📍 Germany Read more
  • Day 732

    Kunst und Kultur des Frankenlandes

    June 9 in Germany ⋅ ☁️ 15 °C

    Der Titel ist insofern irreführend, da nur einige wenige Höhepunkte in kultureller Hinsicht überhaupt angesprochen werden. Auch stellt dieser FP ein Experiment dar und muss wohl leider größtenteils ohne Bilder auskommen. Parallel zur Radreise meiner Follower, Christine H. Und des Zornigen Grizzly inmitten einer der schönsten Flusslandschaften Deutschlands an den Ufern des Mains, werde ich hier mit Bayreuth, dem Startplatz der Tour beginnen.
    Die Wagnerstadt, seit dem vom Wagnerfan König Ludwig II. In Auftrag gegebenen und vom Bayerischen Staat finanzierten Bau des Opernhauses auf dem grünen Hügel blieb der Name des Komponisten mit ihr untrennbar verbunden. In der Hauptstadt, in München, wollte man Wagner nicht haben. Streitereien mit Ministern, sein Verhältnis mit Cosima von Bülow, der späteren Herrin des Hügels und Witwe im Wahn, so der Titel einer Biographie, verhinderten den Bau am Isarhochufer. Schön, so blieb uns hier wenigstens der Aufmarsch der oberen Zehntausend einmal im Jahr zur Festspielzeit erspart, wenn hier sonst schon so einiges erduldet werden muss. Meine erste Begegnung mit der Musik Richard Wagners, vorher kannte ich lediglich einige Opernovertüren, also eher Ring ohne Worte, fand letztes Jahr beim Arbeitsheimweg statt. Der bayerische Rundfunk überträgt zumindest den Ring der Nibelungen jedes Jahr live über den ganzen Planeten bis nach Übersee. Seit der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg sind die Festspiele weltbekannt. Die fünfziger- und sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts waren wohl ihre beste Zeit. Jedenfalls schwärmen eingefleischte Wagnerianer von der damaligen Sängerschar und den Herren am Pult. Die Musik, naja du willst jetzt nicht böses sagen, Ist gelinde gesagt gewöhnungsbedürftig. Der " Gesang" , wenn man es so nennen will, ist eigentlich Schreierei, die Akteure schreien sich regelrecht an, wahrscheinlich um das Orchester zu übertönen. Eine halbe Stunde, wie gesagt bei der Fahrt nach Hause, war die größtmögliche, längstmögliche Dosis. Der Ring läuft an vier Tagen, jeweils vier Stunden. Das Bayreuther Opernhaus, es gibt noch ein zweites aus der Barockzeit, das markgräfliche Opernhaus, ist eng, die Luft schlecht, dazu sommerliche Temperaturen, eine unzureichende Belüftung und die Besucher meist weit jenseits der Menopause, da kommt Freude auf. Zumindest bei den Rettungswagenteams. Bayreuth hat mehr zu bieten, als Schweiss, Blut und Tränen. Es gibt ein Schloss und einen dazugehörigen Garten, ausserdem kommt mein derzeitiges Lieblingsbier daher. .....Bewegen wir uns mainabwärts und machen Halt in Schweinfurt. Ein Blick ins Internet fördert die Erkenntnis zu Tage, dass die Industriestadt mehr zu bieten hat. Es gibt einige Museen, meist Kunst. Die Sammler waren wohl die Erben und Mitglieder der Kugellagerdynastien. Gunter Sachs, auch ein bekannter Jet-Setter hat wohl gern fotografiert. Über der Villa von Brigitte Bardot liess er aus einem Hubschrauber 5000 rote Rosen regnen und wurde geheiratet. ...Ein Sprung ins Maindreieck, wo der Wein als Tischgetränk langsam das Bier ablöst, folgt. In der Kirche Maria im Weingarten hoch über Volkach findet man selbstverständlich eine Madonnendarstellung. Nicht irgendeine, nein, von Tilman Riemenschneider muss sie sein. Über ihn wird später noch zu berichten sein. Ab den frühen sechziger Jahren, als es Anfing, dass Kirchendiebstähle unter den Langfingern sich grösserer Beliebtheit erfreuten, wurde die Madonna im Rosenkranz, so heißt das Kunstwerk, das Opfer einer Entführung. Henri Nannen, der Macher des "Stern" zahlte das Lösegeld. Die Diebe wanderten Jahre später in den Knast. .....Würzburg: die mainfränkische Metropole macht ihren Namen alle Ehre. Die Feste Marienberg liegt hoch und beherrschend über der Stadt. Einst Heimat der Fürstbischhöfe. Einer aus dieser langen Reihe, ein Schönborn😄, beauftragte den Architekten Balthasar Neumann für den Bau seiner Stadtresidenz, wie auch des Sommersitzes in Veitshöchheim mit seinem ansprechenden Barockgarten. Neumann drückte Main- und Tauberfranken architektonisch seinen Stempel auf. Die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen bei Bad Staffelstein, der mehrmaligen Erscheinung eines Kindes mit einem brennenden Kreuz wird hier gedacht, ist einer der Höhepunkte des Kirchenbaues in Deutschland....Vom Main geht es jetzt Tauberaufwärts. Wertheim, hier fließt oder entwässert, was ein Ausdruck, die Tauber in den Main. Auch hier dominiert eine Burg oder das was von ihr übrigblieb, den Anblick der Stadt. Recht idyllisch, eingebettet in die Landschaft, ein wenig versteckt, liegt die nächste Station an der gemächlich dahinfliessenden Tauber. Das Kloster Bronnbach. Sehenswert und das Eintrittsgeld lohnt allemal. Vielleicht erwischt man eine Führung. Die Besichtigung mit einer Führung, nur mit dieser ist ein Besuch des Renaissanceschlosses Weikersheim überhaupt möglich, rate ich hier dringend an. :) Allein der interessant ausgemalte Schlosssaal mit seinem Elefanten ist überwältigend. Der herrliche Barockgarten mit Orangerie ist ebenfalls einen Besuch wert. Eine der Perlen im Hohenloher Land. Hoppla, jetzt haben wir einige Orte übersprungen wie Tauberbischofsheim oder die Kurstadt Bad Mergentheim mit dem Deutschordensschloss. Bei Elpersheim und Markelsheim gibt es die steilsten Weinberge die ich kenne. Kurz nach Weikersheim folgt die Grenze zwischen Württemberg und Bayern, heute noch gut erkennbar an einem gemauerten Doppeltor, durch das die Landstrasse Richtung Tauberrettersheim geführt wird. Der erste Blick hier fällt auf eine alte steinerne Brücke mit fünf Pfeilern von 1732, die die hölzerne Vorgängerin, hinweggeschwemmt bei einem Tauberhochwasser, ersetzte. Ein weiterer Profanbau Balthasar Neumanns. Der Gasthof Hotel Krone beheimatet einen schattigen Biergarten und der Wirt macht ab und an selbst Musik. Der Einheimische sagt Tauberretterschi zu Tauberrettersheim. Überhaupt die Sprache, die Dialekte sind hier sehr vielfältig und wechseln schon nach wenigen Kilometern. In der nächsten Ortschaft, der ersten Europastadt,
    Röttingen habe ich die ersten fünf Jahre meines Lebens verbracht. Meine Mutter bescheinigte mir wohl, dass ich damals multilingual war, so heißt es heutzutage. Neben Hochdeutsch, Bayrisch und Fränkisch, hätte ich sogar Schwäbisch im Repertoire gehabt. Kinder nehmen das auf und lernen unbewusst durch zuhören? Unvergessen mein Auftritt als Vierjähriger eines Nachmittags in der Weinstube Raub, scherzhaft auch die Raubsritters genannt, vor anwesenden Senioren. Im Bayrischen Slang trug ich den Münchner im Himmel frei vor und es wurde honoriert. Das erste selbstverdiente Geld. Schönste Tage der Kindheit, wohin seit ihr entschwunden? Erinnerungen werden wachgeküsst, wie diese oder diese: Den Liter Milch gab's nicht im Supermarkt, sondern in der Molkerei, Ausgerüstet mit einer Blechkanne wollte sie jeden Abend abgeholt werden. Unsere Nachbarn, die Orthofers, mit Herrn Orthofer bestritt ich meine ersten Schachpartien, seine Frau gewährte mir Exil und verwöhnte mich, wenn ein Stockwerk drunter die Hölle los war. Einmal habe ich unter dem Waschen die Tür der Waschmaschine geöffnet, damals ging das noch und das Lego schwamm Zentimeter hoch in der geräumigen Wohnküche. Oder die Witwe Goldmann und das Ehepaar Schweidler, Hr. Schweidler war Streckengeher bei der Bahn und ein Veteran des ersten Weltkriegs. Die Eltern von Freundinnen meiner Mutter, die Jankers, bei denen wir meist nach dem Tod meines Opas wohnten und mit Ihnen Ausflüge zu Fuss oder mit dem Auto unternahmen, früher VW Käfer und VW 1600 Kombi, später BMW. Alles Vergangen. Die Freunde Ralf und Limmy, der richtige Name fällt mir nicht mehr ein. Doch der Klaus, Klaus wars, der hatte doch voreinigen Jahren einen schweren Motorradunfall, der aber zum Glück recht glimpflich für ihn ausging, als ihm ein Reh 10 Meter vom Röttinger Ortseingang vor die Maschine lief. Dazu kommen mir immer die beeindruckenden Worte Hermann Hesses in den Sinn: "Die, die damals jung waren, sind heute alt. Die, die damals alt waren, sind heute tot." ....Oh, entfernt Euch ihr trüben Gedanken....Röttingen hat einiges zu bieten: Die Burg Brattenstein mit Ihren Theaterfestspielen, das schöne Rathaus aus der Barockzeit, sowie das Spital aus der Renaissance, ein mittelalterlich geprägtes Stadtbild. Ein Sonnenuhrenweg, der am schönsten an der Tauberseite ist, inmitten von Gärten mit Blick auf die Türme der Stadtmauer. Kulinarisch verwöhnen lässt man sich in der Weinstube Wiehl oder der Heckenwirtschaft Fries. Ein Übernachtungstipp wäre das Gästehaus Carl. Bieberehren, auch hier wieder Biebaahra ausgesprochen, die nächste Station, weiss momentan gar nicht, was hier...? Ach, der Ortskern ists und die wiedermal idyllisch, ich weiss ich wiederhole mich, gelegene Brücke über Tauber, diesmal die am Radweg. Das Tal wird jetzt enger und es gibt besonders zwischen Greglingen und Rothenburg einige liebliche :) (Aus)blicke. Hier erblickte ich das Licht der Welt im heißen Juli 67. Man kann die Qual meiner Mutter bei diesen Temperaturen nur erahnen. Einen Abstecher von 1000 Metern weg vom Taubertalradweg, der es aber wert ist, sei jedem ans Herz gelegt, auch wenn er für gotische Schnitzkunst nicht viel übrig hat. Die Herrgottskirche, eine Wallfahrtskirche, hier fand ein Bauer eine Hostie in der Erde, mit "dem" Riemenschneideraltar. Sein Meisterwerk, 11 Meter vom Boden bis zur Decke, die Höhe des so bezeichneten Marienaltars, alles geschnitzt. Auf der leider vergeblichen Suche nach einer mindesten halbstündigen Doku auf den bekannten Kanälen über den ausführenden Künstler, doch noch beeindruckende schwarz-weiss Bilder des Kunstwerkes auf SWR Retro gefunden. Die sind unten bereits verlinkt. Hier im Taubertal ist der Meister aus Würzburg wirklich gut vertreten. Es folgen noch der Heilig-Blut-Altar in der schönen Rothenburger Stadtkirche St. Jakob, sowie kurz unterhalb der alten Reichstadt das beschauliche Städtchen Detwang, in dessen Kiche St. Peter und Paul sich der kleinere Heilig-Kreuz-Altar befindet. Dieses 800 Jahre altes Gotteshaus in der herrlichen Umgebung ist direkt am Radweg und als Radwegkirche ausgeschrieben. Bald darauf folgt das Topplerschlösschen, ein ehemaliges Liebesnest eines Rothenburger Ratsherren und die alte Tauberbrücke aus dem Mittelalter bevor sich der Weg in Serpentinen an das Stadttor hochschleicht........Das Ende der Tour oder der Anfang einer neuen, wer weiß?......Vielleicht kann ich den Footprint Abends mit schönen Fotos von Euch füllen und hoffen, dass der ein- oder andere Tipp von mir beherzigt wird. ( Herrgottskirche Creglingen, Marienaltar unbedingt !!! )
    Read more

