Europe along the Coastline (1)

juni 2024 - februar 2025
  • Spaziergänge mit Hilde
Eine Fahrt um das Festland Europas inklusive ausgewählter Inseln Les mer
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Strand, Buss, Bobil, Kultur, Natur, Fotografering, Alenereise, Spiritualitet
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    26.–27. jul. 2024, Norge ⋅ ☁️ 19 °C

    DAY 29 TOUR DE EUROPE (Fahrtstrecke 245 km)

    Brekkvassel - Abzweig 773 bis Tunnel bei den Steinfjällvägen und zurück zur E 6 - Flåtådal - Grong - Korsvollan Rasteplass - Snåsa Hotell - Abzweig 763 -
    Binde - E 6 bei Steinkler - Abzweig 258 nach Maere - Kirche auf dem Berg/Spaziergang an der Landbruksskole - zurück auf E 6 - Røra - Mule - Abzweig nach Levanger Yachthafen - durch die Stadt bis fast wieder an die E 6 nahe Momarka - Parkplatz am Ende des Fjords 'Levanger Ytterøy' auf der Rückseite von Shopping Malls

    Was für ein Tag. Wir stehen vor allen anderen auf und sind dann doch fast die Letzten, die abfahren, während die Sonne uns um viertel nach neun schon voll im Griff hat. Am Abend treffe ich auf ein französisches Ehepaar aus Nimes, die meinen, dass die Temperaturen in Norwegen sich für sie wie Winter anfühlen.

    Im Schatten auf 523 Metern mit Schneefeldern an den Hängen kann man das vielleicht auch meinen, obwohl du fünfhundert Meter Höhe auch bei Oslo hast, was deutlich weniger alpin ist. Aber durch die ansteigende Landmasse nach Norden hin, wirkt das hier deutlich höher.

    Wieder ein Weg nach Schweden, dessen Grenze weniger als hundert Kilometer entfernt ist. Zurück auf der E 6 erahne ich langsam, dass das heute mit dem Schlafplatz schwieriger wird. Auf der Suche nach einer Mittagspause finden wir durchaus freie Plätze, auf denen wir spazieren gehen können, die aber 100% in der Sonne liegen.

    Bis auf einen Hauch Schatten am Rastplatz oberhalb vom Snåsavatnet. Neben einem kühlenden Fluß, in dem sich Hilde erfrischen kann, unter hohen Birken, unweit der Toilette im Holzhäuschen, parken wir einige Stunden. Ich esse, falle in einen unruhigen Schlaf, wache dennoch erfrischt auf.

    Die Sonne hat sich gedreht, Hilde badet nochmal ihre Pfoten, es ist 17 Uhr, und wir hätten einfach bleiben sollen. Daran soll ich noch den ganzen Abend denken, während wir auf der Suche nach einem Schlafplatz für mich Unmögliches entdecken.

    Ich bin im Irrglauben, näher am Wasser zu sein, links herum um den Snåsavatnet gefahren, doch die Wälder schließen uns freundlich ein, es beginnt zu regnen. In Binde liegt der Parkplatz an einem Hang, die dort übernachtenden älteren Norweger begegnen mir mit so unfreundlichen Blicken, wie ich es lange nicht mehr erlebt habe.

    Steinkjer ist keine Alternative und der Parkplatz bei der Kirche auf dem Berg in Maere auch nicht, weil er stark frequentiert wird von jungen Menschen und lauten Fahrzeugen. Aber wir haben einen schönen Spaziergang, bis der Hilde die Zunge aus dem Maul hängt.

    Kurz hinter Steinkjer wird die E 6 zur zweispurigen Autobahn, um sich dann zwischen den Feldern zu verlieren. Schmal, rechts und links Camping und Stellplätze, keine Ausweichmöglichkeiten. Der Verkehr ebbt ab, auf den bezahlten Plätzen sehe ich im Vorbeifahren, wohin all die Camper wohl verschwunden sind. Es geht auf 20 Uhr zu.

    Der Parkplatz am Yachthafen in Levanger ist das, was in der App steht, ein unfreundlicher Platz am Rande eines Industriegebietes. Aber immerhin finde ich hier den schön gelegenen, kleinen Parkplatz am Fjord, der sich hinter einem Grünstreifen mit Bänken und spazierenden Norwegern fast versteckt.

    Es sei ein freundlicher Platz, sagen mir meine Nachbarn aus Nimes, die mit Spaniern und Norwegern in einem Dreierpäckchen parken. Das stimmt. Wir haben einen schönen Spaziergang oberhalb des Fjords, ein islamischer Clan hat sich die Sitzgruppe am See geschnappt. Ein älterer Mann umringt von fünf Frauen unterschiedlichen Alters, nur die Jüngste trägt kein Kopftuch, aber eine freche Kappe. Zwei kleine Jungs spielen an den Geräten nebenan, wenn sie sich nähern, werden sie weggeschickt. Die ältere Frau, dem Mann gegenüber, hat das Sagen, die Eindringlichkeit ihrer Worte dringt bis an mein Ohr.

    Junge Frauen im Gespräch gegenüber auf einer Bank, ein wohlerzogener, dennoch neugierig junger Hund tauscht Blicke mit Hilde. Sie sind interessiert, aber halten den Abstand, weil keiner aufdringlich ist.
    Zurückhaltung würde ich die Atmosphäre hier um uns herum nennen. Mal interessiert gucken, auch ein freundliches Nicken, ein angedeutetes Lächeln. Aber im Grunde schauen wir aneinander vorbei. Auf der Durchreise halt.
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  • Berkåk

    27.–28. jul. 2024, Norge ⋅ ☁️ 12 °C

    DAY 30 TOUR DE EUROPE (Fahrtstrecke 221 km)

    Ekne - Falstad - Tautra - dann 753 - Frosta - Åsen - E6 bis Størdal - dann Waldstrassen zur Umgehung von Trondheim über Muruvik - Hommelvik - Storfossen - Jervskogen Skisenter - Bratsberg - Klaebu - Ler - E6 - Snoån - Umgehung der Tunnel durch Soknedal - danach E6 bis Berkåk - Parkplatz hinterm Rema 1000

    Um viertel nach vier muss Hilde raus. Ich habe es mir denken können, weil wir am Abend nicht nochmal draußen waren. Sie hatte so schön geschlafen, und ich war so müde. Den ganzen Weg nordwärts konnte ich nicht vor Mitternacht einschlafen, aber nach Süden bin ich abends erschöpft. Und schlafe auch meistens einige Stunden durch.

    Nun gut, um kurz nach vier war der Asphalt nach dem Regen der Vormitternacht wieder trocken. Da ich meine Speiseröhrentablette gestern vergessen habe, stelle ich den Wecker auf halb sieben, denn wegen ihr darf ich zwei Stunden nichts essen und trinken. Jetzt regnet es, ich habe nicht angenehm geträumt, und bin heiser aufgewacht.

