Die letzten 208 Kilometer des französischen Jakobsweges von Ponferrada nach Santiago de Compostela. Leer más
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  • Día 9

    Portomarín | 19 km

    9 de mayo, España ⋅ ☁️ 22 °C

    Die verrückten Nächte hören nicht auf. Diese Nacht gab es wieder etwas Neues: Der eine Herr war 4x die Nacht auf dem Klo und nur am scheissen, der andere Herr war 3x die Nacht pinkeln und nur am furzen. Dazu ein zeitweises schnarchen. Bienvenido al camino!

    Entsprechend ging es wieder mit wenig Schlaf in den neuen Tag und wir standen um 7:40 Uhr auf den Weg. Daniela und ich mussten uns erstmal etwas über die verrückten Zimmergenossen auslassen und sprachen über die Toilettenschüssel und die Italienerin, die seit 45 Minuten ihren Rucksack packte. Menschen sind schon spannend. Draußen war es angenehm frisch und die Nebelschwaden hingen in den Bergen.

    Es ging durchs Grüne und wir plauderten eine Runde, gingen aber auch mal schweigend nebeneinander her. Man sieht nun mehr Pilger als sonst auf den Wegen. Man merkt, dass die letzten 100 km bevorstehen und damit viele neue Pilger für den letzten Teil dazu kommen.

    Wir hatten einen kleinen Snack und dann gab es um 9:30 Uhr eine Pause mit frischgepresstem Orangensaft und einem Nusskuchen mit Schokolade.

    Es wurden Hunde gestreichelt (also von mir), die 100er Marke geknackt (von uns) und das Grüne bestaunt (ich hoffe von allen). Wenn die Kilometeranzahl unter 100 geht ist das schon ein komisches Gefühl. Egal wie lange man dabei ist. Auf einmal nur noch zweistellige Zahlen und Santiago ist nicht mehr fern. Zur Mittagszeit um 12:30 Uhr standen wir auf der Brücke, über dem Rio Miño, die uns zur kleinen Stadt Portomarín führte.

    Um in die Stadt zu kommen, mussten wir noch einmal mit Hilfe einer Treppe ein paar Höhenmeter reißen. Oben angekommen war dort ein Markt, es gab frisches Obst und Gemüse, Stände mit Kleidung und auch überdachte Bereiche wo gekocht und gegrillt wurde. Es gab gegrillte Rippchen, Würste und gekochten Tintenfisch. Naja wenn man sowas Authentisches hier schon mal hat, dann muss man auch probieren. Wir uns also zu den Locals dazu gesetzt und mit Radler den Spaß probiert. Es war sehr lecker, aber auch viel zu teuer. Wir glauben, dass wir übers Ohr gehauen wurden und mehr bezahlt haben, als die Einheimischen. Dafür gab es dann relativ günstiges Gemüse (im Vergleich zum gestrigen Einkauf in Sarria) vom Markt.

    Dort stieß Millie dazu, eine Engländerin, 40 Jahre, wohnhaft in London, die wir am Vorabend kennen gelernt hatten, die bei uns mit im Zimmer geschlafen hatte. Wir hatten uns schon gestern super verstanden und unser Essen am Abend geteilt und so wollten wir auch heute wieder einen leckeren großen Salat zaubern und gemeinsam ein paar Stunden verbringen.

    Wir waren zu dritt unten am Wasser und haben unsere Füße in den erfrischenden Fluss gehalten, sind umher spaziert, haben fehlende Sachen gemeinsam im Supermarkt gekauft und als Daniela etwas Ruhe wollte, sind Millie und ich in eine Bar und haben einen Krug Sangria im Schatten getrunken und gute 2 Stunden gequatscht. Um 18 Uhr haben wir uns wieder zusammen gesetzt und den famosen Salat des Abends zubereitet. Gegessen wurde draußen vor der Herberge in der Sonne mit Blick auf den Fluss und das Grüne. Was für ein cooler Spot!
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  • Día 10

    Palas de Rei | 25 km

    10 de mayo, España ⋅ ⛅ 18 °C

    Na, was fehlte noch bei den nächtlichen Vorkommnissen? Genau! Die Asiaten! Die wollten sich auch noch im Blog verewigen. Um bei “die Asiaten” konkret zu werden: Chinesen. Mit den Landsleuten habe ich ja schon so einige spannende Erfahrungen sammeln dürfen. Nicht nur beim Reisen, auch beim Zusammenleben während meines Auslandssemesters.

    Letzte Nacht hatten Daniela und ich ein 6er Zimmer, wovon 50% der Besatzung Chinesen waren. Tatsächlich ist es sehr spannend wie viele Chinesen hier auf dem Weg sind. Echt eine hohe Anzahl. Dabei fragt man sich: Wie kann es sein, dass Chinesen, die sonst innerhalb von 4 Tagen “Neuseeland machen” wollen und immer in Eile sind beim Reisen, da sie so wenig Urlaub haben, hier den ganzen Weg über mehrere Wochen durchziehen? Das passt doch nicht zusammen. Also wurde etwas nachgeforscht und tadaa, ich habe eine Antwort bekommen: Es ist ein neuer Trend bei Chinesen, um ihre Bewerbungen aufzuhübschen. Damit wollen sie ihren Arbeitgebern zeigen, wie belastbar sie sind, dass sie täglich an ihre Grenzen gehen können und nicht viel Schlaf brauchen. Ach cool, bei den Arbeitsbedingungen in China sich auf solch eine Art beweisen zu wollen. Als ich das hörte, wusste ich gar nicht was ich sagen sollte. Meiner Meinung nach ist das Missbrauch am Jakobsweg und mich macht es traurig, da es den eigentlichen Wert und Gedanken dieses Weges nicht gerecht wird.