  • Day 728

    Bayerisches Nationalmuseum 3

    June 5 in Germany

    Lustig! Die Schreibweise für unser Bundesland, Heimatland oder Europäische Region, die Auswahl wäre da, bitte werter Leser suchen Sie sichs aus! Bayerisch, also das E noch mit reingzwängt schreibt man bei Ämtern, Institutionen usw.. Siehe oben! Bayrisch eigentlich bei allen anderen Gelegenheiten. Könnte man und ist erlaubt. Ein bayerischer König, Achtung der Staatsvorsitzende einer Institution, des Landes Bayern, Ludwig I. führte von seiner Begeisterung für alles Griechische zu Hause auch das Y im Bayerischen ein. In der vormaligen Schreibweise hieß es einfach Baiern. Jetzt folgen noch einige Exponate des Bayerischen Nationalmuseums aus einer Zeit, als es noch Baiern hieß. Foto Nr. 1 extra für den Zornigen, der Deckel eines Cembalo aus den 1630er Jahren, Es gibt nur diese Abdeckung. Rest und Geschichte leider unbekannt. Auf dem zweiten Bild eine Tischorgel, auch Orgelpositiv genannt,
    im Gegensatz zum Portativ nicht meht von einer Person transportierbar. 3 stellt die Instrumente dar mit denen repräsentiert oder in den Kampf gezogen wurde, also hauptsächlich Trompeten und Pauken. Das nächste die Heilige Sippe? , stand so dabei. Ein geschnitzter Altar auf dem Fünften Bild. Man beachte die Putten im Himmel. 6. Die Rückseite eines Altars. Eine Heilige auf Bild 7. Die Frau eines Geldverleihers erblicken wir auf Bild Nummer 8. 9 und 10 Rüstungen und Helme aus verschiedenen Epochen.
    Read more

  • Day 725

    Bayerisches Nationalmuseum 2

    June 2 in Germany ⋅ ☁️ 14 °C

    Der zweite Teil beginnt mit Tilman Riemenschneider, einer der großen süddeutschen Bildschnitzer, beheimatet in Würzburg. Seine Sympathie für die Bauern und die notleidende Landbevölkerung brachten ihm den Hass des Würzburger Erzbischofs ein. Seine Hände wurden gebrochen, damit er fortan nie wieder arbeiten könne. Seltenst kommt man solchen beeindruckenden Meisterwerken der Schnitzkunst bis auf wenige Zentimeter so nahe. Bilder 1 bis 4 .Anhand der vertretenen Ausstellungsexponate der schnitzenden Konkurrenz werden die künstlerischen und handwerklichen Qualitätsunterschiede sichtbar. Der Bekanntheitsgrad des fränkischen Meisters und seiner Werkstatt kommt nicht von ungefähr. Nr. 5 : Der Palmesel. Jesus Einzug in Jerusalem. 6. Der Gekreuzigte 7. Ein weinendes Kind aus einer Kreuzigungsgruppe 8. Das Zeichen eines Kreuzfahrerordens, ein Drache 9. Schlecht erkennbar auf der Photographie, dass die Skulptur des Flötenspoelenden Pan gute eineinhalb Meter hoch ist. Zuletzt noch ein Tierportrait. Vielleicht der Lieblingsjagd oder -Spürhund des adeligen Auftraggebers des Gemäldes.Read more

  • Day 725

    Bayerisches Nationalmuseum

    June 2 in Germany ⋅ ☁️ 14 °C

    Der Tag heute war der alten Musik, sofern man den Barock dazu zählen will, sowie am Nachmittag der alten Kunst im Bayerischen Nationalmuseum gewidmet. Des Morgens um halb sechs die Französischen Suiten von Bach und darauffolgend Orgelwerke von Louis Couperin. Ist ja schließlich Sonntag. Beides interpretiert von Davitt Moroney. Das zweite Zwischenschläfchen schloss sich an ein Frühstück, einen Zopf, an und wiederum ein kleines Mittagshäppchen folgte, So gut gestärkt und mit reichlich Verspätung ging es mit der Trambahn Richtung Bogenhausen, Das Hochwassersightseeing beim Isarübergang, der Brücke unterhalb des Friedensengels hielt sich in Grenzen, Es gab schon Schlimmeres, zumindest hier in der Stadt. Der eine Euro war gut investiert, das Erdgeschoss war grad so drinn. Zugesperrt wird täglich schon um fünf. Die Bilder können nicht alles wiedergeben. Es wird noch ein FP folgen. Die Fotoerklärungen folgen : 1. Surferin auf der Eisbachwelle 2. Ein barocker Deckenleuchter 3. Der modebewusste ausgestopfte Affe des Kurfürsten mit Justaucorps 4. Eine gnädig blickende Madonna 5. Der Heilige Christopherus 6. Ein Gargol unterhalb einer Heiligenstatue 7. und 8. Die Nacht der reitenden Leichen 9. Andere Perspektive 10. und letztens der Eisbach hinterhalb vom Haus der Kunst.Read more

  • Day 718

    Trambahnmuseum Ständlerstr.

