Europe along the Coastline (1)

Jun 2024 - Februari 2025
  • Spaziergänge mit Hilde
Eine Fahrt um das Festland Europas inklusive ausgewählter Inseln Baca lagi
  • Spaziergänge mit Hilde

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Kategori
Pantai, Bas, Perkhemahan, Budaya, Alam semula jadi, Fotografi, Perjalanan tunggal, Kerohanian
  • 29.7rbkilometer perjalanan
Cara pengangkutan
  • Penerbangan-kilometer
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  • 213footprint
  • 247hari
  • 2.7rbgambar
  • 1.2rbsuka
  • Lysfjorden

    18–19 Jul 2024, Norway ⋅ ☁️ 15 °C

    DAY 21 TOUR DE EUROPE
    (Fahrtstrecke 102 km)

    Ottersøya - Eidshaug - Måneset - Rødseidet - Naustbukta - Bogen - Abzweig 771 auf 802 - Kjelleidet Camping - Abzweig auf Küstenstrasse 17 - Parkplatz an der Straße mit Zugang zu einem Wasserfall des Flusses Hornelva und einem Wanderweg oberhalb von Lysfjorden

    Ich kann nicht einschlafen. Es ist Mitternacht, der Verkehr ist still, aber meine Beine zucken, kaum dass ich mich hinlege. Auf einem Photo sehe ich, dass der Enkelzwerg das Buch in der Hand hält, dass ich ihm letztens geschenkt habe. Obwohl ich der Opa bin, der selten da ist, gibt es eine ganz tiefe Verbindung zwischen uns. Das ist bemerkenswert.

    Ein Vogel hopst nach vorne durchs Gras und pickt sich rückwärts zurück. Das habe ich noch nie gesehen, so geht es auch talwärts, bis er aus meinem Blick ist. In den Morgenstunden hat es angefangen zu regnen, ich war oft wach, habe einen unruhigen Geist im Bus, der mich piekt.

    Hilde hat jetzt das Bett für sich belegt, sobald ich aufstehe, streckt sie sich aus. Obwohl ich mich am liebsten wieder hinlegen möchte, so erschöpft fühle ich mich. Die Knie und Unterschenkel tun so weh, als hätte ich eine Monsterwanderung gemacht. Dabei habe ich nur gewartet.

    Auf den blauen Bus gewartet, der fast nicht mehr wiedergekommen wäre. Wir hätten Glück gehabt, die neue Wasserpumpe hatte einen Materialfehler, der neue Zahnriemen hing nur noch ganz wenig in ihrem Raster, wäre er abgefallen beim Fahren, hätte sich der Motor in seine Einzelteile zerborsten, der blaue Bus würde als Totalschaden in Norwegens Einsamkeit verschrottet werden müssen.

    Glück ist ein Wort, mit dem ich wenig anfangen kann. Ich bin sicher, dass Gott seine bewahrenden Hände über uns hält, weil sich alles gut zusammenfügt, auch wenn die Voraussetzungen dafür nicht gegeben scheinen.

    Und ich lerne aus allem, mich besser zu verstehen, mich zu hinterfragen, mein Leben zu ändern, auch wenn es nur Nuancen sind, oder ich die gleiche Erfahrung zum wiederholten Mal mache. Immer bewegt sich etwas, rückt auf die richtige Position, auf der es mir/uns besser geht.

    Es war schon fast halb fünf Uhr nachmittags, als der blaue Bus wieder auf dem Hof stand. Hilde gleich rein, Kanister aufgefüllt, und einen Eimer kochend heißes Wasser bekommen für die Handwäsche. Der Eimer steht fest zwischen den Sitzen, jetzt brauche ich noch einen Bachlauf, um die Bekleidung auszuwaschen.

    Wir fahren los, über die hohe Brücke, auf die ich jeden Tag geschaut habe, von der Insel, wo Rørvik liegt, zurück aufs Festland. Die Sonne scheint, aber von Norden her kommen dunkle Wolken, von uns fast heiß ersehnt. Es fällt mir schwer, den Reisefaden aufzunehmen. Der Schreck sitzt mir noch deutlich in den Gliedern.

    Es haben sich so viele Menschen mit Spenden unserer Situation angenommen, sodass sich diese nicht verschlechtert hat. Wenn ich jemand noch nicht gedankt habe, dann möchte ich das hiermit tun!
    Ich habe keinen Einblick aufs Konto, aber mein Sohn wird das die nächsten Tage erledigen.

    Wieder sind die Ränder des norwegischen Festlands von Inseln umgeben, die Eidshaug und Måneset vorgelagert sind, sodass keine Fernsicht möglich ist. Die Straße nach Leka, der Insel, führt über eine Brücke, die die Landmasse vom Festland trennt, unser Weg geleitet uns auf die Küstenstrasse 17.

    Hier erinnere ich mich an andere Reisen, besonders als ich einen Abstecher ins Tal an Lysfjorden vorbei mache, um einen geeigneten Schlafplatz zu finden. Da habe ich getankt, dort eine Pause gemacht, hier sind wir spazieren gegangen. Ein milder Abend, die Sonne liegt noch weich und warm überm Land.

    An der Straße oben auf dem Berg ist ein Parkplatz. Dort nächtigt ein deutsches Paar im norwegischen Camper auf einer Seite, und Torva aus Estland in seinem Pkw. Er ist auf dem Heimweg, ich gebe ihm noch die Vildmarksvägen auf unserer Höhe, aber in Schweden, mit, und er revanchiert sich mit einem wunderschönen Video der Begegnung mit einem Fuchs auf Armlänge. Trotz dessen offensichtlichem Erstaunen bleibt der Junge vollkommen gelassen. Wohlgemerkt, ich spreche vom Fuchs.