    So hat jeder Tag sein eigenes Innenleben, das ich nur minimal beeinflussen kann. Also ab vier Uhr aufzubleiben hätte die Träume verhindern können. Aber die Folgen der Stunden, des Reisens, Unterwegssein, der Begegnungen, da ist mein Einfluss gering.

    Ob das auch anderen Menschen so geht. War das in meinem Arbeitsleben anders, in meinem jungen Leben. Da ich eigentlich keinen Austausch habe, und die Erinnerung an früher - ich war schon mal drei Jahre unterwegs - eher punktuell ist und von ganz anderen Möglichkeiten ausging, da ich zum Beispiel meinen Lebensunterhalt verdienen musste, bleibt wenig Feedback.

    Aber es stimmt schon, damals beim Trampen, Schlafplatz und Arbeit suchen, waren die täglichen Unwägbarkeiten auch sehr groß. Heute haben wir den Rückzug in den Bus, was schon eine Art Freiheit ist, ein Unterschied in den Schlafplätzen allemal. Trotzdem weiß ich eben nicht, wohin der Weg geht.

    Tautra ist der Plan am Morgen. Die Geschichte klingt interessant, die mir Wikipedia ausbreitet, also versuche ich, sie mit Leben zu erfüllen. "Das Kloster Tautra (Monasterium sanctae Mariae in Tuta Insula; Kloster Tuterø) ist eine ehemalige Zisterzienserabtei in Norwegen. Seine Ruine liegt in der norwegischen Kommune Frosta auf der höchsten Erhebung der vom Klima begünstigten Insel Tautra in der Mitte des Trondheimsfjords in Trøndelag.

    Gegründet wurde das Kloster im Jahr 1207. Es wurde vom Lysekloster bei Bergen besiedelt, einer Tochter der Fountains Abbey in Yorkshire, England, aus der Filiation von Clairvaux. Möglicherweise ist es die Fortsetzung von Kloster Munkeby. Im Jahr 1254 brannte das Kloster ab. 1532 kam nach der Wahl des Rechtsrats Niel Lykke zum Abt das Ende als selbstständige Abtei. Im Jahr 1537 wurde das Kloster von der Krone eingezogen. Die Klosterruine wurde 1846 von der norwegischen Denkmalschutzvereinigung (Fortidsminneforeningen) erworben, die die Anlage in Teilen sichern und 1879 Ausgrabungen durchführen ließ.

    Rund 2 km von der Klosterruine wurde 1999 auf dem Westteil der heutigen Insel Tautra (der im Mittelalter von der Klosterinsel noch getrennt war) ein neues Trappistinnenkloster (Tautra Mariakloster) errichtet, das mit einem Konvent aus der Abtei Mississippi in Iowa, USA, besetzt wurde. Dieses erhielt 2006 ein neues Klostergebäude, das der Architekt Jan Olav Jensen entworfen hat und das u. a. den Forum AID Prize 2007 für die beste Architektur in Skandinavien erhielt.

    Dem Konvent gehören 16 Trappistinnen an (Stand 2018). Priorin ist Brigitte Pinot."

    Es ist Erntezeit. Kohl, Möhren, Kartoffeln reifen auf den Feldern. Junge Menschen schälen die dunkelgrünen Blätter ab, bis der Kohl klein und irgendwie nackt in ihren Händen liegt. Die Ruine ist noch gut besucht, am modernen, neuen Kloster, dessen Bauweise irgendwie lebendig wirkt, wenngleich sehr untypisch dem bekannten Gemäuer solche Institutionen gegenüber, ist niemand. Überhaupt nur eine gute Handvoll Touristen, ein Schwede und wir, besuchen die Insel mit dem Camper, dazu vielleicht zwei Dutzend norwegische Pkws. Das hübsche Café neben den Ruinen ist gut besucht, in den Fenstern des Besucherzentrums auf der anderen Seite der Insel zeigt sich ein Vater mit seinem Sohn.

    Es ist eine Insel der Vögel, Hunde seien unerwünscht, wir halten Abstand. Es ist Ebbe im Trondheimfjord und die Strände, eigentlich nur ein unwirtlicher Streifen Sand und Steine, grenzen jetzt an freigelegte Modderlandschaft, die weit draußen in Wasser übergehen.

    Schwimmen geht evtl nur nachmittags und halt nachts, aber die Strandkultur scheint dem Norweger eh nicht so zu liegen. Wanderungen sind eher ihr Metier. Uns so ist es auch nicht verwunderlich, dass wir ein Paar treffen, dass sich am Falstaddenkmal von der Last ihrer Rucksäcke befreit, und die Luft außerhalb des Waldes genießt.

    Vor Volgen halten wir an einem leeren "Freizeitpark" mit Grill, Köhlerhütte und Volleyballfeld. Solche schönen Spazierwege nutzen wir gerne. Zurück auf der E6 nähern wir uns dem Großstadtgetriebe von Størdal und Trondheim mit großem Aufgebot zweispurig.

    Mein Navi spricht von langen Tunneln und führt mich auch eine hügelige Waldstrasse mit Flüssen und Seen weitläufig um die Stadt herum. Im Winter das Skigebiet der Städter, staubt es jetzt gehörig auf den trockenen Straßen, wo die Ränder voll mit Steinen sind und die Mitte ein trockenes Lehmbett, auf dem zügiges Fahren möglich ist.

    An einem See geht Hilde baden, aber kaum verlassen wir den Bus, sind auch gleich die Bremsen da und umschwirren uns. Da macht das Spazieren wenig Freude. In Ler kommen wir zurück auf die E6, in Soknedal umfahren wir die Tunnel erneut. In Brekåk ist der Dieselpreis auf sagenhafte 1,61 Euro gefallen, hier wird fleißig getankt.

    Abendspaziergang um die Schule herum, dann treffen wir Hilde aus Reutlingen, die mit ihrem Mann zum Angeln auf Hitra fährt, und natürlich ein Buch von uns kaufen will, als Erinnerung sozusagen. Während wir miteinander reden, beginnt es zu regnen. Einer der üblichen Wolkenbrüche, so wie man zu sagen pflegt, wenn man in bekannten Monsungegenden unterwegs ist. Für Europa eher ungewöhnlich, aber wir werden uns schon dran gewöhnen müssen.
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  • Vinstra

    28.–29. jul. 2024, Norge ⋅ ⛅ 12 °C

    DAY 31 TOUR DE EUROPE (Fahrtstrecke 248 km)

    Ulsberg - Abzweig E3 - Kvikne - Alvdal - Atna - Abzweig 219 - Abzweig 2204 - Abzweig 385 - Storfjellseter - Friisbua - Ringebu E6 - Hundorp - Parkplatz bei Vinstra

    Die beiden großen E's tragen gegensätzliche Emotionen in sich. Ferne und Heimat, Illusion und Wirklichkeit. Auf der 6 und der 3 fährst du entweder nach Norden in Richtung solcher illustren Ziele wie Lofoten und Nordkap, oder in den Süden. Oslo, Kopenhagen, Hamburg, und weiter fächert sich das auf in die europäischen Länder.