    May 26 in Germany ⋅ ⛅ 22 °C

    Am heutigen Sonntag ging es nicht an die Isar. Entgegen aller Gewohnheit führte mich Petra heute als Überraschung in das selten geöffnete Trambahnmuseum in Obergiesing an der Grenze zum Fasangarten. Ein interessantes Gespräch ergab sich mit einem pensionierten Trambahnfahrer im ältesten strombetriebenen Wagen der Münchner Verkehrsbetriebe. Die Anfang des Jahrhunderts eingekauften Garnituren bevölkerten die Münchner Schienen Kriegsbedingt bis in die fünfziger Jahre. Es war schlicht nix anderes verfügbar. Desweiteren trifft man alte, stadtbekannte, ehemalige Schienen- und Strassenfahrzeuge wieder. Der Bus aus der Zeit als ich mit der ersten Freundin auf der letzten Sitzbank rumknutschte. Erinnerungen werden wach,auch unangenehmer Natur. Die erste Schwarzfahrt bei der man erwischt wurde. War glaube ich im selben Jahr.Read more

  • Day 718

    Laute und Theorbe

    May 26 in Germany ⋅ ☀️ 21 °C

    Der nachfolgende Text entstand im Winter zu einer Langlauftour meiner Follower bei gelinde ausgedrückt bescheidenen Wetter

    ...sieht auf den Bildern schon "Sehr gemütlich" aus. Die besten Voraussetzungen um Couch oder Bett nur für die absolut wichtigsten körperlichen Bedürfnisse, wie Nahrungsaufnahme oder Ausscheidung der selbigen, zu verlassen. Vielleicht noch um zeitlosen Jazz auf dem Plattenteller drehen zu lassen oder eine CD melancholischer Art dem Schacht des Players anzuvertrauen. Neben einer grossen Tasse Tee oder eines Cafe au Lait mit Honig gesüsst, sich an den ebenso zeitlosen Lautenkompositionen eines ROBERT DE VISÈE zu erfreuen. Robert de Visèe, ein angeblicher Schüler von Francesco Corbetta, heute fast vergessen, damals einer der Besten Lautenisten, hat einen kometenhaften Aufstieg am Hof des Sonnenkönigs hingelegt. Vom einfachen Kammermusiker in der Kapelle des Monarchen bis zu einem "Maitre plus le Thèorbe et la Guitarre" 1686, zu dessen Aufgaben auch das gemeinsame Musizieren mit anderen erlauchten Musikerpersönlichkeiten wie den Gambisten Antoine Forqueray, Marin Marais und den Clavecinisten Francois Couperin gehört.. 1695 sein grösster Triumph: "Maitre de Guitarre du Roy" von Ludwig dem 14., seinem Sohn, dem Dauphin Louis ( bis zu dessen Tod 1711 ) und auch noch ab 1719 Gitarrenlehrer des späteren König Ludwigs des 15., einem Urenkel des 14. ..............1686, Versailles, Residenz des Monarchen: Nach einem nachmittäglichen, weitläufigen Spaziergang in den Gärten des Schlosses widmet sich der erste Mann im Staate noch einmal seinen Amtsgeschäften, ehe er sich um acht Uhr Abends zurückzieht. Darauf lässt er um neun Uhr nach de Visèe rufen um den Klängen einer Gitarre zu lauschen. Bis um 10 Uhr entspannt er sich bei Musik, dann verlangt das selbstauferlegte Protokoll die Einnahme des Abendmahls, des Couchers, von der Bettstatt aus mit Publikum. Um 11 Uhr wird dann die Nachtruhe eingeläutet.
    .. ...René Francois schrieb 1622 zur Blütezeit der Laute in seinem Essay "Die Wunder der Natur und der edlen Künste" : ,, Man kann die Laute alles sagen lassen, was man will, und man kann mit den Zuhörern machen, was man möchte. Wenn ein guter Spieler eine Laute nimmt, in ihre Saiten greift und sich an das Ende eines Tisches setzt, um eine f a n t a s i e zu ersinnen, so muss er nur drei Akkorde zupfen und mit der Melodie eines f r e d o n beginnen, schon zieht er aller Augen auf sich und ein jeder lauscht ihm. Wenn er die Akkorde unter seinen Fingern wegsterben lässt, so sind alle ergriffen, und er bezaubert sie mit einer leichten Melancholie, so dass dem einen das Kinn auf die Brust sinkt und der andere es mit der Hand aufstützen muss und sein Mund allmählich ganz aufklappt, als würde er am Ohr gezogen. Des einen Augen sind weit aufgerissen, dem anderen steht der Mund offen, als hätte man seinen Verstand auf die Saiten genagelt. Man könnte sagen, dass alle von sämtlichen Eindrücken abgelöst sind mit Ausnahme des Gehörs, als hätte die Seele alle Sinne im Stich gelassen und sich ganz in die Ohren zurückgezogen, um sich auf angenehmere Weise an diesem mächtigen Wohlklang zu erfreuen. Aber wenn der Lautenist sein Spiel verändert und die Saiten wieder erweckt, so führt er alle Zuhörer zurück ins Leben, legt das gestohlene Herz und die Gefühle wieder in den Leib, erfüllt alle mit Erstaunen und macht mit den Menschen, was er will.''
    .....Robert de Visee, der Name offenbart portugiesische Wurzeln, ist in der Zeit Ludwig des 14. ein Mitglied der "Petit Bande". Eine Gruppe von Musikern, deren Aufgabe es ist den kunstsinnigen Monarchen bei seinen Wegen in der Residenz und seinen Spaziergängen im Schlossgarten musikalisch zu begleiten. Das schliesst die grossen Instrumente, wie die Bassgamben und Cembali aus. Der König lässt sich auch von seinen Musikern in den Schlaf spielen. Sein Gitarrenlehrer de Visee unterrichtet ihn ausserdem an der weit schwerer zu lernenden Theorbe de Pieces, italienisch: Chitarrone, einer sogenannten Langhalslaute. Eine Weiterentwicklung der 12 chörigen Laute, die einen fulminanten Bass besitzt und auch an Lautstärke gewonnen hat. Dadurch ist sie zum Begleitinstrument für Gesangsensembles avanciert. Beeindruckend die Ausmaße des Instruments: mit einer Länge von zwei Metern, Am Ende des langen Halses sitzt ein zweiter Wirbelkasten, die Darmsaiten in dieser Länge klingen entsprechend tief. Robert de Visee (Moreno;Ötzbrugger;Diaz-Latorre) schreibt über dreihundert Solo-Stücke für die Theorbe, von denen der Grossteil immer noch einen Dornröschenschlaf hält. Andere Theorbisten und "Compositeure" des galanten französischen Stiles sind die Herren Charles Mouton, Jaques Gallot, Francois Dufaut und die beiden Gaultiers (Bailes; A.Relic). In Italien stechen der deutschstämmige Venezanianer Giovanni Girolamo Kapsberger (Maiorana;Bagnati)und Alessandro Piccinini (Conte) hervor. Silvius Leopold Weiss (Moreno;Junghänel), Adam Falckenhagen, Bernhard Joachim Hagen und August Gottlieb Baron verhelfen der Theorbe nördlich der Alpen zu ihrer Popularität (Crugnola). In Klammern: heutige Interpreten. Michael Dücker präsentiert auf seiner CD "Tombeaux" eine gelungene Cuvee, ebenso Simone Vallerotonda auf "Meditation".