    Der Verkehr hat zugenommen, der Regen rinnt an den Fenstern entlang, es ist fast mittag. Hilde's Kopf liegt auf meinem Bein, ihr Atem geht ruhig und regelmäßig.
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  • Überm Fjord

    18–19 Jul 2024, Norway ⋅ ☁️ 15 °C

    DAY 22 TOUR DE EUROPE
    (Fahrtstrecke 22 km)

    Lysfjord - Traumaussicht bei Holm (Google) /
    https://park4night.com/de/lieu/38076/open/

    Ja, ihr Bruder würde noch leben, er habe ihnen den Platz vor ein paar Jahren verkauft. Er arbeitet weiter auf der Ölplattform und stimmt, er hat eine Freundin in der Nähe von Oslo. Sie wissen viel von unserer Familie.

    Wie waren die einzigen Gäste auf seinem Platz gewesen. Vor sieben Jahren. Als mein Sohn und ein Kumpel von ihm uns in Norwegen besucht haben. Er habe den einzigen Alkoholausschank in der Umgebung. Und er war sein bester Gast, wollte uns ständig einladen. Aber obwohl wir alle drei gerne mal was Leckeres trinken, wir wollten auf keinen Fall, dass das hier in einem Gelage enden würde, denn jetzt war sein Gang schon manchmal unsicher.

    Er war ein toller Gastgeber, den jungen Leuten näher als mir. Nur manchmal brauchte er halt einen Kaffee. Mit Schuß, so wie wir sagen. Danach war er wieder ruhiger. Die Arbeit auf der Ölplattform setzte ihm zu, die Einsamkeit dort, das strikte Alkoholverbot, die Ferne seiner Freundin.

    Ich habe schon immer gut zugehört, und ich kann zwischen den Worten lesen, die richtigen Fragen stellen. Das ist ein Geschenk. Und manchmal triffst du halt jemanden, der endlich mal reden will muss kann. Und er weiß, du gehst weg und nimmst die Geschichten mit. Und so habe ich seiner Schwester auch nur das erzählt, was alle wissen.

    Aber ich habe ihn nicht vergessen, freue mich, dass es ihm gut geht. Mein Sohn erinnert sich an die Zeit. Wir haben Wäsche gewaschen, er hat ihnen sein Quad geliehen, und besondere Angelplätze gezeigt. Leider sind nachts keine Elche gekommen, obwohl sie sonst oft vorbeischauen. Hat er uns gesagt.

    Ob ich meine Wäsche bei ihr auswaschen könne, ich möchte nicht über Nacht bleiben. Dass es mir zu teuer ist mit 300 Kronen, fast 30 Euro, mag ich nicht sagen. Ich würde weiter wollen, habe ich ihr gesagt. Bedienen Sie sich gerne, so hat sie mir das Wasser geschenkt, genauso großzügig wie ihr Bruder.

    Wir fahren weiter, drei Kilometer vor der Fähre, biegt eine breite Straße von der 17 ab, die über dem Fjord liegt, sodass wir vor der Tür das Wasser haben. Es windet und der Regen nieselt. Der Fjord wirft sich in Wellen auf die Felsen, auf denen Blumen wachsen, die ich auf unseren nassen Spaziergängen mit dem Handy pflücke, und dir mitgebracht habe.

    Vom Meer habe ich ein Video gemacht, und es auf Youtube hochgeladen. Dort erzähle ich ein bisschen mehr aus unserem Leben. Manches kann ich besser sagen als schreiben, es ist persönlicher, direkter, ungeschminkt.

    https://youtu.be/fDFuSvnM3-I?si=CsjXLOBaYjvjN2Jj
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  • Zwei Sonnen

    20–21 Jul 2024, Norway ⋅ ⛅ 19 °C

    DAY 23 TOUR DE EUROPE
    (Fahrtstrecke 53 km)

    Bindalseidet (Einkauf Coop) - Holm - Fähre - Vennesund - Gravhaug (Stein-Stele) - Viksjøen (Hafen mit Helm) Vik (Parkplatz) - Rastplatz am Sørstraumen (Hilde bekommt ein Stück Pollak)

    Am Abend treffen wir einen jungen Mann aus Deutschland, der bei Oslo lebt, und demnächst dort studieren will. Auf dem Kombi ein Kayak und ein Kanu, er baut gerade eine Angel zusammen. Wenn du Fisch magst, kann ich dir was abgeben. Hilde würde sich freuen, ich kann das leider nicht essen. Keine Stunde später hockt er im Gras und filettiert den Pollak und die Makrele, die er gefangen hat. Eine große Möwe wartet geduldig neben ihm auf die Reste.

    Er kommt vorbei wegen Hilde und verabschiedet sich für eine Nacht im Airbnb, das er sich gemietet hat. Manchmal überlege ich, was wahr oder Fiktion ist. So leichtfüßig kommen die Geschichten daher, dass ich ihnen nicht immer so einfach folgen kann. Aber die Welt ist anders geworden, ich bin da ziemlich antiquiert.

    Den Fisch pack ich ein für morgen früh. Ich werde ihn für Hilde teilen, damit sie nicht schlingt und sich hinterher erbricht. Wir sind halt schon ein wenig fern der Wildnis unterwegs. Eben auf unserer eigenen Reise. Morgens fahren wir im Regen nach Bindalseidet. Dort gibt es einen kleinen Coop, das ist überschaubar, sodass ich schnell unseren Kram zusammen habe.

    Bisschen Käse, Joghurt, Kekse. Über die Kaviarcreme und den Kefir freue ich mich am meisten. Trotzdem, dass ich überall das Günstigste kaufe, kommen fast 40 Euro zusammen. Im riesigen Rema 2000 wäre es billiger gewesen, aber auch ziemlich überfordernd.

    Dieses Mal sind wir fast die Letzten, die in den Bauch der Fähre passen. Die Überfahrt ist ruhig, in Vennesund gehören wir zu den ersten Fahrzeugen, die an Land fahren. Da fällt mir der biblische Gedanke ein, der mit den Ersten und Letzten.

    Ein Tscheche hat sich am Parkplatz vorgedrängt, einfach an die erste Schlange angehängt, obwohl da schon eine zweite wahr. Ich habe ihn angeschimpft und Hilde hat den Faden aufgenommen, und ihn wütend angebellt, sobald er an ihr vorbeigegangen ist. Er hat nur vor sich hingeschaut. Am Hafen hat er dann hinter uns hergeschaut. Die Rache des Kleinen Mannes ist süß oder so.

