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  • Day 137

    Memphis

    June 23, 2022 in the United States ⋅ ☀️ 34 °C

    Vom Land between the lakes bis nach Memphis, Tennessee sind es knapp 4 h, die wir mit einem kleinen Umweg zum mittlerweile etwas heruntergekommenen Fort Defiance State Park, wo der Ohio River und der Mississippi ineinander fließen, verbinden.

    Der Mississippi ist ein 3778 Kilometer langer Strom in den Vereinigten Staaten, der dem Lake Itasca im nördlichen Minnesota entspringt und rund 160 Kilometer südlich von New Orleans in den Golf von Mexiko mündet. Auf seinem Weg durchquert der Mississippi nahezu das gesamte Staatsgebiet der USA von Nord nach Süd und fließt durch acht US-Bundesstaaten. Das Mississippidelta bei New Orleans bildet eines der größten Mündungsgebiete weltweit.
    Der Ohio River übertrifft hier, wo er in den Mississippi mündet, diesen sogar an Wasserführung, in jedem Fall sehen beide Flüsse gigantisch aus und der kurze Besuch hat sich deswegen schon gelohnt. Die Dimensionen sind dann doch andere, als wir sie vom Lech und der Spree gewohnt sind 😅.

    In Memphis angekommen, parken wir das Auto kostenlos in einem schickeren Wohnviertel, ca. 15 Minuten zu Fuß von der Innenstadt entfernt und marschieren erstmal los. Allerdings wird uns auch hier schnell klar, dass die Hitzewarnungen auf Google Maps kein Scherz waren 🥵. Aber Memphis gefällt uns auf den ersten Blick schon sehr gut, besser sogar als Nashville, weil hier einfach alles etwas gediegener und kleiner ist, weniger Touristen und schon etwas abgerockt. Nach einem ersten Besuch in der berühmten Beale Street, die als Heimat des Blues gilt, müssen wir uns erstmal in einer Bar etwas abkühlen, man bekommt draußen kaum Luft und der Schweiß läuft in Strömen.

    Memphis ist die Heimat von Gründern und Pionieren verschiedener amerikanischer Musikgenres, darunter Memphis-Soul, Memphis-Blues, Gospel, Rock n' Roll, Rockabilly, Memphis-Rap, und mehr. Auch hier sind große Namen Programm. So haben zum Beispiel Aretha Franklin, Johnny Cash, „The King“ Elvis Presley und so viele andere hier ihre Karriere gestartet.
    Und die Beale Street, in der wir nun sitzen, ist ein nationales historisches Wahrzeichen und zeigt den Einfluss, den Memphis auf den amerikanischen Blues hatte, insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg, als E-Gitarren Vorrang vor dem ursprünglichen akustischen Sound aus dem Mississippi-Delta hatten. Zudem wurde sie nach der Bourbon Street in New Orleans (hierzu ein anderes mal 🤯) zum zweitbeliebtesten Unterhaltungsviertel Amerikas gewählt.
    Wir treffen hier eine Biker Gang aus Ohio, die eine kleine Tour durch Amerika macht und offensichtlich das Leben genießen. Die Jungs sind großartig und wir verbringen eine ganze Weile mit Ihnen, quatschen und lachen, während im Hintergrund natürlich eine Live Band spielt, den Song „Walking in Memphis“ wollen sie aber aus uns nicht erklärbaren Gründen nicht zum Besten geben 🤨. Memphis wird immerhin in mehr Liedern erwähnt als jede andere Stadt der Welt.

    Währenddessen klettern die Temperaturen stündlich über den jeweils alten Rekord bis auf 42,5 Grad Celsius, und wir wissen nicht, wie wir so auch nur eine Minute im Auto überleben wollen. Und so huschen wir von Lokal zu Lokal und sind froh, als die Sonne untergeht, auch wenn es leider dadurch nicht wirklich kühler wird. Da die Bürgersteige auch hier um 3 Uhr nachts hochgeklappt werden, können wir auch nicht länger in den kalten Bars rumhängen und gehen zum Auto zurück. Aber wie wir bereits befürchtet haben, können wir die Nacht keine Minute schlafen und sitzen wie Strassenkinder auf dem Gehweg vor unserem Auto rum, drinnen kann man es einfach nicht aushalten. Irgendwann müssen wir der Realität ins Auge blicken und entscheiden uns schweren Herzens ein Hotel anzusteuern. Wie überall in den USA, sind die Preise „nach“ Corona explodiert, aber die Aussicht auf gar keinen Schlaf und ab spätestens 9 Uhr morgens wieder volle Hitze, lässt uns die Entscheidung dann trotzdem schnell treffen. Wir packen ein paar frische Sachen zusammen und machen uns auf den Weg, klappern drei Hotels ab, bis wir im Hilton mit einem bezahlten Early check-in schon am Morgen ein Zimmer bekommen. Es ist unvorstellbar, wie man sich über eine Dusche und ein großes Bett in einem klimatisierten Zimmer freuen kann. Durch den frühen Check-in können wir sofort die verlorene Nacht an Schlaf nachholen und sind so froh, dann noch den halben Tag und eine Nacht hier sein zu dürfen.