    .....Aurelio Brandolini, ein italienischer Humanist, schreibt 1473 ein Loblied auf den Liutista Pietrobono, den "Libellus de Laudibus musicae et Petroboni". Pietrobono war ein Star seiner Zeit. Zu Orpheus stilisiert, auf Medaillen verewigt und in Versen hochgelobt. Der übersetzte Text lautet: ,, Beachte, wie seine linke Hand über die ganze Laute läuft, wie sie geschwind über die klangvollen Saiten wandert. Du wirst staunen, wie alle Finger gleichzeitig fliegen, wie seine Hand an so vielen Orten zugleich sein kann. Bald stürmt sie zur Spitze des Saitenspiels, dann läuft sie in die Tiefe, und nun sind die Finger in der Höhe, jetzt bemächtigen sie sich wieder des untersten Teils der Lyra. Du könntest schwören, dass es sich kaum nur um eine Hand und eine Laute handelt, sondern um tausend Hände die fliegen, und um tausend Lauten die klingen." Ottavio Petrucci, einer der Erfinder des Notendruckes mit beweglichen Typen fertigt 1507 den ersten Tabulaturdruck für Laute in Venedig an: die "Intabulatura di Lauto", sechs Lautenduos von Francesco Spinacino. In parallel notierten Systemen werden Ober- und Unterstimmen bezeichnet. Auf " Amours, Amours, Amours" - einer CD der Lautenisten Karl Ernst Schröder und Crawford Young sind die Stücke Spinacinos, nebst anderen Lautenduos von Komponisten wie Joan Ambrosio Dalza und Alexander Agricola verewigt. Paolo Cherici verewigt erstere beide auf "Lute Music". Weitere Tondichter für Laute in der Hochzeit der italienischen Renaissance sind der jüngere Bruder Galileo Galileis, Michelagnolo Galilei (Bailes), Marco dall' Aquila (Henning; o' Dette) und der zweite bekannte Francesco, Canova da Milano (Peter Croton), um nur einige zu nennen. Einen gelungene Zusammenstellung des Mailänder Umfeldes von da Milano, wie Pietro Paolo Borrono und Giovan Paolo Paladino bietet Joachim Held und neu erschienen, aber zeitlich schon in der Spätrenaissance an der Schwelle zum Frühbarock angesiedelt, "Mortua dulce cano" von Michal Gondko.
    .....In unmittelbarer Nähe der M i t t e n w a l d e r Stadtpfarrkirche St. Peter und Paul und des Obermarktes, auf dem der traditionelle Bozener Markt abgehalten wird, befindet sich im Ortszentrum das G e i g e n b a u m u s e u m. Neben einer umfangreichen Instrumentensammlung und einer Geigenbauwerkstatt wird die historische Entstehung und Entwicklung dieses schönen Handwerks beleuchtet. Der Geigenbau war dreihundert Jahre lang ein wichtiger Erwerbszweig der einheimischen Bevölkerung. Die beiden anderen waren das Fuhrhandwerk auf der "Rott, der Handelsstrasse, und die Flösserei auf der Isar. Vor der Kirche steht das Denkmal des bekanntesten Sohnes Mittenwalds. Der Holzinstrumentenbau nahm mit Matthias Klotz seinen Anfang und einer seiner Söhne, Sebastian, bereits die zweite Geigenbauergeneration von sieben bis in unsere Zeit, sorgte durch erstklassige Instrumente für die weitere Verbreitung. Der besagte Matthias Klotz verliess seine Heimatstadt und zog südwärts über die Alpen um in Padua das Lautenmacherhandwerk zu erlernen. Ein entfernter Verwandter, Christoph Klotz, ein in Venedig tätiger Elfenbeinschnitzer, vermittelte den jungen Mann an die berühmte Werkstatt des aus Füssen zugewanderten Peter Railich. Ab 1672 bis 1678 eignete sich Matthias Klotz die umfangreichen Kenntnisse des Lautenbaues an, dann kehrte er zurück in die Heimat. Sein Arbeitszeugnis ist im Museum ausgestellt und lautet übersetzt: "Lob sei Gott im Jahre des Herrn 10.Mai 1678, Padua. Ich, der Unterzeichner, bezeuge mit meinem Eid jedermann, so auch dem Matthias Kloz aus Mittenwald, dass er als Geselle gedient und in meiner Lautenbauwerkstatt al Santo während sechs Jahren mit der ganzen Ehrenhaftigkeit und Treue gearbeitet, sich immer pünktlich, gehorsam und sittsam gezeigt und nicht in irgendeiner Weise seinen guten Ruf (propria reputatione) geschändet hat, und im Vertrauen darauf zeichne ich überdies das immer beispielhaft Geleistete in seinen Werken und Taten aus. Der Unterzeichnete..."
    ... ..Venedig und Padua gelten in dieser Zeit als die Hochburgen des Lautenbauer-Handwerks in Italien. Im süddeutschen Raum fällt Füssen diese Ehre zu. Da der 1653 geborene Matthias Klotz in seinem Zeugnis bereits als Geselle bezeichnet wird, vermutet man, dass er bereits im zarten Alter von 13- oder 14 Jahren eine Lehre absolviert haben muss. Hier sind die Werkstätten von Amati in Cremona oder die Jacob Stainers in Absam/Tirol im Gespräch. Es gibt aber keinerlei schriftliche Belege. Dafür spricht wiederum, dass er seine Geigen nach dem Cremoneser Modell fertigte, wie auch Stainer, dessen Geigen damals begehrter wie die von Stradivari waren. Hierbei wird der Zargenkranz über ein Formbrett gebaut. Hals und Oberklotz bestehen aus zwei Teilen. Nach einem weiteren undokumentierten Zeitraum von sechs Jahren heiratet er 1684 Maria Seiz, eine Weberstochter. Das Paar bekommt ein Haus überschrieben, in dem er seine Werkstatt einrichtet. Die erste Zeit fertigt er Lauten an, bis die Geige in Mode kommt und diese verdrängt. Seine erste Viola, also eine Bratsche, baut er 1704. Neben den Geigen enstehen noch einige Viola d'Amore, eine Sonderform der Bratsche. 1743 stirbt Matthias Klotz hochbetagt mit neunzig Jahren. 1750 gibt es 21 Geigenbauerwerkstätten in Mittenwald. Fünfzig Jahre später sind es schon achtzig. Die Lage an einer Haupthandelsroute birgt viele Vorteile. In den Bergwäldern wachsen die für den Holzinstrumentenbau bevorzugten Haselfichten. Ausgesuchte wertvolle Bäume, die in Höhen von über 1500 Metern gedeihen, werden, wie auch heute noch, im Alter von rund 250 Jahren geschlagen. Bevorzugt im Winter und vor Mondphasen, weil sich dann wenig Wasser im Stamm befindet. Leopold Mozart, der mit seinem achtjährigen Filius unterwegs ist, schreibt 1764 aus Paris: ,,.... Paris und London sind voller Mittenwalder Geigen
    Read more

