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  • Day 383

    Ridealong St John Ambulance

    May 1, 2023 in New Zealand ⋅ ☁️ 20 °C

    Heute war es endlich so weit: mein Praktikumstag beim St John Ambulance Service stand an.🤗
    Um 5:45 ging der Wecker, um 6:20 war ich auf der Wache in Richmond, 6:30 war Dienstbeginn. Ich bin auf dem „Richmond 1“ mitgefahren, zusammen mit Tracey (Paramedic) und Chris (EMT). Nachdem Chris mir alles gezeigt und wir einen kurzen Fahrzeugcheck gemacht haben, konnte ich mir noch kurz das „Rapid Response Vehicle“ anschauen. Das wir von einem Critical Care Paramedic (CCP) besetzt, der eine Weiterbildung vollzogen hat und zusätzliches Material auf dem Fahrzeug mitführt (siehe Foto). Heute ist Barnaby auf dem Fahrzeug. Er darf zum Beispiel RSIs durchführen und hat noch einige andere weiterführende Kompetenzen.
    Dann ging auch schon der Melder: wir sollten die Wache in Stoke besetzen. Tracey hat mir noch schnell eine Warnweste mit der Aufschrift „Observer“ in die Hand gedrückt, und wir haben alle unser Essen eingepackt, da man oft erst am Dienstende wieder auf der Stammwache ist, dann sind wir nach Stoke gefahren.

    Vor uns lag ein 12-Stunden-Dienst. Genau wie bei uns, haben die Kollegen hier eine 48h-Woche, wovon aber auch nur 42,5h bezahlt werden, da die Pausen abgezogen werden und man manchmal weniger als vier Tage pro Woche arbeitet. Genau wie LKW-Fahrer, haben die Kollegen hier eine Ruhepause von 30min nach spätestens 4,5 beziehungsweise 5,5 Stunden. Somit gibt es zwei feste Pausen am Tag, die nur durch Notfälle unterbrochen werden dürfen, und auch nur maximal zwei Notfälle in Folge, danach geht es in eine Zwangspause.
    Laut Schichtsystem hat man zwei Tagdienste, gefolgt von zwei Nachtdiensten und dann vier Tage frei.

    Auch hier wechseln sich die Kollegen nach jedem Patienten ab, sodass die Qualifikation keine große Rolle spielt auf dem RTW.
    Es gibt folgende Qualifikationsstufen: First Responder, Emergency Medical Technician (EMT), Paramedic, Intensive Care Paramedic (ICP, werden schrittweise ersetzt durch CCPs), sowie Critical Care Paramedic (CCP). Zusätzlich gibt es Extended Care Paramedics) ECP, die auf nicht akute Erkrankungen und Verletzungen spezialisiert sind und Patienten hauptsächlich zu Hause behandeln. Sie können beispielsweise Katheter wechseln, Wundversorgung durchführen, etc. [ Hier ein Link zur St John website: https://www.stjohn.org.nz/news--info/health-pra… ]
    Denn auch hier besteht ein sehr großer Mangel an Hausärzten, und die Kollegen haben die Anweisung, Transporte in die Notaufnahme möglichst gering zu halten.
    Eine regionale Besonderheit ist, dass die Region Nelson von circa 50.000 Einwohnern auf 175.000 Einwohner angestiegen ist in den letzten Jahrzehnten, das Krankenhaus (und auch das Straßennetz, wie man täglich merkt,) ist allerdings nicht gewachsen.
    Im Vergleich: Der Notfallsanitäter liegt von der Qualifikation her zwischen dem Paramedic und dem CCP.

    Wir hatten insgesamt sieben Einsätze, alles Patienten über 60 Jahre mit internistischen Erkrankungen, also ähnlich wie bei uns, und nichts allzu aufregendes. Zwischendurch waren wir immer mal auf eine der Wachen. Zum Tasman-Gebiet gehören die Wachen in Nelson, Stoke, Richmond, Motueka und Takaka. Zeitkritisches wird oft auch durch die Hubschrauber abgearbeitet, da die Wege noch länger sind, als bei uns. Zudem kann das KH in Nelson zwar vieles, aber einige Patienten müssen dann doch nach Wellington oder Christchurch verlegt werden.