    Ok, zurück zu den 3 Chinesen, ohne Kontrabass, in unserem Schlafsaal letzte Nacht. Ein Kontrabass hätte wirklich noch gefehlt - der hätte mich auch nicht mehr geschockt nach den letzten Nächten. Also 2 von denen waren einfach nur am Ersticken interessiert, denn sie schlossen alle Fenster so gut es ging, machten es komplett dunkel und dann die Tür zu. Als ich fragte, ob wir ein Fenster aufmachen könnten, da wir sonst zu wenig Sauerstoff im Raum haben für die Nacht, wurde dies mit einem Lächeln direkt umgesetzt. Einsicht ist doch gut. So dachte ich. Als ich kurz auf der Toilette war, um mich bettfertig zu machen und wieder kam, war das Fenster wieder zu. Daniela vom Hochbett oben, hat natürlich mitbekommen, was während meiner Abwesenheit passiert ist. Also ging ich zum Fenster und öffnete es wieder und blieb einen Moment dort stehen. Wollen wir mal schauen wer länger durchhält - also ich konnte in dem
    Moment schon sagen, wer gewinnt und setzte gedanklich alles auf mich. Und so war es auch. Da haben sie sich die Falsche ausgesucht, denn: Bei Erstickungsgefahr keine Kompromisse!
    So ließ es sich gut schlafen. Dann ging um 5:30 Uhr ein Wecker und ich dachte mein Schwein pfeift. Die dritte Asiatin im Bunde hatte nun ihren Auftritt. Es wurde 45 Minuten lang rumgeraschelt. Sie packte ihre Sachen. Naja, sie sie packte etwas, um es dann doch wieder auseinander zu nehmen. Und das in Plastikbeuteln! Regel Nummer 2 (nach: “Gutes Schuhwerk ist das Wichtigste”): Keine Plastikbeutel benutzen, da diese zu sehr knistern und alle anderen stören, wenn man flink am Morgen oder Abend packt. Also flink war es schon mal nicht, sondern eher Konkurrenz zu der Italienerin vom Vortag und nur nervig wegen der Geräusche und ihrem Handylicht. Ich hörte Daniela von oben säufzen. Ich dachte jeden Moment: “Naja, gleich hat sie’s, dann ist sie fertig und geht.” Diese Frau hatte eine Ausdauer bei ihrem Packspiel, das war nicht normal. Also sagte ich ihr an der Tür auf Englisch, dass sie viel zu lange beim Packen braucht und es nicht höflich den anderen Personen im Zimmer gegenüber ist, wenn sie so viele Plastikbeutel nutzt. Sie verstand anscheinend nur “Plastic” und hielt mir ihre Wasserflasche hin. Ich winkte ab und drehte mich um. Um die frühe Zeit hatte ich nun wirklich keine Lust auf weitere Diskussionen.

    Da Daniela und ich nun eh wach waren, nahmen wir unsere Sachen, gingen leise aus dem Zimmer und packten im Flur. Reine Könner.

    Es ging im Nebel, noch vor dem Sonnenaufgang, um kurz vor 7 los. Heute hatten wir eine längere Etappe vor uns, mit über 500 Höhenmetern, daher wollten wir vor der Mittagszeit einiges schaffen. Auch aufgrund des Wetters: Es sollten 27 Grad werden. Spoiler: Es wurden 27 Grad.
    Wir hatten einen guten Schritt drauf und kamen zügig voran. Der Nebel und die Wolken verzogen sich nach und nach und es wurde schon vor 12 Uhr sehr sonnig und muggelig warm. Zum Glück gab es immer wieder einen leichten Wind, dadurch war es erträglicher als gedacht.
    Es ging an einigen (gemähten) Feldern vorbei, auch mal an Schnellstraßen, durch kleine Dörfer und heute viel Nadelwald. Immer wieder interessant, wie sich die Vegetation über ein paar Kilometer so verändern kann. Es roch auf jeden Fall lecker nach Tannennadeln und gemähtem Gras.

    Heute gab es auch wieder Hunde zu sehen. Beispielsweise sehr entspannte Schäferhunde, die bei dem warmen Wetter im Schatten lagen und ihrem Dienst als Wachhund weniger nachkamen, einen schwarzen Labradorwelpen, der sich von mir am Bauch hat kraulen lassen und einen älteren kleinen Pudel, der kaum noch laufen konnte und daher von seinem Besitzer im Rucksack getragen wurde. Das war schon sehr süß und der Hund happy (siehe Foto).

    Daniela und ich zogen stark durch und waren 14:20 Uhr am Hostel, das etwas weiter weg vom Weg lag. Bei der Kilometeranzahl sind ein paar hundert Meter dann auch egal. Nach dem Einchecken gab es erst einmal ein leckeres Pilger-Menü bei “Danny Café Bar”. Das bisher beste Menü mit tollem Service für 14 Euro. Wir hatten dort eine super Zeit und wirklich gutes Essen - endlich mal wieder. Das vermisse ich hier doch etwas auf dem Weg. Bei den Angeboten für Pilger geht es oft nur darum, diese “irgendwie” schnell und günstig satt zu kriegen. Und das war bisher meist nicht schmackhaft. Daher hatten wir heute ein umso schöneres Erlebnis bei diesem kleinen Restaurant.

    Danach wurde erst einmal geduscht in viel zu kleinen Duschen mit viel zu heißem Wasser (was nicht verstellbar war). Das hatte ich auch noch nicht. Und ich dusche ja schon gerne relativ warm, aber das war einfach nur unangenehm. Danach nochmals raus, ab zum Supermarkt, um Obst und Getränke mit Geschmack einzukaufen. Zurück im Hostel plauderten Daniela und ich eine Weile und machten uns später am Abend einen kleinen Obstsalat.

    Nun liege ich mit eingecremten Füßen in meiner Koje, der Erste schnarcht schon in unserem Zimmer mit 29 Betten und ich habe die Ohropax griffbereit. In dem Sinne: Guten und erholsamen Schlaf allerseits!
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  • Día 11

    Boente | 21 km

    11 de mayo, España ⋅ ☀️ 23 °C

    Eigentlich dachte ich, dass ich nachts nun wirklich alles erlebt habe auf diesem Weg. Aber da habe ich die Rechnung nicht mit dem verrückten Italiener gemacht. Der kam erst relativ spät, führte aber ab da an sehr aufgeregte Selbstgespräche. Also stellt euch vor, dass ein Eichhörnchen sprechen könnte. So ungefähr. Er war wild am packen, suchte ständig etwas, sprang immer wieder aus seinem Hochbett, um dann kurz danach wieder raufzuklettern. Er wurde irgendwann von einigen Personen beobachtet, aber das merkte er nicht mal. Ganz spannend. Aber auf Dauer auch echt nervig. Irgendwann gab auch er Ruhe, fing aber morgens relativ früh wieder damit an. In der Nacht dann die Klassiker: lautes Furzen, Schnarchen, Badtüren auf und zu, schlurfende Schritte, man kennt es. Darüber hinweg konnte ich in der Nacht gut einschlafen. Also der Schlaf war besser als gedacht. Es waren dieses Mal auch eher kleine Kojen mit Vorhängen, dadurch etwas mehr Privatsphäre und auch nicht so hellhörig.

