Gut

September 2023 - May 2024
Täglich den Spuren folgen, die das Herz einem legt Read more
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  • Day 17

    Warten

    October 10, 2023 in Israel ⋅ ⛅ 25 °C

    Der letzte Bericht war geschrieben, der Urlaub oder die Dienstreise abgeschlossen. Inzwischen sind zwei weitere Tage vergangen. Für das Land Israel sicher viel Schlimmere als für mich. Ich suche nach einem Zustand oder eine Vorstellung davon.
    Ich habe Zeit. Die hatte ich sonst auch, doch sie war klar bestimmt: Das und das will ich sehen, meinem Wissen hinzufügen. Eindrücke sammeln. Und dann weiterziehen, am Ende nach Hause fahren, wo alles für eine einwöchige Unterbrechung vorbereitet war. Nun dauert sie fast eine Woche länger.
    Die Ereignisse vom Samstag sind nicht aus dem Kopf. War es gefährlich, als ich beim zweiten Angriff nichtsahnend auf der Terrasse stand? Wir sorglos war Tel Aviv am Freitagabend, ich selber. Wie habe ich noch am Freitag nur ein paar Kilometer entfernt von den grausamen Ereignissen über die Wüste geschaut...
    In den Zeitungen, im Netz gibt es inzwischen andere Bilder, die die weitere Diskussion bestimmen. Wie immer stehe ich da etwas außerhalb, da ich sie kaum nutze.

    Haifa wieder. Kilometerlange Promenade zwischen sieben und acht Uhr. Eine riesige Bauruine, jetzt von der Sonne angestrahlt. Mit ihren betonfundamenten steht sie in den unendlich heranwogenden Wellen. Viele Jogger, Spaziergänger, hier ein Wiesenstück mit Picknickbänken, in weiss und hellem Violett, der Boden weich vom nächtlichen Regen.
    Warten. Ich habe an die Menschen im Exil gedacht. Ihre Blicke über das Meer, ihr Versuch in fremder Sprache an Informationen zu kommen und ihr versuch wegzukommen. Heute ist es das dauernde Eintippen von Daten in Internetportale, um dann doch wieder zu lesen, dass der Flug ausgebucht ist. Wo bin ich? Nicht daheim, bei meiner Arbeit, bei den Kinos, den Menschen dort. Alles, was dort ist, die Zahlen zum Beispiel, Filmtitel, wirken weit weg und völlig unwichtig. Sie gehören dorthin und nicht hierhin.
    Hier ist die hellviolette Verkaufsbude, bei der ich frisch gepressten Orangensaft, einen Espresso und ein Croissant für 10 Euro gekauft habe.
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  • Day 19