    Besser, sich einfach von Niemandem das Leben versauern lassen. Wir biegen eh nach links zu der Stein-Stele ab, kaum das wir am Land sind. Zu offen der Platz, zu stark der Regen, der mit dem Wind übers flache Land fegt. Außerdem hat ein Franzose die gleiche Idee.

    Viksjøen ist ein kleiner Hafen mit dem obligatorischen Camping Forbudt. Wir bleiben für eine Rast, den Blick übers Meer, und das Foto vom vergessenen Fahrradhelm. Im Vik, beim Friedhof gegenüber, kann man parken, vermutlich auch übernachten. Wir rasten und gehen spazieren, ich habe Zeit und gucke auf dem Handy eine schwere Bergetappe von der Tour de France. Dort scheint die Sonne und die Berge sind so schön, dass es mich ein bisschen sehnt.

    Zum Abend stehen wir am Sørstraumen auf einem Parkplatz im Päckchen mit anderen Campern. Ehefrauen verlassen niemals das Haus, wenn Fremde in der Nähe sind. Habe ich da was verwechselt. Irgendwie gibt es dazu einen anderen religiösen Hintergrund. Aber vielleicht bestätigt es auch, dass fürs ehepaarliche Camperreisen eine gewisse Konstellation Grundbedingung ist. Einer ist still, damit der andere laut sein kann.

    Zum Glück geht's auch anders. Und nicht nur alleine. Am Morgen stehen wir mitten im Licht. Es fühlt sich an, als seien wir eingequetscht zwischen zwei Sonnen und dem reflektierenden Spiegel des Flusses. Hilde erleichtert sich im nassen Gras, das am Bauch kitzelt, doch kaum überlegen wir, um die nächste Ecke zu gehen, da sind wir schon umzingelt von anderen Vierbeinern.

    As quick as possible. Wir packen zusammen. Sagen tschüss zur Frau hinter dem Schleier des Vorhangs und ihrem draußen rauchenden Ehemann. Fahren die Brücke über den Straumen. Da soll ein kleiner Hafen sein. Vielleicht finden wir dort Schatten.

    Nicht wirklich, aber die kleine Straße folgt einer großartigen Idee. Unterhalb der fast kahlen Berghänge, oberhalb von grünen Wiesen und blauen Seen, umringt von dunklen Tannen, führt sie uns an pittoreskeinsamen Häusern zurück zur Küstenstrasse, wo wir ein schattiges Viereck finden.
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  • MNS

    20–21 Jul 2024, Norway ⋅ ⛅ 17 °C

    DAY 24 TOUR DE EUROPE
    (Fahrtstrecke 102 km)

    Sømnesvika Brygge - Sømnesveien - zurück auf die 17 - Abzweig bei Hans Ivar Slattøy - Richtung Hommelstøy auf 7720 am Fjord entlang - bis Homborneset - zurück bis zum Abzweig der 17 - Tankstelle in Berg (Wasser aufgefüllt/Schweizer Motorradfamilie getroffen) - Traelnes (Friedhof) - Skogmo - Abzweig auf 76 - Parkplatz am Bach mit Spaziergang - an Velfjord entlang - Seterlandet - bis kurz vor Hommelstøy - zurück zum Parkplatz mit Bach (Spaziergang/niederl. Ehepaar) - Abzweig 17 - Abzweig nach Salhus - Parkplatz am Wasser - Mitternachtssonne

    Die Professionellen kontrollieren uns, vor mir steht eine Frau in den Fünfziger. Barfuß, am Fußgelenk ein silbernes Kettchen, Schotter. Der Orthopäde wäre mit ihr zufrieden. Eine Angel in der Hand, die obligatorische Basecap, die meisten Frisuren werden schlicht erschlagen.

    Letztens habe einer sein Boot da draußen treiben lassen, ist denen zu nahe gekommen, da haben sie auf ihn geschossen. Ihr weit ausgestreckter Arm zeigt mitten in die Sonne hinein, ich blicke so unverständlich, dass sie ergänzt, die grünen Erhebungen da. Oh, sie spricht von einer dieser Lachsfarmen, die ich überall in den Fjorden sehe.

    Ich muss mich arg konzentrieren, weil meine Gedanken völlig abschweifen. Winter in Spanien, überall Polizei, sie wollen uns loswerden. Die mitteleuropäische Panik nicht mehr alles in Besitz nehmen zu können, was man möchte. Nicht diese dankbare Haltung, Gast in einem fremden Land zu sein, stattdessen in Sorge zu leben, vertrieben zu werden.

    Später in der Nacht dreht sie der Mitternachtssonne den Rücken zu, während andere Menschen sich nicht satt sehen können. Eigentlich meide ich solche unschönen Themen, weil sie keinerlei positiven Effekt haben, außer sich das Bewusstsein zu erhalten, überall auf dieser Welt beschenkt werden zu können. Natürlich ist auch in Norwegen nicht alles romantisch verschnörkelt, und über das heimische, politische System spricht Mancher in nachdenklicher Weise.

    Und ja, diese Profitgier gepaart mit dem Hervorheben des Privaten, des Meinseins, ist nervig. Überall in der Welt. Und sicher, das Problem der ausbleibenden Lachse in den Flüssen ist bedenklich. Sie würden sehr wohl in den Fjorden stehen, aber sie schwimmen eben nicht weiter, erzählt mir ein Angler. Dass 1972 Eisberge in der Bucht des Nordkaps gekalbt haben, als wir dort oben waren, kann heute kaum einer im Land glauben.

    Aber trotzdem ist es auch jetzt noch schön hier. Und ich bin dankbar über die Begegnung mit Menschen, die das ebenso sehen. Wir treffen eine Schweizer Motorradfamilie an der Tankstelle in Berg, als wir vom stillen Ausflug nach Homborneset auf die 17 zurückkehren. Christian, seine Frau, und die Tochter Valentina lieben es, zusammen unterwegs zu sein. Sie nehmen grade Fett und Zucker in Form von Pølsern mit Soße und Plunderstücken mit Konfitüre an der Tankstelle zu sich, als ich nach Wasser fragen will.