    Durchaus reizvolle Ziele, wenn man in einem Bus lebt, aber für die meisten Reisenden geht es nachhause. Wir freuen uns, drauf, sagt das ältere Ehepaar aus Potsdam, das ich auf einem Parkplatz treffe. Einmal im Jahr zum Angeln nach Norwegen. Zwei Wochen. Jetzt haben wir wieder genug Fisch.

    Zuhause ist Familie, Haus und Garten, die Enkel freuen sich auf uns. Wir haben viel zu tun. Sie hätten die Reise auf die Insel seit einem Jahr geplant, erzählen die beiden Männer am Morgen, und nächstes Jahr wollen sie an den Gardasee. Dabei leuchten ihre Augen. Sie sind meine Nachbarn in Berkåk, beide um die 60 Jahre alt mit ihren jüngeren Frauen. Der Schwager war schon immer unterwegs. Kohlenmine in Grönland, Lastwagenfahrer durch Mitteleuropa, er spricht ein wenig Deutsch.

    Und dennoch ist das hier eine besondere Reise in ihren Wohnmobilen, die sie lange vorbereitet haben. Ein paar Wochen im Jahr. Urlaub von der Arbeit. Und trotzdem mit der Familie unterwegs. Darüber denke ich oft nach. Wie es gewesen wäre, wenn...Natürlich habe ich auch Versuche gestartet, ein, wie auch immer, bürgerliches Leben zu führen. Einzig, mir fehlen die Fähigkeiten, die Voraussetzungen dazu.

    Ich wollte immer weg, und zurückkommen war mir zwar nicht ein Graus, aber nie eine große Freude. Rechts und links der Straße, manchmal versteckt hinter Bäumen oder in einem Tal, auf einem Berg, am Ende der Straße. Es ist müßig, darüber nachzudenken, ob ich dort hätte, würde leben können. Aber der Gedanke überfällt mich schon manchmal. Wie gut es Hilde gehen würde, wenn sie auf einem Hof mit Wiesen drum herum sein könnte.

    Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Denn wir leben ja in diesem alten Bus. Als wir am Abend vom Spaziergang kommen, bellt sie geradezu euphorisch unser Zuhause an. Das hat sie noch nie getan. Ja morgens, wenn wir los fahren, dann sind ihre Beller kleine Juchzer vor Freude, dass es wieder weiter geht, auch das macht sie erst seit zwei, drei Jahren.

    Und ich. Die Reise über die E6 und heute über die E3 stimmt mich traurig. Es fühlt sich wie das bekannte Ende einer Reise an, so wie früher, als ich noch gearbeitet habe. Dabei ist das doch jetzt nur eine Richtung. Du fährst Nachhause schreibt mir Mancher, weil mit Zuhause Deutschland verbunden ist, Braunschweig, die Kinder. Es ist lediglich ein Ort, ein Land, ein Zustand. Auch eine Freude. Natürlich freue ich mich, die Kinder und Enkel zu sehen. Weniger freue ich mich auf die Ärzte, die Notwendigkeit des Alters.

    Zuhause ist der blaue Bus. Und das wiederum ist ein Privileg des Reisen, des dauerhaften Unterwegsseins, dass unser Zuhause immer ganz in der Nähe ist, sozusagen unser Lebensmittelpunkt. Der Ort des Rückzugs vom Draußen, vom Regen, Sturm und der Sonne, aber auch von der menschlichen Unruhe um uns herum.

    Tür auf, Tür zu. Hier was kramen, dort was anders legen. Mittlerweile ist es längst 22 Uhr durch, und der ältere Norweger hinter uns macht einen Lärm. Mal geht er weg, mal sitzt er am Lenkrad, dann beginnt er wieder mit der Odyssee der Türen. Ich würde gerne schlafen, aber seine Unruhe überträgt sich.

    Als er endlich hinten in seinen Kastenwagen klettert, die Türe schließt, kann ich nur hoffen, dass der Schlaf bald kommt. Am Morgen steht sein Bus immer noch hinter uns, er konnte die Fenster nicht verdunkeln, aber zum Glück kommt hier unten bei Vinsta die Nacht mit ihrer Schwärze, allerdings bleiben die Lampen auf dem Parkplatz ziemlich hell. Aber wenigstens scheint es so, als habe er schlafen können.

    Wir hätten auch auf der E6 bleiben können, aber letztendlich bin ich glücklich über den Umweg der E3, die durch den bewaldeten Osten Norwegens führt. Mitten in die größte Population von Elchen. So ist zumindest die Werbung am Straßenrand, kurz bevor wir ins Gebiet der Rondane nach rechts, also zurück zur E6 abbiegen.

    Sofort verkleinert sich sie Straße, verringert sich der Verkehr, steigt die Höhe an. Letztendlich auf 1133 Meter, rund um uns herum das Blöken der Schafe, Kühe kreuzen unseren Weg, die Baumgrenze haben wir überschritten. Moose, Steine und Seen, drei Möwen. Das Plätschern der Flüsse, der beständige Wind, das Rauschen vorbeifahrenden Autos.

    Wir brauchen Stunden für 60 km, und ich bin verwundert, dass ich noch nie hier oben war. Denn immerhin habe ich 1972 im Tal in Hundorp bei der Familie meiner Freundin gewohnt. Aber niemand kam auf die Idee, mir dieses stille Land zu zeigen.

    Eindrucksvolle Bilder und Texte findest Du über diesen Link.

    https://www.visitnorway.de/reiseziele/ostnorweg…

    Wikipedia erklärt uns, "Rondane liegt östlich des Gudbrandsdalen in den Kommunen Dovre, Sel, Nord-Fron, Sør-Fron, Ringebu, Folldal und Stor-Elvdal im Fylke Innlandet.

    Rondane ist ein typisches Hochgebirge mit ausgedehnten Hochebenen und 10 Gipfeln über 2.000 m. Im zentralen und nördlichen Teil finden sich die höchsten Berge. Die höchsten Gipfel bilden Rondslottet (Rondaner Schloss) mit 2.178 m, Storronden mit 2.138 m und Høgronden mit 2.118 m Höhe. Der niedrigste Punkt liegt unterhalb der Waldgrenze, die hier mit 1.000 bis 1.100 m Höhe für Nordeuropa sehr hoch liegt, was an dem milden, aber auch sehr trockenen (500 mm Niederschlag pro Jahr) Klima liegt. Im Süden des Parks befinden sich flachere Hochebenen.

    Die Landschaft wird durch Berge und Täler deutlich geteilt... Zwischen den steil abfallenden Hängen dieses Tals liegt der schmale See Rondvatnet, der auch die Mitte des Parks bildet. Von ihm aus können alle über 2.000 m hohen Gipfel in weniger als einem Tag zu Fuß erreicht werden.

    ...An manchen geschützten Talhängen finden sich aber feste Schneefelder. Weit verbreitet finden sich Toteislöcher als Überbleibsel der Eiszeitgletscher. Weiterhin prägen eigenartige kleine Hügel die Landschaft. Diese Esker wurden in den abschmelzenden Gletschern durch die Grundmoräne gebildet."