    St John ist eine von zwei Organisationen in Neuseeland, die den Rettungsdienst durchführen. Die andere ist „Wellington Free Ambulance“, die nur rund um Wellington agiert. St John ist somit in ganz Neuseeland aktiv, hat aber wie beispielsweise das DRK auch andere Tätigkeitsfelder.

    Hier mal einige Unterschiede zu unseren SVA: nur CCPs dürfen endotracheal intubieren, die Paramedics dürfen bei STEMI und Schlaganfall eine Thrombolyse durchführen, CCPs dürfen Narkosen und Intubationen durchführen (RSI). St John führt insgesamt keine Immobilisationen mehr durch (weder Stiffneck, noch Vakuummatratze oder Spineboard), für Frakturen werden Traktionsschienen benutzt. Zur Schmerzreduktion werden inhalative Analgetika verwendet. Außerdem wird kein Morphin mehr gegeben, sondern Ketamin oder Fentanyl. Bei Sepsis werden außerdem Antibiotika gegeben.

    Auf dem Rapid Response Vehicle der CCPs gibt es unter anderem folgendes zusätzliches Material, das es nicht auf den RTWs gibt: Beatmungsgerät, Lucas, Perfusoren, Endotrachealtuben, einige Medikamente und MANV-Material. Die CCPs werden ähnlich wie unser REF immer zusätzlich zu einem RTW alarmiert, um die erweiterten Maßnahmen durchzuführen, das RRV ist sozusagen ein Mix aus NEF und REF.
    Außerdem gibt es auch KTWs, die allerdings nur mit einer Person besetzt sind.

    Die RTW sind Mercedes Sprinter, man kann direkt vom Patientenraum in die Fahrerkabine durchgehen. St John benutzt ebenfalls Stryker Powerload und Stryker Tragestühle, außerdem Lifepacks als Defi.
    Jeden Tag werden nur einige Teile der Ausrüstung gecheckt, also nicht alles täglich.
    Jeder bezahlte Mitarbeiter hat jeweils noch eine zusätzliche Aufgabe, Chris macht zum Beispiel kleinere technische Reparature, Tracey kümmert sich um die Dienstkleidung. Und Barnaby entwickelt zusammen mit „Frequent Callern“, also Patienten, die überdurchschnittlich oft die 111 wählen, und ihren Hausärzten, individuelle Konzepte für die Patienten, damit sie die richtige Hilfe bekommen.

    Es gibt vor allem in den abgelegenen Gebieten immer noch Volunteers, die unbezahlt im Rettungsdienst arbeiten, das wird jedoch immer weniger, da das Niveau auch immer weiter steigt.

    Die Ausbildung ist ganz anders geregelt als bei uns. Die meisten fangen als Volunteer an und machen ihren First Responder. Sie können sich dann weiterbilden, müssen dafür aber die Kurse an der Uni selber bezahlen. Die „Paper“ kosten 800-1000 NZ$ pro Stück, und man macht circa 8 Paper im Jahr, wenn man gut dabei ist. (Ich kenne mich nicht wirklich mit diesem ganzen Unisystem aus, wie Undergraduate und Diploma etc, oder wie auch immer diese ganzen Qualifikationsstufen heißen, daher habe ich es nicht zu hundert Prozent verstanden). Die Ausbildung erfolgt also eher stückchenweise und jeder macht es in seinem eigenen Tempo. Es gibt natürlich interne Fortbildungen, die aber nicht zur Qualifikation dienen. Da merkt man mal wieder, wie gut wir es haben mit unserer kostenlosen Bildung in Deutschland.

    Ich habe wahrscheinlich noch einiges vergessen, was ich berichten könnte. Falls ihr Fragen zu irgendetwas bestimmten habt, schreibt mir gerne. Vielleicht kann ich sie beantworten, ansonsten kann ich auch nachfragen.
    Hier gibt es auf jeden Fall auch einen sehr großen Personalmangel, also falls ihr mal woanders arbeiten wollt, habt ihr in Neuseeland gute Chancen.😄
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