    Wir kommen ins Gespräch und behalten uns in Erinnerung. Ich füge ihre Links bei, falls Du ein bisschen mehr über sie wissen willst.

    @c.e.j.adventuredocumentary
    https://youtube.com/@cejadventuredocumentary?si…
    @valentinaontourf750gs

    Da ich Hommelstøy nicht an der Seite des Fjordes, der zwischen Holm und Vennesund ins Meer plätschert, erreichen konnte, versuche ich es nochmal am Velfjord, der Landstraße 76, die auf die E6 südlich von Strendene trifft. Blaues Wasser ist einfach unschlagbar und wirkt besonders aus dem kühlen Schatten heraus, den wir allerdings hier vermissen.

    Selbst auf dem Parkplatz, wo wir mit einem älteren holländischen Paar ins Gespräch kommen, lässt die Sonne nur den Bach für Hilde erkühlen, weil er im schattigen Tief unter den Sträuchern plätschert. Auch wenn sich der Spaziergang hier gut anfühlt, ist der Parkplatz nicht so einladend, dass wir bleiben wollen.

    Einladend ist das auch nicht in Salhus, lediglich der Ausblick auf den Sonnenuntergang versöhnt mit dem kahlen Umschlagplatz für Holzstämme auf dem schwarzen Schotter. In einer hellen Steinlache brüten mitten auf dem Platz Seeschwalben, was wir erst entdecken, als sie Sturzflüge auf uns starten, um uns zu verjagen.

    Vor meinen Fenster sehe ich eine norwegische Familie am Wasser stehen, den Abendhimmel betrachten. Immer wieder nehmen die vielleicht 12 und 15 Jahre alten Kinder, ein Mädchen und ein Junge, ihre Mutter in den Arm. Nicht einfach nur so, sondern mit einer so tiefen Herzlichkeit, dass die Liebe geradezu spürbar zwischen ihnen ist. Der Vater ist nicht nur der Beobachter, sondern ein deutlicher Teil der Familienbande, wenngleich seine Nähe anders aussieht. Ich kann das nicht in Worte legen, aber ich fühle es. Vielleicht, weil ich auch ein Papa bin.

    Der Abend ist laut. Ein Kommen und Gehen, jeder will ein Stück der Atmosphäre mitnehmen, dem Spiel von Wellen und Wolken. Es geht schon auf Mitternacht zu, als eine junge Frau ihre Hunde neben dem Bus anleint, sodass Hilde völlig ausflippt. Als ich sie rufe, blicke ich in ein ausdrucksloses Gesicht. Ohne ein Wort der Entschuldigung packt sie mißmutig ihre Raufbolde, zu denen sie keine emotionale Beziehung zu haben scheint.

    Was macht die Sonne mit ihr, was macht sie mit mir, mit den Anglern auf dem Kai. Ich glaube einfach nicht, dass dieses Ereignis keine Emotionen hinterlässt. Kann man sich diesem Phänomen innerlich verweigern, berührt es nicht die Endlichkeit des Lebens in uns, weckt es nicht den Wunsch, der Geburt des neuen Tages beizuwohnen.

    Das letzte Bild ist blutrot.
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  • Holzcamper

    22–23 Jul 2024, Norway ⋅ ⛅ 20 °C

    DAY 25 TOUR DE EUROPE
    (Fahrtstrecke 66 km)

    Tautra - Brønnøysundbrücke - Klippfisch AG/Bagger - Brücke - Brønnøysund - Horn - Fähre - Høyholm - Vevelstad - Forvik - Tjøtta - Campingplatz Ottersøy - Hamnes - zurück zum Parkplatz nahe dem russischen Kriegsgräberfriedhof

    Als ich durch die Tür der Rezeption reinschaue, blicken wir uns an. Für einen Moment meine ich, dass wir uns kennen, aber wir sind einander nur freundlich gesinnt. Was das ausmacht. Ja, sie haben den Campingplatz 2019 übernommen, der alte Lehrer kommt fast jeden Tag auf einen Schwatz vorbei, ich werde ihm deine Grüße ausrichten.

    2017. Wir kommen Mitte Oktober von den Lofoten zurück. Ein Sturm peitscht über die Insel, wir fragen nach einer Unterkunft. Er würde sie uns für 50 Euro am Tag geben, und klar, unser Freund Mogli @Marcus Breitfeld könne auch gerne hier wohnen. Für ihn ganz besonders ein Paradies mit heißer Dusche für seine schulterlangen Dreads, wlan zum Arbeiten, eine Heizung gegen die Kälte.

    Hier war die Geburtsstunde für unser erstes Buch, hier haben wir gesehen wie ein Elch auf der stillen Straße ein Auto anhält, hier haben wir eine wunderschöne Nordlichtnacht verbracht. An dem alten Haus gegenüber gab es einen Briefkasten, der ab und zu geleert wurde. Und am letzten Abend im Gemeindehaus eine Bürgerversammlung.

    Heute kann ich mir das alles gar nicht mehr vorstellen und denke, es liegt vielleicht an der wuseligen Sommerzeit. Aber das ist es nicht nur. Mit den Jahren, die sehr schnelllebig sind, fallen manche Situationen, manche Menschen einfach durchs Raster. Sie wirken nicht mehr zeitgemäß, auch wenn wir uns sehnen nach dem Guten, nach dem Alten, dem Gestern der Hoffnung, unserer Jugend.

    Denn immer waren wir jünger, als wir es heute sind. Im Herbst ist es ruhiger, im Winter wird es still. Ja, sagt der Niederländer, der den Platz übernommen hat, sie möchten in Norwegen sterben. Nein, das hat er nicht gesagt. Sie wollen bleiben, haben ein Haus gebaut, werden hier in Rente gehen. Aber übers Sterben spricht man nicht, der Tod in der Ferne, die nicht Heimat werden kann, da liegen so viele Unwägbarkeiten drin, das mag man nicht berühren wollen.

