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  • Day 181

    Drogenschmugglerin & Einbrecherin

    July 31, 2019 in New Zealand ⋅ 🌧 7 °C

    So, wir dürfen jetzt alle eine Runde „Finde den Drogenschmuggler!“ spielen. Ich geb euch mal Indizien, nach denen ihr Ausschau halten solltet. Gelernt hab ich das von den Besten - den australischen und neuseeländischen Grenzbeamten. Die wissen nämlich ganz genau, welche Personen höchst verdächtig und potenziell gefährlich sind. Also Achtung: weiblich, allein reisend, in den 30ern, blond, mittelgroß, und ein bißchen sonnenverbrandt (Drogenschmuggler halten sich scheinbar viel im Freien auf. Ist ja klar, wird ja auch auf der Straße vertickt das Zeug. Da kann man, wenn man sich nicht oft genug einschmiert, schonmal nen Sonnenbrand kriegen.)

    Und, ist euch schon jemand eingefallen, der auf diese Beschreibung passt? Ich mach es mal nicht so spannend, ich war‘s! Tadaaa!

    Ja, die neuseeländischen Beamten sahen ebenso wie die australischen in mir eine Bedrohung für ihr Land. Und das fing sogar schon auf australischem Boden an, bevor ich überhaupt einen Fuß in ihr heiliges Land gesetzt hatte. Man ließ mich nämlich ohne gültiges Rückflugticket gar nicht erst einchecken für meinen Flug. Mach ich ab jetzt mit Besuchern auch so. Bei der Einladung direkt schonmal klarstellen, für welchen Zeitraum die Einladung gilt und wann der Gast meine vier Wände dann aber bitte auch wieder zu verlassen hat. Vielleicht mach ich an der Haustür sogar noch so nen schnelles Drogenscreaning mit diesen Papierstreifen. Oder halte Becher für die Urinprobe bereit. Aber dann würd ich mir ja meine Einnahmequelle versauen... aber genug jetzt davon.

    Am Jetstar-Schalter diskutierte ich also mit der Dame die verschiedenen Möglichkeiten, ein Alibiticket zu buchen, das ich nach der Einreise wieder stornieren würde. Auf die Schnelle fanden wir aber keine gute Lösung, ohne die nicht doch irgendwo Geld verpulvert werden würde. Ich hatte ja nur noch eine halbe Stunde Zeit, bis der Checkin schloss. Ich beschloss, Nägel mit Köpfen zu machen und mir ein echtes Ticket zu buchen. Mit diesem echten Ticket werde ich also am 14. August in Auckland los fliegen und einen Tag später in Frankfurt landen! Ich bin selber noch ein wenig ungläubig bei dem Gedanken, dass diese Reise dann für‘s Erste beendet sein wird. Aber zurück zu meiner Einreise.

    Ich durfte mit dem Rückflugticket im Posteingang einchecken. Ich durfte auch in Christchurch den Flieger wieder verlassen. Was ich nicht durfte, war unbehelligt meinen Koffer einsammeln und meiner Wege gehen. Das erste Mal abgefangen wurde ich nach der Passkontrolle. Die erste Frage, egal von wem, ist IMMER, ob ich allein reise. Ja, sage ich dann, ich hätte einen sehr modernen Vater, der mir ab und an erlaube ein paar Tage ohne meine fünf Brüder zu verbringen. Diese Gelegenheit würde ich nutzen, um meine Burka abzulegen und nackt für die Emanzipation der Frau zu protestieren. Blöde Frage, blöde Antwort. Brachte mir eine rot eingekreiste „1“ auf meiner Einreisekarte.

    Am zweiten Kontrollpunkt wollte man von mir wissen, ob ich Medikamente für Tiere dabei hätte, welche Kleidungsstücke zu meiner Reitausrüstung gehören, wann und wo ich die das letzte Mal benutzt hatte. Und von hier verwies man mich weiter an einen jungen Grenzbeamten, dem ich hinter die Sichtschutzwände folgen sollte. Dritte Kontrolle. Spätestens jetzt war ich echt genervt und angefressen, dass sie jedes Mal so ein Theater mit mir veranstalten. Und immer dieselben Fragen! Was ich hier wolle, wie lange ich bleibe, wann ich wieder fliege, wo ich denn meinen Camper abholen, wohin ich fahren will. Und da ich diese Frage jedes Mal wahrheitsgemäß mit „ich weiß es noch nicht“ beantwortete, stieg die potenziell von mir ausgehene Gefahr. Wann ich mein Ticket gebucht hätte und wieso erst so kurzfristig. Woher ich das Geld hätte. Was ich beruflich mache. Ob ich wieder zu meiner Arbeit zurückkehre (hier habe ich sie tatsächlich angelogen und ja gesagt. Erschien mir die bessere Wahl). Dann sollte ich ihm allen Ernstes noch beschreiben was ich in Australien so alles gemacht hätte. Nicht WO ich war, sondern WIE ich meine Zeit verbracht habe.

