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  • Day 46

    Salar de Uyuni

    December 17, 2016 in Bolivia ⋅ ⛅ 18 °C

    Um zum Zug nach Uyuni zu gelangen, mussten wir ersteinmal mit dem Bus nach Ururo fahren. Noch am Busbahnhof in La Paz lernten wir Ernesto kennen, der zu Besuch bei seiner Familie in Bolivien war. Er hatte grade seinen Master in Deutschland beendet und schloss sich uns für die nächsten Tage an, weil der Freund, mit dem er eigentlich in die Salzwüste fahren wollte, kurzfristig abgesprungen war. In Ururo aßen wir gemeinsam zu Mittag und stiegen dann in den Zug um. Wir hatten Sitze in der ersten Klasse gebucht und freuten uns über die gute Aussicht, während die Wagen gemütlich nach Links und Rechts schaukelten. Schon früh kamen wir an einigen Seen vorbei, in denen Flamingos badeten, die leicht orange gefärbte Federn hatten.

    In Uyuni kümmerten wir uns um die Einkäufe für die Reise und die Auswahl des richtigen Reiseanbieters. Im Vorfeld hatten wir im Internet recherchiert, worauf wir achten sollten. So zum Beispiel ist es wichitg, nach der Personenanzahl zu fragen, die einen auf der Tour begleiten. Wir haben von Fällen gelesen, wo nicht 7, sondern 9 Menschen in den kleinen Geländewagen gequetscht wurden. Auch sollte man nicht im untersten Preissegment anfangen. Bei einem Fall nämlich, mussten die Tourteilnehmer den Wagen zurückfahren, weil der Fahrer zu betrunken dafür gewesen war. Der teuerste Anbieter schied aus, weil er einen Zusatzaufschlag für Bolivianer berechnen wollte, was Ernesto betroffen hätte. Man versuchte das auf meine Nachfrage mit irgendwelchen Steuern zu rechtfertigen, wir hatten aber das Gefühl, dass es einfach nur darum ging, die Touren mit Ausländern zu besetzen. Da alle Touren relativ viel Geld gekostet haben, mussten wir mehrfach abheben. Gleich beim ersten Mal hielt ein Taxi neben uns und eine leicht bekleidete, betrunkene Frau schob sich heraus und drängelte sich vor. Als ich sie darauf hinwies, lallte sie, dass sie nur den Platz für ihren „Esposo“, ihren Mann, freihalte. Der stieg nicht minder betrunken aus und ging mit ihr in die Kabine, um Geld für sie abzuholen. Nach einem Ehering haben wir nun nicht geschaut, wir sind uns aber sicher, dass die beiden ein anderes Verhältnis als das eines Ehepares hatten.

    Am Morgen als unsere Tour begann, lernten wir auch unsere Begleiter kennen: Russlan, ein in New York lebender gebürtiger russicher, nicht-praktizierender Muslime, Sangeet, ein kenianischer Staatsbürger indischer Herkunft, der in London lebt und Katalina, halb Schwedin, halb Chilenin, die grade ihre Schule beendet hat und nun durch Südamerika reist. Mit uns dreien und dem Fahrer waren wir also zu siebt. Wir sollten die nächsten Tage zusammen verbringen und dann, ausgenommen Ernesto, der in Bolivien blieb, auch gemeinsam die Grenze nach Chile überqueren.

    Unser erster Halt war der Eisenbahnfriedhof von Uyuni. Mehrere alte Dampfloks hatten hier ihre letzte Ruhe gefunden und rosteten nun, in Anbetracht des seltenen Regens, sehr langsam vor sich hin. Das spannende hier war, dass viele von ihnen nicht mehr komoplett waren, man also einen kleinen Einblick in ihren Aufbau erhielt. Man sah die Feuerbüchse, in der der Anheizer die Kohle brennen ließ, die Heizrohre, die die Hitze in den Kessel übertrugen und die Übersetzung für den Dampfdruck in mechanische Energie.