    Nach diesem Luxus, können wir am nächsten Morgen frisch und ausgeschlafen ganz früh noch zum National Civil Rights Museum laufen und zumindest den geschichtsträchtigen Standort besuchen. Es befindet sich neben dem Lorraine Motel, in dem
    Dr. Martin Luther King, Jr. der wohl berühmteste Gast war. Ursprünglich war er Pastor, bis er in den 50er und 60er Jahren zu einem der bekanntesten Sprecher der Bürgerrechtsbewegung wurde und sich für das Ende der Rassentrennung aussprach und durch seine eindringlichen und ergreifenden Reden weltberühmt wurde. Am bekanntesten ist dabei wohl seine Rede mit dem Titel „I have a dream“, die er 1963 bei dem Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit hielt. Ein Jahr später wurde ihm für sein Engagement für soziale Gerechtigkeit der Friedensnobelpreis verliehen. Im gleichen Jahr wurde die sogenannte Racial Segregation in den Vereinigten Staaten offiziell abgeschafft.
    Er übernachtete mehrmals in dem Motel, als er die Stadt besuchte, zuletzt im Frühjahr 1968, als er nach Memphis kam, um den sog. Poor People March zu unterstützen. Am 4. April 1968 verließ er Zimmer 306 und unterhielt sich mit Freunden auf dem Parkplatz darunter. Er bat den Saxophonisten Ben Branch, an diesem Abend bei der Kundgebung „Take My Hand, Precious Lord“ zu spielen. Als King sich umdrehte, um zurück in sein Zimmer zu gehen, traf ihn eine Kugel in den Hals, woran er sofort starb.
    Das Motel wurde zwar zunächst weiter geführt, aber das Zimmer 306 wurde nie wieder vermietet. Stattdessen wurde es zu einem Denkmal und der Raum so erhalten, um genau festzuhalten, wie er in dieser tragischen Nacht aussah.
    Zwei große Autos – ein weißer Dodge Royal von 1959 mit limonengrünen Lamellen und ein weißer Cadillac von 1968 – parken vor dem Motel. Ein großer weißer Kranz hängt auf dem Balkon vor Zimmer 306, um an die Stelle zu erinnern, an der King zum Zeitpunkt des Attentats stand.
    Für die Tat wurde James Earl Ray, ein ehemaliger Soldat, angeklagt und verurteilt, der zum Zeitpunkt des Anschlags ein Gästehaus gegenüber des Hotels von King bewohnte und aus dem Badezimmerfenster den Schuss abgefeuert haben soll. Die Beamten fanden das Gewehr sowie ein Fernglas mit Fingerabdrücken von Ray.
    Um der Todesstrafe zu entgehen, legte Ray auf Geheiß seiner Anwälte ein volles Geständnis ab, dass er jedoch bereits kurze Zeit später wiederrief. In dem Gerichtsverfahren wurde er wegen Mordes zu 99 Jahren Haft verurteilt.
    Es halten sich jedoch auch noch zahlreiche Verschwörungstheorien, die die Mafia, das FBI oder auch das Militär verantwortlich für den Mord machen. Beweise gibt es dafür bislang nicht. Ray ist mittlerweile verstorben.

    Nach diesem kurzen Besuch, der so viel Geschichte in sich trägt, geht es noch kurz zum Sun Studio. Elvis Presley und Johnny Cash machten dort ihre ersten Aufnahmen und wurden daraufhin entdeckt und später weltberühmt. Das Studio ist für Führungen geöffnet, aber auch hierfür sind wir zu früh dran. Von außen sieht es wunderbar unspektakulär aus, klein und in die Jahre gekommen, so dass man sich die Geschichte aber um so besser vorstellen kann.

    Unser letzter Stopp ist Graceland, die Heimat von Elvis Presley, dem am zweithäufigsten besuchten Privathaus in den Vereinigten Staaten neben dem Weißen Haus in Washington. Wie erwartet, ist die ganze Gegend mittlerweile ein riesiger Tourismus-Tempel, man zahlt für den Parkplatz, wird mit einem Shuttle Bus zum Haus gefahren und hat leider keine andere Möglichkeit, das Anwesen zu besichtigen. Zwar ist hier mittlerweile alles geöffnet, auf diesen jetzt schon vollen und überteuerten Trubel haben wir aber keine Lust und schießen daher nur ein paar Bilder von der Mauer aus.

    Und damit verlassen wir Memphis, eine wirklich schöne, sehr saubere und einladende Stadt, die dazu viel zu erzählen hat. Das nächste Mal kommen wir dann aber im Winter 😅.
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