Surfcamp und Schabernack

August - September 2023
Wavetours Surfcamp Moliets vom 19.08. bis zum 26.08. Dann plötzlich... Bordeaux!🇫🇷 Fortsetzung folgt? Read more
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  • Day 1

    Heiße Kohlen

    August 18, 2023 in Germany ⋅ ☀️ 24 °C

    Sachen sind gepackt. Jetzt sitze ich nur noch mit leicht flauem Magen vor Aufregung oder vielleicht auch Hunger im Bett mit dem letzten saftig deutschen Brot, begleitet von einer Folge Gilmore Girls, welche die Zeit bis zur Stunde 12 verkürzt. Huiuiui.

    Stuff is packed. Now I'm just sitting in bed with a slightly upset or maybe just empty stomache eating my last juicy german bread for a while, watching an episode of Gilmore Girls to pass the time until the clock strikes twelve. Wooowie.
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  • Day 1

    Zeitreise nach Freiburg

    August 18, 2023 in Germany ⋅ ☀️ 34 °C

    Ich bin ein bisschen zu spät gewesen, um zu Fuß zu laufen. Hoffentlich sieht mein Rad bei meiner Ankunft nicht aus wie das auf dem Bild. So hab ich den Zug nach Freiburg, aber mehr als rechtzeitig erwischt.
    Nach ein paar Hinweisen, was man in Freiburg Schönes sehen kann, bei Subway am Bahnhof das mir bisher unbekannte Meatless Chicken Terriyaki eingeschoben und mich mit zwei Jungspunden unterhalten, von welchen der eine an die 1000€ im Monat für Parfüm ausgibt; beide auf dem Weg, um einen gebrauchten M3 zu kaufen.
    Mit frischer Packung Vomex von der Bahnhofsapotheke in den Bus gestiegen, wo ich jetzt mit der Betreuerin einer Jugendreise am gleichen Ort zusammenhocke
    Das Klo bei Macces und die Sandwichfiliale waren auf jeden Fall ganz schön, vielleicht gebe ich das auch mal als Tipp weiter, welcher ignoriert werden kann.

    Kleiner Reisetipp:
    Statt euren Euro dem Automaten der Bahnhofstoilette ins Maul zu schieben, gebt ihn einem*r Obdachlosen und fragt nach dem Weg zum nächsten, kostenlosen Klo. Die kennen alle Winkel der Station.

    I was a bit too behind to go by feet. Hopefully my bike doesn't look like the one on the picture when I return.
    After the advice of two people on the train about pretty places in Freiburg, I shoved in the previously unknown Meatless Chicken Terriyaki at the station's Subway, while talking to two youngsters, of which one told me he's spending 1000€ a month on cologne; both headed to buy a second-hand M3.
    Stepped on the bus with a fresh packet of Vomex provided by the local pharmacy, in which I'm now sitting next to the chaperone of a youth travel company, who is staying at the same camping site.
    Anyways, the McDonalds and the sandwich parlor at the train station are definitely a tip that I will hand down to someone else, so they can ignore it like I did with the advice given to me.

    Tiny traveling advice:
    Instead of sticking your expensive Euro into the toilet machine's gob, give it to a homeless person and ask them for the nearest free of charge loo.
    They know their place round the train station.
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  • Day 2

    Paradies

    August 19, 2023 in France ⋅ ⛅ 22 °C

    Wir steigen schlafmängelnd aus dem Bus und werden zum Sammeln an eine Laterne geschickt. Da treffe ich auch schon Bernie. Ich wusste sie würden hier arbeiten, aber nicht dass man sich schon innerhalb der ersten Minuten sähe. Von diesen werden wir zum Camp gebracht. Zum Paradies.
    Nach einer Ansprache lege ich mich einer der vielen Hängematten im Camp und entscheide mich doch dazu, dass die Müdigkeit mich nicht abhalten wird, ins Meer zu springen. Alleine gehen möchte ich aber nicht, also frage ich einfach paar Leute um mich herum, ob sie mir folgen möchten.
    Der Weg zum Strand ist eine Straße, die über einen Hügel führt. Ab einem bestimmten Punkt sieht man das Meer. Die Sonne ist gerade erst aufgegangen und alles ist leer. Wir waten durch den Fluss der den Strand entzweit und warten aufeinander, damit alle gleichzeitig umgezogen sind.
    Wir renne los. Wie lange ich nicht mehr in Wellen war. Ich liebe sie. Zum Glück hab ich noch eine ganze Woche mit, in und um ihnen.

    Zurück im Lager gibt es Frühstück. Baguette mit allen möglichen Belägen. Nach dem wespenüberströmten Frühstück frage ich nach der Uhrzeit. Es ist circa 10 Uhr. Wir vertreiben die Zeit bis zum Check-In um 14 Uhr mit Tischtennis, quatschen und nochmal an den Strand gehen. Die Zeit scheint stillzustehen. Beim Check-In lerne ich meinen Zeltgenossen Tim kennen, eine netter Kerl an die 30, bei dem ich mich sehr wohlfühle. Da ich die Leute noch nicht einschätzen kann, hatte ich Angst mit jemand unangenehmen zusammen zu schlafen.
    Die Zelte haben einzelne Schlafkabinen mit Lattenrosten und Matratzen, sehr komfortabel.
    Nach dem Check-In gibt es eine Führung zur Promenade, wo es nach Zucker und Fett riecht. Uns wird eine Abkürzung zurück nach Hause gezeigt, wo die Surfkurse eingeteilt werden. Ich unterhalte mich mit einer Gruppe von Mädchen und bevor ich dazu komme zu fragen, ob sie mit mir in einen Kurs möchten, nimmt eine andere den Platz ein. Vico, der Hamburger welcher sich zu den Leuten aus meinem Bus und mir gesetzt hatte, schaltet sich ein und wir tragen uns zusammen in eine Gruppe ein.
    16 Uhr oder so. Ich bin nicht sicher, ob ich je einen so langen Tag gehabt hatte. Nicht nur von der Zeit her an sich, sondern auch von der Entwicklung der sozialen Beziehungen und der Rolle in diesen her. Bei der Zuteilung unserer Neoprenanzüge krieg ich einen mit einem Herzsymbol darauf, statt einer Nummer.
    Beim Abendessen um 18 Uhr sitze ich mit Leuten, welche mir bereits wie drei-Wochen-bekannt vorkommen. Abspülen macht mit so lustigen, angenehmen Menschen um einen herum auch eher Freude.
    Um 20 Uhr veranstalten wir ein Speeddating mit vorbereiteten Fragen. Jedes zweite Gespräch ist so interessant, dass ich am liebsten nicht zur nächsten Person möchte. Fragen wie "Lieber wenige, enge oder viele, eher oberflächliche Freunde?" rufen genauso Gesprächsstoff hervor wie "Nutella mit oder ohne Butter?". Nachdem ich mit so Vielen geredet habe, kommt es mir albern vor, dass ich Bedenken wegen meines Zeltnachbarn hatte. Hier ist niemand langweiliges, gemeines oder unangenehmes.