  • Day 718

    Les Voix Humaines / Traite de la Viole

    May 26 in Germany ⋅ ☀️ 20 °C

    Im Jahr 1966 erhält der Musikforscher Paul Hooreman die Erlaubnis, die Musikbibliothek des 1962 verstorbenen Pianisten Alfred Cortot in Lausanne zu sichten und macht dabei eine Entdeckung: Die fünf Bücher "Concerts a Deux Violes Esgales du Sieur de Sainte Colombe". Insgesamt siebenundsechzig Kompositionen für zwei Gamben. Das diese Noten-Handschriften aus den 1680er Jahren erhalten geblieben sind, ist den Sammlern zu verdanken, die diese von Generation zu Generation weitergegeben haben. Diese Autographen,die nie im Druck erschienen sind, weil der Verfasser daran kein Interesse hatte, sind das Werk des bedeutenden Monsieur de Sainte Colombe. Seit kurzem glaubt man zu wissen,dass er auf den Vornamen Jean hörte. Ihm fällt das Verdienst zu, eine siebte der bis dahin sechssaitigen Basse de Viole, dem grössten Instrument aus der Familie der Gamben, hinzugefügt zu haben, um ihr noch tiefere Töne zu entlocken. In seiner Zeit eilte ihm der Ruf eines ausserordentlichen Virtuosen voraus. Hubert le Blanc schreibt in seiner Verteidigungsschrift von 1740: "Defense de la Basse de Viole contre les entreprises du violon et les pretentions du violoncelle"(Verteidigung der Bassgambe gegen die Machenschaften der Violine und die Ansprüche des Violoncellos) das Monsieur de Sainte Colombe mit seinem Instrument die schönsten Stimmverzierungen imitieren konnte. Die Gambe steht in dem Ruf der menschlichen Stimme am Nächsten zu sein, behauptet der Viol-Spieler Jean Rousseau in seinem Essay "Traite de la Viole" von 1687 :,, Niemals ist der Mensch dem Gesang näher gekommen als durch das Spiel der Gambe, die sich von der menschlichen Stimme nur insofern unterscheidet, als sie keine Worte spricht." Neben seinen zwei Töchtern und seinem Sohn unterrichtete Monsieur de Sainte Colombe weitere Schüler, wie Marin Marais, dessen bekanntes Stück "Les Voix humaines", "die menschliche Stimme" der 2019 verstorbene Petr Wagner im Prager Palais Troja in einem beeindruckenden Video zum besten gibt.
    .....Ein Loblied auf seine musikalischen Landsleute schreibt 1704 der Musikhistoriker Le Cerf: ,, Man kann die französische Musik mit einer schönen Frau vergleichen deren einfache, natürliche Schönheit die Herzen all jener gewinnt die Augen auf sie legen, sie muss sich einfach nur vorzeigen...(...).". ...Marin Marais, der musikalisch begabte Sohn eines Schusters, bis zu seinem Stimmbruch mit einer schönen Stimme gesegnet und Chorknabe neben Michel Richard de Lalande, an der Kirche seines Onkels, dem Kaplan von Saint-Germain l'Auxerrois, Louis Marais, scheint ein Faible für die Bassgambe entwickelt zu haben. Zu welchem Zeitpunkt Marin Marais sein Studium bei seinem Lehrer, Monsieur Jean ? de Sainte-Colombe begonnen hat, bleibt im unklaren. In seinem "Parnasse Francais" wartet Titon du Tillet mit folgender Geschichte auf: ,, Monsieur de Sainte Colombe war Marais' Lehrer, doch als er nach sechs Monaten bemerkte, dass sein Schüler ihn übertreffen könnte, sagte er ihm, er habe ihm nichts mehr beizubringen. Marais jedoch, der die Gambe leidenschaftlich liebte, wollte aus dem Wissen des Meisters weiterhin Nutzen ziehen, um sich auf diesem Instrument zu vervollkommnen; und da er zu seinem Haus recht leicht Zutritt hatte, nahm er sich im Sommer Zeit, wenn Sainte-Colombe in seinem Garten war und sich in einer kleinen Holzhütte einschloss, die er sich in den Ästen eines Maulbeerbaums eingerichtet hatte, um dort ruhiger und angenehmer Gambe zu spielen. Marais schlich sich unter diese Hütte; er hörte dort seinen Lehrer, der höchst ruhig und köstlich die Viole spielte und profitierte von einigen besonderen Passagen und Bogenstrichen, wie sie die Meister der Kunst gerne für sich behalten; doch das dauerte nicht lange, denn Sainte-Colombe entdeckte ihn und wurde vorsichtig, um von seinem Schüler nie wieder gehört zu werden."....
    .... ,, Allerdings liess er ihm immer Gerechtigkeit bezüglich der erstaunlichen Fortschritte widerfahren, die er auf der Gambe gemacht hatte. Und als er eines Tages in einer Gesellschaft war, in der Marais Gambe spielte, und er von vornehmen Personen gefragt wurde, was er von dessen Art zu spielen halte, antwortete er ihnen, dass es Schüler gebe, die ihren Lehrer übertreffen können, dass aber der junge Marais nie jemanden finden werde, der ihn übertrifft." Marin Marais setzte seinem Lehrer ein musikalisches Gedenkstück, das "Tombeau de Monsieur de Sainte Colombe" . "Tous les matins du monde" , der deutsche Titel lautet "Die siebente Saite" ist ein in Frankreich erfolgreicher Historien-Streifen (..über 1 Million Besucher in Frankreich 😂) mit Gerard Depardieu (.Obelix ) als älteren Marin Marais und seinem Sohn als Marais in jungen Jahren. Während die Töchter des Lehrers Sainte-Colombe, Francoise und Brigitte im Film eine Rolle spielen, bleibt der Sohn und Schüler unerwähnt. Die Geschichte seines Lebens ist ähnlich nebulös umhüllt wie die seines Vaters. Seine Lebensdaten sind unbekannt, ebenso sein Vorname, so dass er zur Unterscheidung zu seinem Vater "Monsieur de Sainte Colombe le Fils", "der Sohn" genannt wird. Eigene Kompositionen des Filius wurden vermisst, eine Parallele zu seinem Vater, es lag kein Notendruck vor. Wie so oft kam auch hier der Zufall zur Hilfe: der Fund einer handschriftlichen Kopie von sechs Suiten für Solo Basse de Viole in der Bibliothek der Kathedrale von Durham in Nordengland, kopiert von dem dort ansässigen Kanoniker Philip Falle. Ein einziges Stück dieses Fundes war vorher in Frankreich bekannt, das "Tombeau pour Monsieur de Sainte Colombe le Pere" ein musikalisches Erinnerungsstück für seinen 1701 verstorbenen Vater. Aus der Zeit der Anfertigung der Kopie stammen auch die zwei verbürgten Ereignisse von 1707 und 1713 für seine Anwesenheit auf der britischen Insel. ......Über ein Jahrhundert vorher beginnt der Siegeszug der Gambe in England und Frankreich. Der Musikwissenschaftler und Philosoph Marin Mersenne schwärmt 1635 u.a. von Nicolas Hotman, dem Lehrer Sainte-Colombe des Älteren : ,,Niemand in Frankreich kann sich mit Maugars und Hotman messen, deren kunstvolles Spiel unerreicht ist: Besonders bemerkenswert sind ihre Diminutionen und ihre unvergleichlich subtile und flüssige Bogenführung. Allein der Erstere führt gleichzeitig zwei, drei oder mehrere Stimmen auf der Bassgambe aus, mit soviel Verzierung und endlos flinken Fingersatz, dass dergleichen nie zuvor von Gambisten oder irgendwelchen anderen Instrumentalisten zu hören war." und ,,Wenn man Instrumente danach beurteilt, wie gut sie die menschliche Stimme nachahmen können, und wenn Natürlichkeit in der Kunst als höchste Vollendung gilt, dann gehört die Trophäe sicherlich der Gambe, welche die menschliche Stimme in all ihren Modulationen imitiert, selbst in den anrührendsten Nuancen von Trauer und Freude; denn der Bogenstrich, der besagten Effekt hervorruft, ist von ähnlicher Dauer wie der normale Atem einer menschlichen Stimme, deren Freude, Trauer, Gewandheit, Süsse und Kraft er mit aller Lebendigkeit, Träumerei, Behendigkeit, allem Trost und Nachdruck nachzuahmen weiss; das Beben und Schmeicheln der linken Hand reproduziert ebenfalls arglos die Manier und die besonderen Verzierungen der menschlichen Stimme.(... )..verkörpert die Gambe auf natürliche Weise den Charme, den Geist und die Anmut des perfekten Redners."Wer diesem Zauber hörenswerter Weise beiwohnen möchte, dem seien neben zahlreichen neuen, folgende Einspielungen an's Herz🤤gelegt: Suzie Napper und Margret Little, zwei kanadische Gambistinnen, bekannt als Ensemble "Les Voix humaines" haben sich dem Gesamtwerk des Monsieur de Sainte Colombe des Älteren verschrieben. Neben dem Filmsoundtrack hat der Katalane Jordi Savall die Kompositionen des Sohnes aus Durham eingespielt.
    ........Pierre Trichet, ein umfassend gebildeter Rechtsadvokat im Parlament von Bordeaux, einem Gerichtshof, schreibt 1640 in seinem Essay "Traite des Instruments de musique" : ,, Die Gamben werden von den Deutschen 'Phiolen' genannt und eignen sich sehr für Musikkonzerte, sowohl wenn man sie mit Singstimmen vermischen, als auch wenn man sie anderen Arten von Instrumenten zugesellen will: Denn die Klarheit ihres Klanges, die Leichtigkeit ihres Spiels und die daraus entstehende süsse Harmonie bewirken, dass man sie gern mit anderen Instrumenten verwendet; so muss auch zugegeben werden, dass es nach den ausgezeichneten menschlichen Stimmen nichts so Charmantes gibt wie das schöne Vibrieren auf dem Hals des Instruments und nichts Reizenderes als die ausklingenden Striche des Bogens. Um sich dessen angemessen zu bedienen, muss er stark gespannt, mit Pferdehaaren versehen und ausreichend mit Kolophonium eingerieben sein, damit er sanft über die Saiten gleitet und rutscht..(..)..Wenn man ein gut ausgefülltes und harmonisches Gambenkonzert zustande bringen will, braucht man mindestens vier davon in verschiedenen Grössen und Ausmassen, je nach Stellung, die sie innehaben..." Das die Gambe schon ein Jahrhundert vorher in Frankreich sehr populär war und auch "adelige Dilettanten" die Instrumente "traktierten" bezeugt das "Epitome Musical" 1556 des Philbert Jambe de Fer: ,,(..) .wir bezeichnen diejenigen Instrumente als Viola da Gamba welche von Herschaften, Kaufmännern und anderen Ehrenleuten zum Zeitvertreib gespielt werden." Der kunstsinnige französische König Francois I., der Leonardo da Vinci einen Altersruhesitz in Amboise an der Loire ermöglichte und Erbauer des Chateau Chambord, lies sich bereits 1529 von vier an seinen Hof bestellten Gambisten musikalisch unterhalten.