    Alles Theorie. Du musst dort gewesen sein, dann weißt du, warum du immer wieder kommen wirst. Und vermutlich siehst du erst beim Wandern, in welcher unglaublich schönen Welt du unterwegs bist. Für mich ist es ein erstes Hineinschnüffeln gewesen, dem vielleicht die ein oder andere Übernachtung folgen könnte.

    Wir waren auch nur im südlichen Teil des Nationalparks unterwegs, die spektakulären Highlights hebe ich mir für später auf. Später. Was für ein Wort. In Hundorp kaufe ich ein, schaue mir die imposante Kirche am Friedhof an, während die E6 im Gudbrandstal durch Tunnel gleitet, die ich möglichst umgehen will.

    Das bringt mich dann tatsächlich an den unruhigen Stellplatz oberhalb von Vinstra, der emsig aufstrebende Kommunalort der Region. Hier gibt es die weiterführenden Schulen, die administrativen Büros der Gemeindeverwaltung, die eilige E6, der man einen Versorgungsplatz für Lkws und Wohnmobile anbietet.

    Am Samstagabend werden die schicken Autos spazieren gefahren, mit weithin röhrenden Motoren, hohem Benzinverbrauch, für den gleich die Tankstelle nebenan ist. Man schläft im weitläufigen Hotelbereich uns gegenüber, und speist mit Peer Gynt im romantischen Ensemble, das jetzt wieder für die Frühstücksgäste hell erleuchtet ist.

    Im Tal quert eine alte Eisenbrücke die früher stark befahrene Landstraße, die einstige Nordsüdverbindung zwischen den Hügeln, die das Tal einschließen. Hier war ich mal Zuhause, in einer Zeit, in der dieser Begriff mir auch schon nichts bedeutet hat. Halt ein Ort wie viele Orte, die mir im Laufe meines Lebens begegnet sind.

    Ohne Trauer, eher mit einem schönen Gefühl behaftet, das nicht nur aus der Erinnerung stammt, die ja vieles im Leben in farbigen Tüchern birgt. Hilde reckt sich, ich habe mich gerade im Bus "geduscht", gleich schauen wir mal, wo es gut riecht. Nicht wahr, Hilde, da wartest du schon drauf.
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  • Russbrua

    29.–30. jul. 2024, Norge ⋅ ☁️ 11 °C

    DAY 32 TOUR DE EUROPE (Fahrtstrecke 98 km)

    Vinstra - Sjoa - Heidal - Kreuzung 257/51 wir erreichen unsere Reiseroute vom 5.7.24 bei Randsverk, fahren auf ihr zurück - Russbrua - Gjendesheim - Parkplatz an der Russbrua (Brücke) neben einem wilden Nebenfluss des Sjoa

    Zwanzig Kilometer Gudbrandsdalen, und ich bin satt an Bildern und Eindrücken. Eine beeindruckende, morgendliche Stille trotz des beständigen Rauschen des breiten Flusses, der wilden Sprünge von fallendem Wasser aus den Bergen, dem bewegten Bild der Blätter im sanften Wind.

    Vielleicht ist es die Abwesenheit von Menschen an einem Sonntagmorgen, vielleicht ist es auch nur in meinem Kopf. Das Wasser des Flusses hat die Farbe eines seltsamen Grün, mit einem Stich Grau, einem Hauch Türkis. Der Fluß ist sehr breit und der Wasserstand sehr hoch, bringt der Lågen doch seine Masse einen langen Weg aus den Bergen.

    "Der Gudbrandsdalen - Lågen im Fylke Innlandet ist einer der beiden Abflüsse des Sees Lesjaskogsvatnet. Er durchströmt das Gudbrandstal und bildet den See Losna und fließt, nachdem er die Nebenflüsse Otta, Vinstra und andere aufgenommen hat, bei Lillehammer in den See Mjøsa. Dessen Abfluss, die Vorma, ergießt sich nach einer Gesamtlänge beider Flüsse von 322 Kilometern in die Glomma." (Wikipedia)

    Die Glomma mündet letztendlich in den Oslofjord. Für uns quert in einer Schlucht die Sjoa unter der hohen Brücke den Weg, bevor sie im gleichnamigen Ort in den Lågen springt. Zumindest stelle ich mir das vor, so wild wie sie unter und später neben uns bergab hüpft, während wir an ihr entlang bergauf fahren.

    Rafting ist der beliebte Sport auf stark bewegten Wassern, Schwierigkeitsgrade bis 6, aber meistens 3/4. Wir haben einen Spaziergang oberhalb des Flusses gemacht, sind zu ihm runtergegangen, weil sich Hilde in einem kleinen Becken erfrischen wollte.

    Hier steigen die Wildwasserkanuten in den Fluss und können die seichte Strömung am Rande nutzen, bevor sie den Tanz auf den Wellen kämpfen wollen. Die Rafter kommen von rechts und queren nach links unter der Brücke hindurch. Das Tempo sieht schon von meiner Seite hoch aus, wie muss es erst im Boot wirken.

    Heidal mit Kirche und Gasthaus, denen man die alte Zeit ansieht, als das Tal noch einem beschaulichen Wandel frönte. Heute ist viel Reiseverkehr, die Kirche hat Sommerferien, wie es am Tor des Friedhofs angezeigt ist.

    "Der Fluss Sjoa ist ein wasserreicher Wildfluss im norwegischen Innlandet. Er beginnt seinen Lauf am Ostende des Gjendesees bei Gjendesheim im Nationalpark Jotunheimen und fließt von dort aus in nordöstlicher Richtung. Er durchquert dabei das landschaftlich schöne Hochtal Sjoadalen, bevor er später in den Lågen mündet."

    Wir fahren nur einen Teil seiner fast hundert Kilometer Länge, kommen aber an der Kreuzung bei Randsverk unseren eigenen Spuren in die Quere. Vor drei Wochen sind wir von jenem Gjendesheim über die 51 nach Vågåmo gereist, heute nehmen wir ein Stück des Weges zurück.

    An einem der Zuflüsse des Sjoa machen wir eine lange Pause. Das Tal ist eng, durch das sich das Wasser eiligst unter der Russbrua hindurchquetscht, sodass es eine permanente, lauter Geräuschquelle bleibt, die in meine Träume dringt.

    Denn nach einem kurzen Abstecher sind wir hierher zurückgekommen, haben den uneingeschränkten Blick auf die Sonne des Abends und des Morgens, den Lauf des Flusses und der Weite des Wiesen bis hin zu den bewaldeten Hügeln, die nach oben hin in Moos und Heidekraut übergehen. Weiter hinten wird der Fels kahl und kleine Schneefelder überstehen den Sommer.

    Die Temperatur sinkt auf 5°C ab in der Nacht, das fühlt sich eiskalt an. Als ich um ein Uhr aufwache, sehe ich die Lichter eines einsamen Urlaubers durch die Nacht hüpfen. Wohin wird die wilde Reise wohl gehen, mit Pkw und Wohnwagen. Das Ziel muss ungleich schöner sein, wenn man die Landschaft hier schon so einfach verpassen möchte.

