischen Scharfschützen erwischt.“. Wir stehen also dort und fühlen uns plötzlich ein kleines Stückchen wichtiger, als wir uns vorstellen, wie der berühmte Admiral bei Trafalgar seine letzten Befehle gab.

    „Wenn man so steht“, sage ich, „kann man sich richtig gut vorstellen, wie der Nelson hier seine Fahne gehisst hat und von hier aus seine ganzen Kriegsstrategien geplant hat. Hoffentlich hat er sich nicht den Kopf an der Decke gestoßen, so wie ich gerade.“ Ich ducke mich nämlich ein wenig, denn auf dem Deck, in der Kaptänskabine von der Victory ist es – gelinde gesagt – ziemlich eng. Und unter Deck wird es noch enger, weil man wirklich überall auf seinen Kopf achten muss.

    Die Decken sind teilweise so niedrig, dass selbst Harald in seinem besten James-Bond-Aktions-Style ein paar Mal seinen Kopf an den Balken klopft – und das bei einem Mann, der sonst gut und gerne 1,85 Meter misst. Anscheinend muss hier jeder Seemann an Bord der Victory die Knie einziehen und die Stirn immer schön in Richtung der Decke halten. Und man sollte meinen, dass die Royal Navy ihren Seemännern ein bisschen mehr Kopffreiheit zugestanden hätte. Stattdessen hieß es, den Kopf zu ducken und sich bei jeder Bewegung anzupassen, als wären die Männer und Frauen des Schiffs von Natur aus viel kleiner – oder einfach nur unglaublich gelenkig.

    Wir schleichen also durch die Gänge und stellen uns vor, wie das Leben auf einem so riesigen Schiff im 18. Jahrhundert gewesen sein muss. Alles an Bord wurde so originalgetreu wie möglich rekonstruiert, vom Holzgeruch der alten Kanonen bis zu den Schiffskammern, die eher an dunkle, winzige Höhlen erinnern als an komfortable Kabinen. Aber hey, was hat man nicht alles für die Krone gemacht, oder? Die Victory war in ihrer Zeit ein echtes Prachtstück, kein Zweifel. Auf den unteren Decks fühlt man sich plötzlich wie ein Stück von Nelsons Geschichte – und zwar so direkt, dass man sich fast einen Pferdeschwanz und eine Admiralsuniform wünscht, um richtig in die Rolle zu schlüpfen. Aber zurück zur Realität: Die Victory war eine schwimmende Festung. Sie war mit 104 Kanonen bewaffnet, und jeder einzelne Seemann hatte zu tun. „Das war noch Arbeit!“, flüstert Harald, „Und für den Fall, dass man die Kanonen auch mal richtig benutzen musste, war es keine Gelegenheit, nach einem bequemen Stuhl zu suchen.“

    Ein Blick in die Kapitänskajüte (wo Nelson selbst wahrscheinlich noch mit einem stolzen Blick und einer Pfeife über seine grandiosen Strategien brütete) läßt uns die Zeiten von damals fast spüren. Doch anstatt das Feeling des hohen Kommandos zu genießen, stoßen wir ständig unseren Kopf an den unteren Balken und versuchen, zwischen den Kanonen und Lagertruhen den Weg zu finden. In den engen Gängen stellt sich schnell heraus: Wer auf der Victory leben wollte, hatte entweder eine hohe Toleranz für Kleinräume oder war einfach sehr gut im Ducken. Aber das war wohl auch die Militärdisziplin der damaligen Zeit.

    Aber zurück zu Nelson. Auf der Victory ging es nicht nur um Kanonen und Decks, sondern vor allem auch um den Mann, der sie zu einem Symbol für britische Seeherrschaft machte. Nelson, der Kapitän der Victory, war eine der größten Persönlichkeiten der britischen Marinegeschichte. Wie viele andere bewunderten ihn für seine strategische Brillanz, seine Fähigkeit, bei Schlachten das Unmögliche zu erreichen, und seine unerschütterliche Entschlossenheit. Seine Taktiken in der Schlacht von Trafalgar veränderten nicht nur den Verlauf der Napoleonischen Kriege, sondern sicherten auch für Großbritannien die absolute Dominanz auf den Weltmeeren. Der berühmte Satz, den er auf dem Sterbebett sprach, „Kiss me, Hardy“, ist heute fast genauso legendär wie der Sieg, den er errang.