    Es ging um 7:10 Uhr los. Daniela und ich legten wieder gut vor und es ging natürlich direkt bergauf. Gefühlt ist dies immer so am Morgen. Wer auch immer sich das ausgedacht hat. Vermutlich die bergige spanische Landschaft. Ein Auf und Ab.

    Nach 2 Stunden gab es Frühstück an einem netten kleinen Ort mit Aussicht ins Grüne, einem frischgepressten Orangensaft und Tortilla. Das ist zu meinem Klassiker zur Vormittagszeit geworden. Ist lecker, macht auf gesunde Art satt und ich bin nicht völlig im Fresskoma.

    Gemeinsam ging es durch nette kleine Dörfer und angenehm frische Wälder. In einer Kleinstadt hatte die Idylle dann kurz eine Unterbrechung. Die Häuser waren nicht sonderlich schön, es war viel betoniert und ganz schön wuselig. Stadt können wir nicht mehr so gut, wie wir merkten. Wir kamen an einem Café vorbei, was mit Eis warb und wir schauten was sie haben. Daniela zeigte oben auf die Preise und wir gingen rückwärts wieder raus: 3,80 Euro für eine Kugel Eis in der Waffel. Was ist denn nun los? Leider sind die Preise sprunghaft gestiegen auf den letzten 100 km des Jakobweges. Sowas ist aktuell keine Seltenheit. Sehr schade, dass es so läuft, aber klar, die Läden machen die Preise und wissen, dass die Pilger auf Essen, Trinken und Schlafen angewiesen sind. Für uns gab es in dem Fall kein Eis und wir gingen zügigen Schrittes aus dem
    Ort - zumindest so zügig es uns denn möglich war, denn teilweise wurden wir mit den Pfeilen im Kreis geführt, damit wir nochmal an kleinen Läden mit Mitbringseln und Nippes vorbei kamen. Damit kriegt man uns nicht. Ich habe aber schon auf dem Weg eine Frau gesehen, die eine Tasche in der Hand hatte, worin sich nur Mitbringsel befanden mit den typischen Erkennungszeichen des Weges. Das bekommt man natürlich auch alles in Santiago und muss es nicht die ganze Zeit mitschleppen - aber sicher ist sicher.

    Übrigens trafen wir heute Johannes wieder. Er war in der selben Unterkunft letzte Nacht wie wir und war entsprechend heute auch mit uns auf dem Weg. Johannes ist Deutscher und sitzt im Rollstuhl. Er kommt super voran. Bergauf ist er natürlich nicht so schnell, aber bergab lässt er uns alle stehen, da er die Fortbewegung mit seinem Unterbau echt gut raus hat, wie er damit sicher voran kommt, lenken kann und so lange wie möglich rollt ohne mit den Armen aktiv zu werden. Wir fragten ihn, ob wir ihn eine Runde schieben sollen, aber er wollte gerne etwas alleine fahren und so gingen wir ohne ihn weiter.

    Weil wir mal wieder so zackig unterwegs waren, kamen wir bereits 12:39 Uhr an meiner Unterkunft in Boente an. Ich habe den Weg ja bereits durchgebucht, Daniela
    lässt es sich die Tage offen und schaut, wie weit sie gehen kann und fragt dann in der nächstgelegenen Unterkunft nach einem Bett. So auch heute. Nachdem wir in meiner Unterkunft einen Salat gegessen hatten, verabschiedeten wir uns und sie ging weiter. Übrigens: Daniela traf Johannes auf ihrem letzten Abschnitt wieder und da war er schon ziemlich fertig und hat sich dankend von ihr einen Anstieg hoch schieben lassen. So konnte eine von uns also doch nochmal helfen. Auf jeden Fall großen Respekt von uns, dass er diesen Weg mit seinem Handicap auf sich nimmt und so positiv ist.

    Ich hatte nun sehr viel Zeit, ging erst einmal duschen und zog mir dann meine Regenjacke und meine kurze Hose an, damit ich einmal alles andere waschen konnte. Waschmaschine und Trockner hat 2 Stunden gedauert, dann konnte ich wieder aus der Regenjacke bei der Wärme raus. Ging aber echt klar, war nicht zu warm, hatte ja nichts darunter.

    Ich legte mich in den Garten in den Schatten, etwas abseits der Anderen die laut am Pool schnatterten. Der Pool war arschkalt, aber Füße reinhalten geht natürlich immer. Ich machte mir einen Podcast an und dazu aktivierte ich mein noise cancelling auf den Kopfhörern. So lag ich eine Weile dort und vertrieb mir die Zeit bis zum Abendessen um 18 Uhr. Es gab eine Gemüsesuppe, dazu Käse und Serrano-Schinken und etwas Brot. Sehr lecker.

    Danach saß ich einfach eine Weile vor dem Hostel auf einem Stuhl auf dem Bürgersteig, hielt das Gesicht in die Sonne und grüßte vorbeigehende Menschen, die alle ein Lächeln auf dem Gesicht hatten.
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  • Día 12

    A Salceda | 20 km

    12 de mayo, España ⋅ ☁️ 20 °C

    Das war wohl eine der besten Nächte in einem Mehrbettzimmer, um genau zu sein in einem 20-Personen-Schlafsaal, die ich auf dieser Reise hatte. Es kam nichts Neues oder Unbekanntes dazu. Die Klassiker wie immer und manchmal sieht man dann noch Dinge, wenn Menschen sich unbeobachtet fühlen oder sich vorbeugen, die man nicht sehen will, aber dann darf man halt auch nicht hingucken. Ich hatte einen Moment, wo ich einfach zur falschen Zeit hochgeschaut habe und ein männliches Gehänge in einer sehr anpassungsfähigen Boxershorts gesehen habe. Ich musste es einfach fotografieren - aber aus Respekt zu diesem Blog, lade ich es nicht hoch. Ich kann es bei Bedarf aber zeigen, ist einfach zu herrlich. Sorry Wolfgang - oder wie auch immer du heißen magst.