    Warten und die Welt, wie sie ist

    October 12, 2023 in Israel ⋅ ☀️ 23 °C

    Es ist fast sieben Uhr früh, ich liege auf einer Couch auf der Terrasse des Bat Galim Hotels in Haifa. Sollte sich wirklich das Ende dieser Reise nähern? Ein Regenschauer geht über der Stadt nieder. Zuerst war es nur eine kleine Wolke am Himmel gewesen, dann plötzlich wich zusammenfallen. Morgenregen, bald verziehen. Die Frühsonne trifft wieder die Häuserdächer und die Vögel zwitschern erneut, wie auch schon um 5 Uhr.
    Die Nacht war lang, ich rief über Skype eine Hotline in Frankfurt an, hörte die Musik, eine Stunde lang, in der ich mich fragte, ob überhaupt noch einer diesen Anruf je beantworten würde. Dann war es eine englisch radebrechende Philippinerin, dienich erreichte. Ihr Pc fumktionierte nicht, wie sie nach mehrmaligen Versuchen erklärte. Es tat ihr leid Willkommen in dieser Welt, dachte ich. Schon lange funktionieren die Dinge nicht mehr so, wie ich sie gelernt habe. Alles wird outgesourced. Natürlich. Wie konnte ich nur denken, dass irgendwo in Deutschland noch tatkräftige Menschen eine Nacht saßen, um anderen einfach und schnell zu helfen, am besten eine alphabetisch geordnete Liste neben sich hätten, einen kurzen Abgleich machten und die Buchungen beeendeten, eingedenk der Tatsache, dass am anderen Ende der leitung ja schon vier oder fünf Tage nach Abtworten suchten. Die junge Dame am anderen Welt bat mich später anzurufen.
    Ich legte auf.. war frustriert. Würde das alles nie enden? Wie sieht eine ungewohnte Verlängerung einer Dienstreise aus?
    Zunächst war es am Samstag die Entscheidung Tel Aviv zu verlassen. Die Straßen waren fast leer, erst auf der Autobahn normaler Verkehr. Ich wollte noch einmal nach Cäsarea. Die Anlagen waren zwar offen, alle Anmehmlichkeiten darauf aber geschlossen. Ruinen um einen ehemaligem Hafen, fast völlig abgetragen. Weite leergeräumte Flächen am Meer, auf denen mal eine Stadt gestanden war, mit Forum oder Tempeln. Gewölbe, waren geblieben, die Häuser auf einer byzantinischen Blütezeit der Stadt stützten und deren Enden in den Hügel hinein unheimlich schwarz verliefen. Fiepende Geräusche daraus. B,ei genauem Nachchsuen kamen sie von Tausenden an den Decken hängenden Fledermäusen. Ein irgendwie gespenstischer Anblick. Aber meine Gedanken fragten sich, wie es weitergehen würde. Also eine automatische Lufthansa Bot kontaktiert. Umbuchung des Fluges. Die Sonne lag wunderbar glitzernd über den Wellen. Ein Amphitheater stieg am Ende der Fläche auf, modern restauriert. Auf der Bühne Aufbauten und Traversen für Konzerte, dazu eine Rückwand für Projektionen. Wären die alten Steinreste am Boden nicht gewesen, hätte es auch ein Gebäude von heute sein können. Die Bot schlug einen Flug in zwei Tagen vor. Schnelle Entscheidung, während Netz und Akku schwanden, ein Anlagenwärter mahntr zur Eile, weil er schließen wollte. Ja gut, noch zwei Tage. Und wo bleiben? Haifa, Domus Bat Galim, aber haben sie noch ein Zimmer. Hatten sie. Genau eines,mehr eine Abstellkammer, aber es war erst einmal gut, der nächste Tag war ein Sonntag, genügend Zeit, um den Montag vorzubereiten, die Arbeit dort, Filme bestellen, Kinos einteilen, Dienstpläne schreiben, Frachten organisieren. Es ging weiter. Mails beantworten, auf ungelöste Fragen zurückkommen.

    Aber der Flug am Dienstag wurde am Montag gestrichen. Rat der Botschaft, sich um andere Flüge bei anderen Fluggesellschaften zu kümmern. Die Preise dort rasch doppelt oder dreifach so hoch wie üblich. Also nicht sofort fliegen. Freitag, mit turkish Airlines, aber sicher, zwar sieben Stunden lang, aber sicher. Erleichterung. Spaziergang am Meer, Aufnehmen des Landes wieder möglich.

    Dann wurde auch dieser Flug gestrichen. Wie weiter? Mit dem Bus über Amman? Ja, aber wie teuer waren da die Flüge? Gab es sie noch? Wie sicher ist das?

    Die deutsche Botschaft schlug endlich Sonderfälle vor. Über die deutschen Medien. 18 Stunden später kam die Hotline Nummer der Lufthansa, wo wir uns melden sollten.

    Und mit der Zeit wurden die Geschrhnisse bewusst. Der Alarm, die Einschlägt. War es knapp gewesen? Ich zu übermütig? Oder doch realistisch die Situation einschätzen?