    Und doch sprechen die Menschen so oft darüber. Nicht nur, wenn sie alt werden. Ich gucke nach der Hütte, die ganz still am Wasser steht, nehme Abschied. Denn jetzt ist es klar, an all diese Orte werde ich nicht mehr zurückkommen, die Menschen werden bleiben, und ich werde gehen. Es wird sicher Ausnahmen geben, aber das sind die Besonderen, die mir ins Herz gewachsen sind.

    Ich nehme aber auch Abschied vom Land, in dem ich jung war. Das mache ich seit Beginn unserer Reise, vielleicht ist es jetzt eben endgültiger. Brønnøysund am Sonntagmorgen, schon um sieben Uhr bombardiert uns die Sonne am Meer, wir fahren bis zum Ende des Landes, über die Brücke und zurück. Horn am anderen Ende, die Fähre ist schon da, aber sie frühstücken alle noch. Fast nur Norweger sind morgens früh unterwegs. Mein Sohn fragt, wie weit ich gedenke, noch weiter nach Norden zu fahren.

    Er kennt mein Zeitfenster, unsere finanzielle Situation, macht sich Gedanken um den alten Bus. Es ist eine Frage, wie ich nach Westen fahren kann, ohne diese Monstertunnel zu benutzen. Und wo ich genauso einfach rüber nach Schweden komme. Und es zeichnet sich eine Lösung ab, ganz überraschend, sehr kurzfristig.

    Überhaupt die einzige Möglichkeit, wenn ich nicht einen riesigen Bogen fahren will. Das ist alles ein bisschen plötzlich, aber ich muss auch sagen, dass dieses schroffe, steinige Land, Hilde und mich im Spaziergang sehr einschränkt. Privatweg und Steinstrand, Berge und Schafe sind unsere Kontrahenten, da wird es Zeit für einen Seitenwechsel.

    An der Fähre treffe ich zwei belgische Radfahrer auf dem Weg zu den Lofoten. Von dort kommen täglich Dutzende, die meisten sind in Eile. Hundertzwanzig Kilometer im Schnitt, heute müssen sie schnell sein, um Wartezeiten an den Fähren zu vermeiden. Wir biegen von der Durchgangsstrasse nach Høyholm ab, das näher am Wasser liegt. Halten im Schatten auf dem Parkplatz in Vevelstad zwischen Heimatmuseum und Friedhof an. Auf der langen Dorfstrasse passieren wir eine alte Dame mit zwei Stöcken, die bedächtig auf dem Weg zur Kirche ist. Es ist Sonntag.

    Wir suchen Schatten. Hier und später am Nodvikahavn. Ich bin spät dran mit Schreiben, und zu früh, um Neues zu erleben. Weil sich die Bilder sonst überlappen, was mir zuviel ist. Auch Hilde ist so arg unruhig, dass ich sie anbinde, sodass sie nicht jeden Passanten kommentieren muss. Wir stehen in Hamnes am ersten Parkplatz in Norwegen, neben dem das kleine Wäldchen voller Müll liegt. Offensichtlich werden hier kurze Wege benutzt, um sich zu erleichtern, in dem man die Umwelt beschwert.

    Aber wir haben Schatten. Und ich kann die Welt nicht mal ansatzweise ändern. Später spiegelt sich der sonnenbestrahlte Berg in einer Pfütze wie ein Versprechen. Wir fahren zurück nach Tjøtta, wo wir einen Parkplatz zum Schlafen gesehen haben. Dort stand schon der selbstgebaute Camper einer holländischen Familie, die einen interessanten Blog haben, den ich hier verlinke @thewoodentraveler

    Kaum sind wir angekommen, parkt uns gegenüber eine Schweizer Familie aus Luzern, mit der wir lange reden. Wir treffen uns am Strand. Tatsächlich gibt es hinter der grasbewachsenen Böschung am See eine Art Strand. Eine Form von Sand zwischen häufig muschelbewachsenen Steinen und nassen Algen, zwischen denen Hilde manche Geheimnisse vermutet, gar einen ganzen Krebs findet.

    Da wir alleine sind, lasse ich sie rumstrolchen, bis sie so erschöpft ist, dass sie darauf drängelt, zurück zum Bus zu gehen. Noch lange sehe ich den Abend über den Seen schlafen gehen. Obwohl ich so komplett erschöpft bin, kann ich nicht vor Mitternacht schlafen.

    Träume entsprechend schlecht, und werde von der frühen Sonne geweckt, die von den wandelnden Wolken bald verdeckt wird. Als ich mit Hilde rausgehe, beginnt es leicht zu regnen. Später kommen Schafe aufs Gras vorm Fenster, die Übernachter fahren alle früh ab. Beim Aufräumen finde ich an der Windschutzscheibe unterm Wischer eine liebe Nachricht der Schweizer, ich bin sehr berührt. Ob wir uns je wiedersehen.

    PS: Mein Sohn hat jetzt das Konto überprüft, ich bin überwältigt von den vielen Spenden. Einigen kann ich nicht persönlich danken, weil sie wohl über unsere Geschichten kommen. Deshalb möchte ich das hiermit tun! DANKE
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  • Nebel

    23–24 Jul 2024, Norway ⋅ 🌫 15 °C

    DAY 26 TOUR DE EUROPE (Fahrtstrecke 114 km)

    Tjøtta - Sandnessjoen - Leland - Levang - Fähre - Nesna - Rasteplass Storskogen

    Wir haben Maude kennengelernt und Josef aus Tschechien, der mit Freunden per Rad Skandinavien bereist, und in Deutschland die EM-Spiele seines Landes besucht hat. Hierher kommt er kurz vom Berg runter gefahren, um sich im blauen See zu baden. Erfrischt kommen wir ins Gespräch übers Leben und Reisen, bevor er wieder zurückfährt.

    Maude parkt neben uns mit ihrem Camper. Sie kommt aus Belgien, eine junge Frau, die genug gespart hat, um sich eine lange Reise zu gönnen. Wir erzählen miteinander über unsere Träume, während das alte, aufdringliche Mutterschaf mit ihren fast erwachsenen Zwillingen auch unseren Platz erobert.

