Satellite
Show on map
  • Day 3

    Heiße Weihnachten Teil 2

    December 24, 2022 in Guatemala ⋅ ⛅ 16 °C

    Li: "Mit müden Beinen und neuer Motivation machten wir uns auf zu El Fuego. Es ging erstmal ein ganzes Stück bergab ins Tal hinein. Der Weg war auch hier wunderschön und etwas abenteuerlicher als der Letzte. Es ging wieder über sandige und felsige Wegabschnitte, die ein bedachtes setzen der Schritte erforderten.
    Der tiefste Teil der Strecke markierte auch die Hälfte des Weges bis zum Vulkan. Es begann nun schon zu dämmern, aber durch die Wolkenwand war wenig aus dem Himmel zu lesen. Dann ging es steil den Vulkan hinauf. Alle wollten nun nur noch die Spitze erreichen.
    Und dann begannen die Wolken für wenige Augenblicke aufzubrechen und zeigten hier und da eine Aussicht auf nebelbehangene Hügel und einen orange-rosa Horizont.
    Endspurt- der Gipfel lag vor einer von der Sonne beschienen Nebelwand vor uns. Und ehe wir uns versahen, waren wir oben. Noch während ich mit dem reißenden Wind und den Sandwolken kämpfte, hörte ich vor mir gejubel. Ich blickte auf und sah direkt auf eine riesige schwarze Rauchwolke, die langsam in den Himmel rollte. El Fuego. Er begann in diesem Moment zu erupieren, vor einem Himmel, der die Wolken Rot und Gelb erstrahlen ließ. Es war unwirklich. Ein Szenario wie aus einer anderen Welt. Immer höher zog die schwarze Säule aus Rauch, setzte einen dunklen Kontrast vor dem hellblauen Himmel. Die Sonne zwischen dem Schwarz des Rauches und dem Weiß der Wolken inmitten einem rosa-orange-gelben leuchten. Langsam schob sich der Rauch vor die Sonne und begann sich mit den klaren weißen Wolken zu vermischen. So verdunkelte es sich in rasanter Geschwindigkeit und nur wenige Minuten später standen wir beinahe in Dunkelheit auf dem Hügel vor El Fuego. Da es nun auch schlagartig eisig kalt wurde, statteten wir uns mit allem aus, was wir dabei hatten - eine zweite Jacke, Schal, Mütze, Handschuhe und Kopflampe.
    Irgendwie war es auch eine Erleichterung, wieder vom Hügel abzusteigen. Der Wind hatte oben eine schon etwas beängstigende Kraft entwickelt und mich einmal sogar von den Füßen gerissen, was schnell gefährlich werden kann, wenn man bedenkt, dass die Kuppe nicht sehr breit war und man vom steinigen Abhang gerne etwas Abstand hält.
    Weiter unten fiel es wieder leichter, die Augen aufzulassen, weil nicht ständig Sand durch die Luft getragen wurde. Dafür halfen die Augen wegen der Dunkelheit nun deutlich weniger, unsere Kopflampen waren ein wahrer Segen. Schließlich brauchte man eine Hand für den Wanderstock, der auf dieser Wanderung wirklich unverzichtbar war. Ob beim rutschigen Abstieg auf sandigem Boden oder als Enlastung für den Rücken und Unterstützung der Beine beim stufigen Aufstieg.
    Unten angekommen schenkten uns unsere Guides jedem einen Schnaps ein - so wird hier also Weihnachten und eine erfolgreiche Vulkanbesteigung gefeiert. Dazu gab's Marshmellows für alle - warum auch nicht.
    Dann gingen wir weiter, müde von der Anstrengungen und dem Adrenalin. Mir kam langsam die Erinnerungen an den leichten Abstieg aus dem Camp, und die Realisation, dass das nun unser Aufstieg sein würde. Mit welcher Kraft sollte ich es nach all dem da wieder hoch schaffen?! Wir liefen nun seit fast 10 Stunden und es lag noch mehr als eine Stunde steiler Hang vor uns. Aber was bleibt für eine Wahl, wenn man nicht an Ort und Stelle schlafen möchte? Schritt für Schritt. Obwohl jeder Schritt schmerzte. Die Pausen wurden häufiger, wir begannen sie zu fordern. Es geht nicht anders, wenn der Körper versagt. Aber die Kraft kommt schnell wieder, der Gedanke an ein Ende trieb uns weiter. Nur hält die Energie nicht lange an. Zwingt uns wieder zu einer Pause. So kämpften wir uns Berg hinauf, Meter für Meter in Schlangenlinien in vollkommener Dunkelheit, die nur durch den Schein unserer Kopflampen durchbrochen wurde. Cedric und ich bildeten zusammen mit einer deutschen Mitstreiterin, mit der wir uns auf dem Weg angefreundet hatten, das Ende der Gruppe. Hinter uns forderte der Guide uns immer wieder zum weitergehen auf. Wir seien zu langsam. Achso, zufälligerweise machen wir das nicht gerade jeden Tag.
    Umso näher wir dem Ziel kamen, umso müder wurden wir. Ich lief auf Autopilot. Im Überlebensmodus, wie unsere Freundin es ausgedrückt hat.
    Irgendwann kam ich im Camp an, zog mich halb kriechend die letzten Meter hinauf. Cedric warf sich als erstes auf den Rücken, wie eine umgekippte Schildkröte lag er mit dem Wanderrucksack im Sand. Wir brauchten einen Moment, bis wir genug Kraft hatten, uns zu den Bänken ans Lagerfeuer zu setzen und unser Abendessen zu uns zu nehmen.
    Atmen. Tief Atmen. Da die Luft so dünn ist, ist alles noch viel anstrengender. Der Sauerstoffmangel bereitete mir Kopfschmerzen.
    Das Essen und ein Becher heiße Schokolade brachte wieder etwas Leben in meinen Körper zurück. In unserem Zelt im Camp hielten Cedric und ich uns gegenseitig warm. Der Schlaf kam schnell und tief über mich."
    Read more