    Auch in Haifa ertönte die Sirene. Eine Straßenecke. Zur linken ging es zu den unglaublich schön im Abendlicjt illuminierten Gärten hinauf. Sie zogen sich majestätisch über den ganzen Berg zur Oberstadt. Unter ihnen lag das deutsche Viertel, genannt nach den Templern aus dem 19. Jahrhundert.
    Zur rechten über drei Stufen und ein Portiko eine Bar, die als Shelter ausgewiesen war. Wodurch weiß ich auch nixht. Vielleicht durch die schwere Eigentümer. Wie beiläufig fanden sich sechs sieben Leute ein. Die Home command alert App hatte schon angezeigt, dass es nur Drohnen wären. Man verließ die Bar, kurzes Nicken zu dem Soldaten und zu den Besitzern. Alltag in Haifa.

    Um fünf Uhr hatte ich meine Frustration überwunden. Ich betrat die nächste Warteschleife. Nach 20 Minuten meldete sich jemand aus Südafrika, vielleicht gerade aufgewacht, weil sie ja dieselbe Tageszeit haben. Freundlich, hilfsbereit. Den Namen sagen, später die visa-karte, alles kein Problem.
    Freitag, 14.30 Uhr. Ist es nach sechs weiteren Tagen endlich das Ende der Reise?
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  • Day 35

    Wien, Viennale und viele Bilder

    October 28, 2023 in Austria ⋅ ☁️ 12 °C

    Gartenbaukino. Mal wieder, fünf Minuten bis vorstellungsbeginm, sitze auf der Empore und schaue die Besucher des rumänischen films an. Gleich geht es in den 800 Personen fassenden Saal aus den 60er Jahren, vorbei an Garderoben, die schon lange nixht mehr benutzt werden, aber zeigen, wie man damals ins Kino ging. Auf einen Platz den ein Gönner gekauft hat und damit das Programm des Kinos unterstützt, das seit Jahrzehnten zum besten gehört, was Wien hat. Schon zwei Filme gesehen, eingetaucht in diese großartige Welt der Geschichten, erst einer resoluten Frau aus einem georgischen Dorf, 48 Jahre alt, die gegen alle Klischees ihren Weg geht, die anwerfen wegen ihrer Fettleibigkeit und kinder- und männerlosigkeit negiert, heimlich eine Affäre aufbaut und schließlich zur eigenen Überraschung am Ende erfährt, dass sie in ihrem Alter noch schwanger geworden ist. Die Regisseurin von WET SAND hat ein genauso gutes Nachfolgewerk geschaffen.
    Den nächsten Film hätte sich wohl in Deutschland keiner angesehen. FOLLOW THE SOUNDS aus Japan. Alltagsszenen, -Gespräche, -Bilder, aber so nahegehend über die Menschen erzählen, die nixht mehr da sind. Das Fertigen eines Omeletts wird zur Erinnerung wie das backen von Plätzchen, börek oder anderem. Die Menschen, die uns nahe wsren, erstehen vor unserem Auge, kulminierend in der Erkenntnis, dass.man den anderen braucht, nicht alles alleine schafft.
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  • Day 46

