• TiniWini
Sep 2018 – Sep 2019

Endless Summer

...immer der Sonne entgegen Read more
  • Khama Rhino Sanctuary

    November 29, 2018 in Botswana ⋅ ⛅ 22 °C

    Irgendjemand hat uns erzählt, dass Nashörner während des Kackens mit dem Schwanz wedeln, weil die Kacke so heiss rauskommt, dass dadurch Waldbrände entstehen können.
    Na das wollen wir uns doch mal live anschauen. Also ab zum Khama Rhino Sanctuary, wo es recht wahrscheinlich ist, ein paar dieser vom Aussterben bedrohten Tiere zu sehen. Und tatsächlich sehen wir einige der insgesamt 30 Breitmaul-Nashörner, die dort leben.
    Jetzt haben wir sie zusammen - die BIG 5.
    Heute ist unser Glückstag! Denn wir sehen sogar, wie eines anfängt mit dem Schwanz zu wedeln und diesen ein kleines Stückchen anhebt. Aufgepasst! Jetzt gehts gleich los! Wir erwarten dampfenden Dung und brennende Steppe.
    BloppBloppBlopp presst das dicke Rhino die übertrieben großen, aber zu unserer Enttäuschung nicht dampfenden Bollen raus.

    Was für ein Erlebnis!
    Sehr beeindruckend ist auch das Horn des Nashorn. Die Rekordlänge beträgt unfassbare 1,58 Meter. Größer als die komplette Charly!

    Wieder mal sitzen wir im Auto an einem Wasserloch. Dieses Mal gucken wir Nashörnern beim Trinken zu. Als diese dann langsam davon marschieren, Felix und Charly sind mittlerweile auf ihren Sitzen eingeschlafen, kommt aus der Ferne eine noch unerkennbare Front an Tieren auf das Wasserloch zu. Sie kommen näher und wir erkennen: es ist eine große Zebraherde, begleitet von mehreren Straußenpaaren und lustig hüpfenden Springböcken.
    Fun Fact: Der Name Springbock kommt von den senkrechten Sprüngen, mit denen diese Antilopenart vom Stand aus in die Höhe schnellt, wenn sie erschrickt. Diese Hopser können bis zu 3,5 Meter hoch sein! Bei diesem sogenannten Prellspringen bleiben die Beine steif, der Rücken wird nach außen gewölbt und aus einer Hautfalte im Rücken treten lange, weiße Haare hervor, die aus großer Distanz zu sehen sind.

    Die lustige Welt der Tiere!

    Da dies unsere letzte Pirschfahrt sein wird und wir von nun an auf Teerstraßen anstatt auf Sand fahren, pumpen wir ein letztes Mal den Reifendruck von 1.5 auf 3 Bar.
    Dieser Vorgang war in den letzten Wochen unser täglich Brot. In beide Richtungen, je nach Untergrund.

    Goodbye, Busch.
    Goodbye, Botswana.

    Auf nach Südafrika!
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  • Die letzte Nacht im Dachzelt

    November 30, 2018 in South Africa ⋅ 🌙 13 °C

    Wir haben Botswana hinter uns gelassen.
    Der Grenzübergang am Martins Drift war mal wieder spannend. Obwohl wir alle vier am gleichen Tag nach Botswana eingereist sind, waren in drei der vier Pässe verschiedene Datums-Stempel.
    This is Africa.
    Das ist uns bis dato jedoch nicht aufgefallen und überhaupt wusste keiner von uns, dass wir nur ein 14 Tage-Visum bekommen haben (Tipp: immer direkt bei der Einreise schauen, wie lange das Visum gültig ist).
    So standen wir also am Ausreise-Schalter, bekamen zurecht Ärger und sollten die überzogenen 1 bis 3 Tage nachzahlen.
    Ein paar nette Worte und Dackelblicke später durften wir dann ganz ohne Nachzahlung ausreisen.
    This is (also) Africa!

    Die Einreise nach Südafrika hat tippitoppi geklappt (nachdem wir dann rausgefunden haben, dass das nach Klohäuschen aussehende Gebäude der Grenzposten ist) und wir befinden uns nun auf unserem letzten Campingstopp bevor wir unseren geliebten Jeep in Johannesburg zurück geben müssen.
    Wir sitzen im Witvinger Nature Reserve auf unseren Campingstühlen, beobachten fasziniert den surreal gefärbten Gewitterhimmel und ich schwelge in Erinnerungen an die vergangenen Jeep-Wochen in Botswana.