    Um 22:30 Uhr gehen die Lichter aus und mir fallen erschöpft die Augen zu.
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  • Day 3

    Bodysurfen wie mit Papa

    August 20, 2023 in France ⋅ ☀️ 25 °C

    Wir stehen früh auf. 8 Uhr ist keine Zeit, die ich von zuhause gewohnt bin. Mein Handy hält noch für den Wecker geht danach allerdings aus. Jetzt bin ich wirklich unerreichbar. Nach dem Frühstück bei dem sich zum Vortag nichts geändert hat, packe ich mir wie alle anderen noch ein Lunchpaket und ich gehe los. Verständlicherweise bin ich ein bisschen zu spät und muss laufen, hole die anderen jedoch bald ein.

    Am Strand begrüßt uns der Surflehrer Chris, welcher zwar aus Irland kommt, allerdings mit einem eher amerikanischen Akzent spricht. Wir wärmen uns in den Wetsuits auf, wofür wir auch den Sand nutzen, um zum Beispiel mit den Füßen kreisend ein Loch zu graben.
    Danach teilen wir uns in unsere Gruppen auf; unsere trägt grüne UV-Shirts.
    Chris erklärt uns die Grundlagen des Wellenreitens, zumindest wenn man das leichtere "Weißwasser" manövrieren möchte. Dort also, wo die Wellen bereits gebrochen sind.
    Man positioniert sich mit der Spitze (Nose) des Bretts Richtung Strand und hält das Hinterteil (Tail) in die Luft, um den ungewollten Wellen auszuweichen. Kommt eine gute Welle legt man sich einiges vorher mit der Brust auf das Brett, Füße leicht hinten überhängend und paddelt als wäre ein Hai hinter einem. Irgendwann spürt man, wie die Welle einen ergreift und man kann aufhören zu paddeln und stattdessen steuern, indem man sich in die gewünschte Richtung lehnt. Ich fühle mich wieder wie 10, als wir mit Papa Bodyboards gekauft haben, um die Wellen nutzen zu können. Diese Erfahrung kommt mir hier echt zugunsten, besonders um die Wellen ein wenig besser zu verstehen. Nach zwei Dritteln der eineinhalb Stunden langen Lektion ruft uns der Lehrer an den Strand, um den Take-Off (das Aufstehen) zu erklären. Wir machen ein paar Trockenübungen und können dann wieder ins Wasser. Mir gelingt es tatsächlich ein paar Male aufzustehen, ich falle allerdings immer wieder hinter die Welle; alles wackelt.

    Zurück im Camp dusche ich erst einmal und ziehe mir dann meinen bei einer Kleidertauschparty gehandelten Jeansrock an. Es ist immer wieder eine Überwindung, besonders in neuen Konstellationen, sich so anzuziehen, aber ich habe sonst das Gefühl, ich verstecke einen Teil von mir. Erst bin ich also etwas verunsichert, merke aber schnell, dass niemand etwas dagegen hat und werde entspannter. Die Leute lesen einen schnell anders und man wird mehr gesehen für das, was man ist. Ironischerweise nur durch ein Stück Klamotte.

    Nach dem Abendessen, gehen wir an den landnäheren Teil des Strandes, um ein Volleyballturnier zu veranstalten. Ich liebe Beachvolleyball und freue mich, es stellt sich jedoch heraus, dass es sich in Teams von 5 unerfahrenen Spieler*innen eher schlecht als recht spielen lassen. Bien jeux.
    Als die Sonne unten ist, gehen die meisten, die Mädels aus meiner Surfgruppe und Ich allerdings, stellen uns zu der Kinderdisco ähnlichen Party paar Meter weiter und tanzen die Choreographie mit.

    Mein Handy ist jetzt als Wecker unbrauchbar, also muss Tim von gegenüber die Funktion übernehmen.
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  • Day 4

    Wasserentzug

    August 21, 2023 in France ⋅ ☀️ 30 °C

    Es ist nicht nötig, dass Tim mich weckt. Vielleicht liegt es an der Gruppendynamik, der entstehenden Geräuschkulisse der bereits Erwachten oder der Vorfreude auf den Tag, aber ich wache von selbst auf, eine halbe Stunde vor der geplanten Uhrzeit.
    Gleiches Frühstück allerdings mit anderen Leuten. Ich setze mich zu den Mädchen, mit denen ich anfangs in die Gruppe wollte. Danach spülen wir alle zusammen ab, was hilfreich ist, da ich vergessen habe, Spülutensilien mitzubringen.

    Heute bin ich pünktlich um 10:30 Uhr am Strand.
    Wir können direkt ins Wasser, wo es mir bereits besser gelingt aufzustehen. Chris weist mich vermehrt darauf hin, dass ich meine Gewicht auf den Vorderfuß verlagern muss, was ein wenig hilft. Es wackelt nicht mehr so viel und so stark, aber wirklich die ganze Welle reite ich nicht. Wir werden wieder an den Strand gepfiffen, wo man uns grüne Wellen erklärt. Wellen die noch nicht gebrochen sind bzw. kurz davor sind.
    Ich versuche ein paar davon zu erwischen, denke aber, dass man diese wohl eher als weiß verstehen würde, so spät wie ich drauf komme.

    Danach bleiben wir noch eine Weile am Plage und spielen Volleyball. Ich bin total ausgetrocknet und halte nicht lange durch. Nicht einmal zweieinhalb Liter Wasser helfen so richtig bei der Menge an Sonne, Schweiß und Salzwasser. So gehe ich etwas früher vom Strand mit Vico, dem es ähnlich ergeht.
    Ich habe zwar eine Cappie eingepackt, allerdings gefällt mir diese so wenig, dass ich mich weigere, sie zu tragen. Einen Sonnenbrand auf dem Kopf oder einen Sonnenstich möchte ich allerdings auch nicht austragen. Jule und Lotte kommen mit an die Promenade, wo wir in einem süßen Surfladen eine Mütze für mich kaufen; auf dieser steht "L'AMOUR À LA PLAGE" - Die Liebe zum Strand. Das resoniert.
    Wir suchen auch nach Muschelketten, da Lotte einen für ihren Fußknöchel möchte und ich einen für um den Hals. Ihre finden wir, ich aber bleibe leer aus.