    Die Sonne ist schnell hoch am Himmel, kündigt einen weiteren heißen Tag an, der keineswegs mit den Hitzewellen am Mittelmeer konkurrieren könnte. Aber 18 Grad in Norwegens Höhe und Trockenheit sind ne Menge, sodass wir Schatten suchen müssen im Nationalpark Jotunheimen. Und vielleicht das nächste Plätzchen ohne einen wild rauschenden Bach.
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  • 1100

    30.–31. jul. 2024, Norge ⋅ ⛅ 13 °C

    DAY 33 TOUR DE EUROPE (Fahrtstrecke 220 km)

    Fagernes - Gol - Hagafoss - Geilo - Dagali - Torsetlia - Vasstulan1100

    Genau genommen sind wir sogar einen Meter höher, obwohl wir ein, zwei Meter unterhalb vom Gasthof übernachtet haben. Aber wer will schon so pingelig sein, hier und dort ist der Morgen eisig kalt mit seinen 6°C, was den Kaffee schnell entheißt.

    Obwohl der Parkplatz riesig groß ist, muss zur Schlafenszeit jemand umständlich und laut mit Wohnwagen rückwärts einparken, um morgens früh bei der Abfahrt türenschlagend seine Umgebung erneut zu wecken.

    Es ist die Rennstrecke vom Fährhafen in Kristiansand nach Norden. Und obwohl das 350 km und 5 Stunden entfernt liegt, kommen uns manchmal ganze Päckchen von Dutzenden der Fahrzeuge entgegen, so wie wir es auf der 17 erlebt haben, kaum dass eine Fähre ihr Maul geöffnet hat.

    Einen Teil der Strecke bis Fagernes und Gol sind wir vor drei Wochen schon mal gefahren. Kein Vergleich zu heute, wo die Straßenränder im Jotunheimen mit parkenden Autos flankiert sind, deren Inhalt in den Bergen rumkraxelt, oder an Bächen abseits der Straße in Zelten übernachtet.

    Jeder touristische Parkplatz ist rappelvoll, und die Übernachtungsorte sind selbst am Mittag noch dicht bedrängt. Der Verkehr hat es eilig. Montag muss der eine Teil arbeiten, und der andere Teil hat Urlaub, auch in Norwegen gibt es sowas wie Schichtwechsel in der Ferienzeit.

    Ich hadere wieder mit mir ob des südlichen Zieles am Meer, das immer noch vierhundert Kilometer entfernt ist. Es ist heiß, sonnig, waldig, mückig - also beste Voraussetzungen für einen heiteren Tag.

    Ich war schon mal in Gol und bin danach Richtung Helmsdal gefahren. Aber ich habe nur eine diffuse Erinnerung, wo ich vielleicht abgebogen sein könnte. Obwohl das erst drei Wochen her ist, aber wenn du nur einfach die Richtung wechselst, verändert sich das Bild.

    Das ist oft im Leben so, aber nur selten merkst du das so deutlich. Vielleicht liegt es auch an meinem Erinnerungsvermögen. Aber ich bin sicher, dass ich die Hol Kyrke in Hagafoss noch nie gesehen habe. Schön ist sie, aber sie steht an einer stark befahrenen Kreuzung, kurz nach dem Platz, wo die Lastwagen die Schneeketten aufziehen sollen.

    Heute sind die Pässe offen. Und auf einem übernachten wir, kurz nachdem wir den kleinen Ort Geilolia durchquert haben, der zu lustigen Wortspielereien mich verführt. Aber selbst bei Wikipedia steht nicht, wer der Oli war, der das Dorf so geil fand.

    Die Norweger verstehen meinen Spaß nicht, denn...

    "Geilolia vermietet Hütten und Wohnungen auf Geilo. Wählen Sie zwischen zentrumsnahen Apartments oder Ferienhäusern in Vestlia. Mit der Natur als Ihrem nächsten Nachbarn können Sie in Geilo viel erleben."

    https://www.geilo.com/nb/geilolia-hytter-og-lei…

    Hilde hat Bauch. Wieder musste sie schnell mal eine dumm weggeworfene Wegzehrung fressen, was dazu führt, dass die ganze Nacht der Bauch gluckert, als würden wir am Wasser schlafen. Und kurz nach Sonnenaufgang sind wir schon in den nächtlichen Temperaturen unterwegs zwischen Gras fressen und ausscheiden.

    Später frisst sie ihr Frühstück, der Himmel zieht mit Wolken zu, sie liegt auf meinem Bein mit ihrem Kopf und atmet so geräuschvoll wie ein Greis mit Asthmaschüben im Lehnsessel. Aber ihre Nase ist kalt und man sagt doch, das sei gesund.

    Die norwegische Erdbeermarmelade ist immer noch günstig, doch leider scheint es nur süsse Konfitüre geworden zu sein, während sie Früchte wohl auf dem Feld geblieben sind. Wie so manches im Leben ist das Heute nicht mehr so, wie wir es aus dem Gestern gewohnt sind.

    Der Rest ist Träumerei, das Leben im Phantasialand. Es sei denn, du stellst dich dir selber in den Weg und machst Ernst mit deiner Zukunft, von der nur ein geringer Teil in deinen Händen liegt. Aber für den bist du verantwortlich. Dein Handeln sollte in der Gegenwart sichtbar sein, zumindest für dich selber zur Orientierung und zur Auferbauung dienend.

    In dem Sinne, genieße den Tag! Er steckt voller Geheimnisse und neuer Abenteuer. Und du bist mitten drin!
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  • Vinje

    31. jul.–1. aug. 2024, Norge ⋅ ⛅ 12 °C

    DAY 34 TOUR DE EUROPE (Fahrtstrecke 175 km)

    Weiter auf 40 - Rødberg - Baever - Abzweig 37 - Jondalen - Ormemyr - Gransherad - Mailand - Rjukan - Krossen - Vinje - Campingplatz Hyllandsfoss

    Im Tal von Rjukan blicke ich auf die schwarze Wand, die sich über die Berge senkt, und weiß, dass um 18 Uhr eigentlich die Zeit gekommen ist, meine Zelte aufzuschlagen. Leider findet keiner der Plätze das innere Gefühl der Zustimmung, und ich trauere schon den Hochebenen des Hardangervidda nach.

    Leider bin ich dort zu früh am Tage und eigentlich ja nur auf der Durchreise ans Meer, das immer noch über 400 Kilometer entfernt ist, was in Norwegen mindestens zwei Tage bedeutet. Die schönen Eindrücke des Tages enden in Rjukan mit den beiden Kirchen. Hier kann ich meine Wasserflaschen auffüllen, treffe einige Reisende, die in die Berge fahren wollen.

