Wir sehen beide Einstiege in den Klettersteig, allerdings ist nur der linke begehbar, weil zwischen Felswand und Gletscher eine metertiefe Kluft besteht. Hoch oben hat man fast jederzeit die Bergstation vor Augen, während es jetzt nach kurzem Halt steil raufgeht. Gerade dieser zweite Klettersteig verlangt einem nochmal alles ab. Sehr schnell befinden wir uns viele Höhenmeter über dem Gletscher. Nur das Ziel scheint nicht näher zu kommen. Es wird stiller, man hört dafür deutlich das Geklirre der Karabiner am Stahlseil. Ich setze mich etwas ab und kann die anderen immer wieder wie kleine Punkte den Hang heraufkraxeln sehen. Vor der gewaltigen Bergkulisse sind wir echt ameisengleich. Das Klettern entlastet die Beine, weil man die Hände ebenfalls einsetzt. Auch der Rücken spürt nicht die ganze Last, weil sich der Rucksack horizontal besser verteilt.
Nach ca. 1,5 Stunden erreiche ich den Kamm unterhalb des Gipfels. Plötzlich sieht man rüber auf die andere Seite, sieht den Eibsee mitten im Wald und die Talstation. Ich vermisse die Kollegen, die sich irgendwo in der Wand befinden, um mit ihnen den Moment zu teilen. Viel Strecke ist nicht mehr geblieben und ich überlege für den Gipfelsturm auf die andern zu warten. Da packt mich der Ehrgeiz: Irgendein Viktor hat uns eine Dauer von 9 Stunden prophezeit und wir haben uns stattdessen die offiziellen 6 Stunden vorgenommen. Wenn ich jetzt durchziehe, schaffe ich die 6 Stunden. Außerdem plane ich, mit der Drohne den Aufstieg der andern zu dokumentieren.
Punkt 11 bin ich oben am Gipfelkreuz, das gerade völlig überlaufen ist. Man drängelt sich für ein Foto und die üblichen Gondeltouristen stehen Schlange. Ich sichere mir einen Platz unterm Kreuz. Kurz nach mir treffen Dan und auch Ben ein. Die Drohne hat nicht mehr ausreichend Akku für einen Rundflug, ich ärgere mich tierisch, dass ich nicht doch noch eine verfügbare Steckdose am Vorabend gesucht habe. Etwas später sind wir alle vereint. Besagtem Dennis ist bei der Ankunft wieder nicht so wohl, aber auch er macht fürs gemeinsame Foto noch die Meter zum goldenen Kreuz. Bald ziehen wir uns auf die Terrasse am Münchener Haus zurück und sorgen wir ausreichend iostonische Getränke oder Kaffee.
Tatsächlich wollen einige den Abstieg nach Tirol wagen. Wir anderen sind entweder kaputt oder nicht ehrgeizig genug dafür. Wir kaufen uns entspannt eine Gondelfahrt um 13 Uhr und Matthias, Ben und Manuel machen sich auf der Stöpselziehertour abwärts. Unten an der Eibsee-Talstation irren wir müde zum Bahnhof, müssen aber noch 45 min warten. Zu Fuß nach Hammersbach kommt überhaupt nicht in Frage. Einige schaffen es gerade noch an den Eibsee, um mal die Füße reinzuhalten. Auch das wurde vorab per Googlemaps kontrolliert, um ja keine Meter zuviel zu machen. Wir fahren mit dem Zug eine Station weiter, um dort um- und in Hammersbach auszusteigen. Ein paar Meter bis zum Parkplatz müssen wir wohl oder übel auf uns nehmen. Gott sei Dank finden wir die Autos unversehrt vor. Ein Auto fährt einkaufen, das andere die Autos holen.
Während wir um 16 Uhr gerade entweder outdoor-duschen, im Bach ein Eisbad nehmen oder das Abendessen schnippeln, kommen die drei Ausreißer gerade an der Talstation an. Starke Leistung! Wir fangen dann um 5 an zu grillen, aber kurze Regenschauer stören den Ablauf, sodass wir uns unter eine nahestehende Hütte für irgendwas zurückziehen. Hier ist ein klasse Ort um regengeschützt zu Abend zu essen. Später werden die Autos wild durcheinandergeparkt, gefühlt fährt Hauptsache jeder mal sein Auto völlig planlos ein paar Meter vor und zurück. Die Markise wird ausgefahren und die Camper werden zu mobilen Public-Viewing-Arenen umfunktioniert. Wir sind alle so k.o., dass nach der ersten Halbzeit eingepackt wird.Read more