    Kurz darauf fuhren wir weiter in Richtung unseres eigentlichen Ziels, der Salzwüste oder genauer der „Salzpfanne“ mit dem schön klingenden Namen „Salar de Uyuni“.
    Die Salat de Uyuni beherbergt mehr als zehn Milliarden Tonnen Salz und umfasst gut 11.000 km². Sie ist somit die größte Salzpfanne der Erde. Sie ist durch das Austrocknen eines gigantischen Salzsees, des Paläosees „Tauca“ entstanden. Durch ihre enorm flache Struktur ist sie für Fotos beliebt, bei denen mit der Perspektive im Raum gespielt wird. Unser Guide war hier sehr erfinderisch und schlug uns immer wieder neue Motive vor. Aktuell geht auch die Ralley Dakar durch die Salzwüste. Ihr ist auch eine gigantische Statue aus Salzgestein gewidmet. Ich empfand die Ralley ja schon in Afrika als ungeheuren Blödsinn, der nicht nur umweltverschmutzend ist, sondern auch mehr als ein Todesopfer gefordert hat. Dabei kamen neben einigen angetretenene Fahrern und Journalisten, unter anderem auch Kinder aus den Dörfern durch die Gefahren wurde, ums Leben. Da man etwa 50.000 Euro benötigt, um starten zu dürfen und sein Fahrzeug (bei dem „wenigen“ Geld, handelt es sich lediglich um ein Motorrad) die ganze Ralley über fahrtauglich zu halten, kann man hier wohl auch nicht von einem Vergnügen für Jedermann, sondern hauptsächlich für idiotische Europäer, Australier und Amerikaner sprechen, die mit ihrem Geld auch etwas sinnvolleres anstellen könnten. In Bolvien und Argentnien scheint die Ralley dennoch beliebt. Sie wurde wegen der Sicherheitslage in Afrika vor einigen Jahren hierher verlegt.

    In der Salzwüste befindet sich auch die Isla Incahuasi („Haus der Inca“), die aus der flachen Ebene des Altiplano hervorragt und über und über mit Kakteen bewachsen ist. Wir vebrachten eine Weile dort, Tranken Kaffee und lernten uns in der Gruppe besser kennen, bevor wir uns noch gemeinsam den Sonnenuntergang in der Salzwüste anschauten.

    Bei der folgenden Autofahrt hatten sowohl Silke als auch Katalina mehrfach das Gefühl, dass uns unser Fahrer umbringen wollte, zumal unser Jeep kaum noch über soetwas wie ein Reifenprofil verfügte. Wir hatten damit also unser Thema für das gemeinsame Abendessen in unserem Hotel, das komplett aus Salz gebaut war, gefunden. Katalina erklärte sich dazu bereit, am nächsten Morgen mit unserem Guide zu reden. Und tatsächlich waren die nächsten beiden Tage fahrerisch deutlich entspannter. Einmal platzte uns ein Reifen, was uns eine gute Stunde Zeit kostete. Ein andermal mussten wir bei der Panne eines anderen Fahrzeugs unterstützen, dem 4 von 6 Radbolzen gebrochen waren. Alles in allem, hatten wir aber einen ungemein freundlichen und zugewandten Guide. Das merkten wir besonders, als Katalina am Folgetag krank wurde.

    Am zweiten Tag fuhren wir mehrere Lagunen an, die außerhalb der Salzwüste lagen. Hier begegneten wir wieder Lamas und Alpacas, aber auch Flamingos und Vizcachas, kleinen hasenartigen Wesen mit langen Schwänzen, die man mit Keksen anlocken konnte. Aus dem Auto konnten wir sogar für einen kurzen Moment einen Andenschakal sehen. Den Abend verbrachten wir dann in einem Hotel, das kurz vor der Grenze zu Chile lag. Russlan hatte, ganz dem Klischee folgend, eine Flasche Schnaps und etwas Cola eingekauft, wir hatten noch eine Flasche Wein dabei. Da wir diese Nacht zu sechst in einem Zimmer schlafen sollten, hatte das Ganze eine gewisse Schullandheimatmosphäre.