    Weiter oben war ich schon auf einem Parkplatz mit Deutschen ins Gespräch gekommen, als die Drei ganz dreist um die Fahrzeuge streifen. Während alle anderen Schafe hier oben sich fern vom Menschen halten, sind diese richtig aufdringlich. Was ist passiert? Es muss doch einen Grund geben, dass sie sich an den Tischen vor den Campern bedienen, in einer solchen Weise aggressiv wirken, dass ich mich lieber zurückziehe. Zumal Hilde in völliger Aufregung ist.

    Seit den Tagen auf der 17 ist sie richtig gestresst. Diese ständige Nähe von Menschen, Fahrzeugen, und anderen Hunde, das lange Warten in der heißen Sonne an Fährhäfen, vielleicht auch meine Unruhe nimmt sie extrem nah auf. Ich denke und plane viel an unserer Route, um rüber nach Schweden zu kommen und gleichzeitig die langen Tunnel zu vermeiden. Denn immer noch müssen Gebirge überwunden werden, und nicht jede alte Passstraße ist noch offen.

    Gleichzeitig ist der freie Zugang zu Spazierwegen so eingeschränkt, dass Hilde nicht den nötigen Auslauf mit mir hat. Das habe ich wirklich falsch eingeschätzt. Wir stehen noch lange in Tjøtta, gehen runter zum Wasser, das aber mittlerweile den kleinen Strand verschluckt hat, sodass nur noch eine Steinlandschaft bleibt.

    Wasser und Müll, zurück am Fährhafen können wir alles erledigen, schauen uns die alte Kirche auf dem Berg an. Sandnessjoen liegt auf Inseln, die von einer großen Brücke überspannt ist. Geringe (4m/sec) Windgeschwindigkeit ermöglicht eine ruhige Überquerung. Das war 2017 im Oktober ganz anders. Die 17 ist stark befahren. Zwischen den Fährorten liegen fast 70 km. Da gibt es genug ortsansässigen Verkehr, nicht nur dem Schwung Reisender, der von A nach B fährt.

    Ich bin lustlos. Ein paar hohe, schöne Berggipfel. Hellblaue, weite Wasserflächen. Wenig klare Bilder wie in den letzten Tagen. Vielleicht liegt es an mir, das die Landschaft verschwimmt. An der Fähre müssen wir eine Stunde in der brütenden Hitze von 26 Grad im Schatten warten, das wenige Grün wird von allen Hunden belaufen, zum Wasser kommt aufgrund der Felsen keiner.

    Erst als wir uns dem Schlafplatz nähern, nimmt die grüne Bergwelt mich wieder gefangen. Wasserfälle, Wälder, tief in den Fjorden das Meer, in dem sich die Sonne vervielfältigt. In der Nacht beginnt es zu regnen, dunkle Wolken ziehen übers Land von Osten her, während sich helle Wolken niedrig am Berghang entlang schleichen wie Nebel. Die Luft ist kalt und feucht, riecht durchdrungen von Abgasen und Windböen. Noch ein Fetzen Blau hoch über mir. Glockengeläut vom Hang gegenüber, die aufdringliche Familie hat sich getrollt. Mitten in der Nacht hat Hilde gebellt, zwei Schaffamilien passieren den Raum zwischen den Campern von Maud und uns, es ist zwei Uhr morgens, nicht fern vom Sonnenaufgang.

    Wir machen einen langen Spaziergang an der wenig befahrenen Straße entlang, erkunden beide Seiten vom Parkplatz ausgiebig. Dann gibt es Frühstück um neun Uhr, während die Fenster bei Maud noch lange verhängt sind. Als beim Frühstück rausschaue, sind die Berge verschwunden, und eine kalte, neblige Wolkenmasse legt sich übers Land. Radfahrer werden zu schemenhaften Wesen, die den Verkehr lahmlegen.

    Zwischen den Krüppelkiefern, deren Äste wie wild sich bewegen, wächst das Gras hoch, wo die Trittspuren der Schafe es nicht geknickt haben. Vielleicht wäre es jetzt Zeit für einen Elch, den Troll, oder eine Fee, ich könnte mir das gut vorstellen.
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  • Eine Entscheidung

    24–25 Jul 2024, Norway ⋅ ☁️ 12 °C

    DAY 27 TOUR DE EUROPE (Fahrtstrecke 185 km)

    Jektstrand - Sjonakirke - Joker Utskargen kurz nach dem Abzweig der 17 Richtung Bodø (Einkauf) - 810 - Ytteren (Tanken für 1,59 Euro/Liter) - Selfors - Mo I Rana - E 6 - Hauknes (Rastplatz am Ranfjorden, der unterhalb unseres letzten Schlafplatzes ins Meer plätschert) - Bjerka - Vallaskola (hier endet der Fjord) - Korgen - Korgfjell (Blutstrasse bis zum Lager Osen) - E 6 - Hatten - Sandvik - Mosjoen - Parkplatz Laksefarm Turistcafe am Wasserfall

    Blick zurück. Norwegen ist ein großes Land. Für mein mitteleuropäisches Verständnis. Um meinen Traum zu verwirklichen, hätte ich an der russischen Grenze meine Reise beginnen müssen. Mit einer geplanten Reisegeschwindigkeit von höchstens hundert Kilometern am Tag hätte ich vermutlich drei Wochen gebraucht, um hin und zurückzukommen, ergo wäre ich dort max 3 Wochen unterwegs. Das schien mir falsch zu sein.

    Neun Wochen, 63 Tage, knapp 6000 km. Im Grunde wäre es egal gewesen, wie weit ich am Nordischen Meer hätte entlangfahren können, weil bei meinem Reiselebenkonstrukt sogenannte Anfahrtswege dazugehören, ja durchaus sinnvoll sind.

    Anstatt dort oben zu starten, wollte ich südlich von Trondheim beginnen und dann die Küste hinunter bis Oslo fahren. Zweiter Fehler, ohne Vorbereitung ist mir komplett entfallen, dass meine Tunnelphobie ja immer noch lebt, und ich älter geworden bin.

    Soweit schon im Land gab es nur die Möglichkeit, in nördlicher Richtung weiterzufahren, wohl wissend, dass es wohl nur bis Bodø reichen würde von der Zeit her, um entspannt nach Deutschland zu fahren. Gerade rechtzeitig gucke ich vorsorglich mal in die Karte, um festzustellen, dass ich von dort mit Sicherheit nur über Narvik nach Schweden komme.