    „Er hat es sich ja nicht gerade einfach gemacht“, sagt Harald, als wir weiter auf Deck stehen und uns die Kanonen anschauen. „104 Kanonen auf einem Schiff. Das war ja mehr als ein Kampf mit der Natur!“

    Trotz der Enge und des lauten Werkelns rundherum fühlen wir uns irgendwie mit den Seemännern und Offizieren verbunden, die dieses Schiff durch die Wellen steuerten – bereit, der Victory bei jedem Sturm und jeder Schlacht die Ehre zu bewahren. Und auch wenn wir zwischendurch immer wieder unsere Köpfe an den niedrigen Decken stießen, war es ein echtes Gefühl, ein Stück Geschichte hautnah zu erleben, von Nelsons unerschütterlichem Mut bis hin zu den praktischen Realitäten des Lebens an Bord – auch wenn das Ganze in einer „kleinen“ und etwas weniger komfortablen Version der Royal Navy stattfand.
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  • Hever Castle

    3 января, Англия ⋅ ☀️ 3 °C

    Es ist noch kalt und dunkel draußen, als wir von Vince und seinem Cottage wegfahren. Wir finden, er ist kein herzlicher Gastgeber und wir entscheiden uns unterwegs zu frühstücken und fanden ein schönes Kleinod irgendwo im nirgendwo. Wir sahen die Sonne unterwegs aufgehen und wussten, es wird ein schöner Tag und da beschlossen wir auf unserem letzten Insel-Trip noch einen Zwischenstopp bei Hever Castle einzulegen. Nach dem Frühstück, (Harald konnte sein Full English Breakfast in vollen Zügen genießen, und ich meine, pochierten Eier – was will man mehr?), machten wir uns auf, ein Stück Geschichte zu erleben. Und was für ein Stück Geschichte das war!

    Hever Castle, berühmt für seine Verbindung zu Anne Boleyn, liegt da wie ein imposantes Märchenschloss – und das Beste: Es ist noch weihnachtlich geschmückt! Überall leuchten Lichter, und die Deko ist so üppig, dass man fast vergessen könnte, dass es eigentlich Januar ist. Wir sind fast schon froh, dass uns die Kälte wieder in Bewegung hält, sonst würden wir uns noch im Weihnachtszauber verlieren können.

    Hinter der Burg, befinden sich mehrere Häuser, in denen die Familie Astor während des Zweiten Weltkriegs Frauen und Kinder von der Times unterbrachte, als London bombardiert wurde. Man kann sich vorstellen, dass diese Häuser mit ihren alten, rustikalen Fassaden und den schmalen Fenstern eine pure Reise ins Mittelalter boten – zumindest fühlt es sich so an, wenn man den Kopf ein wenig zur Seite neigt und sich vorstellt, wie das Leben hier vor Jahrhunderten gewesen sein muss.

    Der Besuch im Schloss selbst ist wie ein kleiner Zeitsprung. Die Innenräume erzählen von Anne Boleyn und ihrem turbulenten Leben, das sich fast wie ein royal-produziertes Drama anfühlt. Besonders der „Boleyn-Raum“ – voll mit Erinnerungsstücken, die uns das Gefühl geben, direkt in die Intrigen und den königlichen Wahnsinn der Tudor-Zeit einzutauchen. „Hier hat also die Frau gesessen, die mit einem Heiratsantrag ihren Kopf riskiert hat und das nicht auf die sanfte Tour“, meint Harald, als wir uns die Ausstellungsstücke ansehen. Die Geschichte von Anne – vom glanzvollen Aufstieg bis zum dramatischen Fall – war tatsächlich schwer zu fassen, aber definitiv ein Highlight des Schlosses.

    William Waldorf Astor kaufte Hever Castle 1903 und restaurierte es zu einem prächtigen Anwesen. Er behielt den historischen Tudor-Charme bei, kombinierte ihn jedoch mit luxuriösen Edwardianischen Elementen. Astor modernisierte das Schloss mit Annehmlichkeiten wie Elektrizität, Zentralheizung und modernen Badezimmern, während er gleichzeitig den mittelalterlichen Stil, insbesondere den markanten Turm, bewahrte. Besonders stolz war er auf die Umgestaltung der Gärten, die im französischen Renaissance-Stil angelegt wurden und das Schloss umgaben. Astors Einfluss machte Hever Castle zu einem eleganten Rückzugsort und einem Symbol für den Wohlstand seiner Zeit – eine Mischung aus Geschichte, Luxus und modernem Komfort, die das Schloss noch heute prägt.