    Ich denke an Lagerfeuer, an Tiefsand, an gute Musik, an Savanna, an Zelte auf- und zuklappen, an Kochen im Dunkeln, an freche Affen und faule Löwen, an Freundschaft, an Abenteuer, an Rieseneinkäufe, an offene Kofferraumtüren, an Kühlschrank-Unfälle, an gigantische Sonnenauf- und untergänge, an Teamwork, an Reifendruck verändern, an eingeklemmte Finger, an König-der-Löwen-Landschaften, an super leckeres Essen ala Charly, an mit Bier bestochene Veterinärbeamte, an Salzwüsten und Erdmännchen, an Turbospeed-Flussfahrten, an innige Gespräche, an vertrautes Wohlfühlen, an Wein aus Kanister und Bier aus Dosen. Und an Barbecue.

    Da fällt mir doch gerade noch eine lustige Anekdote ein (jaaaa mal wieder ist Felix der Lustige in der Geschichte):
    Sambia. South Luanga National Park. Wir haben noch keinen eigenen Jeep und sitzen in so einem Safari-Touri-Jeep mit mehreren Sitzbänken hintendrauf. Außer Felix und mir ist eine sehr unterhaltsame Gruppe Spanier mit an Bord.
    Für mich ist es die erste Safari meines Lebens.
    Eines der ersten Tiere, die wir sehen ist ein wunderschönes Kudu (das ist so eine große Antilopenart mit massiven Korkenzieher-Hörnern).

    Gabriel: „Wow i really like them the most!“
    Felix: „Me too! They are delicious! I love the Kudu-Sausages!”
    Gabriel: „What? You eat them? I meant that they are the most beautiful animals in the bush!”

    Großes Gelächter beiderseits.
    Kudu flüchtet.

    Die grellen Blitze reißen mich aus meinen Gedanken.
    Links, rechts, über uns. Überall entlädt sich die Energie mit voller Wucht.

    Schaurig-schön!

    Es fängt an zu regnen. Das stellt jedoch kein Problem für Meisterköchin Charly dar. Gewusst wie! Sie stellt den Gasbrenner einfach unter den Campingtisch, hockt sich selbst mit darunter und zwirbelt die Spaghetti in das heiße Wasser.

    Wie es sich für Glückspilze gehört, hört der Regen auf (nachdem auch Daniel, der langsamste Esser der Welt, seine Nudeln im Auto sitzend verputzt hat) und wir verbringen einen wundervollen letzten Abend ums Lagerfeuer mit schönen Gesprächen, mit viel Liebe und noch viel mehr Whiskey, der eine wohlige Wärme im Bauch verbreitet.

    Da unser gekauftes Feuerholz bald ausgeht, verschwindet Felix im Busch und kommt mit ganzen Bäumen zurück, die er mit der Säge in der Hand und Whiskey im Kopf klein macht.
    Da auch dies schnell verbrennt, strömen wir irgendwann alle vier aus und sammeln alles trockene Holz, das uns in den Weg kommt.
    Man spürt: Keiner will, dass dieser letzte Campingabend vorbei geht.

    Könnten wir es doch nur alle so gelassen sehen wie Felix, der alte Vipassana-Bruder, mit seiner Weisheit:

    ANIJA. ALLES KOMMT UND GEHT.
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  • Goodbye Jeep, Goodbye Friends

    December 1, 2018 in South Africa ⋅ ⛅ 25 °C

    Wir sind in Johannesburg (oder auch Joburg oder Jozi, wie die Locals sagen) und genießen die letzten zwei Tage mit unseren so arg lieb gewonnenen Freunden.
    Charly hat uns für diese Abschiedstage eine Deluxe-AirBnB-Wohnung gebucht. Nicht nur mit Dachterrasse, sondern auch noch mit einem Whirlpool darauf.
    Mit Sekt in der Hand und Blubberblasen um sich herum lässt sich der Busch-Großstadt-Kontextschock ganz gut aushalten.

    Auch wenn wir den Busch und unseren Jeep jetzt schon vermissen, genießen wir das Baldachin-gesäumte Kingsize-Bett, die Regenwalddusche, die Riesenküche, den Netflix-Sofa-Abend und die Elektro-Club-Nacht in vollen Zügen.

    Schweren Herzens müssen wir uns dann aber viel zu früh von Daniel und Charly verabschieden.

    Doch wie hat der schlaue Konfuzius doch gleich gesagt?

    Leuchtende Tage.
    Nicht weinen, dass sie vorüber.
    Lächeln, dass sie gewesen.

    Danke für diese spektakuläre Zeit!
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  • Auf nach Mosambik!

