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- Jun 25, 2023, 9:20pm
- ⛅ 15 °C
- Altitude: 1,315 m
- NorwaySogn og Fjordane FylkeLærdalNordrestrupen61°2’40” N 8°2’41” E
Hochtourenfeeling
June 25, 2023 in Norway ⋅ ⛅ 15 °C
Für heute habe ich mir den Wecker auf 6:00 Uhr gestellt. Ich möchte wieder früh los, besonders, weil ich heute nicht weiß, was mich erwartet. Das weiß ich zwar nie, aber heute geht es hoch bis auf 1700 m. Die Nacht über schlaf ich aber total schlecht. Ich kann gar nicht genau sagen, warum. Ein Faktor ist aber sicherlich die Helligkeit im Zelt. Um 5:00 Uhr werde ich wach, schau auf die Uhr und stelle erst mal den Wecker aus. Ich bin total gerädert. Und wenn ich die Chance haben möchte, noch mal einzuschlafen, hilft es mir nicht zu wissen, dass schon in 60 Minuten der Wecker klingelt. Mir ist gar nicht mal so warm und so richtig wohl fühle ich mich auch nicht. Aber ich schaffe es, noch einmal einzuschlafen. Als ich das nächste Mal wach werde, ist es 6:15 Uhr. Im Zelt wird es jetzt deutlich wärmer, weil die Sonne schon Vollgas auf das Zelt strahlt. Ich fühle mich immer noch gerädert, entscheide mich aber aufzustehen. Es gibt Kaffee und Knusper Müsli mit heißem Wasser, was gar nicht mal so schlecht schmeckt, wahrscheinlich wegen des Zimts und einer ganzen Menge Zucker.
Um Punkt 8:00 Uhr mache ich mich auf den Weg. Da ich gestern etwas querfeldein den Berg hoch gelaufen bin, gehe ich nicht wieder runter zum Weg, sondern etwas weiter hoch, wo ich auf den markierten Weg stoße. Zu Beginn des Tages stehen einige Höhenmeter auf dem Plan. Die Schneefelder werden mehr und die Aussicht wird immer beeindruckender. Bei anstehenden steilen Anstiegen versuche ich schon aus der Ferne, mir eine Linie durch diesen Anstieg zu denken. Die Pfade liegen oft unter steilen Schneefeldern. Dann muss man selbst schauen, was die sicherste Variante ist. Nach den ersten beiden Anstiegen geht es jeweils wieder ein Stück bergab in eine Senke, danach aber jedes Mal höher als zuvor. Einige Seen sind noch teilweise mit Eis und Schnee bedeckt.
Nach 7 km sollte ich eigentlich den höchsten Punkt erreicht haben. Übrigens nicht nur den höchsten Punkt des Tages, sondern auch einer der höchsten Punkte der gesamten Tour. In einigen Tagen geht es noch mal auf die gleiche Höhe, direkt im Nationalpark Jotunheimen. Eigentlich will ich dort meine erste Pause machen, also am höchsten Punkt, nicht im Nationalpark. Aber es geht nur mühsam voran. Mehr als eineinhalb Stunden brauche ich für die ersten 4 km. Mittlerweile sind die Seen hier komplett mit Eis und Schnee bedeckt. Je weiter ich komme, desto mehr laufe ich durch Schnee. Einen Fluss muss ich furten, wo ich erst von einem dicken Schneebrett ins Flussbett steige und auf der anderen Seite wieder auf das Schneebrett herauf klettere. Ich hätte nicht gedacht, dass sich die Kälte des letzten Flusses noch einmal toppen lässt. Das ganze hier hat echtes Hochtourenfeeling. Es ist deutlich mehr Schnee als Fels. Aber in regelmäßigen Abständen stehen die Steinmännchen mit dem roten T, dass ich mit der Orientierung hier keine Probleme habe. Es ist nicht nur das Gelände, was mich langsam vorankommen lässt. Immer wieder muss ich auch stehen bleiben, mich umschauen und Fotos machen. Es ist einfach unfassbar schön, hier oben allein unterwegs zu sein.