    Als gestern Abend bereits die Lichter im Schlafsaal aus waren und der Erste schon vor 22 Uhr unverschämt anfing zu schnarchen, bin ich einfach aufgestanden, habe seinen Knöchel angefasst und gerüttelt und zack war Ruhe im Karton. Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie abrupt das Schnarchen aufhörte und der Herr kerzengerade im Bett saß. Ich war selbst überrascht. Aber ich hatte wirklich keinen Bock deswegen noch 2 Stunden wach zu liegen. Ich bin mittlerweile über einer Grenze, die mich genau solche Dinge tun lässt. Das war zwar nicht die feine englische Art, bescherte mir aber 7 Stunden Schlaf! Und der Herr hatte vermutlich den Schreck seines Lebens. Sorry, not sorry.

    Ich ließ mir Zeit mit dem Aufstehen, da es sonst zu trubelig im Bad wäre und bin dadurch erst um 7:45 Uhr draußen gewesen. Heute war es erst einmal stark bewölkt, nebelig und teilweise etwas nieselig. Wetter war nicht so doll, dafür war die Strecke richtig schön. Es ging viel durch grüne Wälder, das gefällt mir ja am besten. Ich war heute mal wieder ganz alleine unterwegs und habe schnatternde Gruppen überholt oder ziehen lassen genauso wie mitteilungsbedürftige alte Herren. Hatte ich eigentlich schon erwähnt, dass auf diesem Weg überproportional ältere Menschen sind? Vermutlich wegen des Wetters, ab Juni wird es einfach zu warm. Wäre mir mit Mitte dreißig aber auch zu anstrengend. Dann gehöre ich wohl mit zu den Alten. Aber im Vergleich zum letzten Jahr zum dem portugiesischen Jakobsweg sind hier viel mehr alte Menschen.

    Als ich heute um 12:20 Uhr unter die 30 Kilometer Marke kam, dachte ich so: ok wenn ich wollen würde, könnte ich jetzt auch einfach noch bis Santiago durchgehen. Ich bin jedoch eh schon schneller als geplant und will nicht so viel Zeit in der Stadt verbringen. Ich war letztes Jahr schon da und habe mit meiner diesjährigen entspannten Planung immer noch fast 2 ganze Tage dort. Das reicht vollkommen. Daher muss ich mich selbst ausbremsen und zögere die Ankunft hinaus. Entsprechend war ich schon 12:50 Uhr an meiner heutigen Unterkunft. Also alles ganz tranquilo für den Rest des Tages. Der Check-in hat länger als sonst gedauert, aber kein Problem, denn ich habe ja Zeit. Die Chinesen hinter mir wurden jedoch nervös. Ich war dann die Erste in den Duschen, wusch mein T-Shirt vom Tag und zog mir frische Kleidung an. Dann in Flip Flops zum kleinen Restaurant um die Ecke (hier ist wirklich nichts, 3 Herbergen und 2 Restaurants und 10 Wohnhäuser, das war’s). Entscheidung fiel leicht, denn nur das eine Restaurant hatte offen. Ich saß draußen und bekam direkt Besuch von 2 Katzen, die hofften, dass bei mir was vom Tintenfisch runterfällt. Es war lecker, aber ich merkte immer mehr auf dem Weg, dass ich weniger gerne Fleisch und Tintenfisch essen mag. Gegrillter Fisch tatsächlich ausgenommen. Mag vielleicht daran liegen, dass ich hier schon mal an dem einen oder anderen Schlachthaus vorbei gekommen bin und die Schreie der Kühe und Schweine gehört habe. Das war fürchterlich. Den Konsum sollte ich weiter überdenken. Ich brauche es eigentlich nicht.

    Am Nachmittag unterhielt ich mich etwas mit einer netten Australierin, die pensionierte Anwältin ist, und saß im sonnigen Garten. Da David einen Grossteil davon im Zug saß, haben wir uns unterhalten und die Zeit ging schnell rum.

    Ich kann noch gar nicht glauben, dass es nur noch 26 Kilometer bis Santiago sind. Es ging dieses Jahr viel schneller als letztes Jahr, obwohl es gerade mal 70 km Unterschied in der Länge waren.
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  • Día 13

    Lavacolla | 18 km

    13 de mayo, España ⋅ ☁️ 13 °C

    Bei dem Ortsnamen haben wir schon einige Späßchen gemacht, von wegen: “Mal sehen, ob wir da schon einen Lagerkoller haben.” Lavakolla, ein kleiner Ort, nicht mal mehr 10 km vor Santiago gelegen.

    Hier anzuhalten war wirklich mit durchgezogener Handbremse. Mich hat’s echt gejuckt durchzugehen. Aber sich in Geduld zu üben, ist auch mal gut. Es muss nicht alles immer direkt umgesetzt werden, das fällt mir manchmal schwer.
    Das Wetter ist leider schlechter geworden und bleibt voraussichtlich die Tage so. Ich bin also wieder bei Regen und 13 Grad, wie zu Beginn der Reise. Regenjacke und Rucksack-Cover sind somit ab dem ersten Meter heute wieder in Benutzung. Dass es heute der nasseste Tag wird und ich komplett durch sein werde bei der Ankunft, war mir heute Morgen beim fröhlichen Losstapfen noch nicht bewusst. Vielleicht ganz gut.

    Ich machte nach etwas über 1,5 Stunden wandern Frühstückspause in einem kleinen Restaurant. Die Kellnerin war unfreundlich, aber das Essen ganz gut. Es gab ein halbes getoastetes Baguette, Rührei, länger gereiften Käse auf einem separaten Teller, einen O-Saft und den hier sehr beliebten Kakao namens “ColaCao”. Da bekommt man heiße, aufgeschäumte Milch mit einem Beutel Kakaopulver und kann sich so entscheiden, wie viel Pulver man reinkippen möchte. Ich haute einfach alles rein. Bei Kakao ist mehr mehr.
    Beim Essen entdeckte ich eine Wand im Restaurant, wo kleine Kupfer Centstücke reingelehnt waren. Da die Steine etwas uneben aus der Wand schauten, ging das ganz gut. Ich dachte a das völlig ramponierte 1-Cent Stück, dass ich am Anfang des Weges auf der Straße fand und als Glücksbringer mitgenommen hatte. Das passt hier doch gut her. Auf dem Foto ist es ganz rechts zu sehen. Sieht eher aus wie eine Scheibe angebratene Kabanossi, ich weiß. Aber wie hat meine Oma immer so schön gesagt: “Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert.” Also kommen solche Gumpen auch mit ins Portemonnaie.