    December 5, 2018 in Mozambique ⋅ ☀️ 35 °C

    Raus aus der Stadt.
    Nach drei Wochen in der Natur ist eine Großstadt wie Johannesburg echt überfordernd.

    Menschen. Überall Menschen.
    Autos. Überall Autos.
    Gefahr. Überall Gefahr.

    Dass man in Johannesburg nicht nachts auf den Straßen laufen soll, war uns davor schon klar. Der Manager unseres Hostels legt uns jedoch sogar wärmstens ans Herz, auch tagsüber nicht im Stadtzentrum zu laufen.
    So legen wir all unsere Wege mit Uber und Taxi zurück. Es ist echt verrückt. Jeder einzelne der Taxifahrer weist uns darauf hin, wie gefährlich seine Stadt ist. Man wird nicht unbedingt öfters als in anderen Großstädten überfallen. WENN dies jedoch passiert, läuft es hier meist gewalttätiger ab. Viele Gangster schrecken nicht davor zurück, jemanden wegen eines Handys zu erstechen.
    So erzählt uns einer der Taxifahrer, dass gestern Abend im Anschluss an ein Konzert mehrere Menschen angegriffen wurden, weil sie mit ihrem Handy in der Hand dastanden, um ein Uber zu bestellen. Wer sein Telefon nicht direkt rausrückte, wurde mit einem Messer attackiert. Dabei starben zwei Menschen.

    Diese ständig lauernde Gefahr begleitet uns die kompletten 5 Tage, die wir in Johannesburg verbringen. Der Uberfahrer, der uns zum Busterminal fährt, weigert sich, uns am Parkplatz rauszulassen. Er begleitet uns tatsächlich bis in die Einstiegshalle, weil er meint, dass am Parkplatz überall Gangster lauern. „They look at you and your backpack and they see walking money. They see an ATM in you and they want to withdraw money. If needed with a knife.”

    Bestimmt gibt es auch ganz tolle Ecken in Johannesburg, aber für uns ist es eher eine komische Zeit dort, was vielerlei Gründe hat: Wir fühlen uns unsicher und unfrei, wir müssen erstmal klarkommen, dass wir von jetzt an wieder zu zweit statt zu viert unterwegs sind und wir müssen uns neu orientieren, Pläne schmieden, wohin unser Weg uns nun führen soll.
    Auch das gehört zu einer Reise.

    Geschmiedeter Plan: Wir wollen mit dem Bus von Johannesburg nach Mosambik fahren. Über Nacht.
    Beim Einsteigen wird uns aufs Neue klar, dass Südafrika in vielen Hinsichten so viel heimischer für uns ist, als die anderen afrikanischen Länder, die wir bereist haben: Man kauft sein Ticket im Voraus. Man stellt sich an. Man drängelt nicht wie ein Irrer. Jeder hat seinen eigenen Sitz. Alle Fenster und Türen lassen sich schließen und: es wird sogar das Gepäck gewogen. Wie beim Fliegen! Da wir von den letzten drei Camping-Wochen noch sehr viele Lebensmittel übrig haben, bringt Felix‘ Rucksack stolze 30kg auf die Waage. Mit botswanischen Tomatendosen, Cookies, Reis und co. im Gepäck nehmen wir einen kleinen Hauch süße Erinnerung mit auf den Weg nach Mosambik.

    Der Grenzübergang bei Komatipoort gestaltet sich dann mal wieder sehr spannend. In Joburg waren wir extra im mosambikanischen Konsulat, wo uns die Dame versichert hat, dass wir das Visum an der Grenze „on arrival“ bekommen. Easy.
    Das ist wohl auch richtig, nur meint der Busfahrer beim Einsteigen, dass er an der Grenze nicht warten kann, bis wir das Visum bekommen.
    Na toll. Es kann also sein, dass wir an der Grenze stecken bleiben und der Bus ohne uns weiterfährt.
    Als wir um 4 Uhr nachts an der Grenze ankommen, schickt uns der Busfahrer direkt an das Grenzhäuschen, damit wir ganz vorne in der Schlange stehen.
    Jipiiieh, endlich mal wieder mitten in der Nacht irgendwo stehen und auf irgendwas warten. Die Reise geht weiter!
    Als die Grenze um 6 Uhr aufmacht, sind wir dann tatsächlich eine der Ersten und bekommen unser Visum zwar von dem langsamsten (und Schnaps ausdünstenden) Menschen der Welt, aber immer noch rechtzeitig für den Bus ausgehändigt. Es ist wirklich sehr empfehlenswert Felix, den Glück-lichen an seiner Seite zu haben.