    Und treffe die Entscheidung, weiter ins waldreiche Telemark zu fahren. Glitzernde Seen in der Abendsonne, Baumspitzenspiegelungen auf stillen Wasserflächen, aber keine geeigneten Schlafplätze. Zuviel Bebauung bringt noch mehr private Wege und Plätze, die 37 streift zwischen flachen Hängen durchs Land.

    Es ist schon fast halb acht, der Regen fällt leicht aufs Land, als ich resigniert auf einen Campingplatz fahre. Nein, ich brauche keine Duschmarken und auch keine Toilette, keine Küche, geschweige denn einen Wickelraum. Wir machen einen Abendspaziergang in den begrenzten Möglichkeiten der Umgebung zwischen See und Ort im Tal, der Besitzer zieht uns 25 Euro von der Kreditkarte ab, und ich bitte einige deutsche Kinder nicht den Ball gegen den Bus zu schießen, weil Hilde sonst wütend reagiert.

    Vor dem Seitenfenster flanieren Camper im dunkler werdenden Abend zum Badehaus, und ich bin überrascht, welche Zeit sie dort damit verbringen, ihren Körper für die Nacht vorzubereiten. Keine zwölf Stunden später werden sie erneut vor dem Spiegel stehen.

    Die Sonne ist zwischen den Wolken untergegangen, hat sich aber für den Morgen den ungehinderten Blick in meinen Bus ausgesucht, und saugt die wenigen nächtlichen Grade sozusagen in einem Atemzug auf. Würde ich den Vorhang öffnen, hätte ich gleich 20 °C im Bus, während das Thermostat noch von acht bis neun Strichen über Null spricht.

    Kleiner Schwank am Rande, während der Stellplatz fünfundzwanzig Euro ohne Strom kostet, kann man eine Blockhütte mit Küche und Strom für 45 Euro mieten. Wenn man in Norwegen Urlaub macht, müsse man Geld mitbringen, sagt mir ein Nachbar, der einen 32 Jahre alten Volvo fährt, dem man, wie dem blauen Bus, die Lebensjahre ansieht.

    Dem stimmen vermutlich nicht mal ein Viertel der reisenden Norweger zu, die überall im Lande versuchen, möglichst kostenlos zu nächtigen. Mir reißt das jetzt kein tiefes Loch ins Budget, weil ich einige Bücher verkaufen konnte. Aber ich ärgere mich über die eigene Unflexibelität, nicht einfach irgendwo über Nacht zu parken. Dass ich hier für wenig Geld meine Wäsche hätte waschen können, sehe ich leider zu spät.

    Die ganze Zeit habe ich überlegt, mal mittags auf einem schönen Platz einzuchecken, um dann genügend Zeit fürs Wäsche waschen zu haben, sozusagen die hohen Kosten auch in 24 Stunden "abzuwohnen". Doch als ich gestern resigniert hier einchecke, verliere ich den Überblick komplett.

    Manchmal denke ich schon, dass ich fürs normale Leben nicht mehr geeignet bin. Die allgemein gültigen Selbstverständlichkeiten erweisen sich für mich gedanklich als größere Hürde. Airnb, Bookingcom. Mal eben für eine Nacht irgendwo günstig einzuchecken, dazu fehlt mir einfach das Wissen, die Umsetzung.

    Im blauen Bus ist halt alles einfacher, dort habe ich fast alles, was ich brauche. Und darüber hinaus bin ich es gewohnt, mich mit den Unwägbarkeiten zu arrangieren. Trotzdem denke ich schon manchmal darüber nach, dass ich es vielleicht auch anders, vielleicht sogar einfacher haben könnte, wenn ich flexibler wäre.
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  • Moi

    1.–2. aug. 2024, Norge ⋅ ⛅ 18 °C

    DAY 35 TOUR DE EUROPE (Fahrtstrecke 234 km)

    Åmot - 38 - Dalen - Abzweig 450 - 10% Steigung, gefühlt mehrere Kilometer lang - Grimdalstunet - Førsvatn - Store Bjørnevatn - Flateland - Abzweig 9 - Homme - Valle - Nomeland - Abzweig 450 Suleskardveien - Brokke Alpinsenter - Suleskard - Fidgeland - Sinnes - Abzweig 468 - Tjørholm - Tonstad - Abzweig 42 - Bjørnestad - Abzweig nach Eik - Moi - Abzweig E39 - Rastplatz Tronvik

    Ich wache auf und habe einen Plan. Das ist der positivste Gedanke der letzten 24 Stunden.

    Der gestrige Tag kommt einer Odyssee gleich. Laut Definition von Oxford Languages "lange, mit vielen Hindernissen verbundene, einem Abenteuer gleichende Reise". Das betrifft nicht nur die Kilometer, sondern besonders auch die Unterschiedlichkeit der Landschaft, der Berg- und Talfahrt, der Hochebenen voller Steine, Gras und Seen. Aber auch die Lieblichkeit der Flusstäler, die Zerstreutheit winziger Straßen zwischen Wiesen und Seen.

    Eines haben alle Straßen und Landschaften gemeinsam. Die Herzlichkeit von Norwegens Süden, die Sonne und den kühlen Wind, der vielen Motorradfahrern entgegen fächelt oder ihren Nacken kühlt. Im blauen Bus allerdings nur den heißen Riesen macht.

    Egal, wo wir stehen bleiben können, gleich läuten Schafe ihre Ankunft ein, sackt die Hitze sofort auf dem Bus. Und leider geht Stehenbleiben auch nur da, wo andere Fahrzeuge Platz gelassen haben, eben selten in Seenähe, wo Hilde wenigstens ihre Pfoten kühlen könnte.

    Die Straßen sind eng, und wo mit dem großen, blauen M eine Ausweichstelle angeboten wird, warten nur Lastwagen, große Camper und kleine Pkw mit unsicheren Fahrern. Oder besser umsichtigen Autofahrern. Alle anderen halten drauf. Bloß nicht zu weit nach rechts kommen, wo der Asphalt nach unten abbiegt, ist meine Devise, ansonsten kenne ich die Abmessungen vom blauen Bus genau.

    In den Kurven richten sich die Motorradfahrer lieber auf, damit sie nicht zu nah in den Gegenverkehr geraten, denn so breit ist die Straße ja nun auch nicht. Die Bilder geben nur einen gewissen Eindruck vom Tag wieder, im Status bzw den Storys habe ich ein paar handgemachte Videos hinterlassen, die vielleicht mehr vom Reisen auf der Hochebene zeigen.

    Wir haben einige nette Begegnungen, die von Kristiansand nach Norden fahren. In allem sind sie sich einig, die von uns anvisierte Südküste leidet unter einem Bevölkerungsüberschuss sonnenhungriger Norweger. Das wird eng, sodass ich mich immer mehr in einen gedanklichen Frust hinein manövriere. Fast schon verzweifelt bin. Aber vielleicht liegt das auch an den zwölf Stunden, die wir heute unterwegs sind, bis wir auf diesem schönen Rastplatz landen.