    Heute auf dem Weg ist etwas lustiges passiert. Erst einmal habe ich Young kennen gelernt. Er sagt selbst “Forever Young”, weil man es sich so besser merken kann. Lustige Idee. Er ist ein Koreaner, 40 Jahre alt, der bereits lange Zeit in Kanada lebt. Ein netter Kerl mit spannenden Gedanken und gutem Herz. Wir haben uns 2,5 Stunden unterhalten und sind gemeinsam gewandert, nachdem er mich bat im Wald Fotos von ihm zu machen. Das gemeinsame Wandern passte heute ganz gut, weil so der Regen erträglicher war und wir beide Ablenkung hatten.
    Wir beide gingen davon aus, dass wir durch eine Kleinstadt mit Supermarkt kommen und fachsimpelten schon über unsere Einkäufe. Irgendwann schritt die Zeit jedoch so weit voran, dass wir mal Google Maps befragten, wann wir in der Stadt ankommen. Tja, wir waren schon längst vorbei! Wie konnte das passieren? Der Weg führte nicht durch die Stadt, sondern durch Wälder daran vorbei. Davon sind wir beide nicht ausgegangen. Naja, durchs Grüne ist immer schöner, als durch Städte, aber wenn man davon ausgeht, dass man sich etwas zu Essen kaufen kann, ist man etwas enttäuscht.

    Naja, Young und ich gingen dann weiter nach Lavacolla, es war nun nicht mehr weit (45 Minuten). Wir fanden jedoch kurz bevor wir uns trennten einen kleinen Supermercado mit so ein paar grundlegenden Dingen, sowie auch etwas Gemüse. Ich war danach um eine Gurke, eine große Tomate, einer Paprika und Kiechererbsen im Glas sowie einem Tonic Water reicher. Young nahm nichts mit, ich hatte das Gefühl, dass ihm der Laden nicht gefiel und zu unordentlich war. Was ich nachvollziehen konnte. Aber wenn es der einzige Laden ist und in dem Dörfchen, wo wir übernachten, nur ein Restaurant gibt, das ab 19 Uhr öffnet, dann nutze ich die Möglichkeit, um mal wieder günstig und gesund und zu einer mir passenden Zeit essen zu können.

    Wir verabschiedeten uns nach dem Einkauf, da Young nur um eine Ecke zu seiner Unterkunft musste. Für mich ging es noch eine Viertelstunde weiter. Kleiner Ort aber alles weit auseinander. Und dann regnete es nochmal richtig stark und es ging bergauf. Ich dachte echt ich brech im Strahl. Warum ist dieses Wetter so? Die letzten 4 Tage waren echt gut, aber zu Beginn und zum Ende so ein nasser Mist. Ich musste ein, zwei Mal das Handy rausholen, um zu schauen, wo genau meine Unterkunft ist. Dafür stand ich dann unter Bäumen, damit das Handy nicht zu nass wird. War schwierig. Aber es klappte.

    Kurz vor der Ankunft war ich schon echt genervt, da es mir überall nur noch runter lief und meine Schuhe komplett nass und dreckig waren. Ich wollte einfach nur aus meinen Sachen raus. Als ich dann endlich bei meiner Unterkunft war, war ich zu früh, sie machte erst um 14 Uhr auf und so stand ich unter einem Dach und mir wurde zu der Nässe auch noch kalt, da ich mich nicht mehr bewegte. Was ein Mist. Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal so nass war. Dagegen war der Regentag vom Anfang noch eine “angenehmere” Vorstufe, denn da war nicht alles nass. Als ich in das Hostel durfte, sagte sie mir, dass die Schuhe draußen in einen Unterstand müssen. Das machen tatsächlich die meisten Hostels so, damit man die dreckigen und riechenden Wanderschuhe nicht im Schlafsaal hat. Also zog ich die Schuhe aus und die komplett nassen Socken, die ich auswringen konnte, zog die Flip Flops an und ging wieder raus in den Regen. Nasser konnte ich ja eh nicht mehr werden. Mal sehen, ob die irgendwie trocknen können bei der Luftfeuchtigkeit, denn es regnet durchgängig. Die Einlagen habe ich einfach mal mit rein genommen. Vielleicht bringt es ja was. Wir werden sehen. Vamos a ver!

    By the way: Dies ist das schönste und bestausgerüstete Hostel in dem ich auf diesem Weg war. Total neu, hammer Küche, schöner Schlafsaal mit Privatsphäre durch Kojen und Vorhänge und sehr sauber. Es gefällt mir hier sehr gut!

    Natürlich gab es dann erst einmal eine warme Dusche und neue Kleidung. Die Kleidung, die ich beim Wandern anhatte wusch ich danach komplett und hing sie im Wäscheraum auf, neben meiner Regenjacke und dem Rucksack-Regencover. Leider ist im Rucksack auch ein bisschen was nass bzw. feucht geworden, unteranderem mein dünner Schlafsack, der trocknet zum Glück schnell. Also alles andere rausgeholt und aufgehangen. Ich habe ja nicht Vieles dabei, aber wenn fast alles nicht so richtig trocken ist, ist das sehr unangenehm. Sowas kennt man ja gar nicht mehr aus dem Alltag, weil immer etwas sicher und trocken zu Hause lagert. Mal wieder eine spannende Erfahrung. Ich hoffe einfach, dass das Nötigste bis morgen trocken wird.

    In meinem heutigen Hostel ist nichts los: 3 von 20 Betten belegt, das gab es auch noch nicht. Ich vermute ein großer Schwung ist gestern (also Sonntag) in Santiago angekommen und der nächste kommt erst noch wieder. Aktuell sind wir zu zweit, die dritte Person kommt noch. Der ältere Herr der hier ist, ist sehr laut, ständig am telefonieren und hat über eine Stunde mit der Rezeption diskutiert. Ich weiß nicht genau warum, hatte irgendwas mit Geld zu tun, aber kein Plan, was genau los war. Er hat eine sehr durchdringende Stimme und redet schnell. Ich fand es anstrengend den Herren immer als Dauerrauschen im Hintergrund zu hören. Beim Essen machen, beim Essen selbst, beim Tierdoku schauen, wie auch jetzt beim Schreiben. Man bin ich froh, wenn ich diese speziellen Menschen nicht mehr in meiner Nähe habe. Ich habe nun wirklich genug davon. Meine Geduld wird hier sehr auf die Probe gestellt, mein Körper nicht so sehr. Wer hätte das gedacht?