    Die einzige, andere Möglichkeit ist, über Mo I Rana nach Storuman, dort die schönen, einsamen Vildmarksvägen zu fahren, dann quer rüber nach Stockholm, um an der Ostsee entlang bis Malmö zu reisen.

    Als wir auf der 17 neben Maud's Camper aufwachen, zieht Nebel vom Tal herauf, und hüllt die Berge ein. Dann beginnt es zu regnen, langsam, stetig, sehr nass und stark. Wir waren zum Glück schon draußen, frühstücken jetzt gemütlich, Hilde rollt sich ein. Ich denke nach, meine Entscheidung ist gefallen, glaube ich wenigstens.

    Der Joker in Norwegen ist oft in kleinen Orten anzutreffen, sein Angebot ist anders als der kleine Coop, preislich aber teurer, sodass mein Einkauf vorsichtiger ausfällt. Chips, Käse, Joghurt, Speckcreme. Angesichts der räumlichen Nähe zu Schweden wird mir bewusst, dass es nur noch wenige Möglichkeiten geben wird, in Norwegen einzukaufen. Das macht mich ganz unruhig.

    Den Tunnel bei Korgen, der fast 10km lang, müssen Radfahrer übers Korgfjellet umgehen, mein Navi zeigt mir allerdings eine 70 km lange Straße durch einsames Land über die 806 und Bleikvasslia zur E12 kurz vor der schwedischen Grenze an. Nein, nein, nein. Das will ich nicht. Schon gar nicht um halb fünf, wo ich schon über hundert Kilometer heute gefahren bin.

    Überhaupt. Was will ich? Ich muss nachdenken. Der Paß ist auch für Fahrzeuge offen, und ich erinnere mich, Ende September 2017 von der anderen Seite gekommen zu sein. Nicht ahnend, dass hier tausende Menschen im unsäglichen 2. Weltkrieg ihr Leben gelassen haben.

    "Als Blutstraße (norwegisch: blodveien) wird in der historischen Fachliteratur ein Straßenstück in Norwegen in der Kommune Saltdal bezeichnet, das unter hohen Verlusten durch vorwiegend jugoslawische Zwangsarbeiter errichtet wurde.

    Während der Okkupation Norwegens durch die deutsche Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg wurden osteuropäische Kriegsgefangene (vorwiegend aus der Sowjetunion, Polen und Jugoslawien) unter Führung der OT-Einsatzgruppe Wiking mit Sitz in Oslo zum Straßen- und Eisenbahnbau eingesetzt. Insgesamt wurden 34.000 Kriegsgefangene von der Ostfront nach Norwegen gebracht und auf 54 Lager zwischen Korgen und dem Tysfjord verteilt.

    Das Ziel war der Bau der Polarbahn als Verlängerung der bis zu diesem Zeitpunkt in Mosjøen endenden Eisenbahnstrecke. Insgesamt sollte eine durchgehende Straßen- bzw. Bahnverbindung nach Kirkenes errichtet werden.

    Der Straßenabschnitt von Saltnes nach Saksenvik wurde von den Kriegsgefangenen als Blutstraße bezeichnet. In der Umgebung, zum Beispiel bei Dalmovika, befinden sich Gedenktafeln." (Wikipedia)

    Weiterhin empfehle ich einen detaillierteren Artikel über die Hintergründe, aus dem ich hier zitiere. "Der erste der vier Transporte von Häftlingen aus Jugoslawien nach Norwegen kam am 13. Juni 1942 an; der letzte am 11. April 1943. Nach Angaben von Ljubo Mlađenović in seinem Buch „Pod sifrom Viking“ wurden insgesamt 4.268 jugoslawische Häftlinge nach Norwegen deportiert. – 60% von ihnen haben dort ihr Leben verloren."
    https://blodveger.info/blodveger-ns-zwangsarbei…

    Das Gedenken an das Lager ist schlicht an einem Parkplatz neben einer Schotterstrasse. Hier könne man übernachten, lese ich in der App. Aber alleine der Gedanke an das Leid und das Blut der Menschen, die hier leben mussten, ergreift mich zutiefst.

    Ein Stück weiter abseits der E 6 ist das Laksefarm Turistcafe am Wasserfall, wo wir unseren Schlafplatz finden. Abendspaziergang und Nachtroutine sind heute ein bisschen zeitlich versetzt, weil ich nachdenken muss.

    Schweden macht keinen Sinn, ich will auf jeden Fall in Norwegen bleiben. Laut meiner Adac Map, in der ich Tunnellängen eingeben kann, ist es möglich, recht entspannt quer durchs Land nach Stavanger zu fahren und von dort an der Küste nach Oslo. Das ist eine gute Entscheidung, weil es mich auch zum Trondheimfjord führt, auf dessen anderer Seite wir nordwärts gefahren sind.

    Hilde war in den letzten Tagen sehr unruhig. Heute Abend geht es ihr gut. Sie legt sich auf mein Deckbett, und als ich schlafen gehe, kuschelt sie sich in meinen Arm. Das hat sie wochenlang nicht mehr gemacht.

    Nachts wache ich von einer Art brummendem Geräusch auf. Es ist der Wasserfall, der an der Felswand vor uns widerhallt. Das Ausmaß des Geräuschs, dieser permanente Lärm, löst nach dem morgendlichen Spaziergang solch eine Unruhe in mir aus, dass wir kurzfristig einpacken und zum nächsten Parkplatz an der E 6 fahren, wo der Verkehr durchaus längere Lücken von Stille hat.

