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  • Day 118–120

    Tangier - Fes: Busschmuh in die Medina

    February 29 in Morocco ⋅ ☀️ 17 °C

    Heute Morgen geht es direkt wieder zum Busbahnhof. Das Rad passt entspannt rein und dann beginnt die 6-stündige Fahrt nach Fes. Interessanterweise an der Küste entlang, wo wirklich alles grün ist. Auch wenn ich nur nicht radel, ist die Busfahrt quer durchs Land eigentlich ganz cool, so sehe ich schon einiges und bekomme auch einen Eindruck von den Straßenverhältnissen beim Radfahren.

    Neben den vorgesehenen Haltestellen gibt es nur eine längere Pause an einer Art Raststätte. Der Bus hält mit der Windschutzscheibe 5 cm vor ein paar herabhängenden Schafhälften. Dahinter das Restaurant oder der Imbiss, wo diese gegrillt und Tajine zubereiter wird, ein kurioses Bild.
    Die Busfahrt verbringe ich vorwiegend damit, aus dem Fenster zu schauen. Es ist interessant zu beobachten, wie sich die Landschaft verändert. Und es ist verrückt, wie viele Menschen draußen auf den Straßen unterwegs sind. Manche zu Fuß, manche mit Eseln, manche mit Fahrräder, andere im Auto oder auf der Ladefläche, Hirten mit Schafen und Leute die Felder bestellen. Auf jeden Fall wimmelt es nur so von Menschen.

    Beim Aussteigen aus dem Bus treffe ich noch Julian aus der Schweiz, mit dem ich mich noch zum Abendessen und schlendern durch die Medina von Fes verabrede. Erst aber muss ich ins Airbnb, welches in der Nähe der Medina liegt, einchecken. Mit dem Fahrrad bin ich schnell da, in den kleinen Gassen ist die Orientierung jedoch gar nicht so einfach. Diesmal möchte ein Mann mir wirklich helfen und bringt mich zum Eingang des Airbnb - gar nicht so einfach zu unterscheiden, wer freundlich Hilfe anbietet und wer einfach nur Geld verdienen oder etwas verkaufen will.

    Später treffe ich mich mit Julian. Wir schlendern durch die Medina und essen in einem Restaurant eine leckere Tajine - nachdem uns der Koch mit einem günstigen Angebot gelockt hat. Beim Essen werden die Restaurantbesucher noch von zwei Musikern überrascht. Da auch die Marokkaner selbst ordentlich mitklatschen und singen, fühlt es sich nicht nach irgendeinem Touri-Abklatsch an. Ein schöner erster Abend.

    Den nächsten Morgen beginne ich mir einer Freewalkingtour durch die Medina. Hier werden natürlich die 'wichtigsten' Sights abgeklappert und es gibt ein paar interessante Infos. Zum Beispiel, dass es in Fes drei Medinas gibt (eine alte aus dem 9. Jahrhundert, eine aus dem 13. Jahrhundert und eine aus der französischen Zeit) oder dass man sich in den schmalen Gassen zurecht finden kann, wenn man auf die Formen der Straßenschilder achtet: Sechseckig bedeutet Sackgasse, viereckig und quadratisch bedeutet Durchgang. Ansonsten gibt es eine Berber Apotheke, die (älteste) Universität, eine der für Fes berühmten Gerbereien und noch mehr zu sehen. Der Freewalkingtourguide ist allerdings mittelmäßig ambitioniert, telefoniert immer wieder und spult ansonsten sein Programm herunter. So ganz lässt sich auch nicht sagen, wie viel Wahrheitsgehalt seine Erzählungen oder Antworten auf Fragen haben und wie er mit den Besitzern der Shops, die wir besuchen unter einer Decke steckt - die wollen nämlich eher etwas (zu teilweise utopischen Preisen) verkaufen, statt über ihre Arbeit zu berichten - ist ja auch verständlich.

    Am Nachmittag kommen dann Christoph und David an. Wir schlendern nochmals durch die Altstadt und gönnen uns dann eine riesige Portion Couscous in unserer Unterkunft - yummy.

    Ansonsten kommen mir noch ein paar gemischte Gedanken bei den vielen Eindrücken in den Kopf: Ist es gut als Touri hier die Arbeitsbedingungen z. B. in der Gerberei zu unterstützten, den Müll, der im Fluss landet und was ist mit der Hygiene bei Essen vom Markt? Katzen stöbern im Müll und springen eben auch mal auf die Gemüsestände, die Säcke mit Oliven sehen so aus, als würden sie nachts draußen auf dem Boden gelagert - nur eine Plastikschicht trennt sie von den Steinen über die morgens das Spülwasser und Müllreste schwimmen. Wem kann man 'trauen' und wer will einem nur etwas andrehen? Ich wurde noch nie so oft gefragt, ob ich nicht Cannabis kaufen möchte wie hier. Oder überhaupt, ob ich nicht irgendetwas kaufen möchte. Man fällt eben auf als Touri.
    Was sind normale Preise und wo wird man über den Tisch gezogen? Wo verhandelt man, wie stark und wo nicht? Vielleicht werde ich das ja in den nächsten Wochen herausfinden.
    Wie passen die schmucken Moscheen, Innenhöfe in der Altstadt und die Touristen zu den teils wirklich arm aussehenden Menschen, streunenden Katzen und Müllbergen zusammen?
    Ich bin nicht überrascht über diese Dinge, ich habe sie erwartet, aber sie zu sehen macht nachdenklich.
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