    Sonne über thessaloniki

    November 8, 2023 in Greece ⋅ ☁️ 17 °C

    Noch in den Gedanken in den Vorkommnissen in Israel bringt mich der Flieger nach Thessaloniki. Am Flughafen meine ich Volker Schlöndorff zu sehen, der auf dem griechischen Festival nochmals seine BLECHTROMMEL zeigen wird. Ich stelle mir vor, ihn bei der Gepäckaufbewahrung anzusprechen, aber da ist er gar nicht, weil er offensichtlich nur einen Tag auf Kosten des Festivalsponsors Aegean Airlines rasch in die nordgriechische Stadt fliegt.
    Wieder geht bei der Ankunft meine Netzverbindung nicht, was das Auffinden meiner Unterkunft etwas schwierig werden lässt.mit dem Bus vorbei an den weißen, neunstöckigen Mietshäusern, die Balkone rundumlaufend. An einer Stelle ausgestiegen, an der ich dachte, dass das Apartment wäre, nachdem mit Elia die Adresse gesagt hatte. Die Hausnummer war nicht so leicht zu finden, weil der Besitzer eines Kleinmaschinenladens mich erst einmal in die falsche Richtung schickte. Endlich aber die richtige Tür, der richtige Code, der Aufzug und die Umarmung. Elia und Lorin. Selbständig, kraftvoll, gutaussehend, mit vielen Erlebnissen auf dem Balkan. Der Raum für uns drei ist klein, zwei Fenster, ein Bett, eine ausziehbare Schlafcouch, die wie sich später herausstellte, eine holzversteifung direkt in der Mitte hatte, was das Schlafen gelinde gesagt etwas unbequem machte.
    Die Stadt. Wir befanden uns direkt neben dem Szene viertel mit alten einstöckigen Häusern an kopfsteingepflasterten Gassen. Über den unzähligen Lokalen und mehreren Friseuren Balkone, bewachsen mit Ranken. Die Gassen führten zum Meer und der Waterfront auf die ich gerade schaue.
    Auch hier die weißen Häuser, über das kaum bewegte Wasser hinausblickend. Frachter liegen in der Bucht wie in Haifa. Die WerftanlGen wurden ausgebaut, beherbergen Museen, Cafés und das Festival Zentrum. Wie in Rotterdam, wie in Lübeck werden diese Anlagen modern genutzt. Riese große Festivalschrift direkt am Wasser. Am Platz des Aristoteles herrschaftliche Hotels, den Platz gerundet umfassend, mit Dachterrassen, die verlockend den Himmel und die Weitsicht unter den Überdachungen spüren lassen.
    Wir haben Hunger und gwhensehr gut vegetarisch in einer der Gassen essen, entscheiden uns schließlich für den einzigen Film des Abends, für den es noch Karten gibt. METS. Über eine gelangweilte Athenerin, die durch eine andere Frau- Engel? Imagination? - angeregt wird, hinauszögern, das Leben zu ändern, am Ende auf einem Schiff zu sitzen und wieder von einer Frau angesprochen zu werden. Sehr dünn, ein Kurzfilm von zehn Minuten wäre vielleicht noch möglich gewesen.
    Danach noch durch die Warehouses gegangen, über KI gesprochen, was es ändern wird, schließlich ins Bett bei offenem Fenster. Zunächst im Traum dann in Realität stellte ich fest, dass wir direkt über einem Club waren, mit ohrenbetäubendem Lärm auf die offene Straße hinaus um drei Uhr nachts. Die Kinder bemerkten nichts davon. Ich werde wohl alt.
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  • Day 47

    Albetabakery

    November 9, 2023 in Greece ⋅ ☀️ 11 °C

    Es ist früh, der espresso steht vor mir auf dem kleinen Tischchen. Die Sonne fällt noch sehr schräg durch das Fenster der Bäckerei herein. Klares Wetter, blauer Himmel
    , die Frachter sind ganz nahe, die Aufbauten deutlich sichtbar, dahinter das Bergland, das diese Bucht einschließt. Die Nacht war erträglich im Vergleich zur vorhergehenden, auch wenn die Beats der Clubs weiter wummerten. Selbst heute morgen. Ich bin vorbeigegangen, habe keine Lautsprecher draußen gesehen, auch keinen Grund um halb acht Uhr so laute Musik zu machen. Aber da sonst keiner da wohnt, scheint es niemanden zu stören.
    Gestern ein ruhiger Tag zu dritt. Zwei Filme, Gespräche darüber, einer über Trauerbewältigung, einer über die kurze Zeit zwischen Kindheit und Erwachsenwerden, diesesmal in Sarajewo mit einer absehbaren Geschichte. Heute morgen in einem Status einer ehemaligen Mitschülerin gelesen, dass sie wohl in Afrika ist. Ein bisschen hat sie sich ihren Traum damit endlich erfüllt. Ihr Gesicht ist inzwischen so alt wie meines. Aber jene Zeit der Irrungen, falschen Aussagen, Geheimnisse, Ängste haben wir gemeinsam erlebt. Ach ja, von ihr habe ich den ersten Kuss bekommen.
    In der Bäckerei gleich vier fünf Mitarbeiterinnen. Eine hat einen blauen Wedel, mit dem sie die Glasvitrinen voller Süßigkeiten säubert. Erste Gespräche für den Tag am Nebentisch, zwischen zwei Männern, zwischen einem Paar. Sie schweigt die meiste Zeit. Plötzlich wird sie lauter, gestikuliert, als hätte sie länger etwas zurückgehalten.
    Vom der hohen Decke hängen verschieden große korbförmige Lampen herunter, das Sonnenlicht ist von meinem Tischchen verschwunden. Albetabakery.
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  • Day 48