    ..... ..Francois Joubert-Caillet und sein Ensemble L' Acheron haben mittlerweile das "Cinquieme Livre de Pieces de Viole ", von 1725, das letzte der insgesamt fünf Bücher der Gambenkompositionen, die uns Marin Marais hinterliess, veröffentlicht. ...In sicherer Position bei Hofe in Versailles angestellt und verheirat mit Madame Catherine Damicourt, wurde diese Ehe mit dreizehn Kindern gesegnet, von denen vier ebenfalls die Musik zu ihrer Berufung erklärten. Ludwig der XIV. sprach Anno 1709 zu Marais, als dieser ihm seine musizierenden Kinder vorstellte: ,,Ich bin sehr zufrieden mit ihren Kindern, aber Sie sind immer noch Marais und ihr Vater." Einer seiner Söhne, Vincent "erbte" das Amt seines Vaters bei Hofe, als Gambist der "Musique de la Chambre du Roy", das Marin Marais seit 1679 begleitet hatte. 1686 stieg er zum Hofkomponisten auf und veröffentlichte das erste Buch für Gambe und die erste seiner vier Opern, die grosse Erfolge feierten, von denen die meisten jedoch verschollen sind. Marais lehnte den aufkommenden italienischen Stil ab und blieb im Lager der Tradionalisten. Hubert le Blanc, ein Musikgelehrter beschreibt es so:,,Marais widerstand als Ajax der Musik dem Ansturm, der in privaten Konzerten Frankreich den Römern, den Venetianern, den Florentinern und den Napolitanern ausliefern wollte." Im Jahre 1705 wurde er Orchesterleiter der "Academie royale de Musique". 1710 zog er sich immer mehr zurück, gab Privatuntericht, um schliesslich 1725 ganz auszuscheiden. Neben der Gesamteinspielung der "Livre de Pieces de Viole" von L' Acheron, eine editorische Grosstat, existieren viele Teilaufnahmen, wie zum Beispiel von Jordi Savall und Paolo Pandolfo, der sich auch dem Werk des bedeutendsten "Gegenspielers" Marais, Antoine Forqueray, widmete. Der unterschiedliche Musizier- und Kompositionsstil, ihr entgegengesetztes Temperament, liess schon ihre Zeitgenossen die Charakterisierungen treffen, dass Marais wie ein Engel, jedoch Forqueray wie der Teufel spiele....
    .........Antoine Forqueray, den Hubert le Blanc als "Launig, verschroben, bizarr" beschreibt, nährte jahrelang den Klatsch bei Hofe. Während er sich Mätressen hielt, als gutsituierter Musiker einen luxuriösen Lebensstil pflegte, liess er seine Familie in Armut zurück. Nach zehn Jahren Scheidungskrieg, verlor er den Prozess gegen seine Frau und musste die Gerichtskosten tragen. Sein Sohn, sein Schüler und ebenfalls ein Gambenvirtuose, verfolgte der Neid seines Vaters so stark, dass dieser ihn übertreffen könne, er ihn bei Hofe anschwärzte und der Filius ins Gefängnis wanderte. Einmal wurde er gar aus Frankreich ausgewiesen, was aber einflussreiche Freunde des Sohnes zu verhindern wussten. Ganz anders die berufliche Laufbahn des Vaters: der erst fünfjährige Antoine Forqueray, der als Wunderkind galt, begeisterte 1677 den Sonnenkönig so stark mit dem Spiel auf der Gambe, dass dieser beeindruckt von seinem Können, ihn bei Hofe als Pagen aufnahm und dem talentierten Kind damit eine exquisite musikalische Ausbildung ermöglichte. Mit 17 Jahren wurde er "Musicien Ordinaire de la Chambre du Roy", also Hofmusikus, eine Anstellung, die es ihm ermöglichte mit der "Creme de la Creme", der damaligen Musikerzunft zu musizieren, wie Robert de Visee und Francois Couperin. Der Ruf seiner Interpretations- und Improvisationskunst eilte Forqueray voraus, so dass zahlreiche hochgestellte Persönlichkeiten von ihm unterrichtet werden wollten. Ein prominenter Schüler Forquerays war der bayerische Kurfürst Max Emanuel, der sich im französischen Exil, während der österreichischen Besetzung Bayerns im Spanischen Erbfolgekrieg, im Schloss Compiegne, nordöstlich von Paris aufhielt. Ludwig Hüttl, ein Biograf Max Emanuels beschreibt es so:" 1704, nach 25 Jahren seiner Herrschaft, hatten seine militärischen und diplomatischen Niederlagen, die Unfähigkeit und Korruption seiner Verwaltung Bayern in eine Gesamtsituation geführt,....
    .......die dem Chaos am Ende des Dreißigjährigen Krieges glich, aber noch verschärft wurde durch die fremde Besatzung. Der kleine Mann auf dem Lande hatte die Hauptlast der Leiden und der Not zu tragen. Erpressung, Raub, Plünderung, Verwüstung, Gewalttat, Totschlag, Mord verübten die Fremden, allen voran die Soldaten: Das Land befand sich im Chaos und praktisch in einem gesetzlosen Zustand."...soweit zur damaligen Situation in Bayern, die schließlich im Bauernaufstand von 1705 gegen die Besatzer aus Österreich gipfelte und der in der Sendlinger Mordweihnacht grausam unterdrückt wurde...Der exilierte Kurfürst hatte ausreichend Zeit um seine Kenntnisse des Gambenspieles zu vervollkommnen, während seine Landsleute in der bayrischen Heimat dies alles erdulden mussten, denn seine Rückkehr in das von ihm ungeliebte Bayern zog sich nach dem Frieden von Baden 1714 bis in das Jahr 1715 hin..Dazu Ludwig Hüttl: "Als die Kaiserlichen (die Habsburger) aus Bayern abzogen...liessen sie es ausgepowert, dem Staatsbrankrott nahe zurück. Armut und Not des breiten Volkes waren beängstigend...die Hungersnot war noch nicht überwunden. 1714 hatten Seuchen, der schwarze Tod, viele Opfer gefordert. Mit der Rückkehr des Kurfürsten erhofften sich viele eine Besserung der Verhältnisse...Gross war die Enttäuschung aller. Kaum hatte sich der Kurfürst in seiner Residenz installiert, forderte er wieder Geld, Geld und nochmals Geld für seinen persönlichen Aufwand."
    ........Aber wir schweifen ab, zurück zu Forqueray, der 1731 seine Anstellung bei Hofe quittierte, Paris Adieu sagte und sich auf's Land nach Mantes sur Seine zurückzog, wo er 1745 starb. Im selben Jahr schreibt Pierre Louis Daquin im "Siecle Litterarie de Louis XIV:,, Man kann behaupten, dass niemand das Niveau Marais' übertroffen hat, nur einer ist ihm ebenbürtig, der berühmte Forqueray." Francois Couperin behauptete sogar, das Gambenspiel habe unter Antoine Forqueray seinen Höhepunkt erreicht. Forqueray selbst, so ist bei Hubert le Blanc zu lesen: ,,...zog gegen das Auswendigspielen zu Felde, als handle es sich um die grösste aller Eseleien. Dieses Vorgehen, das man im Allgemeinen als das eigentliche Fundament des Wissens erachtete, förderte ihm zu Folge nichts als Abstumpfen und geistige Verzagheit sowie Plumpheit der Hände. Forqueray war stets der Meinung, dass wenn man Talent hatte zur improvisierenden Interpretation oder zum komponieren, mit auswendig lernen zugebrachte Zeit nicht weniger verschwendete Zeit war als jene, die man darauf verwendete Predigen zu hören." Da der Vater an einem Druck seiner Noten kein Interesse zeigte, so veröffentlichte der Sohn Jean Baptiste zwei Jahre nach dem Tod des Vaters von dessen dreihundert Werke starken Oeuvre eine Auswahl von 29 Stücken, fügte drei eigene hinzu und verteilte sie auf fünf Suiten. Der Titel dieser Ausgabe lautet: "Pieces de Viole avec Basse Continue composées par Mr. Forqueray le Pere, ordinaire de la Musique de la Chambre du Roi, dediees a Madame Henriette de France", die selbst eine begeisterte Gambenspielerin und Schülerin von Jean Baptiste Antoine Forqueray war. Ein bekanntes Gemälde des Hofmalers und Portraitisten Jean Marc Nattier zeigt die junge Anne Henriette, eine Tochter Ludwig des XV., beim Spiel auf der Gambe.
    ........zum besseren Verständnis wird die Übersetzung des Titels nachgereicht. Cher Mesdames et Messieurs, si'l vous plait: "Werke für Viola mit Generalbassbegleitung, komponiert von Herrn Forqueray Vater, Musiker der Königskammer, Ihrer Hoheit Henriette von Frankreich gewidmet."....
    ........Jean Baptiste Antoine Forqueray, der Sohn, wie auch Carl Friedrich Abel gehörten der letzten Generation in der langen Geschichte des Instruments an. Überall in Europa, zuletzt in Frankreich, verdrängten die Geigen und die Cellos die Familie der Gamben. Luigi Boccherini gab 1760 eines seiner Cellokonzerte in Paris und besiegelte damit das Ende einer langen musikalischen Tradition, die mit Andre Maugars, dem ersten französischen Gambenvirtuosen, der 1624 von einem vierjährigen Aufenthalt in England zur Zeit König Jakob I., in dessen Orchester er auch wirkte, nach Paris zurückkehrte und seine Landsleute mit den neuesten musikalischen Moden aus dem Land, in dem die Gamben einen fulminanten Erfolg feierten, überraschte. Zunächst als Übersetzer bei Hofe, stand er später in den Diensten des Kardinals Richelieu. Es wird angenommen, dass Nicolas Hotman (Sophie Watillon) sein Schüler war, der wiederum Mr. Sainte Colombe und Mr. Demacy ( Paolo Pandolfo; Jordi Savall), ein weiterer Gambist, dessen Lebensgeschichte im Dunklen liegt, unterrichtete. Besondere Könner des Instruments waren der jung verstorbene Charles Dolle, der von Marin Marais beeinflusst war und einer von Marais Söhnen, Roland Marais, beide interpretiert von Petr Wagner. Jay Bernfeld stellt uns mit seinem Ensemble Fuoco e Cenere Jaques Morel und Louis de Caix d' Hervelois vor, beide Musiker finden sich in der Nachfolge Marais. In den Klammern weitere heutige Instrumentalisten, wie die Frankfurterin Renate Mundi, die über die erst 2015 entdeckten 12 Fanatasien solo Telemanns von 1735 schreibt:,,Musik, die Bilder entstehen lässt, manchmal melancholisch ist, sehnsüchtig, manchmal wild, oft mit dem Schalk im Nacken. Ein unerschöpflicher Quell an Ideen, Stimmungen, Klängen und Farben. (Videos auf YouTube).........
    Read more