    Der Himmel klart auf, ein Hauch von Sonnenlicht, es bleibt trocken. Nach dem Frühstück schläft Hilde, ihre ruhigen Atemzüge tun mir gut. Der Weg über die 17 war schön, es gab viele positive Begegnungen, die ich nicht hätte missen wollen. Und letztendlich bleibe ich dankbar für alles, was wir erleben dürfen.
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  • Die Frau des Musikers

    25–26 Jul 2024, Norway ⋅ ☁️ 14 °C

    DAY 28 TOUR DE EUROPE (Fahrtstrecke 110 km)

    Trofors - Abzweig 73 bis Abzweig 273 - Leiren - Fiplingvatnet - zurück auf E 6 am Villmarksveien Rasteplass in der Baustellenumgehung - Parkplatz am gleichnamigen See bei Majavatn - Namsskogan - Schlafplatz unterhalb der Bjørhusdal Kapelle

    Wir fahren unter dem Torbogen hindurch, der den Beginn des Trøndelags aus meiner Richtung anzeigt, das Ende des Nordlandes. Da ich gerade ein Video aufnehme, sehe ich die Busreisenden erst im letzten Moment. Der Platz ist voller Menschen und Fahrzeuge, die auf dem Weg nach Norden sind.

    Ich bin erinnert an meine Fahrt im September 2017, als der Sturm übers Land fegte und kaum Fahrzeuge auf den Straßen waren, die Schlafplätze menschenleer. Ich versuche, die beiden Reisen zu vergleichen, in dem ich mich auf ihnen betrachte. Was hat sich geändert, in mir und um mich herum. Sieben Jahre können eine lange Zeit sein.

    Hilde war zwei Jahre jung und voller Tatendrang, ich war auf eine andere Art als heute gebrechlich. Während das jetzt körperlich ist, war es damals eher mental, ich musste mich erst zurechtfinden zwischen meinen Sehnsüchten und den Realitäten, die sich im Laufe meines Lebens verschoben haben.

    Ich war ein Träumer, einer der in Zeit hängen geblieben ist. In meiner Straßenzeit vor 35 Jahren, an die ich dachte, ungehindert andocken zu können. Die Wirklichkeit war anders, ist anders geblieben, aber meine Filter haben sich angepasst. Heute morgen habe ich geträumt, ich könne die Menschen so riechen wie Hilde alles um sich herum wahrnimmt.

    Da ist was Wahres dran. Gestern abend parkt ein Ehepaar neben uns auf dem Platz unter der Kirche. Wir kommen ins Gespräch, sie kaufen mir beide Bücher ab, und Klaus sinniert darüber, warum wir uns gerade hier begegnet sind. Er macht Musik, seine Frau liest, seine Sinne sind wach, aber seine Augen werden schwächer. Wir sind vielleicht ein Jahrgang, also aus dem gleichen Jahrzehnt des Aufbruchs, der Hippiezeit, der Hoffnung, im Glauben die Welt ändern zu können.

    To make the World a better place, ist auch heute noch mein Wunsch, wenngleich das nur noch sehr punktuell stattfinden kann. Zum Beispiel in solchen Begegnungen. Gelebte Nachhaltigkeit ist unsere Erinnerung. Bei Trofors biegt die Straße nach Schweden ab, Maps schickt mich wegen der Tunnel auf der E 6 dorthin, sodass wir doch noch die norwegischen Villmarksveien befahren können, auf dessen ersten Teil ich ja gestern verzichtet habe.

    Nicht die raue, schwedische Landschaft weniger als hundert Kilometer östlich gelegen. Nein, eher die Einsamkeit der Wälder auf Single Track Roads, eigentlich eine schottische Spezialität. Die meisten Ausbuchtungen sind im Gegenverkehr, sodass wir weitgehend freie Fahrt haben. Allerdings ist sowieso kaum Verkehr.

    Oberhalb großer Seen, das untere und obere Fiplingvatnet, führt unsere Straße durch Elchland. Versteckte Häuser nach unten hin, während die mit der freien Sicht übers Tal auch von uns gesehen werden. Überall ist Licht in den Wohnungen, hinter den Fenstern ohne Gardinen. Der Tag ist grau und wirkt hier im Land eher dunkler als wir ihn in der Weite erleben.

    Später suchen wir einen Schlafplatz. Am See fährt ein Vater mit seinen Kindern gerade in einem Boot vom Ufer weg. Hinter uns spielt eine Mutter mit ihrer juchzenden Tochter im niedrigen Wasser, über ihnen am Hang das kleine Sommerhaus. Steinstrand, Feuerstelle, das Gras ist niedergedrückt, nicht fern vom Schlafplatz findet sich ehemals weißes Papier.

    Auf dem zweiten Platz hat jemand seine Schuhe vergessen. Sie stehen nebeneinander wie vor der Tür des Campers, als wollten sie einsteigen, und dann ist er ohne sie weitergefahren. Darunter ein Schulbus. Das ist jetzt schon der dritte Bus, den ich auf solchen Plätzen treffe.

    Verlassen, heruntergekommen, mal mit halb aufgebrochener Tür, zersprungenen Fensterscheiben, Teddybären im Fahrerhaus, und so ein Gebandel, was heute bald jeder mit sich schleppt, das eher einen indianischen Ursprung in sich trägt. "Kulturelle Aneignung".

    Ist das nicht auch rassistisch, sich so abzugrenzen. Warum sollen wir Menschen, die wir voneinander lernen wollen, nicht auch Eigenschaften übernehmen, auch wenn wir sie mit eigenem Leben füllen. Dreads sind auch nur Haare, aber sie zu tragen, könnte den Menschen verändern.

    Ach, der Mensch, das unbekannte Wesen. Auf dem Schlafplatz kommen wir vom Spaziergang zurück, als ein blauer Bus um die Ecke kommt. Sie muss mich gesehen haben, ich grüße freundlich, aber sie starrt sofort wieder geradeaus, fährt den Feldweg weiter, wo sie alleine wohl übernachten möchte. Vanlife ist auch nicht mehr das, wonach es am Anfang aussah. Vermutlich leider nie war. Und so schließt sich der Kreis zum Jahr 2017, als wir Mogli in seinem Balu treffen, der über die Baltischen Staaten gekommen ist, uns kurz vor den Lofoten begegnet.

    Unser Treffen ist letztendlich die Geburtsstunde des ersten Bandes der "365 Spaziergänge mit Hilde", von dem ich gestern das vorletzte Buch verkauft habe an die Frau des Musikers.
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