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  • Dag 54

    Versuchter Raub // Weihnachten

    24 december 2023, Indien ⋅ ☀️ 22 °C

    // Versuchter Raub

    Das Buchen des Transportmittels gestaltet sich Mal wieder schwierig. Die Verzweiflung treibt mich in ein willkürliches Hotel am Strassenrand, ich frage nach: was ist der beste Weg, als Ausländer ein Ticket im Voraus zu buchen? Der Herr an der Rezeption ist ratlos aber macht es sich zur persönlichen Aufgabe mir aus der Patsche zu helfen: 15 Minuten später hat er für mich online ein Ticket gekauft. Einfach so, aus Nächstenliebe. Unglaublich.

    Dieser Zaubertrick funktioniert jedes Mal: einen unbeteiligten Passanten um Rat oder Hilfe bitten. Das gibt mir automatisch den Status eines Gastes. Der Gast ist Gott in Indien. Die Freundlichkeit und Aufopferung die mir entgegen gebracht wird ist unvergleichlich.

    Mit dem Nachtzug geht es von Jaisalmer nach Pushkar, eine Strecke von 500 km. "Is it safe?" frage ich in der Unterkunft. Die indische Antwort auf die Frage lautet (grundsätzlich immer) "no! Never go alone!", der Europäer antwortet "yeah. Why not!". Um drei Uhr nachts steige ich also in den Wagon. Die guten Plätze waren ausverkauft, ich reise Mal wieder kalte Holzklasse. Außer mir nur ein weiterer Fahrgast, der laut schnarcht. Meine innere Alarmanlage stellt sich scharf, hier muss ich vorsichtig sein. Ich mache es mir auf der harten Pritsche so bequem wie möglich und döse bei dem rhythmischen Gewackel schnell ein.

    Ein leises Geräusch weckt mich. Ich blinzel durch die Bettdecke mit der ich mich Verhülle: ein Mann ist zugestiegen und nähert sich auf leisen Sohlen aber mit lautem Schnaufen meiner Position. Sucht er nach seinem Sitzplatz, frage ich mich. Naiv wie immer. Erst als er direkt neben mir steht, auf den Rucksack unter meinem Kopf fixiert, wird mir schlagartig klar, dass er mich ausrauben will. Ich schrecke hoch, er auch, und schon ist er weg. Alles passiert blitzschnell.
    Hellwach. Aufgewühlt. Verunsichert. Aggressiv. Von den 10 Stunden Zugfahrt sind noch fast 9 übrig, die ich mit "Was wäre wenn..." verbringe. Wow. Mal wieder Glück im Unglück!

    Ich finde am Morgen, als sich das Abteil langsam füllt, noch ein wenig Schlaf. Doch wieder ein ungewohntes Geräusch das mich weckt: die zwei kleinen Kids im Bett unter mir werden von ihrer Mutter verdroschen. Ich setze mich wütend auf, starre böse, weiß aber nichts zu sagen. Wie kritisiert man als Ausländer vorherrschende Normalität?! Ihre Bewegung friert noch in der Luft ein, keiner sagt etwas, beide Seiten warten die Reaktion des anderen ab. Sie setzt sich, hat auch ohne Erklärung verstanden. Die restliche Fahrt ist friedlich, ich habe mich auf die oberste Pritsche zurückgezogen, ein Auge behält die Zustände unten im Blick. Beim Ausstieg wird mir von ungeduldigen Fahrgästen der Weg versperrt, ich brülle und schupse in einem Ausbruch der Frustration. Völlig untypisch für mich. Meine Energie ist aufgebraucht.

    // Weihnachten

    Ich erreiche Pushkar, checke im Hotel ein und verbringe den Heiligabend alleine, müde und schlecht gelaunt im Zimmer. Nur die Videocalls mit Max und Papa helfen gegen die lähmende Einsamkeit. Ich ärgere mich über meine miese Planung... Wieso an Weihnachten an einen neuen Ort, ohne Kontakte? Musste das echt sein?! Schlechte Entscheidungen.

    🎵 Oh No! - Josiah and the Bonnevilles
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