    Zurück am Zeltplatz möchte Joana aus der Frühstücks-/Spültruppe und Lija aus dem Bus die bereit gestellte Miniramp ausprobieren. Mit meiner damaligen Skateerfahrung biete ich meine Hilfe an und erkläre ein paar Sachen. Letztendlich bekommt mich doch auch selbst die Lust und ich nehme eins der Bretter, sowie Schoner, mehr um süß auszusehen als um mich zu schützen. Mit einer Schürfwunde im Salzwasser zu planschen wäre allerdings tatsächlich nicht sehr spaßig.
    Nicht nur ich werde motiviert ein wenig zu rollen, sondern auch Marc, welcher mit seiner Verlobten Sabine per Auto angereist ist. Mit diesem spiele ich anschließend noch eine Runde Tischtennis.

    Abends veranstaltet das Team einen Bowle-Abend für uns; so viel Alkohol, wie man möchte, für 7€. Sobald Leute anfangen, sich Songs zu wünschen, sind sofort alle auf der Tanzfläche. Der Boden besteht aus Holzdielen, die knallen, als wir absichtlich darauf rumstampfen. Lange bleiben wir nicht auf dieser Tanzfläche, da um 22:30 Uhr die Nachtruhe beginnt. Bernie möchte noch ein Trinkspiel mit dem Lied Roxanne von The Police einläuten, bei dem zwei Teams jeweils zu entweder "Roxanne" oder "Red Light" aus der Hocke aufstehen, trinken und sich wieder setzen. Damit werden wir allerdings nicht fertig. Ich frage mich, wer sich eine so frühe Nachtruhe für junge Leute ausdenkt.
    Die nächste Tanzfläche ist "L'Open". Hier läuft echt guter Jazz/Funk, zu welchem ich mit Team Discofox tanze. Lange bleiben wir hier nicht, da der Innenraum nach Erbrochenem riecht.
    Der halbe Pulk bewegt sich zurück Richtung Promenade. Auf halbem Weg betreten wir "The Zoobar". Erstklassiger Discohouse und super ausgelassene Stimmung. Ich tanze mit einem Franzosen, der jedes Mal wenn jemand durch die drei Personen enge Bar läuft alle dazu animiert, einen Bogen mit den Armen zu bilden. Wir tun so, als würden auf eine Welle warten, auf die wir zum Drop aufspringen und sie surfen. Als dieser leider geht, gehen auch die meisten meiner Truppe.
    Plötzlich bin alleine. Das erste Mal seit Freitag. Ich habe zwar Spaß am Tanzen, aber fühle mich nach einer dreiviertel Stunde sehr einsam und entschließe mich dazu zurückzukehren.
    Draußen begegne ich noch Jule und anderen, von welcher nur Jule mich zu Tanzfläche Nummer trois begleitet. Hier sind ein paar Junge mit Box, welche einen kleinen Rave veranstalten. Wir fangen gar nicht erst an zu tanzen, da wir beide erschöpft und durstig sind. Nachdem wir ein wenig die unfassbar gut erkennbare Milchstraße betrachten, gehen wir also endlich zurück zum Camping Les Cigales, wo ich noch etwas wachbleibe, um möglichst viel Wasser zu trinken.

    Die Tage fühlen sich allmählich nicht mehr ganz so lang an.
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  • Day 5

    069 Mona Liza

    August 22, 2023 in France ⋅ ☀️ 28 °C

    Einen Wecker braucht es nicht mehr.
    Ich bin am Vortag nicht sonderlich spät ins Bett, aber doch recht fertig von der Bowle und dem Bauchschütteln mit jenem Inhalt. Das gleichbleibende Frühstück hilft mir ein wenig zu Kräften, aber bei der herrschenden Hitze siegt die Schlappheit. Zum Glück ist der Kurs heute erst um 13:30 Uhr.
    Die Hängematte zwischen der Miniramp und der Slackline bietet mir zum Glück eine Stütze. Ich döse ein wenig, weigere mich aber einzuschlafen, da ich nichts vom Tag verpassen und abends ausreichend müde sein möchte.

    Neben mir höre ich einen mir bekannten Text, den ich halb mitsumme und halb singe, je nach Stelle. Ceilings von Lizzy McAlpine.
    Das ist nicht der einzige gute Song den Dani auf der Gitarre spielen kann. Selbst die, bei denen ich nicht mitsingen kann, schaffe ich durch ein Schnipsen zu untermalen oder einfach zu genießen. Ich schlage immer wieder aus Scherz schreckliche Songs vor, was uns allen Fünfen nicht langweilig wird. Langsam kommen mehr Leute hinzu und die Musik bewegt sich mehr Richtung Mainstream, bis einer meiner vorherig albernen Songs tatsächlich gewünscht wird und Dani, glaube ich, allmählich die Lust verliert. Die Gitarre wird weitergegeben und wir singen den 4-Chord-Song, was eher in Chaos ausartet.
    Ich muss ohnehin los.

    Das Warmup leitet heute jemand anderes. Dabei sollen wir eine Art Wettrennen veranstalten, statt uns zu dehnen. Nicht sehr hilfreich meiner Meinung nach und auch etwas zerrend mit unserer Verfassung. Ich laufe als einziges sogar zweimal. Trotzdem haben die Jugendlichen von der JSA (Junior Surf Academy) keine Chance.
    Kaum bin ich im Wasser spüre ich den gestrigen Abend kein Stück mehr. Die Wellen sind heute besser als gestern. Mir gelingt es wirklich einige Grüne mitzunehmen; bei einer rollt die Welle sogar über eine kleinere drüber und ich falle dennoch nicht runter, so nehme an Geschwindigkeit noch zu.
    Ich bin durch und durch zufrieden, als ich an den Strand gehe, bleibe jedoch nicht lange, damit sich die Mundwüste vom Vortag nicht wiederholt.

