Satellite
Show on map
  • Day 65

    Du kommst hier nicht rein.

    February 26 in Colombia ⋅ ☁️ 25 °C

    Unsere Airbnb-Vermieterin nervt, weil am heutigen Vormittag ein Hampelmann des zentralen Energieversorgers in unsere Wohnung will. Klar, ich buche mich hier ein, um dann während eines mehrstündigen Zeitslots den Tür-Kasper zu spielen und das Loft nicht zu verlassen. Kurzer Schlagabtauch per Airbnb-Plattform und der Zugang wird "nicht authorisiert", wir sind ja hier nicht bei der Heilsarmee.

    Immerhin kann ich wieder laufen. So einigermaßen zumindest, den Rest regelt die Kniebandage, durch die das Drama etwas an Stabilität gewinnt. Das Alter fordert seinen Tribut, dabei bin ich tief im Innersten keine 30. Ab in die Stadt.

    Zum Frühstück geht es wieder in den Nobelhobel hier in der Nachbarschaft. Speis und Trank ist hier Bombe, gleichzeitig treffen sich das reiche Kolumbien und stinkend reiche Touris hier auf ein Stelldichein, zwei Straßen weiter ist der innerstädtische Golfplatz. Da ich mein Handicap nicht bei einer gemütlichen Runde mit Kalle, Uli oder Oli verbessern will, reicht es aber nur für ein paar pochierte Eier - ich gehöre halt doch "nur" in die gutbürgerliche Kaste der Mittelschicht.

    Danach ubern wir nochmal zum biologischen Garten, diesmal mit Fotoapparat, denn die vorhandene Flora und Fauna ist den Aufwand wert. Blöd nur, dass wir am geschlossenen Eingang nur auf eine Truppe Rentnerinnen beim Frühsport treffen - Montag ist nämlich Ruhetag und man kehrt den Dreck des besucherstarken Sonntags zusammen. Steht freilich dick und fett bei Google, müsste man natürlich auch mal lesen.

    Also sofort wieder ab ins nächste Cafe, die Zeit bis zur gebuchten Comuna13-Tour muss überbrückt werden und so viel Relaxareas hat die Innenstadt dann nicht wirklich zu bieten. Fortan bewundern wir ganzkörpertätowierte Bodybuilder beim Schaulaufen, hier in der Nähe scheint ein ganzes Nest dieser Typen zu sein. Ab und an blitzt auch ein weibliches Dekolleté mit formvollendeter Plastikkunst im die Ecke, zumindest war für reiflich Abwechslung gesorgt.

    Um 2pm wandern wir zur Gruppentherapie. Mit uns werden insgesamt 13 Hanseln vom zugewiesenen Guide in die ehemals gefährlichste Neighbourhood gebracht... und es ist scheiße. Tatsächlich benötige ich keinen Erziehungsberechtigten, der mich in die Geheimnisse des öffentlichen Verkehrsnetzes in Medellin einführt und fair, sicher und gelassen durch die Straßen führt. Fehlt nur noch die obligatorische Zweiergruppe im Gänsemarsch. Auch die Comuna13 ist eine Enttäuschung, nix mit Guerilla, Clan, Drogen, Escobar, Waffen und Gewalt, sondern ein touristisch komplett erschlossenes Souvenir-Viertel ohne Glanz und Gloria. Spätestens als wir dann zur miesen Breakdance-Nummer der Comuna13-Jugend gebracht werden, hat der Spaß ein Loch.

    Am Abend bleiben gute Graffitis, überwiegend Enttäuschung und passend zum Tag der erste Regen Kolumbiens während unseres gesamten Aufenthalts. Was lobe ich mir dagegen die Favelas von Rio und da schien sogar die Sonne.

    Adiós Medellin, war schön bei Dir. Am Ende kannst Du ja nochmal arbeiten.
    Read more