    Dem jungen Mann entging mein patziger Ton nicht. Ob ich wisse, warum wir uns hier „unterhalten“ würden. Nee, sagte ich, ich wüsste es ehrlich gesagt nicht und ich würde es auch nicht verstehen, warum immer ich rausgepickt werde. Er laberte dann irgendwelche Standardphrasen von wegen er würde hier seinen Job machen und für die Sicherheit sorgen. Dann ging er weg und musste sich ausgiebig mit seinem Vorgesetzten beraten. Ich fand das Ganze mehr und mehr lächerlich und außerdem wurde ich ungeduldig. Ich rief dann zu ihnen rüber, ob sie mir wenigstens erklären könnten, was an mir so verdächtig sei. Und jetzt dürft ihr wieder raten. Fällt euch was ein?

    Die Antwort ist so dämlich wie die Aktion selber. Ich bin verdächtig, weil ich meine Flüge so kurzfristg buche. Auf meine Frage nach dem Warum das verdächtig sei, bekam ich dann endlich eine Erklärung. Das machen nämlich sonst nur Drogendealer so. Die scheinen eher so von der spontanen Sorte zu sein. Klar, welcher ordentliche Deutsche tut sowas - spontan Flüge buchen! Da muss ja was faul sein dran, das stinkt doch bis zum Himmel! Als Drogendealer dagegen macht das durchaus Sinn, seine Flüge spontan zu buchen. Hat man sich die Päckchen erstmal auf dem ein oder anderen Wege einverleibt, bleibt schließlich nicht mehr viel Zeit, bis das Zeug wieder raus drängt. Wie dem auch sei, ich fragte den Beamten, ob ich mich durch meine Nachfragen als Nichtwissende qualifiziert hätte und er mir nun glaube, keine Dealerin zu sein. Zähneknirschend bejahte er. Aber trotzdem könne er mich noch nicht gehen lassen, denn jetzt müsse noch jemand kommen und meine Reitsachen inspizieren. Ich war kurz davor, meine Brüder auf ihn zu hetzen... Flugs erschien eine alte Asiatin, faltete meine Reitsachen auseinander und befahl mir, meine Reitboots auszuziehen. Sie müsse sie mitnehmen zum desinfezieren. Stand ich also in meinen Socken da rum. Wenigstens meine Schuhe hatten nun eine nachweislich weiße Weste.

    Mit meiner Entlassung aus dem Kreuzverhör waren aber noch nicht alle Hürden überwunden. Aufgrund meiner nächtlichen Anreise hatte man mir in meinem Hostel einen Schlüssel hinterlegt, mit dem ich aufs Gelände und in mein Zimmer kommen sollte. Den Schlüssel zu finden war kein Problem. Aber irgendwie bekam ich das Tor zum Hof nicht auf. Ich konnte den Schlüssel drehen und wenden, an der Tür ziehen und drücken, mich dagegen schmeißen - ging nicht auf. Da ich keine Lust verspürte, die Nacht auf der Straße zu verbringen, überlegte ich mir Folgendes: ich packte meine nötigsten Sachen wie Kulturbeutel und Pyjama in eine Tasche, schmiss diese über das schmiedeeiserne Tor und machte mich daran, möglichst leise und unauffällig das Tor empor zu klettern. Erst als ich im Hof stand warf ich erneut einen Blick auf den Schlüsselbund und stellte fest, dass ich einen kleinen Transponder dran hatte, mit dem ich das Tor mühelos hätte öffnen können!

    Nun, zumindest habe ich somit bewiesen, dass ich nicht nur als Drogenschmugglerin, sondern auch als Einbrecherin tauge. Was meint, ihr, welchen Karriereweg sollte ich einschlagen? Ich nehme gern Kommentare entgegen.
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