    Ich skate mittlerweile überhaupt nicht mehr oft. Ich mag es nicht, mich andauernd überwinden zu müssen, ich bin süß, skaten nicht so richtig, zumindest war es das für mich bisher nie. Aber mit der Rampe genau in der Mitte vom Camp, anderen süßen Menschen, welche rumprobieren und bereitgestellten Schonern, zieht es mich doch wieder dazu. Außerdem möchte Joana unbedingt noch einmal aufs Brett.
    Sie wird wirklich schnell besser, aber viel Zeit zum Üben bleibt nicht, da Mark und später sogar Chris, der Surflehrer, sowie einer seiner Kolleg*innen dazustoßen.
    Jetzt läuft 90er Skaterock und ich stehe auf der Rampe mit lauter Erfahrenen. Der Rest räumt die Mitte, da sie noch etwas vorhaben, und plötzlich ist es wieder wie als wäre ich 15. Mein Surflehrer und sein Kumpel müssen kurz zu einem Teammeeting, währenddessen filmt Vico den beigefügten Clip.

    Ich würde gerne noch weiterrollen, aber habe mich am Vortag zum Takeoff-Training bei Bernie eingetragen. Dafür treffen wir uns bei der Yoga-/Fitnessplattform direkt daneben, wo die eine Hälfte von uns alte Bretter und der Rest Yogamatten erhält. Bernie erklärt noch einmal die notwendigen Schritte und lässt uns dann ein paar Male aufstehen und wieder hinlegen. Nach ein paar Hinweisen und Tipps teilen wir uns in Gruppen von vier, in denen wir zwei Bretter gekreuzt übereinander legen sollen, so dass das obere mit beiden Enden überhängt. Mein Takeoff gelingt mir gut, aber beim Stehen weist mich Bernes daraufhin, dass ich zur Gewichtsverlagerung, statt auf mein Vorderfuß zu drücken, meine Hüfte nach vorne bewegen soll. Ich erlaube mir die Arroganz den Hinweis als vernachlässigbar zu werten, auch wenn es von jemand Erfahrenem kommt.

    Der Rest vom 18+-Lager konnte sich bereits Essen holen, was mich aber nicht davon abhält schnell genug zu sein, um mich mit meiner üblichen Spülgang bestehend aus Joana, Hannah, Jana und Lara an den Becken zu treffen. Ich finde solche gemeinsamen Treffen mit am spaßigsten. Auch wenn ich in einer WG wohne, kommt sowas nicht immer zustande und ist wenn auch nicht so amüsant.
    Darüber denke ich häufig die Tage nach. Ich dachte immer, ich wollte lieber alleine wohnen, bzw. dass ich zwar zusammen wohnen probiert hätte, aber alleine doch mehr Energie habe. Hier werde ich gar nicht müde davon, ich bin so froh andauernd Leute um mich zu haben. Vielleicht sollte ich mich zuhause mal nach anderen Lebenskonstellationen umgucken.

    Im Anschluss darauf findet das Pubquiz statt, beginnend mit einer Kategorie übers Surfen. Ich bin ein wenig zu spät, also schließe ich mich der Gruppe von Dani, Anna, Magda und Lili an; Joana und Hannah stoßen kurz darauf auch dazu. In dieser Sparte haben wir noch einige Antworten richtig, auch wenn jemand von der Seite uns fälschlicherweise überzeugt, dass O'Neill, nachdem er sein Auge verlor, den Wetsuit erfunden hättte. Natürlich ist es die Leash. Die Leine, die das Board bei einem behält. Wie sollte man denn sein Auge wegen eines fehlenden Neopren verlieren?
    In den Fragen über Frankreich schneiden wir noch in Ordnung ab, im Allgemeinwissen und im Promiraten geraten wir allerdings weit hinter die ersten Plätze. Beim Songraten wird nur Deutschrap und Pop gespielt, was das zweite Mal an dem Tag markiert, dass wir vom Hauptstrom verdrängt werden. Lili ist bei einem der Lieder zum Glück noch flink genug und wir, die "069 Mona Liza", landen mit einigen anderen auf dem vorletzten Platz.

    Die Spülgang wird zur Zähneputzengang und nach etwas Rumalbern, begebe ich mich schnellst möglich zu Bett. Marc und Ich haben uns nämlich erkundigt, wie man Bretter ausleiht. Morgen geht es sehr früh raus.
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  • Day 6

    From dusk 'til dawn

    August 23, 2023 in France ⋅ ☀️ 33 °C

    Um die Uhrzeit braucht es definitiv einen Wecker. Also habe ich sowohl Joana gefragt, ob sie mich wecken könne, als auch Tim gebeten, auf seinem Telefon einen Alarm einzustellen. Letzteres tritt zuerst ein.
    Es ist noch dunkel. Kaum verwunderlich um halb 6, wenn man bedenkt, dass wir weiter westlich und südlich von Konstanz sind. Marc wartet schon bei den Surfbrettern und bis ich umgezogen bin und wir losziehen, begegnen wir den anderen, welche Lotte am Abend zuvor überzeugt hat, dass es ausreiche, um 6:15 Uhr aufzustehen. Es gehen aber ohnehin nur Marc, Joana und Ich surfen, der Rest geht zum Schimmer*innenabschnitt des Strandes ein paar hundert Meter weiter, wo man nicht durch den Fluss watscheln muss.

    Während wir über den Hügel trotten, fängt der Himmel hinter uns an zu glühen. Mit jeder Minute beim Dehnen wird es heller. Auch als der Atlantik uns um die Knie schwappt, ist die Sonne noch nicht aufgetaucht und der Strand menschenleer. Erst nachdem ich schon ein wenig im Flow bin, werden die Schaumkronen der Wellen plötzlich klar abgezeichnet und die Sandbank füllt sich langsam mit Surfer*innen. Darunter auch Leute vom Wavetours-Team. Von Bernie jedoch sichte ich nichts.
    Die Atmosphäre ist magisch. Das Wasser wirkt irgendwie total beruhigend, auch wenn die Wellen nicht kleiner sind als die Tage zuvor. Wir spüren förmlich die Weite des Ozeans. Ich fühle mich klein im Vergleich zur Erde, aber zugleich klar als Teil der Natur.
    Leute schwärmen oft davon, wie schön sie Sonnenaufgänge finden, und dass eine aufgehende Sonne schöner als eine untergehende ist. Ich hab mich paar schon öfter zum Aufbleiben gezwungen oder bin früh aufgestanden für solch ein Erlebnis, aber war nie wirklich beeindruckt. Dieser Morgen überzeugt mich.