Als ich weiter gehe, sehe ich in der Ferne zwei Menschen mit zwei Hunden. Sie kommen mir entgegen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich hier andere Menschen treffe. Aber da sie mir entgegenkommen, kann ich davon ausgehen, dass der Rest meines Weges auch zu schaffen ist. Es sind zwei Frauen mit zwei Huskies. Sie erzählen mir, dass ich die erste Mensch bin, den sie seit acht Tagen treffen. Sie gehen den „Signatur-Massiv-Wanderweg“, welchen ich heute und morgen auch laufe, später aber dann abbiege. Ein Wanderweg, den ich mir für zukünftige Urlaube vormerken werde. Es sind Mutter und Tochter. 17 Tage sind Sie unterwegs, heute ist Tag Nummer acht. Ich erzähle von meinem Plan, zum Nordkap zu laufen. Sie sind sichtbar begeistert und fragen mich, ob sie ein Foto von mir machen dürfen. Selbstverständlich, aber dann möchte ich auch ein Selfie mit uns allen für diesen Blog. Auch die beiden Huskies müssen mit drauf. Wir unterhalten uns noch kurz und dann geht es weiter.
20 Minuten später bin ich auf 1700 m. Es bläst ein frischer Wind hier oben, dennoch entscheide ich mich, hier eine Pause zu machen. Ich bin ganz schön platt. Heute auf mein Pensum von 25 km zu kommen, wird eine echte Herausforderung. Genau genommen möchte ich sogar 27 km machen, da ich es dann morgen in einem Tag nach Tyinkrysset schaffen kann, wo es einen kleinen Supermarkt und sogar einen Intersport gibt. Von hier aus wird es dann weiter nach Jotunheimen gehen.
Ich gehe weiter. Von nun an geht es fast ausschließlich bergab. Die Schneefelder weichen in der Sonne immer weiter auf und das Laufen durch den Schnee wird zunehmend anstrengender. Gegen 13:00 Uhr erreiche ich die DNT-Hütte Bjordalsbu. Mit kleinen Pausen bin ich nun 5 Stunden unterwegs. Geschafft habe ich 10 km. Aber ich bin mir sicher, dass das Gelände von nun an Stück für Stück leichter zu gehen wird, da es tendenziell bergab geht. Ich setze mich auf die kleine hölzerne Terrasse der Hütte. Dann lege ich mich hin. Es dauert nicht lange, und ich schlafe ein, werde aber immer durch mein eigenes Anschnarchen wieder wach. Das ganze passiert mir drei oder vier mal und tut richtig gut.
Um 13:40 Uhr gehe ich weiter. Es sind noch einige Schneefelder, aber es werden zunehmend weniger. Dafür werden die schneefreien Passagen von sehr grobem Geröll bestimmt. Diese Geröllpassagen sind zwar anspruchsvoll, dafür aber sehr kurzweilig, weil ich hoch konzentriert, immer zwei Schritte im Voraus geplant, mir meinen Weg durch das Geröll suche. Alle paar Meter muss ich aber anhalten, um nach Wegweisern Ausschau zu halten. Gehen über Geröll und gleichzeitig umschauen, funktioniert einfach nicht.
Irgendwann wird auch das Geröll weniger und das Tal wird flacher. Die schwierigsten Passagen habe ich für heute wohl hinter mir gelassen. Jetzt laufe ich einen eindeutigen Pfad entlang, der stetig ins Tal führt. Dort unten verläuft eine Straße, die ich nur queren muss, um auf der anderen Seite direkt wieder in den Wanderweg einzusteigen. Fast 25 km habe ich heute geschafft. Ich mache noch eine Pause, um meine letzten Kräfte zu bündeln, um nun noch einmal 300 Höhenmeter nach oben zu bewältigen. Der Tag heute hat richtig Kraft gekostet. Gleichzeitig war es vielleicht sogar eine der schönsten bislang. Die Gegend dort oben war eine ganz eigene Welt und ich bin wirklich glücklich, dass ich mich für diese Route entschieden habe. In den nächsten Tagen dürften mich ähnliche Verhältnisse erwarten. Nach heute bin ich zuversichtlich, dass ich auch gut durch Jotunheimen kommen werde.
Die letzten 2 km und 300 Höhenmeter muss ich mich echt pushen. Aber dann ist es irgendwann geschafft. Ich finde einen schönen Platz mit richtig schöner Aussicht unweit von einem kleinen Bach. Zwei Quadratmeter halbwegs flacher Boden und Wasser in der Nähe. Mehr brauche ich nicht. Beim Zelt aufbauen merke ich erst mal, wie platt ich bin. Jeder Handgriff ist unfassbar anstrengend. Als ich fertig bin und das Zelt eingeräumt habe, geht es noch zum Waschen. Das eiskalte Wasser fährt meinen Kreislauf noch einmal nach oben. Dann mache ich noch Fotos vom Zelt. Er sieht einfach aus wie im Katalog hier. Dann gibt es Abendessen: Spaghetti Bolognese aus dem Beutel.Read more
Traveler OMG wie wunderschön🙏💎❄️