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- Apr 29, 2024
- ☁️ 5 °C
- Altitude: 2,282 m
- MoroccoDrâa-TafilaletMideltTasgountTislit32°11’26” N 5°38’23” W
Atlas - die Fahrt über den Titan
April 29 in Morocco ⋅ ☁️ 5 °C
Atlas - einer der Titanen - wurde nach der Niederlage gegen Zeus gezwungen, als Strafe das Himmelsgewölbe auf seinen Schultern zu tragen.
Das klingt, wie für die griechische Mythologie typisch, sehr mächtig - aber so war auch unsere Fahrt durch dieses faszinierende Gebirge.
Angefangen hatte es nach unserem Wüstentrip, der uns mehr mitgenommen hatte, als noch vor Ort gedacht. Greta hatte ein paar Tage mit Übelkeit und Bauchschmerzen zu kämpfen und Beate und ich waren einfach platt und müde. Richtung Norden und Richtung Hoher Atlas wollten wir bei kühleren Temperaturen wandern gehen. Das war aber leichter gesagt als getan, weil es dort wo man wandern kann, wenig bis keine Stellplätze gibt und umgekehrt. Auf einem Campingplatz in der Nähe des „Rose Valley“ fanden wir aber erst einmal einen ruhigen Ort zum Erholen. Mitten auf einem Hügel hatten wir einen 360-Grad-Blick über die Landschaft, besonders atemberaubend bei Sonnenuntergang. Beate nutzte die Möglichkeit für eine Bike-Tour ins „Tal der Rosen“, vorbei an alten Kasbahs und schönen Gärten. Von dort aus machten wir auch einen Abstecher in die Dades-Schlucht und eine faszinierende Wanderung zu den „Monkey Fingers“.
Von der Dades-Schlucht angetan, wollten wir am nächsten Tag dann zur noch bekannteren Todra-Schlucht aufbrechen und dort übernachten.
Bereits in Tinghir, dem „Tor“ zur Schlucht, mussten wir feststellen, dass die Anzahl an weißen Kleinbussen mit der Aufschrift „Tourisme“ schlagartig zunahm. Nach wenigen Kilometern waren wir dann mitten drin. Überall Restaurants, davor die großen Reisebusse der Marokko-Rundreisen, dazwischen die kleinen Busse und überall Verkaufsstände mit allem möglichen Schnick-Schnack. Aber so ist das hier - wie woanders auch - die „Sehenswürdigkeiten“ werden endlos gehyped und mit Menschen vollgestopft bis …
… der Asphalt schlecht wurde! Und schlagartig waren wir alleine! Die Straße hatte ungefähr die Qualität einer alten Dorfverbindungsstraße zuhause, das Bankett war abgebrochen und man fuhr eben in beide Richtungen in der Mitte. Gegenverkehr nahezu Null. Und so ging es immer weiter in die eher flache Todra-Schlucht, beidseits eingerahmt von mächtigen steilen Felsen. Ein paar Radfahrer waren noch unterwegs, aber das war’s. Oben angekommen war es wie Wüste im Gebirge. Ein Staudamm ohne Wasser und dann ein „Dorf“ mit einem Campingplatz im Nirgendwo. Wir schauten uns an und wussten, das dies nicht der Ort sein wird, von dem aus man gut wandern kann UND eine elfjährige Blondine vom Wandern überzeugen kann. Es war traumhaft schön, aber es war auch Nichts hier oben.
Während Beate genau in diesem Nichts ein längeres berufliches Telefonat führen musste, enterten Greta und ich das einzige Restaurant in Tamtetoucht. Der Wirt kam mir vor, als habe er sich vor 20 Jahren überlegt, ein Gasthaus auf dem Mars auf zu machen, weil ja irgendwann schon mal Astronauten dort hin kommen würden. Und heute kamen wir. Der Wirt spratzelte also sofort hin und her und er war von Beginn an irritiert, dass die Frau im Auto bleiben musste. Er zeigte uns die Karte und ich entschied mich für zwei „Sandwich with Chicken“, einem Minztee und einen Orangensaft für Greta. Er lächelte, freute sich und verschwand. Wenig später wurde dann der Tisch gedeckt - für 3 Personen. Er signalisierte mir wieder, dass meine Frau da draußen doch auch hungrig sein musste. Ich gestikulierte mit den Händen „wichtiges Telefonat“, er lächelte und brachte das Essen. Zwei Salatteller und eine große Tajine mit Hühnerspießen! Es war mehr als üppig und genau - es war egal, was wir bestellten, denn es gab einfach die Spezialität des Marses äh des Hauses. Der Wirt sagte immer nur „Eat, eat!“ und kam ähnlich wie in dem Loriot-Sketch im Minutentakt, um zu fragen, ob es schmeckt. Es schmeckte fantastisch. In einer Tajine gibt es ja immer diesen verkochten Bodensatz aus Soße, Gemüse und was eben noch so auseinanderfällt. Das Beste also! Ich war dankbar, kein wichtiges Telefonat führen zu müssen und hab dann Beate auf der Weiterfahrt zum Ausgleich eine kleine Brotzeit vom Beifahrersitz aus gereicht 😉.