    Heute ist glaub ich der erste Tag, an dem ich tatsächlich müde bin.; erschöpft dennoch lange nicht. Dieses Mal dient mir die Hängematte also tatsächlich als Bett. Da ich mich nicht zum San Sebastian Ausflug angemeldet habe, werde ich ohnehin das Gefühl bekommen, etwas zu verpassen.
    Joana möchte noch einmal skaten, bevor sie und die anderen um zwei abfahren. Als es soweit ist, verabschiede ich mich von den anderen und überlege noch, ob ich nicht doch mitfahren sollte. Alle sehen so schick aus und der Gedanke nicht bei ihnen zu sein schmerzt mich. Dann sind sie weg.

    Marc und Ich besetzen wieder die jetzt freie Holzrampe. Nach einer Weile schlägt er vor, zu der vom Pure Surfcamp, den angrenzenden Veranstalter*innen, zu wechseln. Diese ist neuer, schicker, größer und das Coping steht weiter vor, was mich normalerweise eher stört. Am Vorabend hab ich ein paar der Skater*innen dort beobachtet, dagegen bin ich blutiger Anfänger. Es sind jedoch nur zwei Leute da; besser als ich sind sie allemal.
    Mir gefällt die Schanze tatsächlich auch besser und es gelingen mir ein paar mehr Tricks, da die Sonne mit 40°C allerdings an diesem Tag am heißesten in der ganzen Woche brühtet, belagern wir Pure nicht ewig.

    Da ich nun ausreichend Zeit habe, wasche ich mir die Haare, die sich trotz des ganzen Wassers interessanterweise nicht verknotet haben. Im Gegenteil, meine Locken sind hübscher als sonst, wenn auch nicht ganz so kräftig. Anfang der Woche waren sie sogar weicher. So fassen Leute meine Haare noch lieber an, was mir gefällt.
    Waschen muss ich sie trotzdem, damit mir eine der Teamerinnen French Braids flechten kann.

    Den Rest des Tages verbringen Marc, Sabine, Tim und Ich mit mehr Skaten und Tischtennis spielen. Ich erfahre von ersteren Beiden, dass sie bereits 12 Jahre, also seitdem sie 15 waren, ein Paar sind und dass sie schon in circa zwei Wochen standesamtlich heiraten werden.
    Ich frage mich, wie mein Leben wäre, hätte ich meine Oberstufenbeziehung weitergeführt. Wäre ich jetzt in Moliets? Was für eine Person wäre ich? Ich wäre sicher nie nach Konstanz gezogen. Somit hätte ich auch kaum jemand meiner Freunde. So viele Erinnerungen die nie entstanden wären. So viele Krisen, die ich nie durchlaufen hätte. So viele Krisen, die ich stattdessen durchlaufen hätte. So viele Gefühle, die ich nie kennengelernt hätte.
    Ich bin froh, da zu sein, wo ich bin und die Person zu sein, die ich bin. Sicher wäre es anders nicht schlecht, aber es wäre nicht mein Leben und nicht Ich.
    Das Gefühl, ich könnte etwas verpassen, verfliegt.

    Nach Nudeln mit Pesto ziehen wir wieder los Richtung Strand.
    Diesmal ist Sabine auch dabei, surfen kann sie aufgrund ihrer Knieschmerzen diesen Abend leider nicht. Bevor Marc und Ich in den Ozean latschen, schießt sie noch Bilder von uns.
    Der Wellengang ist ungewohnt. Zu den Kurszeiten von 10:30-16:30 Uhr herrscht meistens Ebbe, morgens und abends eher mittlere Flut bis Flut. Dadurch sind Brecher weniger steil, aber später und größer.
    Da es schon das zweite Mal mit diesen Bedingungen heute ist, nehme ich die Wellen aber viel besser als noch um 6:30 Uhr. Ich denke, das sind die niedrigsten Wellen bisher, also traue ich mich, das Wasser, in dem ich stehen kann, zu verlassen und wie ein Profi ein paar Meter weiter rein zu paddeln.
    Vielleicht nimmt mir die Vorsicht vor den größeren Wellen und dem tieferem Wasser ein wenig die Überheblichkeit, denn mir fällt Bernies Hinweis vom Takeoff-Training wieder ein. Anstatt einfach mit meinem Vorderfuß, in meinem Fall den linken, runterzudrücken, schiebe ich meine Hüfte Richtung Nose. Die Welle nimmt mein Brett und mich von draußen bis ganz an den Strand. Jetzt habe ich einen Grund zur Überheblichkeit.
    Marc gelingt es mit dem Tipp ebenfalls auf den Wellen zu bleiben und wir sind im Wasser, bis die Sonne in die rosa Wolken taucht und auch bis es dunkel ist.

    Beim Sternegucken muss Sabine uns erst einmal von unserem Höhenflug bringen. Zusammen mit Tim, welcher noch etwas später hinzugestoßen ist, lassen wir mein Samsung noch ein paar Langzeitaufnahmen im Mondlicht machen. Dieses habe ich beim Laden sofort in den Flugzeugmodus versetzt. Eigentlich wollte ich es mit voller Batterie haben, um die Weckfunktion wieder zu übernehmen, aber ich vertraue beim Wegnicken auf meine Natur und stecke es in meinen Rucksack.
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  • Day 7

    Ruhe des Sturms

    August 24, 2023 in France ⋅ ☀️ 29 °C

    In der Nacht habe ich das Gefühl jemand ist in meiner Kabine. Als ich zu den Klos trotte, blicke ich in unentzifferbare, dunkle Gesichter, welche mich mit bekannten Stimmen grüßen. Wieder im Zelt bin ich wütend, meines Schlafs geraubt worden zu sein. Am nächsten Morgen kann ich es verstehen.
    Nachdem ich alle Zutaten für Baguettes plus Lunchpaket auf den Deckel meiner Brotdose geladen habe, kostet mich meine Faulheit und mein Stolz einen extra Spülgang. Zum Glück sind alle, wegen des Vortags, noch etwas länger im Bett. Mit einem neu beladenen Tellerersatz, werde ich beim Frühstückstisch wieder von der Zähneputzengang daran erinnert, dass meine Lieblingssteigerungsform "end", wie in "end schön", zu sein scheint. Ich dachte immer, das wäre in Deutschland end verbreitet.