    Draußen, in den Gärten, können wir uns ein Bild von dem machen, was Anne und ihre Familie wohl in den Sommermonaten genossen haben müssen. Auch wenn es Januar ist und der Frost alles in ein winterliches Kleid hüllt, ist es einfach wunderschön. Der See glänzt im Sonnenlicht, und die Bäume stehen stolz und mit frostigen Rändern – fast so, als hätten sie selbst ein kleines Tudor-Geheimnis zu bewahren.

    Aber natürlich sind wir nicht nur wegen der Geschichte hier – auch wenn man bei all dem Königshaus-Kram schnell in den Sog der Vergangenheit gezogen wird. Wir sind hier, weil Hever Castle ein echtes Schmuckstück ist, das einem das Gefühl gibt, Teil dieser alten Welt zu sein – zumindest in unserem Kopf. Und während wir uns durch das Schloss und die Gärten bewegen, können wir uns kaum vorstellen, dass irgendwo in den Ecken noch die Schatten von Heinrich VIII. und seiner Familie lauern.

    Am Ende des Tages, als die Sonne langsam hinter den alten Mauern verschwindet und die Kälte uns wieder in die Autos treibt, sind wir uns einig: Hever Castle ist der perfekte Abschluss unserer Reise. Es ist ein Ort, an dem Geschichte lebendig wurde – mit einer großzügigen Portion Weihnachtszauber, königlichen Dramen und einer Prise mittelalterlichem Charme, die uns sicher noch lange begleiten wird.
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  • Hever Castle Garden

    3 января, Англия ⋅ ☀️ 3 °C

    Als wir durch den Hever Castle Garden schlendern, können wir kaum glauben, dass all das auf Astors extravagante Vision zurückgeht – ein wahrer Gartenparadies-Traum, der vermutlich das Gegenteil von „DIY-Projekt im Hinterhof“ ist! Der Garten selbst ist eine gelungene Mischung aus formellen Beeten, weitläufigen Rasenflächen und versteckten Ecken, die einem das Gefühl geben, man könne jederzeit auf einen Tudor-Gesellen stoßen, der gerade eine Intrige schmiedet. Aber der wahre Clou? Der See – ja, der ist ein Meisterwerk für sich!

    Astor hatte nicht einfach irgendeinen Teich anlegen lassen. Nein, er plante einen ganzen See, und das war nicht einfach nur ein kleines Wasserbecken für ein bisschen Ruderbootromantik. Um diesen See zu schaffen, wurden 800 Arbeiter eingesetzt – 800, Leute! Das ist nicht nur eine gewaltige Zahl, sondern auch ein Beweis dafür, dass Astor weder an Arbeit noch an Geld gespart hat. Man könnte fast sagen, er wollte den Garten so majestätisch, dass er dachte: „Warum nicht gleich ein bisschen von den Schöpfungskräften der Natur nachhelfen?“ Der See, der heute das Schloss ziert, ist das Ergebnis dieser kolossalen Mühe und gibt dem gesamten Garten eine beruhigende, fast filmreife Atmosphäre.

    Und dann gibt es da noch den römischen Brunnen, der uns beinahe den Atem raubt. Klar, römische Antike im englischen Garten – das ist ein bisschen wie ein teurer Cocktail, der nach alten Zeiten schmeckt, aber mit einem modernen Twist. Der Brunnen ist ein echtes Highlight, das im Garten wie ein kleines Relikt aus einer längst vergangenen Ära wirkt. Man könnte fast meinen, Julius Cäsar hätte sich hier gerne mal die Hände gewaschen, bevor er sich in die nächste Eroberung stürzte. Wir können uns richtig vorstellen, wie Astor selbst diesen „römischen“ Touch inszeniert, als ob er sagt: „Na, wenn wir schon beim Restaurieren sind, warum nicht gleich noch ein bisschen antikes Flair reinbringen?“