    Fun Fact: Der alte Mann, der mit mir heute das Hostel teilt, ist gerade in T-Shirt und Windel an mir vorbei gegangen und hat bei offener Tür gepinkelt - ohne Händewaschen danach. Herrje, das kann ja wieder heiter werden, und das bei so schmaler Besetzung hier.
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  • Día 14

    Santiago de Compostela | 10 km

    14 de mayo, España ⋅ ⛅ 10 °C

    Die Nacht war sehr gut, im besten Hostel des gesamten Weges (echt eine 10/10). Nur zwei mal wach gewesen, um Mitternacht und morgens um 6 Uhr, weil da irgendwie Krach war mit Bad, Geräusche und Rumgeschlurfe. Aber das ist kein Problem, bin auf ausreichend Stunden Schlaf gekommen. Hatte mir den Wecker auf 7:20 Uhr gestellt und bin dann hoch, ab ins Bad, frisch gemacht, die Kleidungsstücke aus dem Wäscheraum geholt. Bis auf den Sport-BH und die Socken war alles trocken. Immerhin. Dann einmal raus und die Schuhe reingeholt, die waren leider klitschnass. Naja, es hat die ganze Nacht geregnet, da bringt das Dach über den Schuhen auch nichts, weil zu hohe Luftfeuchtigkeit. Die Einlagen hatte ich ja rausgenommen, die waren trocken und so musste ich gefühlt in nur “halb-nasse” Schuhe einsteigen. Trotzdem kein gutes Gefühl. Augen zu und durch.

    Die letzten 10 Kilometer lagen vor mir und die riss ich unter 2 Stunden ab. Nun war auch gut, ich wollte ankommen, daher ließ ich die Handbremse direkt im Hostel, als ich die Tür hinter mir schloss. Es lief einfach. Auch mal wieder teilweise von oben, da der Regen sich immer wieder zeigte, vor allem auf den letzten 20 Minuten. Aber egal, nun war ich ja schon sowas von kurz vor da - da hat mich das Wasser nun gar nicht mehr gestört.

    Auf den letzten 4 Kilometern legte sich noch eine Niederländerin vor mir nieder. Herrje, so kurz vorm Ziel, aber es ging ihr gut. Das war so eine Sache: Man schaute sich in der Gegend um, war einmal etwas unaufmerksam und zack stolpert man oder knickt über eine Unebenheit. Ich bin auf dem Weg auch zweimal umgeknickt, aber so, dass es nicht wirklich weh tat, sondern dass ich mich erschreckte und ich danach umso aufmerksamer war. Ich habe leider einige offene Wunden und blutige Knie gesehen, das ist echt unnötig, wenn das passiert, geht aber schneller als man denkt.

    Am Eingang der Stadt musste ich etwas schmunzeln, denn da war eine Tattoo Werbung für die Pilger, dass der ultimativen Stempel (denn die sammelt man ja täglich in einem Heft, um am Ende die Compostela, also die Urkunde, zu bekommen) ein Leben lang bleibt. Ja so eine Jakobsmuschel hat sicher noch keiner. Najaaa. In den Tattoostudios ist ordentlich Andrang nach einigen Stunden nach dem Einlauf in Santiago. Muss man selbst wissen. Ich bin da raus. Und wenn ich noch einmal “Buen Camino” (was sich auch einige tätowieren lassen) höre, kriegt ich einen Tinnitus.
    Kurz vor 10 stand ich dann - mal wieder - vor der Kathedrale in Santiago de Compostela. Macht immer noch was mit einem. Auf eine ruhige Art, aber ja, man ist demütig und hat einige Gefühle die hochkommen. Das spannende ist: Tages-Touristen sind auf dem großen Platz vor der Kathedrale viel lauter und auffälliger, als die Pilger.

    Mich riss eine Asiatin aus den Gedanken und fragte, ob ich Fotos von ihr machen kann. Klar. Das muss festgehalten werden. Und das Gleiche tat sie auch für mich. Sogar mit ganzer Kathedrale und Füße drauf. Profis unter sich.
    Kurz darauf kam Daniela, um mich zu begrüßen. Das war sehr schön, ein bekanntes Gesicht vom Camino und sich einfach mal zu drücken.

    Ich holte mir meine Compostela, also meine Urkunde, für den Weg. Der Ablauf ist krass durchgetaktet mit Nummer ziehen und mehrerer Counter, wo die eigene Nummer aufblinkt. Kurzer Check, Stempel hier, Stempel da und Bitteschön. Hm, das war gar nicht so nett wie letztes Jahr, aber ok, ist halt auch eine Masse die da abgefertigt werden muss. Um kurz nach 10 hatten sich einfach schon 205 Personen an dem Tag registriert vor Ort. Als ich raus war 20 weitere. Ich nahm meine Urkunden und bezahlte. Dabei fiel mir auf, dass meine Strecke länger war als gedacht: 215 Kilometer, doch nicht 208. Naja die Paar extra merkt man dann auch nicht.

    Ich traf mich mit Daniela und Anni und wir setzten uns in ein Café. Erst einmal Frühstück für mich und für die beiden etwas zu trinken.
    Um 12 Uhr ging es für mich zur heiligen Messe. Die Kathedrale war sehr voll und die Menschen standen schon a den Rändern der Sitzbänke, um einen Blick nach vorne erhaschen zu können. Die Messe war sehr schön, größtenteils auf spanisch. Ich murmelte ein bisschen mit, gab den umliegenden die Hand, als es gewünscht war und holte mir am Ende beim Priester die Oblate ab. Das ging alles so fix da vorne, dass ich mir nicht abgucken konnte in welcher Reihenfolge da was genau gemacht werden muss. Ich bekam meine Oblate in die Hand gelegt, dann kreuzigte ich mich und wollte weggehen, erst danach wollte ich mir die Oblate in den Mund schieben. Dann fasste mich der Priester am Arm an und machte ein Geräusch. Da schob ich mir das Ding schnell in den Mund und verneigte mich. Er musste grinsen. Ich denke das war nicht ganz richtig, aber so wird man von den Heiligen mal angefasst, auch gut.