    Maputo, die Hauptstadt Mosambiks ist uns auf den ersten Blick sympathisch. Klar, es ist wieder eine Großstadt, aber sie ist um einiges kleiner und ungefährlicher als Joburg. Wir können uns frei bewegen, laufen kreuz und quer durch die kunterbunte Stadt und am Hafen entlang, wo uns eine erfrischende Brise Meeresluft entgegenschlägt, die alle paar Meter vom intensiven Geruch des Fischmarkts unterbrochen wird.

    Die Menschen reden hier Portugiesisch, was uns extrem an unsere gemeinsame Zeit vor 10 Jahren in Brasilien erinnert und uns ermöglicht, mit den Einheimischen zu plappern.
    In vielerlei Hinsicht fühlt man sich hier auch wie in Portugal, zum Beispiel wegen des leckeren Espressos am Morgen (bisher gab es ja meistens nur Nestle-Instantplörre auf unserer Reise) und natürlich wegen der oberleckeren Pastel de Nata.
    Wer sie noch nie probiert hat: DO IT!

    Wir fühlen uns pudelwohl und sind schon jetzt ganz verliebt in Land und Leute.
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  • Tofo Beach Life

    December 6, 2018 in Mozambique ⋅ ⛅ 31 °C

    „Und dann muss man ja auch noch Zeit haben, einfach dazusitzen und vor sich hin zu schauen.“

    Wie Recht sie doch hat. Die gute alte Astrid Lindgren.

    Wir sehen das genau so und nehmen uns Zeit zum Innehalten, zum Verarbeiten der vielen Eindrücke, Bilder und Gefühle.

    Tofo ist ein kleines aufgewecktes Dorf an der Küste Mosambiks, das geradezu zum Verweilen einlädt.
    Surfen, Tauchen, Yoga, ein ewig langer Strand, frische Meeresfrüchte, tiefenentspannte Einheimische, Reisende aus aller Herren Länder, tagsüber ist es schön warm, nachts weht eine frische Brise, Palmen wohin das Auge reicht und zu alledem ist auch noch Maracuja- und Mangosaison.

    Hier lässt es sich aushalten!

    Wir wohnen in einer AirBnB Wohnung mit Blick auf den Ozean, werden jeden Morgen um 4.30 Uhr (!!) von der orangeroten Sonne wachgeküsst und genießen the sunny side of life.

    „It’s summer time!! Good morning!“ ruft uns lachend ein Einheimischer zu, der sieht, wie wir uns beim morgendlichen Strandspaziergang fast die Füße am heißen Sand verbrennen.
    Ich muss lächeln.
    Das ist genau das, was man im Dezember hören will, wenn man auf „Endless Summer Tour“ ist.

    Es ist so schön, mal wieder länger als 2 Tage an einem Ort zu sein. Viele Reisende bleiben hier (aus gutem Grund) stecken und schwuppdiwupp wird aus einem einwöchigen Urlaub schnell mal ein 3-Jahres-Aufenthalt.
    Es ist immer wieder aufs Neue faszinierend, Menschen aus anderen Ländern, anderen Kulturen kennen zu lernen.

    Da ist zum Beispiel der Kanadier Oli, der schon so ungefähr in jedem Land der Welt war.
    Da ist Arthi, eine Inderin, die in Dubai lebt und von ihrem Büro aus den Burj Kalif sieht.
    Da ist Claire, eine Französin, die ein Auslandsjahr in Kapstadt hinter sich hat.
    Da ist Elif, eine türkische Schweizerin, die so lustig lacht, dass man einfach mitlachen muss.
    Da ist Ricardo, ein Argentinier, der sich aber selbst als Halbkolumbianer sieht und die besten Dancemoves ever hat.
    Und da ist Rob, ein pensionierter Sternekoch aus England, der seit über 30 Jahren in den verschiedensten Küchen der Welt kulinarische Gaumenfreuden fabriziert.

    Und nun kommt eine Sache, an der wir merken, dass wir alt werden: anstatt mit dieser crazy Multi-Kulti-Truppe jeden Abend wild um die Häuser zu ziehen, treffen wir uns regelmäßig zum Kochen.
    Unter Rob’s Anweisungen zaubern wir beispielsweise in der schlechtesten Hostelküche das beste Meeresfrüchterisotto und einen gemischtem Salat mit - haltet euch fest - BALSAMICO (welchen er stets in einer kleinen Wasserflasche abgefüllt mit auf Reisen nimmt). Wenn es in den vergangenen drei Monaten überhaupt mal Essig im Salat gab, handelte es sich meist um sowas wie Essigessenz.