    Hier kommen drei Sorten von Reisenden an. Die, deren Fähre heute in Kristiansand abfährt. Und die, die gerade gelandet sind, Norwegen sozusagen vor der Frontscheibe haben. Natürlich auch die auf der Durchreise von und nach Oslo, Stockholm, Turku, um nur einige der skandinavischen Ziele zu nennen.

    Angenehme Gespräche, eine gute Nacht, bis Hilde um halb drei ein wildes Gebell anstimmt und sich nicht beruhigen lässt. Wobei ich leider nicht die Ursache herausfinden kann. Aber irgendwann schlafen wir wieder ein. Und als ich aufwache, habe ich einen guten Plan.

    Ich muss mich mal für die Qualität der Bilder entschuldigen, aber leider ist das Glas einer der Linse gebrochen, sodass vielen Bildern die Tiefe fehlt, insbesondere wenn der Hintergrund hell ist. Das Problem kann ich erst mit einem neuen Handy in Deutschland lösen.

    Ein lieber Mensch hatte uns im Frühjahr ein Handy geschenkt, nur leider haben wir, also meine Kinder, nicht herausfinden können, wieso meine Simkarte nicht kompatibel ist, obwohl kein Simlock eingerichtet sein soll. Deshalb bin ich mit dem beschädigten Handy losgefahren, dessen sonstige Funktionen möglich sind.
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  • Vollbad

    2.–3. aug. 2024, Norge ⋅ ☁️ 16 °C

    DAY 36 A JOURNEY ALONG
    THE COASTLINE OF EUROPE
    (Fahrtstrecke 134 km)

    E 39 - Sandnes - Stavanger - Tunge - Speiderhuset Randaberg

    Und schwupps ist die Hilde weg. Das grüne Algenzeug am Rand der Felsen hat keinen Untergrund. Mit erstauntem Blick taucht sie auf, ihre Pfoten rutschen am nassen Felsen ab. Zum Glück hängt sie an der Leine, und ich kann ihre Bemühungen unterstützen.

    Tropfnass steht sie auf dem flachen Felsen am halben Hafenrund. Abkühlung total gelungen. Wir sind am Beginn des zweiten Abschnitts unserer Tour angelangt, am nordwestlichsten Zipfel von Südnorwegen. Von hier aus geht's nur per Boot oder Tunnel nordwärts, aber wir werden zum Sonnenaufgang hin reisen, bis wir letztendlich in Oslo die Richtung wechseln.

    Am Vormittag sitzen wir lange im Schatten des hohen Felsens, während Autofahrer kommen und gehen. Es ist Reisezeit in Norwegen, und wer nicht die Fähre in Kristiansand nimmt, hat das riesige Festland vor sich.

    Wir nehmen die E39 nach Stavanger. Vom Verkehr her eine Schnellstraße, von Seiten der Landschaft ein hübscher Mix aus blauen Seen, grünen Wiesen, Felsen und Häuser im dezenten Grau, eine gelbe Sonne vom azurblauen Himmel. Es gibt genügend Parkplätze, um hübsche Bildchen zu zaubern, aber wir wollen ans Ende des Landes kommen.

    Sandnes ist ein vorgelagerter Stadtteil von Stavanger, dort hat der Wohnmobilverkäufer eine große Werkstatt mit einem Trinkwasserhahn, gekennzeichnet mit einem aufgemalten Bild einer Plastikflasche voll blauer Flüssigkeit, die sich auch in einem Trinkbecher befindet.

    Wenn ich nicht wüsste, was das Symbol bedeutet, würde ich mir Sorgen machen über die Norweger. Treffe ein deutsches VW Bus Pärchen, die mir sagen, ist doch schönes Wetter, da fahren wir an den Strand. So einen Satz habe ich noch nie von Urlaubern in Norwegen gehört, das kenn ich nur aus dem Süden.

    Mir ist jetzt nicht so nach Strand, obwohl es den auch an unserem heutigen Ziel mit der Abzweigung "Sandastrand" gibt. Nicht unweit vom Golfplatz, dessen Spieler ihre Bälle sozusagen über dem Tunnel unter Land und Meer einlochen. "Der Ryfylketunnel ist ein mautpflichtiger Unterseetunnel in der norwegischen Provinz Rogaland. Als Teil des Riksvei 13 verläuft er unter dem Horgefjord und der Insel Sør-Hidle und verbindet die Insel Hundvåg in Stavanger mit Tau in der Gemeinde Strand.Der Ryfylketunnel ist Teil des Ryfast-Projekts und mit 14,4 km Länge bis zur Vollendung des Rogfast-Projekts der längste Unterwasser - Straßentunnel der Welt, zudem ist er mit 292 muh. der derzeit tiefste Straßentunnel der Welt."
    (Wikipedia)

    Er würde ziemlich steil nach unten gehen und am Ende genauso steil bergauf, erzählt mein niederländischer Nachbar auf dem Parkplatz, an dem wir später übernachten. Alleine vom Gedanken wird mir flau im Magen, ich sollte dringend frühstücken.

    Unsere Straße endet am Hafenbecken des Tungevika, der Spaziergang zum Leuchtturm bei der Begegnung der siebenköpfigen Schwanenfamilie, die im hohen Gras nahe am Weg lagern. Sozusagen tierische Wegelagerer, die sich ähnlich verhalten, denn als der Vater uns sieht, richtet er sich drohend in seiner vollen Größe auf. Wir entscheiden uns für den Rückzug. Sind fünf Junge auch bei Schwänen das uneingeschränkte Zeichen einer gesunden Umgebung ohne natürliche Feinde?!

    So kommen wir dann zu dieser Stelle mit Hilde's Vollbad, unweit übrigens von einem seichten, fast sauberen Einlass ins Wasser, wo Hilde vorher eine Krabbe versucht hat, aus dem Sand zu klauben.

    Gleich um die Ecke gibt es unseren Parkplatz auf fast sechzig Meter Höhe, von dem wir einen schönen Blick in die Bucht von Stavanger haben, wo abends ein blauer Frachter und ein roter Trawler in See stechen, eine Fähre das Wasser in regelmäßigen Abständen befährt.

    Ob sie vielleicht auf dem Weg nach Kvitsøy ist, wo heute unsere norwegischen Nachbarn hinfahren wollen. Eine wunderschöne Insel, das müssen Sie gesehen haben. Vielleicht das nächste Mal, wenn wir den Abschnitt von Stavanger nach Molde befahren, der eigentlich nur aus Tunneln, Brücken und Fähren besteht.

    Aber ich habe vielleicht eine andere Lösung gefunden, denn auf den Hurtigruten gibt es auch Hundekabinen, eine sehr interessante Variation für die Zukunft. Heute genießen wir erstmal den schönen Sonnenaufgang um halb sechs mit Hilde, die grad Lust auf lange Grashalme hat. Und später fahren wir dann langsam in Küstennähe weiter.