    Die Messe ging eine gute 3/4 Stunde. Ich zündete eine Kerze an und verließ diesen doch sehr pompösen Ort.
    Ich traf mich wieder mit Daniela und Anni und dieses Mal gab es Heißgetränke und Kuchen. Mein Frühstück war ja auch schon 2 Stunden her. Danach gingen Anni und ich noch etwas durch die Stadt, schlenderten umher, gucken uns Souvenirshops an und quatschten ganz viel. Wir hatten bei einigen Dingen die selben Ansichten und haben beide festgestellt, dass wir gerne noch mehr Zeit miteinander verbracht hätten. Aber Anni ist nicht aus der Welt, sie lebt im schönen Wien.
    Nach viel Lauferei wollten wir eine Weile die Beine hochlegen und gingen in die Herberge. Naja es ist eher ein altes Kloster, in dem noch von früher kleine Nonnenzimmer sind, die nun an Pilger vermietet werden. Es ist sehr einfach, hat aber alles was es braucht: Bett, Schreibtisch + Stuhl, Fenster und ein kleines eigenes Bad direkt dran. Als ich auf dem Bett lag und an die Decke starrte, überlegte ich, wie sich wohl die Nonne damals gefühlt hat, die hier gelebt hat. Ich hatte einige Ideen, habe aber keine Ahnung, ob es stimmt. Ist jedoch spannend dies mal zu erleben.

    Nach Entspannungspause und Dusche trafen sich Daniela, Anni und ich wieder und gingen gemeinsam in eine spanische Bar. Dort gab es für mich Muscheln und Weißwein. Es schmeckte alles sehr lecker und wir hatten einen schönen gemeinsamen Abend mit viel Plauderei. Danach verabschiedeten wir uns von Anni, da sie morgen ganz früh abgeholt und nach Hause fliegen wird. Daniela ist in einem Hotel, da ab morgen ihr Freund da ist und sie gerne etwas netteres als ein Hostel haben wollten (verständlich), Anni und ich in den Nonnenzimmern.

    Morgen haben Daniela und ich noch einen weiteren Tag in Santiago, ihr Freund kommt erst abends. Bis dahin machen wir uns sicher noch eine entspannte Zeit.

    Während ich das hier schreibe, kriege ich mit, wie hellhörig es auf den Fluren und Nebenzimmern ist. Na mal schauen wie lang die Nacht wird.
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  • Día 15

    Santiago | Sightseeing

    15 de mayo, España ⋅ ☁️ 10 °C

    Selbstverschuldet bin ich letzte Nacht erst spät (ca. gegen Mitternacht) eingeschlafen. Ich schrieb eine Weile an meinem Tageseintrag hier im Blog und telefonierte danach per FaceTime mit David, der aktuell in Amerika ist. Wir haben uns eine Menge zu erzählen und kommen ja doch nicht dazu alles zu besprechen. Das wird ab Freitag nachgeholt.

    Da ich jedoch erst um 7 Uhr durch Geräusche auf dem Flur wach wurde, hatte ich trotzdem ausreichend Schlaf. Ich machte entspannt, da ich heute ja nicht loswandern musste. Schon witzig, wie es einem in den Füßen juckt nach 10 Tagen beständigem Wandern und einem gewissen Tagesablauf, genau so weiter machen zu wollen. Ich ging irgendwann, als mir danach war, zum Frühstück und saß unten in einem Gewölbe des Klosters und es gab mal wieder Weißbrot (ich kann es nicht mehr sehen!) und dazu eine Sorte Käse, eine Sorte Schinken, abgepackte Marmelade, den klassischen Tomatenaufstrich (das ist sowas wie passierte Tomaten, aber mit frischen Tomaten und dem entsprechenden Wasseranteil, aber ungewürzt) und Olivenöl. Joghurt, Cornflakes und Heißgetränke sowie Orangensaftkonzentrat aus dem Automaten. So ein richtiges “Verbrauchsessen” wie ich es gerne nenne. Das ist nur zum Sattmachen, nichts für die kulinarischen Knospen oder das Auge. Aber es ist ok, es ist absehbar. Umso mehr Vorfreude habe ich auf gutes und selbstgekochtes Essen zu Hause.

    Danach traf ich mich mit Daniela bei einem Massagesalon. Den hatte sie für uns rausgesucht. Ein Salon der damit wirbt, die passenden Massagen für Pilger zu haben. Es war etwas außerhalb von dem klassischen Stadtkern, in einem Mini-Einkaufszentrum, das jedoch zu 80% ausgestorben war. So fangen doch bescheidene Horrorfilme an. Wir irrten etwas im Kreis und auf verschiedenen Ebenen bis wir verstanden, dass der Massagesalon in einem anderen Massageladen integriert war. Dort war die einzige Angestellte gerade in einer Behandlung und meinte wir sollen ihr per WhatsApp schreiben, nun hat sie erstmal keine Zeit. Hm ok, das war also nichts. Durch Google Maps fanden wir weitere Salons in der Umgebung und wollten dort unser Glück probieren. Kurzum: entweder gab es den Salon nicht, wir fanden ihn nicht oder es gab keine freien Termine. Nach dem 5 Laden gaben wir auf. Am Vortag hieß es noch man kann am Vormittag einfach vorbei kommen, da ist immer etwas frei. Galt anscheinend nur nicht für heute.

    Wir tranken dann erst einmal einen Tee in einem sehr netten kleinen Café, das endlich mal richtig guten Service anbot und total freundliches Personal hatte. Das war ansonsten bisher in Santiago eine Fehlanzeige. Als Pilger ist man nicht so gern gesehen und wird teilweise nicht bedient, wenn Einheimische neben einem sind, die haben immer Vorrang. Sehr unnötig, wenn man bedenkt worauf diese Stadt aufbaut: Tourismus.

    Am Nachmittag ging es zu einem völlig verrückten Outlet-Komplex, der alles andere als schön oder modern war. Wir konnten gar nicht begreifen, dass dort noch so viele Läden drin waren, obwohl dort nichts los war und es gab einfach nichts Ansprechendes. Das ist natürlich immer Geschmacksache, aber wir fanden dort keinen einzigen Laden, der uns einlud zu stöbern. Ganz komisch, habe ich so auch noch nicht gesehen. Die “Kunst” die von oben in den Raum zwischen den Läden ragte, war ein Hingucker: Plastiktrichter, Plastikgießkannen, Salatschleudern und Schwimmnudeln. Wir blieben teilweise stehen und mussten einfach nur lachen. Wo sind wir hier gelandet? Dabei wollte Dani einfach nur für ihre Kinder nette Mitbringsel finden. Fehlanzeige. Dafür fanden wir dort eine neue Art von Entertainment.