    Wir haben spät Kurs. Das Aufwärmen wird heute wieder nicht von Chris geleitet, laufen müssen wir dennoch nicht. Heute sind die Dehnübungen nötig.
    Die Wellen brechen spät und laufen kurz, dadurch sammeln sich alle eng beieinander, nah am Strand. Passend dazu erklärt uns der Ire wie man stehend lenken kann, oder eben ausweichen kann. Viel hilft das nicht. Die kurzlebigen Wellen lassen kaum Zeit für Reaktion und ich muss mehrmals abspringen; so auch der Junge, dem ich fast gegen den Kopf fahre. Letztendlich schnellt die Spitze eines Bretts gegen meine Schulter.
    Ich setze meinen Hintern in den Sand. Lange bleibt er dort nicht, da mir noch der Erfolg vom Vortag durch den Kopf geht.
    Etwas weiter draußen ist nicht ganz so viel los, dafür lassen die Wellen auf sich warten. Auf denen, die gut laufen, sehe ich den rotgebrannten Surflehrer am Strand einen Backside-Turn nachahmen, für mich eine Drehung der Schultern im Uhrzeigersinn. Gleich machen kann ich es ihm nicht. Die Rotation meines Körpers gelingt zwar, aber das Board kippt nach rechts weg, statt sich zu drehen.
    Für die letzte Welle zeigt Chris stattdessen grinsend zwei Daumen nach oben. Am Strand geben wir uns einen High-Five.

    Die Muschelkette, die mir Marie und Nadine aus Spanien mitgebracht haben, ist schöner als die an der Promenade; für 4€ auch günstiger. Jetzt sehe ich aus wie ein Vollblutsurfer.
    Einigen ist schon aufgefallen, dass manche unserer Strähnen durch die Sonne aufgehellt wurden. Die verdreckten "Molietsfüße", wie sie Bernie und der Rest vom Team nennen, sind unvermeidbar.
    Ich dusche nur vor manchen Veranstaltungen, bei denen ich ein schönes Outfit tragen möchte. Mit dem Atlantik als fester Bestandteil unserer Routine wird der Sand, Schweiß und Schmutz häufig genug abgewaschen. Stören tun sie nicht; es ist Teil der Natur. So wie wir Campierenden.

    Vom Team angedacht ist eine Müllsammelaktion. Da heute die letzte Möglichkeit ist, in den Sonnenuntergang zu surfen, klinken einige, mich eingeschlossen, sich aus. Von der Sonne ist jedoch nicht viel zu sehen. Am Vortag hatte jemand schon angedeutet, dass es Richtung Amerika wohl stürmen soll. Die Wellen bestätigen die Vermutung.
    Als ich mich aufgewärmt habe, sind die anderen von der Strömung bereits Richtung Norden getrieben worden. In Erinnerung an Bernies Theorieunterricht suche ich nach einem Channel, um dem starken Gewässer entgegen ins Grüne paddeln zu können. Bis dorthin schaffe ich es nie. Anfangs halten sich die Wellen tatsächlich klein, aber direkt dort wo sie brechen, werde ich wie eine Socke in der Waschmaschine umhergeschleudert. Als ich entschließe mit auf dem Weißwasser zurückzukehren, verliert dieses nach kurzer Zeit sämtliche Energie. Es bleibt nichts übrig, als das gesamte Becken zu Fuß zu durchqueren.
    Die am Strand aufgereiht sitzende Truppe scheint von meiner Vorführung mehr beeindruckt als enttäuscht zu sein, was mich motiviert es nach einer Pause noch einmal weiter rechts, in der Sandbank, zu versuchen.
    Hier brechen die Wellen weiter Richtung Land, was es ermöglicht näher heranzukommen. Vor der Kraft der Brecher habe ich jetzt allerdings zu viel Respekt. Ein paar Weiße schaffe ich zu befahren, bis die Dunkelheit mich zurück zu den anderen zwingt.
    Das laute Meer und mein erschöpfter Körper schlagen Ruhe in mir breit, wo ich Frust erwarte. Hier draußen wirkt das Meer entspannend. Das Wetter verstärkt die Ferne des Horizonts. Ein wolkenfreier Sonnenuntergang wäre nicht viel schöner gewesen.

    Lara, Joana und Hannah vom abendlichen Zähneschrubben schlagen vor, noch an die Promenade zu laufen. Mir wird bewusst, dass die übrige Zeit kürzer ist, als mein Körper müde.
    Wir bestellen Eis. Ich nehme Cassis und etwas, das wohl das Gleiche ist, wie die anderen mir mitteilen. Mir scheint, alle hätten Französisch in der Schule gehabt. Es ist wohl auch nicht in jedem Bundesland üblich, Latein in die Auswahl der zweiten Fremdsprachen aufzunehmen.
    Auf dem Weg zum Schwimmer*innenstrand begegnen wir Lija, Annika und Kathi, welche mit anderen Deutschen, von den einer einen großen Lautsprecher als Rucksack trägt, im Sand einen Rave veranstalten wollen.

    Nur Hannah und Ich kommen nicht mit. Wir gehen über den Strand zurück zum Zeltplatz. Das Tor durch welches wir diesen normalerweise betreten, ist bereits geschlossen worden. Das stört nicht weiter.
    Die ganze Zeit bisher waren wir immer in Gruppen unterwegs. Jetzt, da wir zu zweit sind, fällt schnell auf, dass wir schneller tiefgründigere Gespräche führen. Etwas weiter die Straße entlang, ist das Tor, durch das der Reisebus uns am ersten Morgen auf das Camp gebracht hat. Hier ist es leichter über den Zaun zu steigen.
    Bisher habe ich jede Nacht versucht, zeitig ins Bett zu gehen, damit ich den Tag mit mehr Energie besser genießen kann. Heute scheint das unwichtig. Die Couch auf der Miniramp lässt einen ins Polster sinken und die Aussicht wirkt echter als die Abende zuvor. Alles wirkt fern. Das Camp wirkt unendlich.

    Beim Zähneputzen zeigt mir Hannah "Heiliges Fernweh" von Fortuna Ehrenfeld. Fernweh ist etwas, das ich bisher nie wirklich nachvollziehen konnte. Hiernach werde ich es können.
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  • Day 8

    Letzte Male & Crêpe

    August 25, 2023 in France ⋅ ☁️ 25 °C

    Beim Frühstück merkt man, wie wir über die Woche zusammengeschweißt sind. Von Tag zu Tag wurde die Stimmung immer lustiger und die Witze immer persönlicher. Über die Zeit haben sich Frühstücksgruppen gebildet, diese sind jedoch nicht fest. Ich setze mich heute erst zur Zähneputzengang, entscheide mich dann noch ein bisschen Zeit mit Anna, Dani, Magda und Lili zu verbringen. Mein Wechsel wird mit absolut ernster Abneigung kommentiert.