    Ach übrigens, die drei Schwerter im Felsen sind eine Erinnerung. "Wie der Name schon sagt, besteht „Sverd i Fjell“ aus drei jeweils zehn Meter hohen vertikalen Bronzeschwertern, die aussehen, als hätte ein Riese sie in den Felsen gesteckt. Die Schwerter sollen Frieden, Einheit und Freiheit symbolisieren und stehen in der Nähe des Ufers des idyllischen Hafrsfjord bei Stavanger.

    Sie stehen somit als ein wunderschönes Monument sowohl für den Kampf, der (zumindest der Legende nach) zu der Vereinigung Norwegens führte, als auch für den nachfolgenden Frieden, der gemäß der Tradition der Wikinger dadurch eingeleitet wurde, dass die kämpfenden Parteien ihre Schwerter in den Boden steckten." Dieses Zitat und die romantische Geschichte hinter dem Ereignis findest Du unter https://www.fjordline.com/de/norwegen/attraktio…

    Gerade als Hilde um halb acht zum zweiten Mal raus muss, kommt der rote Trawler von seiner nächtlichen Arbeit zurück, und fährt im gleißenden Licht des neuen Tages in seinen Hafen hinein.
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  • Grødeland

    3.–4. aug. 2024, Norge ⋅ ☁️ 17 °C

    DAY 37 A JOURNEY ALONG
    THE COASTLINE OF EUROPE
    (Fahrtstrecke 97 km)

    Bø - Vik - Kvernevik - Tananger - Lufthavn Sola - Ølbergstranda - Reve Havn - Orre - Bryne - Obrestad Fyr - Vigre - Grødaland Museum

    Er steigt aus seinem silbergrauen Fahrzeug, die Kamera umgehängt, was mich zu einer begrüßenden Frage bringt. Ja, er fotografiert alte Häuser aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Es gäbe in dieser Region etwa hundert, und zwei sind auf dem Hügel hinter uns. Sein Englisch hat einen norwegischen Akzent, den du bei den jungen Menschen nicht mehr hörst.

    Ein bisschen schleppend, die Worte nachgezogen, fragt er mich, ob ich schon mal in Norwegen war. Ja, 71 das erste Mal, und 72 mit meiner norwegischen Freundin zum Nordkap. Er zieht die Augen hoch und lacht verschmitzt, das wäre damals ja ein Abenteuer gewesen. Er wäre in der Zeit bei der Marine gewesen, sie hätte da oben ein russisches Schiff gejagt.

    Dann folgt eine kleine Story, während der er sich lachend an die Geschichte erinnert. Später treffe ich ihn nochmal auf seinem Rückweg. Oh, das habe er gar nicht gesehen, dass ein Stück des Kongevegen durch den Bauernhof verläuft. Leider sei das Museum geschlossen, wofür er sich entschuldigen möchte, weil ich es nicht besichtigen kann. Als ich ihm unseren Sticker zur Erinnerung gebe, geht ein Lächeln durch sein Gesicht. Er reicht mir die Hand, Odd ist sein Name, wir begrüßen uns zum Abschied persönlich.

    Bis zum nächsten Mal, maybe in heaven. Das könnte in unserem Alter wahrscheinlicher sein, ist doch Odd schon 78. Und damit macht er mir Mut. Alter ist relativ, so lange du Träume hast. Und an ihnen dein Leben aufrichtest. Später kommt ein junges, deutsches Paar auf den Platz, wo wir übernachten. Sie sind beide 19 Jahre alt, und während er kocht, fragt mich Jara nach Mehl für Pfannkuchen. Dann bleibt sie an der Tür stehen, und wir unterhalten uns über das Leben. Waldorfschule, Abitur, keinen Plan, wo es hingehen soll. Also erstmal eine Reise nach Norwegen, später arbeitet sie auf einem Weingut in Frankreich, während ihr Freund in Spanien reist. Sicher findet sie auf ihrem Weg eine Perspektive.

    Als eine Frau vom Hof am Hügel mit Hund und Katze vorbeikommt, regt sich Hilde furchtbar auf, und Jara meint, das Omelett dürfte jetzt wohl kalt sein. Meine anderen Nachbarn auf dem Parkplatz haben einen kleinen Sohn, der Emilian heißt, was mich an die holländische Familie vom Morgen auf dem Berg erinnert, die ihre Tochter Emilia getauft haben.

    Ich wollte gerade abfahren, als Hilde anfängt, wie wild zu bellen. Mit dem Blick im Rund fange ich ein Reh auf, das am Hang über uns an den jungen Ästen knabbert. Gehe rüber zur holländischen Familie, um ihnen das zu sagen, als Laurence meint, der Camper springt nicht an. Sie haben ihn in Deutschland gemietet, ob ich ein Jumping Cable hätte.

    In der Tat hat der blaue Bus all diese Hilfsmittel wie das Kabel, Rostlöser, Panzerband und natürlich ein Abschleppfahrseil. Und tatsächlich springt der Camper an, während uns die Sonne aufs Dach knallt. Der Vermieter schickt sie vorsorglich noch zu Mercedes in Stavanger, wo die Batterie überprüft werden soll.

    Wir verabschieden uns von ihnen. Bas, ein weiterer junger Niederländer, der in Norwegen reist, ist schon unterwegs. Mit dem norwegischen Ehepaar neben uns sprechen wir noch ein bisschen über die politische und wirtschaftliche Situation. Sie haben eine sozialistische Regierung, die sie kommunistisch nennen.

    Die hätten schon wieder die Steuern erhöht und bereichern sich am Volk, dessen Lebensstandard sehr gesunken ist, was ich überall im Land sehe und in den Gesprächen höre. Die norwegische Krone ist so niedrig wie nie, das Einkommen liegt nur noch unwesentlich über dem deutschen Durchschnitt, aber der staatliche Ölfond ist wieder gewachsen. Er nennt eine Summe in norwegische Kronen, die ich nicht denken kann.

    Und ich überlege, was nach Sozialismus gleich gefühltem Kommunismus denn wohl für eine Regierungsform kommen mag. Es erschreckt mich, wie die Welt sich auch dort verändert, wo ich es nicht erwartet hätte.

    Nachdenklich fahre ich weiter, den Berg runter, rechts und links, dann sehe ich das Meer hinter der bunten Blumenwiese. Später kommen die Strände mit den Badegästen, Sand und kühlem Wasser, der Atlantik hat halt eine lange Reise hinter sich.

    Park4Night ist abgestürzt und überall siehst du hilflose Reisende die Parkplätze abklappern. Übernachtungsverbote erschweren uns das Leben, aber ProMobil klappt noch. So finde ich einen Trinkwasserhahn, könnte gar dort in Bryne zwischen reparaturbedürftigen Campern übernachten, und hätte kostenlos Strom.

    Aber Industriegebiet in einem wunderschönen Land voller Wiesen und Seen, mit einer jahrzehntelange Küste, da müsste ich schon sehr verzweifelt sein. Ein Schild 'Kongevegen' biegt rechts zu einem Parkplatz ein. Abends spazieren wir ein Stück auf ihm entlang, besuchen den alten Hof auf dem Hügel, dessen dunkelbraunes Holz über grüne Wiesen das blaue Meer sieht.
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