    Albetabakery II

    November 10, 2023 in Greece ⋅ ☁️ 13 °C

    Eine flaumfeder setzte sich von irgendwoher auf meinen Unterarm. Ich ließ sie dort, bis sie in einem unbemerkten Moment wieder verschwand. Ich stellte mich hinter die Angler, die aus dem etwas brackigen Wasser der Bucht von Thessaloniki tatsächlich noch Fische holten, gestern Abend einen weißen kleinen Oktopus. Angler, die mich an Istanbul erinnerten, Galata-Brücke dort, auch die junge Bankangestellte, die von nebenan aus dem Café Kaffee holte, in Istanbul die kleinen çay gläser, die hin und hergetragen werden. Gestern stellten wir fest, dass Istanbul fast auf der gleichen geographischen Breite liegt, für die Jungs eine Selbstverständlichkeit. Ich hatte es bisher weiter im Norden verortet.
    Wie langsam eine stadt vertrauter wird, die erst fremd ist. Die erdte Busfahrt vor drei Tagen und inzwischen kenne ich die straßenführung, find mich in dem in geraden Winkeln angelegten Straßen zurecht. Unten ist immer das Meer. Die laladika ist das einzige Viertel, das einen Brand überstanden hat. Die Häuser sind nur zweistöckig, jetzt voller Restaurants und nightclubs. Gegessen und geredet wird immer. Etwas reicher und von wärmestrahlern am Abend angenehmer gemacht an der langen Promende, etwas studentischer weiter oben in der Nähe der Ausgrabungsstätte aus der Römerzeit oder an der Hagia Sophia, die wir gestern nur in der Nacht sichbin den Himmel wölben sahen. Auf die Römerzeit blickt man hinunter, fünf Meter Geschichte.
    Gestern eine Fahrt übers Land. Scjon bald nach thessaloniki Felder, die ein wenig zu den überraschend bewaldeten Hügeln von Chalkidiki ansteigen. Wir nehmen die Route am Meer entlang. Die Ausblicke, die Häuser, die Straßen erinnern an Kreta oder an Rhodos, in den letzten Jahren zur selben Jahrezeit bereist. Die Sonne glitzert herbstlich schräg über dem Wasser. Eine weissblaue Kirche steht am Wegesrand. Wir lesen eine Geschichte an ihrer Wand, die so nixjt wahr gewesen sein kann, aber sich aber so weiter getragen hat und ausgeschmückt wurde. Ein Innenraum, bei dem man fast den Kopf einziehen muss. Die Wände bemalt, die Motive im Stein verblasst, winzige Kapelle mit 12 Holzstühlen an den Wänden und einem mit roten Vorhängen abgetrennten Altar. Winzig. Draußen eine Katze, vereelkte Blätter über Wellen, Melancholie des Herbstes. Man wartet auf den Regen, wie der junge Mann in einem Retsaurant auf deutsch erzählte. 2005 aus Deutschland zurückgekehrt. Es ist ein angenehmeres Leben hier, sagt er, nicht ganz so leicht. Es sind außer uns keine Gäste da. Der Friseur und der kleine Supermarkt an der Ecke schließen. Fine stagione.
    Die Plätze in der Bäckerei sind gefüllt. Ein Paar am Fenster, neben mir zwei Männer, Handys, leerer Blick, gegenüber zwei Frauen über Papieren, die sie durchschauen. Leben, Gespräche.
    Auf dem Platz hat eine Bundestagsdelegation einen Kranz in Erinnerung an die Judenverfolgungen hingelegt. Zum Glück hat dieses deutsche Weltreich nur drei, vier Jahre gedauert, bis es von außen zerstört wurde. Diese Geschichte begleitet unsere Gespräche zu den Ereignissen gerade in der Welt.
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  • Day 48