Weiterfahrt - genau, wir hatten spontan entschieden weiterzufahren, um uns am nächsten Tag die Ouzuod-Wasserfälle anzusehen. Dazu mussten wir nun aber weiter, höher und letztlich über das Atlas-Gebirge. Und es war nicht die klassische Route, die man sonst Richtung Marrakesch nimmt, sondern eben besagte Straße, die uns maximal 30km pro Stunde zurücklegen ließ.
Und diese Route war die schönste Strecke, die ich je gefahren bin (oder besser „gefahren wurde“, da ja Beate am Steuer saß).
Es war unglaublich, trotzdem das Wetter immer schlechter wurde bis es auch noch anfing zu schneien.
Auf 2670m Höhe hatten wir unseren höchsten Punkt erreicht. Bei -2 Grad und leichtem Schneefall hatten wir etwas Sorge um die Temperaturen in der Nacht. Am „Lac de Tislit“ fanden wir dann eine sehr nette Herberge mit Stellplatz und toller Aussicht auf den See. Der Gastgeber war sehr bemüht es uns so gemütlich wie möglich zu machen. Er hatte seinen selbstgebauten Ofen angeschürt, Teewasser gekocht und uns dazu selbstgebackenes Gebäck gereicht. Die marokkanische Gastfreundschaft ist einfach jedes Mal wieder ein Segen. Die Nacht war kalt 🥶, noch kälter im Dachzelt 🥶🥶🥶, aber die Sonne am Morgen und der fantastische Ausblick ließen uns das schnell vergessen.
Mit der Sonne im Gesicht machten wir uns auf zur zweiten Etappe über Beni-Mellal nach Ouzoud. Oben mit Schnee gezuckerte Berge (was für die Jahreszeit untypisch ist), darunter grüne Täler, immer wieder spektakuläre Ausblicke und Foto-Stopps. Beate sagte, dass das Fahren durch die Berge verdammt anstrengend sei, aber das das Verarbeiten der nicht enden wollenden Eindrücke fast noch mehr Energie verbraucht. So war es absolut.
Kurzum empfehlen wir jedem, der selbst mit Fahrzeug in Marokko unterwegs ist, die Strecke von Tinghir nach Beni-Mellal zu fahren. Unbedingt! Wir hatten das Gefühl, wir fahren durch Marokko, die Schweiz, Norwegen, Schottland und Neuseeland. Wir waren in zwei Tagen das einzige ausländische Auto auf dieser Strecke. So faszinierend wie die Landschaft, so unvorstellbar war das Leben in den Bergdörfern dort oben. Überall winkte man uns, zeigte mit dem Daumen nach oben - die Kinder rannten extra zur Straße, um uns zu winken. Es freute uns total und machte uns gleichzeitig so nachdenklich, wie einfach und scheinbar doch glücklich die Menschen hier lebten. Häuser aus Lehm so groß wie unser Wohnzimmer, vor denen die Frauen Wäsche am Bach wuschen, nirgendwo ein Mofa, geschweige denn ein Auto und dann fährt man dort zu dritt in einem Camper durch. Das war schwer und geht uns jetzt noch nach.
Aber auch das ist eben Marokko und wir waren glücklich, dass uns die Umstände in der Todra-Schlucht diesen Weg gezeigt haben. Nach dem Meer und der Wüste war die Tour durchs Atlasgebirge ein weiteres Highlight in diesem beeindruckenden Land.Read more
Traveler Sehr beeindruckend 😍
Traveler Ein witziges Foto😂