  • Day 718

    Viola da Gamba / Carl Friedrich Abel

    May 26 in Germany ⋅ ☀️ 19 °C

    .Dieser Text entstand ursprünglich zur Saale-Radtour von Christine und des Zornigen Grizzlys. Die angesprochene Kirche ist St. Marien in Halle...... .In diesem freundlichen, hellen Gotteshaus empfängt Georg Friedrich Händel Anno 1685 das Sakrament der Taufe. In seinem Geburtshaus ist heutzutage eine der Sehenswürdigkeiten der Stadt Halle untergebracht: Das Händel- Haus Halle. Ein Musik-Museum, in dem u.a. alte Tasteninstrumente wie z.B. das von Ioannis Ruckers 1599 gefertigte und später ravallierte Cembalo, sowie einige italienische Cembali, auf denen Händel während seiner Italienreisen gespielt haben könnte, ausgestellt sind. Eine Musikhistorisch interessante Region, wenn man bedenkt, dass in Köthen, einige Kilometer entfernt, der im gleichen Jahr geborene Johann Sebastian Bach eine Stellung als Kapellmeister begleitete. Sein Dienstherr, der Musikbegeisterte Fürst Leopold von Anhalt-Köthen, eist den zweiunddreißigjährigen Johann Sebastian von seiner bisherigen Arbeitsstelle als Vorstand der Weimarer Hofkapelle los, was sein Chef und Geldgeber Fürst Ernst August ausserordentlich pikiert zur Kenntnis nimmt und Bach einen Monat lang einkerkert. Die Hofkapelle die Bach in Köthen antrifft, besteht grösstenteils aus den Mitgliedern der dem Sparzwang des Soldatenkönigs, Friedrich Wilhelm I., zum Opfer gefallenen Berliner Hofkapelle. Einer von Ihnen ist Christian Ferdinand Abel, ein Gambenspieler, der auch schon in schwedischen Diensten stand und für den Bach seine Suiten für Gambe und Cembalo schreibt. Sind die Väter in Freundschaft verbunden, so werden es auch die Söhne halten, wie eine Erinnerungstafel an einer Hausmauer in Köthen bezeugt.
    ......."Geburtshaus Carl Friedrich Abel .... In diesem Haus wurde am 22.Dezember 1723 der Komponist und Gambenvirtuose C.F. Abel geboren. Über mehrere Stationen ging er 1759 nach London und wurde bald Kammermusiker der britischen Königin Charlotte. Gemeinsam mit Johann Christian Bach begründete er 1764 die "Bach - Abel Concerts", die ersten Londoner Abonnementkonzerte, die 17 Jahre lang zu den beliebtesten Veranstaltungen im Gesellschaftsleben Londons zählten."... Nach dem Tode Johann Christian Bachs 1782, führte er die Konzerte zusammen mit Bachs Frau noch einige Zeit ohne Erfolg weiter. Als Spieler und Lehrer war er aber weiterhin gefragt, verfiel zusehends dem Alkohol und starb 1787 in der englischen Metropole. Unter seinen zahlreichen Kompositionen ragen besonders die im sogenannten "Drexel - Manuscript" veröffentlichten 29 Stücke für Gambe Solo heraus. (Einspielungen u.a. mit Paolo Pandolfo, Susanne Heinrich und Petr Wagner, mit dem sehens- und hörenswerte Videos, auch mit Musik von Marin Marais und Antoine Forqueray, auf YouTube existieren. Das Instrument das Petr Wagner verwendet, ist ein Nachbau einer Gambe von 1720 aus der Pariser Werkstatt von Nicolas Bertrand. Ein Kennzeichen dieser Viola da Gamba, wie auch die der seines Konkurrenten Michel Collichon, ist ein kunstvoll geschnitzter Menschen- oder Tierkopf anstelle einer Schnecke. ) Carl Friedrich Abel wird als der letzte grosse Gambist bezeichnet und mit ihm stirbt ein jahrhundertealtes Zeitalter, die Ära der Gambe, aus.
    ........ .Als am 13. Februar 1945 und in den darauffolgenden Tagen und Nächten Dresden, das "Elbflorenz", von allierten Bombern zerstört und in Schutt und Asche gelegt, im Jargon der Zeit "ausradiert" wurde, kabelte der englische Oberbefehlshaber des Bomber Comand der Royal Air Force, kurz R A F, Arthur "Bomber" Harris : ,, Dresden war eine Ansammlung von Munitionsfabriken, ein intaktes Verwaltungszentrum und ein Knotenpunkt für Transporte nach Osten. Nun ist es nichts mehr davon." Das alte Dresden hatte aufgehört zu existieren. Andere Zeiten, andere Kriege: Einen der in seiner Brutalität schlimmsten Konflikte auf deutschen Boden, den Dreissigjährigen Krieg, mit Ach und Krach überstanden, vernichtete ein Grossfeuer 1685 das bis 1732 im Stil des Barock durch August den Starken wiedererrichtete Dresden. Die erste Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts, eine an Konflikten mit Weltkriegscharakter nicht arme Zeit, dem spanischen- und dem österreichischen Erbfolgekrieg, folgte 1756 der Siebenjährige Krieg, der wie in den vorangegangenen Konflikten auch in Nordamerika und in Teilen Asiens ausgetragen wurde. Die sächsische Metropole wurde 1756 von der preussischen Armee erobert und im Zuge der Belagerung durch österreichisches Militär von den preussischen Besatzern den Flammen überantwortet und für die selbigen Verlust gegangen. Bei dem Versuch der Wiedereroberung wurde die Stadt durch die preussische Kanonade weiter zerstört. Einige Jahre zuvor, 1743, in Friedenszeiten, trat der zwanzigjährige Carl Friedrich Abel nach einem aufsehenerregenden Leipziger Konzert in die Dresdner Hofkapelle ein. Johann Salomon Richter schildert den triumphalen Konzertabend: ,,..in Specie aber Monsieur Abel auf der Viola da Gamba in Spielung eines Trios und musicalischer Fantasie solo sehr admiret wurde, welcher auch Tages darauf sich vor ihro Königliche Majestät solo hören lassen musste und das Glück und die königliche Gnade hatte, in der königl. Capelle angewiesen zu werden."
    .....: ..1737, nach dem Tod seines Vaters, verlässt Carl Friedrich Abel im Alter von vierzehn Jahren Köthen und macht sich auf nach Leipzig. Hier beginnt er ein Studium bei Johann Sebastian Bach, ein enger Freund der Familie Abel und Kantor der Thomaskirche in der alten Universitätsstadt. Ab dem Jahr 1743 ist er in der Dresdner Hofkapelle als Gambist und Cellist tätig. Sein Chef ist der heute fast unbekannte Johann Adolf Hasse. Der einzigen Anstellung als Orchestermitglied in seinem Leben kehrt er 1758 den Rücken und verlässt das umkämpfte Dresden ,,zu Fuss und mit nichts als drei Taler und sechs Sinfonien im Gepäck"( Charles Burney "General History of Music"). Der im damaligen Europa bekannte und bewunderte Abel geht nach Paris, eine der Stationen der einjährigen Wanderschaft, und wird Gambenlehrer eines "Fermien General", ein Steuereintreiber. Sein Lohn: zweihundert Goldtaler und sein Eigengewicht in Burgunderwein. Im Anschluss zieht es ihn auf die britische Insel. Im Rahmen seines ersten Londoner Konzerts am 5.April 1759 spielt er Eigenkompositionen für alle von ihm beherrschten Instrumente Gambe, Cello und Cembalo. Sein Ruf als Star seiner Zeit eilt Ihm voraus und er wird von der vornehmen Gesellschaft der englischen Hauptstadt hofiert. ,,Die Gambe, o wie lieblich und süss in Abels Hand...ein Spiel voll üppiger Fülle und wollüstiger Süssigkeit." (Reichardt) "The greatest Viola da Gambist of the World" zu sein, attestiert ihm der Herzog von York (Burney). Mit Johann Christian Bach, dem "Londoner Bach", gibt er im Februar 1764 das erste gemeinsame Konzert, der Beginn der "Bach-Abel Konzerte". Von beiden Musikern profitiert im selben Jahr der achtjährige Wolfgang Amadeus Mozart der mit seinem Vater in London weilt. Leopold Mozart in einem Brief:,,Das was er gewusst hat, als wir Salzburg verliessen, ist ein purer Schatten gegen das, was er jetzt weiss; es übersteigt alle Einbildungskraft: ..........Lauter Lobreden über Abel: ,,Ich habe ihn im privaten Rahmen auf der sechssaitigen Bassgambe mit einer solchen Geschicklichkeit und einem tiefen Kenntnisreichtum improvisieren hören, dass er sowohl Lord Kelly als auch Bach verblüffte, ebenso wie den Unterzeichner. "(Burney) 1782 stirbt Johann Christian Bach. Der Tod seines Freundes und musikalischen Partners trifft ihn hart und Abel reist bald danach durch ganz Europa. Reichardt notiert bei Abels Aufenthalt in Berlin: ,,Bey seinem letzten Aufenthalte in Deutschland hatte Abel sich einige Wochen in Potsdam aufgehalten, und sich dort in der traurigen Lage befunden, den Rheinwein, mit welchem er aus dem Keller des Kronprinzen .(..).reichlich versehen wurde, ohne ihm angemessene rüstige Trinkgesellschaft zu verzehren..(...)..zum Erstaunen war es, mit welcher Sicherheit und Leichtigkeit er oft, mitten zwischen den berauschenden Einflüssen der wohltätigen Schmäuse die Gambe spielte..(..)..wirklich waren seine Fantasien auf der Gambe, in denen er eine grosse Stärke besass, nie reicher und hinreissender als in solchen Stunden..(..)..Abel trank unglaublich viel..seine grosse Neigung zu den besten Weinen..zerrüttete seine Gesundheit und häusliche Umstände." Am Jahresende 1784 ist Abel wieder in London und konzertiert: ,,...spielte der alte Abel mit der gewohnten Eleganz und Innigkeit ein Solo auf der Bassgambe."(William Thomas Parke) Der Alkohol, unter dessen Einfluss sein phänomenales Spiel sich noch steigerte, gewinnt die Oberhand. Mrs. Papendiek berichtet:,,..bei einem Konzert vor der Königin in einem so vollendeten und bewundernswerten Zustand zeigte, dass der gesamte Hof nichts bemerkte."
    ....:..Zu einer weiteren Darbietung seiner Kunst bemerkt Mrs. Papendiek:,, das Abel von zwei Freunden gestützt und begleitet werden musste. Diese setzten ihn auf seinen Stuhl, klemmten ihm die Gambe zwischen die Schenkel, und Abel..(..)..spielte fast besser als je!..(..)..Doch nach dem Konzert musste der Vorhang zugezogen werden, da er sich nicht von seinem Stuhl erheben konnte." Im Juni 1787 legt er die Gambe für immer aus den Händen. Das "Gentleman's Magazine" druckt kurz nach seinem Tod folgende Zeilen: ,,Das grosse musikalische Schaffen Mister Abels ist eine Ehre für die Zeit, in der er lebte. Alle von ihm komponierten Werke wurden zutiefst bewundert..(..)..seine Musik war immer von Schönheit und expressiver Kraft gekennzeichnet..(..)..die Musiker lauschten ihr immer mit Vergnügen und Bewunderung...(..)..auf der Gambe konnte er seine Musik am besten darbieten; niemand hat dieses Instrument jemals wirkungsvoller und intensiver gespielt."
    Read more