    Um uns von diesem Erlebnis zu erholen, ging es viel zu Fuß durch die Stadt, durch kleine Gassen und für Dani eine Runde durch Zara, wo sie auch etwas für sich fand. Dann einen kleinen Snack in einem
    Restaurant, wo Daniela mit ihrem Essen und Trinken bereits durch war, bevor ich meins bekam. Das ist auch ein Ding, was wir nicht verstanden. Hier bekommt jeder immer zu unterschiedlichen Zeiten sein Essen, aber mit solchen Zeitunterschieden, dass man oft nicht gemeinsam nett essen kann. So sitzt immer einer da und schaut dem Anderen zu. Muss man denke ich nicht verstehen. Trotzdem sonderbar.

    Danach verabschiedeten wir uns, denn Daniela wollte sich noch frisch machen, da ihr Freund heute kommt und ein paar Tage mit ihr hier in Spanien verbringen wird und ich tingelte zurück zu meinem Zimmer, machte eine Runde Pause und war dann um 17 Uhr bei einer Massage bei mir um die Ecke, die ich mittags online gebucht hatte, nachdem wir so spontan ja kein Glück hatten. Massage war gut, aber nichts Besonderes.

    Über den Nachmittag hinweg und am Abend merkte ich, dass ich bereits genug hatte von der Stadt. Das war auch der Grund warum ich nicht so früh hier ankommen wollte und entsprechend nicht “durchgegangen” bin. Ich hatte es bereits im Gefühl und ich kannte die Stadt ja auch schon vom letzten Jahr. Nach so einer 10-tägigen Wandertour muss ich mich auch erst einmal in Ruhe wieder an das Stadtleben und die Geräusche gewöhnen. Kein weites Gucken mehr ins Grüne, viel Beton und Asphalt, weniger Tiere, andere Gerüche. Das ist doch viel für den Körper. Daher beließ ich es dabei, ging zügigen Schrittes an einer Menge Touris und einem Dudelsack-Spieler vorbei und in mein kleines Nonnenzimmer. Morgen früh geht’s nach Porto, mal schauen wie ich mich dort fühlen werde.
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  • Día 16

    Porto (Portugal) | Sightseeing

    16 de mayo, Portugal ⋅ ☁️ 16 °C

    Nach 2 Tagen in Santiago geht es heute nach Porto in Portugal. Dies geht flott innerhalb von 3,5 Stunden per Bus über die Autobahn. Denn aus Porto gibt es für mich einen Direktflug nach Hamburg, der dazu auch noch preislich echt gut ist. Aus Santiago gäbe es nur den Flug über London und der war letztes Jahr echt zum Abgewöhnen, weil stressig, unkoodiniert, zu eng getaktet und dafür auch noch mehr als doppelt so teuer.

    Der Weg nach Porto mit dem Bus verlief eher solala. Es gab schon Startschwierigkeiten, da es 3 Busse mit den selben Stops und dem gleichen Ziel gab. Entsprechend musste bei jedem Passagier das Ticket eingescannt werden, damit man seinen ausgewiesenen Platz bekommt und der Rucksack im richtigen Kofferraum ist. Man kann sich das Chaos vorstellen. Ich wartete einfach geduldig, bis ich dran war. Ein paar Ältere um mich herum wurden sehr nervös und machten ihrem Ärger Luft. Bringt dann auch nichts. Die Busse fuhren natürlich erst ab, als jeder auf seinem Platz saß. Ich saß neben Paul, einem Belgier, 70 Jahre alt. Er ist schon viele Jakobswege gegangen und bietet daheim geführte Wanderungen an. Wir kamen entsprechend gut ins Gespräch und so verging die Zeit schnell. Dann noch einen Podcast auf den Ohren und wir waren da. Die Fahrkünste waren teilweise etwas wild und die Kurven gefühlt eng, daher war mir nach der wilden Sause etwas mulmig im Magen. Deswegen marschierte ich erstmal ein gutes Stück vom Busbahnhof hin zum Wasser und dann in die Altstadt. Das Wetter war nicht so doll, bewölkt und vermutlich so 12 Grad. Es nieselte immer wieder und ab 15 Uhr sollte es durchgehend regnen. Bis dahin kostete ich die Zeit so gut es ging aus.

    Porto habe ich bereits letztes Jahr in mein Herz geschlossen. Eine wirklich schnuckelige Stadt, freundliche Menschen, trotz der Trubeligkeit nicht so laut, leckeres Essen und sehr leckeren Portwein. Die letzten zwei Punkte habe ich natürlich entsprechend ausgekostet und war in meinem Lieblingsrestaurant “Taberninha do Manel”, ist auf der Gaia Seite mit Blick auf Porto. Wer mal in Porto sein wird, sollte sich dort ein leckeres Gericht mit Fisch gönnen und dann nebenan bei Calem den 10-jährigen roten Portwein als Nachtisch einverleiben (oder direkt ein ganzes Portwein-Tasting mitnehmen).

    Ich bin dann am Nachmittag ein gutes Stück zu einer großen Metro-Station gegangen, wo alle Bahnen fuhren und damit dem Regen entflohen. Mit der Bahn waren es dann noch ca. 30 Minuten bis zum Flughafen. Neben diesen hatte ich mein letztes Hostel für diese Reise. Dass die Nacht nochmal so anstrengend wird, hatte ich nicht erwartet. Sehr wenig Schlaf, da sehr hellhörig, zu hell, jemand der sehr laut geschnarcht hat (ich bin dann einfach hin und habe an seinem Fuß geruckelt und ihm gesagt, dass er viel zu laut schnarcht, zack war Ruhe). Ich glaube man muss die Schnarcher auch mal drauf aufmerksam machen, denn nur dann können sie sich ja anders hinlegen und Mund zu machen. Werde ich mir jetzt so beibehalten.

    Ich traf im Hostel drei Mädels, die den portugiesischen Jakobsweg noch vor sich hatten und sie stellten mir einige Fragen, da es ihr erster Camino war. Ich gab ihnen meine Ibu-Menthol-Salbe mit. Mir half sie gut für die Schultern und Fußgelenke. Aber nun brauche ich sie ja nicht mehr und sie läuft Ende des Jahres ab. Sie freuten sich und waren dankbar für die Tipps. Das war eine nette kleine Runde.
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