    On the waterfront

    November 10, 2023 in Greece ⋅ ☁️ 17 °C

    Zweifellos ein filmtitel. Gleichzeitig Ausblick über den Golf. Immer den Horizont im Blick. 2000 renoviert, in sogenannte Gärten unterteilt. So etwas könnte man in Starnberg machen, aber die Ideen sind hängen geblieben. In einem Ausschnitt heute morgen im filmuseum Bruno Ganz in DIE EWIGKEIT UND EIN TAG an dieser Promenade entlanggehend gesehen. Es gibt sie nicht mehr. Der Film ist von 1998. Auch nicht mehr das Gebiet, an dem 45000 Juden zusammengetragen wurden, um in Auschwitz umgebracht zu werden. Noch immer und immer wieder sind diese Geschehnisse erschreckend und unvorstellbar. Die griechischen Juden waren in den Konzentrationslagern Außenseiter, konten weder jiddisch noch polnisch wie die meisten Ostjuden. Sie standen gegen sinnlose Brutalität und für die Aufrechterhaltung der Würde auch in Extremsituationen. Es ist weiter nötig. Geblieben sind nur ungefähr 1500 Juden in der Stadt. Und ein Mahnmal.
    Ich sitze in einem Café an der Warerfront. Es hat zu regnen begonnen. Das riesige Reiterstandbild von Alexander dem Großen liegt hinter mir, genauso das von Karamanlis, aufrechterhalten schreitend. Im Museum wurde das Schlussbild von ZIMT UND KORIANDER gezeigt, ein nicht ganz überzeugender Film in meiner Erinnerung, aber das Schlussbild am Bahnhof bleibt ikonisch. Dazu die Ausstellung über Takis Kanelloppulos von dem ich nie gehört hatte. Sehnsuchtsvolle Bilder in Schwarz-weiss, in seinem letzten Film vor seinem Tod, 1980 - gestorben ist er 1990 - auch in Farbe. Die Protagonistin bricht vor Liebeskummer auf der Straße zusammen und stirbt. Wahrscheinlich ist der Film heute kaum ertragen. Man tut abgebühter.
    Ein Radfahrer mit orangen tretenden Schuhen. Zwei Schülerinnen auf dem Heimweg. Ein Mann mit leerem Blick, ein Jogger, nein, das ist Erfindung, einfach Einbildung, als gehörte es zum Blick aus dem Fenster aan den kugelförmig Kiefern vorbei über den Holzboden der Promenade zum Meer, den leichten Wellen und schließlich dem hell leuchtenden Horizont mit den Aufbauten der Frachter und westlich zu den Wertanlagen.
    Ich bestelle einen doppelten Espresso
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  • Day 50