    Am Strand zeigt uns Chris Tricks, die er öfters probiert und lustig fände von uns zu sehen. Darunter sind mit beiden Füßen in Richtung Spitze gedreht stehen (Caveman), sich mit Füßen voran aufs Brett setzen (Truckdriver), sich mit verschränkten Arm aufs Brett legen (Coffin), rückwärts fahren und zuletzt mit den Finnen nach vorne fahren. Dann wünscht er uns eine schöne letzte Surfstunde und geht mit uns gemeinsam ins Wasser.
    Heute paddele ich das erste Mal ganz raus ins Lineup, mittlerweile habe ich genug Selbstbewusstsein. Nicht nur ist Chris bei mir, auch Bernie stößt zu uns. Die beiden setzen sich aufs Board, mein Gleichgewicht reicht dafür allerdings nicht aus. Selbst, wenn ich es geschafft habe bequem zu sitzen, bin ich bisher immer zu langsam gewesen, mich parallel zur eintreffenden Wassermasse zu drehen.
    Einige der Wellen schwappen einfach über mich hinweg, so gut kann ich sie nicht lesen. Der Lehrer gibt mir Bescheid, wenn eine passende kommt. Meine Schultern sind allmählich müde vom Paddeln. Die meisten Wellen bringen mich einwandfrei zum Strand, also probiere ich gegen Ende der Kurszeit den Trick mit beiden Füßen nach vorne zu versuchen; so fahre ich oft auf dem Skateboard. Eine Weile stehe ich. Kurz vorm Strand falle ich und das Brett rast mir gegen die Schläfe.
    Der Sand ist sehr gemütlich. So möchte ich die letzte Stunde aber nicht beenden, also rappele ich mich noch einmal auf. Die letzte Welle stellt mich zufrieden.

    Mein Neoprenanzug hängt schon von meiner Hüfte, während Lotte darüber redet, dass sie noch ein Board ausgeliehen hat. Da sie es gerade nicht braucht, kann ich mit Bernie zusammen noch für eine weitere Viertelstunde ins Wasser. Irgendwie verrückt, dass ich mit jemand mir Bekanntem aus Konstanz im Atlantik sitze und wir gemeinsam auf gutes Wasser warten. Die letzten Wellen sind perfekt. Ich bekomme nicht alle und fahre nicht fehlerfrei, aber sie sind genau richtig, um mir ein Gefühl von Abschluss zu geben.

    Ich hatte nicht vor lange am Strand zu sein, aber ich werde traurig, als mir einfällt, dass ich diesen nicht mehr sehen werde. Das Volleyballspiel ist immer noch chaotisch, aber man merkt, dass alle über die Woche besser geworden sind. Ich selbst aber spiele nicht viel besser als Dani, welche wegen ihrer Schulterverletzung nur einen Arm benutzen kann.
    Mittlerweile ist die Zähneputzengang mit dem Surfen fertig. Wir machen ein paar Gruppenbilder und planen noch einmal planschen zu gehen. Es fällt uns schwer, uns aufzuhieven. Ich schaufele geistesabwesend ein bisschen Sand auf Joanas und Hannahs Füße. Kurz darauf ist erstere eine sandige Meerjungfrau und letztere ein Berg. Wir diskutieren darüber, welches Tier uns alle am ehesten ähnlich ist; ich bin wohl ein Hund. Dann diskutieren wir darüber, wer welche Hunderasse wäre; ich offensichtlich ein Windhund.
    Im Wasser machen Hannah und ich es wie Joana vorhin und schwimmen wie Meerjungfrauen. Dann machen wir Bauchplatscher auf die Wellen. Ich werde sie vermissen, vor dem Urlaub habe ich 5 Jahre keinen Wellengang gesehen, gehört oder gespürt. Hoffentlich ist das nächste Mal nicht wieder so weit weg.

    Als wir zurück sind, gibt es schon fast Essen. Heute sollen wir den Neopren besonders gründlich auswaschen. Ich liebe Wetsuits und Leute darin. Gut, dass ich vor dem Urlaub für acht Euro einen Eigenen ergattert habe.
    Das Motto der anstehenden Party, "All white", ist für die meisten, nach einer Woche des Klamottenwechselns, unpraktisch. Die Camper*innen, welche auch das ursprünglich zur Auswahl stehende "Flower Power" bevorzugt hätten, schließen sich mir an, dem Strom entgegen zu schwimmen. Besonders rebellisch ist das nicht von mir. Nicht nur habe ich am Vortag als Vorbereitung auf meine Weiterreise Wäsche gemacht, sondern mein liebstes Shirt ist auch noch weiß und mit Blumen bedruckt. Hannah und Ich lassen uns etwas zu viel Zeit beim Schminken.

    Wir sind zu spät zur Abschlussrunde mit Diashow der Fotos, die Lili Zwirner über die Woche von uns beim Surfen geschossen hat. Zum Glück ist die hinterlegte Musik nicht traurig, denn ich muss Tränen zurückhalten. Nach dem letzten Bild, welches ein gephotoshopptes Bild der Surflehrer in oberkörperfreier Muskelpose ist, verliert die Fotografin ein paar Worte darüber, wie wir an die Bilder gelangen und wie wir sie vergüten können.
    Als jemand aus meinem Kurs mit mir gestellt in die Kamera gelächelt hatte, haben wir mit ihr gescherzt, dass uns das bessere Chancen für den "Happiest surfer of the week"-Preis verschaffen würde. Sie verneinte das, ließ uns aber wissen, dass wir tatsächlich hoch auf ihrer Favoritenliste stünden. Nachdem man mir und meinem Gesicht zu einigen Surfzeiten den Frust anmerken konnte, erwarte ich nicht, in der Auswahl zu stehen. Als Lili in meine Richtung deutet, bin ich mir plötzlich sicher, dass niemand anderes gemeint ist. Das "Nikki" begleitet vom Klatschen aller bestätigt meine Vermutung.
    Solch einen Preis zu erhalten bedeutet mir unglaublich viel. Es ist ein großes Kompliment an meine Person, und das vor so vielen tollen Menschen.
    Es ist nicht das erste Mal, dass ich das höre. Abgesehen von jetzt und meinem 1. Platz als "Sonnenschein" im Abiturbuch meines Jahrgangs, teilen mir Leute oft mit, dass ihnen meine als strahlend wahrgenommene Art gefällt. Selbst komme ich mir oft grantig vor. Meiner Meinung nach, hätte jede*r hier genauso geehrt werden können. Niemand scheint von der positiven Auswirkung der Woche unberührt geblieben zu sein.