    Am nächsten Morgen mussten wir um vier hoch. Dora, die ältere Hauswirtschafterin, mit der Ernesto am Vorabend scherzhaft herumgeflirtet hatte, hatte uns Frühstück gemacht, das wir gerne aßen. Katalina allerdings begann den Tag im übertragenden Sinne genau andersherum.
    Unser Guide, Ephraim, hohlte sofort eine Sauerstoffflasche, weil er davon ausging, dass sie Höhenkrank war – Wir hatten auf 4.300 Metern übernachtet. Ich hingegen hatte das Gefühl, dass es mehr in Richtung einer Infektion oder einer Lebensmittelvergiftung tendierte. Ich hielt mich allerdings zurück, ließ Ephraim machen und erklärte ihr schrittweise meinen Verdacht und gab ihr Medikamente von uns, die sie leider gleich wieder erbrach. Ihr fehlte das typische Symptom der Höhenkrankheit, der Kopfschmerz. Zwar gibt es Fälle, bei deneen die Höhenkrankheit ohne Kopfschmerz auftritt. Diese sind aber in der Literatur anders beschrieben und gehen zumeist auf die Leistungsfähigkeit und Bewusstsein. Bei Katalina stand allerdings der Magen im Fokus. Die Situation war für mich insofern recht spannend, als dass ich überlegen musste, wie ich auf der einen Seite Katalina unterstützten konnte und auf der anderen Seite unserem Guide, der sich ja selbst verantwortlich fühlte nicht auf den Schlips trete. Dabei war die Versorgung von Anfang an etwas diletantisch. Es war eine Sauerstoffmaske angelegt, aber nur ein Fluss von 3l/Minute eingestellt. Ein Anfängerfehler, da der Fluss nicht ausreicht, um die Maske nach jedem Atemzug freizuspülen und somit dafür sorgt, dass der Patient keinen reinen Sauerstoff erhält, sondern seine eigene Ausatemluft rückatmet. Alles in allem lief es aber ganz gut. Katalina ging es die ganze Fahrt über nur mäßig gut, durch die zunehmende Höhe wurde die Situation auch nicht besser, sie hielt sich aber stabil.

    Wir besichtigten dann noch Eilig die Geysire, die heißen Quellen und einen See, bevor Ephraim froh war uns an der chilenischen Grenze übergeben zu können. Ihm hatte die Situation richtig sorgen bereitet.

    Sangeet hingegen war ziemlich ungehalten, dass wir uns so beeilten und konnte nicht so recht verstehen, dass die Gruppe das im Sinne der Kranken so akzeptierte. Das Hauptproblem war ja, dass wir irgendwo ein Bett für Katalina auftreiben mussten und das nunmal erst in Chile ging. Bis dahin lag eine unagenehme Zeit vor ihr. Sangeet aber war etwas beleidigt und wirkte mit seiner über den Kopf gezogenen Kaputze nicht mehr wie Mitte Zwanzig, sondern wie Zwei.

    Leider mussten wir uns an der Grenze von Ernesto verabschieden, von dem wir hoffen, dass er demnächst nach Hamburg ziehen wird. Er wird die Feiertage mit seiner Familie in Bolvien verbringen. Wir hätten ihn allerdings gerne mit nach Chile genommen. Als wir ihm das erzählten, sagte er uns, dass er eh keine aus Prinzip Chilenen möge und dass, hätte es den Salpeterkrieg nicht gegeben, Nordchile immer noch zu Bolvien gehören würde. Wir also zuszuagen noch eine Weile in Bolvien seien. Er revidierte das aber recht schnell, als ihm einfiel, dass auch Katalina zur Hälfte Chilenin war. Wir hatten das Gefühl, dass er sich wohl etwas in sie verguckt hatte…
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