    Albetabakery III

    November 12, 2023 in Greece ⋅ ☀️ 11 °C

    Diesesmal vor der Tür der Albetabakery. Gestern habe ich sie fast verpasst, weil ich so in Gedanken war. Lorin hat mich aber wieder auf den rechten Weg gebracht ubd wir haben sehr gut zusammen gefrühstückt. Jetzt schon wieder letzte Stunden in der größtenteils schachbrettaetig angelegten Stadt. Die Sonne strahlt noch tief drehend durch eine dieser dadurch entstehenden Häuserschluchten. Lorin hat den gestrigen Tag erzählt, aus meiner Sicht ist leider nur hinzuzufügen, dass das Alter oder die Untrainiertheit wenig Spaß macht. Beim Abstieg schmerzen die Muskeln und wollten die Knie immer ausbrechen, der Segleranorak ließ keine Luft durch ubd ich schwitzte meinen Pulli durch, gepaart mit einem durchaus überall spürbaren Schweißgestank. Aber der Wind oben auf der höchsten Stelle unserer Tour, die Ausblicke auf die schneebedeckten Gipfel, die Ruhe der Natur haben alles weggefahren. Auf dem Rückweg lag die Ebene bis Thessaloniki im gleissenden Sonnenlicht, darüber dunkler Himmel . Das licht wie ein göttlicher Strahl, kein Wunder in der Nähe von Zeus und all den anderen. Wir unterhielten uns natürlich auch über Bellerophon und davon ausgehend über Namen, Erderstehung, familiengeschichten, dem Interesse an Geschichte, an der Frage, wie es wirklich war, an dem Frieden finden darüber, Vernarben, Weitermachen.

    Ich esse meine Zimtschnecke, die Termine der nächsten Woche und der kommenden Zeit sind bereits präsent. Thessaloniki ist für mich die Promenade. Kilometerlang, immer mit Ausblick zum Horizont, immer mit einem neuen Eindruck des Wetters, von sonnig bis diesig, von Regen zu Wolkenschüben. Dazu die vielen jungen Leute, essen, Plätze aufsuchen, reden, die Mole bevölkern, selbst die Kultur darauf wahrnehmend. In einem Nebenraum - die FANTASMAS Retrospektive des Festivals begleitend - die Bilder von Nikos Kessanlis. Die Beschreibung an der Wand vor dem Ausstellungsraum sagt dass Wichtigste. Hinter den Fakten, den Nachrichten liegt das Unscharfe, die Schemen, die Chimären. Mit Hilfe des fliegenden Pegasus hat Bellerophon die Chimären besiegt. Am Ende zahlte er seinen dieser und anderen Heldentaten folgenden Übermut mit dem Fall aus dem Himmel und mit dem Dasein eines verkrüppelten Blinden.
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  • Day 178

    Grün

    March 19 in Portugal ⋅ ☀️ 17 °C

    Erwachen in Fuseta. Innerhalb grüner wiesen immer wieder vereinzelte Häuser, meist weiß mit flachdächern, Dachterrassenwohnungen. Die Sonne gleisst müde über dem flachen Wasser hinter Flüssen, kleinen Gewässern, Tempeln . Die Stadt über dem Fluss ebenfalls in Weiß. Ein Auto mal, ein paar Bauarbeiter, dann wieder Stille, Vögel, Ruhe. Gedanken beginnen zu fließen.Read more

  • Day 178

    Gleissend

    March 19 in Portugal ⋅ ⛅ 19 °C

    Doix cinquenta. Ich kann es kaum glauben. Für espresso, vanilletörtchen, Wasser. In München mindestens das dreifache. Einziger Wermutstropfen. Meine Pupille ist, wie die Augenärztin sagte, beleidigt. Sie schließt sich kaum bei Sonnenlicht. Also ist alles hell und gleissend, der Blick leider stark beeinträchtigt. Kleine Bar, alter Barkeeper, moderne Musik, blaue Stühle auf kleinpfastrigem weißen Stein. Drei Plätze sind besetzt, auch von alten Einheimischen, ein Motorrad knattert vorbei. Etwas weiter entfernt steht die Markthalle mit den
    Fischauslagen. Vor mir die Salinenlandschaft in der Frühlingssonne. In der Ferne ein weißer Salzberg. Steinhartes Salz. Im Wasser zwischen den Erdwällen Vögel - Lorin würde sich freuen - und dann ein Flamingo. Er stakst in ganzem Stolz über eine Sandbank . Französische Touristenstimmen vermischen sich mit portugiesischen Rufen. Dann wieder Ruhe, Warten auf die Saison. ICh trinke mein Wasser und denke an die Möglichkeiten des Lebens.
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