    Zusammengefasst: Der Hever Castle Garden ist eine meisterhafte Kombination aus Geschichte, Luxus und ein bisschen „Wow, das ist wirklich viel Arbeit gewesen!“. 800 Männer, ein See und ein römischer Brunnen – was für ein Gartenprojekt! Wenn wir nach unserem Besuch eins gelernt haben, dann das: Wenn man genug Ressourcen und eine epische Vision hat, kann man sich den perfekten Garten schaffen, in dem sogar die römischen Götter neidisch geworden wären.
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  • The Spotted Dog in Penshurst / Kent

    3 января, Англия ⋅ ☀️ 3 °C

    Also, da sind wir also unterwegs, die Straße schlängelt sich durch die sanften Hügel von Kent, als plötzlich dieses Pub wie ein verlockende Fata Morgana in der Ferne auftaucht: – eine Einladung, der man kaum widerstehen kann. Wir schauen uns an, als wäre der Ruf des Pubs nicht nur in unserem Ohr, sondern tief im Herzen verankert. „Halt! Stopp! Kehrt kurz ein auf ein halbes Pint“, klingt es fast wie eine Weisheit, die wir bis jetzt nicht kannten.

    Gesagt, getan. Wir biegen ab und landen vor einem charmanten, urigen Gebäude, das sich stolz als „The Spotted Dog“ zu erkennen gibt. Das Schild über der Tür zeigt, was wir erwarten – ein freudig-spottendes Hundegesicht, das uns fröhlich zu begrüßen scheint. Tatsächlich gibt es zahlreiche Pubs im Vereinigten Königreich, die diesen Namen tragen, aber hier in Penhurst hat das Pub eine besonders gemütliche, fast magische Ausstrahlung. Es fühlt sich an, als ob die Zeit ein wenig langsamer läuft und die Hektik des Lebens draußen bleibt.

    Das Interieur ist genau das, was man sich von einem traditionellen britischen Pub vorstellt: rustikal, aber nicht altbacken. Holzbalken, brennendes Kaminfeuer und eine gute Portion herzlicher Gastfreundschaft. Der Geruch von frisch gezapftem Ale liegt in der Luft, und in der Ecke sitzt ein Stammgast, der die neuesten Dorfratschläge mit einem schelmischen Lächeln erzählt. Wir nehmen Platz direkt vor dem Kamin und schon wird uns ein Pint serviert – ein halbes, wie es das Pub versprochen hat, und ein Lächeln von der Bedienung, als würde sie wissen, dass wir hier nicht einfach nur auf ein Bier gekommen sind, sondern auf eine kleine Auszeit, eine Verschnaufpause aus dem Alltag.

    Es gibt eine Geschichte, die sich um das „Spotted Dog“ rankt – man munkelt, dass der Name ursprünglich von einem besonders markanten Hund stammte, der früher als „maskottchen“ des Pubs fungierte. Ein tierischer „Gastgeber“, der die Besucher mit seinem „fleckigen“ Charme empfing. Heute ist der Hund mehr ein Mythos als eine Realität, aber die Atmosphäre des Pubs trägt immer noch ein Stückchen dieses historischen Flairs in sich. Wer weiß, vielleicht sitzt der Geist des „Spotted Dog“ ja heute noch hier in der Ecke, in Form des charmanten Kellners, der uns ein zweites Pint anbietet, wir aber höflich ablehnen...

    „Weniger ist mehr“, sagen wir uns, als wir das halbe Pint genießen und das Gefühl haben, dass dieser kurze Stopp schon genug war, um uns mit neuer Energie für die Weiterfahrt zu wappnen. Wer hätte gedacht, dass so ein kurzer Halt in einem kleinen Pub so viel zu bieten hat? Und so verlassen wir „The Spotted Dog" in Penhurst, fast ein bisschen wehmütig, dass die Zeit hier so schnell verflogen ist. Aber auf der anderen Seite: In einem solchen Pub ist der Weg das Ziel, und wir sind froh, ihn gemacht zu haben.
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  • The Queens Inn in Hawkhurst

    3 января, Англия ⋅ 🌙 2 °C

    Es war der perfekte Moment: Der Himmel in sanftem Dunkelblau, die letzten Reste von Tageslicht versanken hinter den Hügeln, als wir vor dem Queens Inn in Hawkhurst standen – unserem krönenden Abschluss dieser Reise. Die schwere Holztür des alten Gasthauses öffnete sich mit einem knarzen, das mehr Geschichte atmete als wir in all unseren bisherigen Tagen auf der Insel zusammen erlebt hatten.