    Als Preis wird meine Trinkgebühr für den Sangria-Abend übernommen. Ich kann in Clubs zwar auch meine Hüfte schütteln und den Bass spüren, aber so gemeinschaftlich wie wir jetzt tanzen fühle ich mich viel wohler. Die Lieder, die wir aussuchen, bilden einen guten Mix aus instrumentallastiger Tanzmusik und karaokeartiger Chartmusik, sodass alle sich bewegt fühlen, die Plattform zu betreten. Nachdem Marc und Bernie mit mir zusammen die Holzdielen im Takt zu "Horse" von Salvatore Ganacci zum Knallen bringen, leitet Dani eine Choreographie zu Jerusalema ein, welche der Rest von uns nach circa der Hälfte des Tracks versteht und umsetzt. Als Culcha Candela die Mischung aus Pop und Elektro aus dem Gleichgewicht bringt, setze ich mich zu Danis Freunden und Chris, welcher mit mir darüber redet, wie er Surfen gelernt hat. Die Wellen in Irland können riesig werden, wie mich der dort Gebürtige überzeugt, indem er mir sein Handy mit einem YouTube-Video unter die Nase hält.
    Als Bernie sich daneben setzt und Gitarre spielt, sammeln sich immer mehr Stimmen an unserem Biertisch. Bevor die Lichter im Camp ausgehen, schaffen wir es, drei Lieder zu spielen. Der Tisch pocht unter rhythmischem Klopfen. Zum Einsatz des Refrains kennen alle den Text. Wir spielen besser als die alte Coverband, für die Leute aus dem Schulorchester sich regelmäßig in meinem Musikkeller eingefunden haben. Vielleicht vernebelt der Sinn von Gemeinschaft aber auch mein Einschätzungsvermögen.
    Die Woche ist untermalt von andauernder musikalischer Untermalung. Im Alltag sorgt dafür normalerweise immer eine Bluetoothbox, hier reichen unsere Stimmen und alles Umliegende. Musik aus Lautsprechern würde nicht stören, trotzdem hört man außerhalb des Camps nahezu nie welche.

    Das Losziehen in die Clubs erinnert mich stark an Montagabend. Die Stimmung bleibt zwar ausgelassen und gemeinschaftlich, aber auf der Tanzfläche finde ich mich plötzlich alleine wieder. Es kommen immer wieder Leute aus dem Camp ins Beach Break, aber über die Dreiviertelstunde, die ich dort zubringe, bin ich länger alleine als in Gesellschaft. Als ich es aufgebe, meine vorherig wohlige Partystimmung aufrecht zu halten, und auf die Straße trete, begegne ich glücklicherweise Hannah und Dario zusammen mit einer anderen Camperin. Wir besorgen uns zusammen Crêpes bei dem Schuppen, dessen Inhaber*innen wohl diesen Sommer einen Jungen aus unserem Zeltlager zusammengeschlagen haben, wie mir Chris auf dem Weg zur Promenade erzählt hat. Ich frage mich, was für Geschäfte wohl im Schatten des Imbiss-Arcade-Hybridgebäudes ablaufen, und ob die nette Frau, die unser Essen zubereitet, die Geschichte auch gehört oder gar miterlebt hat.
    Auf dem Rückweg bekomme ich das Gefühl, meine Empfindungen zum Gesprächsthema nicht ehrlich teilen zu können, da es sich eigentlich nicht um mich dreht. Während die anderen aufs Klo müssen, laufe ich das kurze Reststück zurück also alleine. Das ist häufig die einzige Art, wie ich Leuten kommunizieren kann, dass etwas nicht stimmt, wenn ich es nicht ansprechen kann. Für jetzt ist das in Ordnung; mir ist bewusst, dass ich diese Verhaltensweise zuhause mit Freunden lange durchgesprochen habe. Für einen Abend geht das klar. Lange zu trotzen schaffe ich ohnehin nicht, kuscheln mit den jetzt Eingetroffenen ist zu schön.

    Nach dem Zähneputzen bringe ich Hannah zu ihrem Zelt. Als ich zurücklaufe höre ich Lotte das Wort "Heartbreak" benutzen. Zurück bei den Hängematten erklärt mir jemand, dass sie versucht hat, sich an jemandem im Club ranzumachen. Anscheinend habe ich nicht nur ich versucht den einzigen Vorteil des kommenden Abschieds zu nutzen. Während ich auf Danis, Lilis, Annas und Magdas Rückkehr warte, läuft mir die zurückliegende Abweisung nochmal durch den Kopf.

    Als es passiert ist, hatte ich eigentlich nicht das Gefühl, ich wäre verletzt. Meine Erwartungen waren schließlich nicht allzu hoch und meine Empfindungen für die Person nicht allzu groß. Jetzt aber trifft mich die folgende Vermutung stark.
    Ich sei für viele Leute zu androgyn, zu wenig weiblich oder männlich. Das sei für viele bestimmt abschreckend, wenn es um Romantik oder Körperlichkeit geht.
    Die Aussage ist eigentlich nicht Teil der Zurückweisung gewesen, aber sie tut weh. Mir ist das schon länger bewusst. Vorher konnte ich diese Annahme jedoch als irrationale Angst abtun. Jetzt ist sie real. Jemandem ist es aufgefallen. Und in so direkter Abfolge bin ich mir sicher, dass das der Grund für die Ablehnung war.
    Mir gefällt es nicht, als androgyn betitelt zu werden. Ich ziele es selten darauf ab, nicht in Geschlechter zu passen. Ich eigne mir viel eher das, was mir gefällt, an und sehe mich so als weiblich und männlich zugleich. Den "Vibe einer besten Freundin" zugeschrieben bekommen zu haben, tröstet mich also wenigstens. Immerhin wurde ich nicht als "femininer Typ" bezeichnet oder, wie sonst so oft, mit Harry Styles verglichen.

    Als die Mädchen, wegen denen ich noch wach bin, eintreffen, schaffen sie es mich ein wenig zu trösten. Sie verstehen meine Probleme mit der Mutmaßung und machen mir bewusst, dass das erstens nicht alle stört und dass zweitens Attraktivität subjektiv ist. Mir wird klar, dass man mich eigentlich richtig gelesen, nur nicht als anziehend empfunden hat. Das ist nicht schön, aber ich werde darüber hinwegkommen können.
    Ich folge den vieren noch zum Zähneputzen. Lili bietet mir einen Schlafplatz bei ihnen im Zelt an, und erteilt mir die Erlaubnis, sie nachts zu wecken, sollte ich reden wollen. Wir verabschieden uns zwischen ihrem und meinem Zelt.
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