  • Day 711

    Die Blaue Wand

    May 19 in Germany ⋅ ⛅ 13 °C

    Oben auf Giesings Höhen, das altehrwürdige Sechzger-, auch Grünwalder Stadion genannt. Zwei Stockwerke tiefer die neubemalte oder besprayte blaue Wand auf der Höhe des Auer Mühlbach. Die Wahl der Motive unterhalb der heiligsten Stätte des Münchner Fußballs dürfte klar sein. Letzte Woche noch alles uni. Ganz in Blau und scheinbar seit dem Pfingstsamstag künstlerisch verschönert. Es roch jedenfalls noch sehr frisch nach Farbe.Read more

  • Day 697

    Auerdult am Mariahilfplatz

    May 5 in Germany ⋅ ☀️ 20 °C

    Die Maidult biegt in die Zielgerade ein. Der Letzte Tag heute. Grund genug nochmals in einem Footprint diesen traditionellen Münchner Markt, neben dem Viktualienmarkt, näher vorzustellen. Am Mariahilfplatz seit 1809 ansässig durch ein Dekret von Maximilian I. Der zuerst nur zweimal jährlich stattfindende Jahrmarkt wurde früher am Sankt Jakobsplatz abgehalten. So ist die Dult seit über 200 Jahren in der rechts der Isar gelegenen Au ansässig, woher ihr Name stammt. Ich kenne sie solange ich lebe, schon weil meine Grosseltern keine dreissig Gehminuten davon entfernt wohnten. Als Kind die herbeigesehnte Samstags- oder Sonntagsbespassung mit Eltern, Grosseltern, Tanten und Onkels, Cousinen und Cousins. Das kleine Riesenrad, Kinderkarussel sowie Ponyreiten und die Schiffschaukel waren der Hit. Die Erwachsenen freuten sich über a Mass Bier und an Steckerlfisch. Wir über gebrannte Mandeln, Zuckerwatte oder Magenbrot. Das alles gab und gibt es nördlich der Mariahilfkirche. Auf ihrer südlichen Seite der eigentliche Markt, Heutzutage viel antiker Trödel, wie auch Bücher, alte Zeitschriften, meist gesammelte Jahrgänge, historische Postkarten, Schallplatten und Silberlinge, sprich CD's und DVD's, seltener Militaria, die wird, weil schwer gesucht, besonders alles vor 45, höchstwahrscheinlich via Net vertrieben.
    Neben Geschirr und Porzellan werden die dazugehörigen Lebensmittel wie Öle und Gewürze, Käse- und ,Wurstpezialitäten an die Frau/ den Mann gebracht. Ist die Klinge dann stumpf, gibt's den Messermo. Früher gab es noch den Billigen Jakob, ned zu verwechseln mit dem Vogeljakob, der is nur auf da Wiesn. Der Billige Jakob hatte alle Möglichen und Unmöglichen Kleinwaren und Kurzwaren in seinem Sortiment, wie Schnürsenkel, Lederwaren, Socken, Garne und Gummis und noch vieles mehr. Vielversprechend auch die Namen der Budenstrassen wie Raritäten- oder Schatzsuchergasse. Es sollen schon Schätze gehoben worden sein auf der Auerdult. Man muss halt das Quenchten Glück, auf gut bayrisch " a Massel ham", denn die Verkäufer sind alles Profis und bieten ihre Kostbarkeiten mittlerweile auch im Internet an. Selbstverständlich wird auch angekauft. Mancher der seine vermeintlichen Schätze auf der Dult zu barem Geld machen wollte, wurde bei einem Verkaufsgespräch auf den Boden der Tatsachen zurückgeführt. Das Fazit: Ein Besuch lohnt eigentlich immer.
    Read more

Join us:

FindPenguins for iOSFindPenguins for Android