    Das Queens Inn war nicht nur irgendein Gasthof. Oh nein, es war der geheime Treffpunkt der berüchtigten Hawkhurst Gang, die hier im 18. Jahrhundert ihre finsteren Geschäfte tätigte. Vielleicht haben wir sogar den gleichen Boden betreten wie die vielen Schmuggler, die damals heimlich ihre Fracht verschoben und dabei in dunklen Ecken flüsterten, während sie ihre Beute versteckten. Wir stellten uns vor, wie sie in ihren Lederjacken an der Bar standen, ihren Cognac mit einem zarten Lächeln neigten und sich fragten, wie viele Kisten Brandy sie heute wohl durch den Ärmelkanal geschmuggelt hatten.

    Der Empfang war jedoch modern, der Service tadellos und unser Zimmer… ein Traum. "Willkommen, Ihr beiden“, sagte sie mit einem Lächeln, das sowohl souverän als auch warm war. Ihre Stimme hatte etwas, das uns direkt an die höfischen Manieren erinnerte, die in den alten Hallen dieses Gasthauses sicherlich noch durch die Wände hallten. „Ich hoffe, Sie haben eine angenehme Reise hinter sich?“

    „Oh, sehr angenehm“, antworteten wir, etwas aus dem Konzept gebracht, aber dennoch gebührend höflich. „Wir sind hier, um die Geschichte und die Küche dieses königlichen Hauses zu genießen.“

    „Königliches Haus? Ah, Sie haben sich das richtige Ziel für Ihre letzte Nacht ausgesucht“, sagte sie mit einem schelmischen Lächeln und übergab uns dann die Schlüssel, als wären sie ein königliches Erbe. „Wissen Sie, dieses Haus hat Geschichte. Die Hawkhurst Gang traf sich hier einst, und vermutlich haben sie genau wie Sie königlich gegessen... jedoch mit einem etwas anderen Menü.“

    Ihre Augen blitzten, als sie uns in das Herz des Queens Inn führte, und für einen Moment fühlten wir uns tatsächlich wie die unrechtmäßigen Erben eines alten britischen Throns. Ihre Erklärung über das Gasthaus – der versierte Austausch zwischen Vergangenheit und Gegenwart – verlieh dem Abend eine charmante Note.

    „Hier, im Queens Inn, begann nicht nur der Schmuggel, sondern auch die Kunst, den Tag mit einem guten Drink zu beenden“, sagte sie mit einem kleinen Augenzwinkern. „Was können wir für Sie tun, damit Ihre letzte Nacht hier ein wahrer Höhepunkt wird?“

    Abendessen! Natürlich war es ein königlicher Genuss, der uns fast glauben ließ, wir würden in den Gemächern von Henry VIII speisen. Reh, das so zart war, als stamme es direkt aus einem königlichen Forest, und Gemüse, das perfekt abgeschmeckt war, als hätte der Koch höchstpersönlich mit den Göttern der kulinarischen Kunst verhandelt. Der Sherry und das Bier flossen, und in unseren Köpfen malte sich der Gedanke: Das war ein Abschied, den wir nicht hätten besser gestalten können - Cheers Harald!

    Der Abend war perfekt. Und während wir nach dem üppigen Mahl und einer letzten Runde Sherry in die Stille der Nacht eintauchten, dachten wir, dass dieses Gasthaus mehr war als nur ein Ort zum Übernachten. Es war ein Teil der Geschichte, ein Teil unseres ganz persönlichen Königreichs auf dieser Insel – und ein Krönungspunkt unseres letzten Abends.

    Was für eine letzte Nacht von einem sehr abenteuerlichen und ereignisreichen Urlaub... Was für ein königlicher Abschied!

    Unser Roadtrip hat uns in all seinen Facetten verzaubert – von den verschneiten Hügeln von Derbyshire bis zu den lebendigen Straßen von Liverpool, von den uralten Mauern im vernebelten York bis zu den geheimen Steinen von Stonehenge. Weihnachten und Silvester in England – eine Reise, die uns noch lange in Erinnerung bleiben wird.
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    Окончание поездки
    5 января 2025 г.