    Tofo zieht uns immer mehr in seinen Bann. Es ist so ein friedlicher und gleichzeitig aktiver Ort mit ganz viel Charme und einer großen Portion Lebensfreude. Wie passend, dass wir Felix‘ Geburtstag hier feiern.
    Nach einem belebenden Sekt- und Mangomüslifrühstück laufen wir zu unserer Tauchschule, treffen dort im Café auf unsere neuen Freunde. „Hello! Its my birthday today!” begrüßt Felix mit dem Strahlen eines Geburtstagskindes die Leute und holt sich gleich mal eine Runde Glückwünsche ab (was sich den ganzen Tag und die ganze Nacht durchziehen soll).
    Der Himmel ist stark bewölkt, der Ozean rau mit sehr kleinen Wellen.
    Denkbar schlechte Bedingungen fürs Tauchen sowie fürs Surfen. Alle am Tisch sind etwas deprimiert, einige haben sogar ihren Tauchgang für heute abgesagt.
    Felix dagegen ist in höchster Vorfreude: „Man, i am gonna have such a great dive today and the best Surf ever!“
    Die Leute schauen ihn mit erhobener Augenbraue an, schwenken ihren zweifelnden Blick auf das unruhige Meer und schütteln fassungslos den Kopf. Man merkt: Sie kennen Felix noch nicht wirklich.
    Einzig Oli lacht und meint: „Dude, I love your positivity.”

    Natürlich behält Felix Recht und trotz schlechter Bedingungen (das größte Abenteuer am Tauchgang ist eigentlich die Bootsfahrt zum Tauchspot, da wir vom Strand aus in einem Gummiboot volle Karacho gegen die Wellen raus aufs Meer schanzen müssen) haben wir einen fantastischen Tauchgang, bei dem uns sogar ein Hai, ein Oktopus und eine riesige Schildkröte besucht.

    Am Geburtstagabend treffen wir uns am „Mercado“ (dem kleinen aber feinen Ortskern) mit unserer neuen Gang und enden in der Dread-Bar. Ein offener Schuppen mit keinen Menschen, dafür riesigen Lautsprecherboxen, aus denen die Musik nur so rausscheppert.
    Techno-Wichtel Oli schließt sein Handy an und legt ein Hit nach dem Anderen auf. Tadaaaaa haben wir unsere eigene kleine Elektroparty.
    Und wir tanzen, tanzen, tanzen, bis unsere Beine schwach werden.

    Tanzen. Ich liebe es.
    Einfach die Augen schließen und die Musik fühlen.
    Tanzen verbindet wohl alle Kulturen der Welt. Einige davon haben wir uns hier in Tofo ja schon zusammengesammelt.
    Und so entsteht eines Abends (natürlich nach der täglichen gemeinsamen Kochsession) eine kleine Tanzfeier der besonderen Art: zuerst üben wir eine indische Bollywood Choreografie ein, dann versuchen wir die Hüften zu kolumbianischem Cumbia zu bewegen und hüpfen schließlich gegen den Uhrzeigersinn kreisend einen türkischen Volkstanz.

    Felix, der Vorzeigebayer war kurz davor einen Schuhplattler rauszuhauen. Aber ohne Lederhose geht das halt einfach nicht...

    Tofo mit seinem Easy-Peasy-Vibe hat uns voll und ganz gefangen. Wir können uns nicht vorstellen, jetzt nach einer Woche schon zu gehen.
    Wie passend, dass zufällig in der kommenden Woche ein Yoga-Retreat stattfindet, für das ich mich kurzerhand einfach anmelde.

    Ach wie schön dieses Spontansein doch ist...
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  • Tofo Beach Life 2

    December 16, 2018 in Mozambique ⋅ ⛅ 30 °C

    Wir sind immer noch in Tofo und fühlen uns fast schon ein bisschen heimisch. Leute, die hier wohnen grüßen uns beim Vorbeifahren oder nehmen uns direkt mit, wir kaufen Obst und Gemüse bei Bernado, Brot bei Veronika, Kuchen bei Jenny und werden per WhatsApp über Happenings im Dorf informiert.

    Aufgrund des Yoga Retreats, für das ich mich spontan angemeldet habe, ziehen wir in das „Turtle Cove“. Wunderschön auf einem Hügel gelegen, mit Aussicht auf die gesamte Bucht, hat diese Unterkunft mit ihren orangenen Strohdach-Hüttchen und ihrem einladenden Yogahaus eine sehr beruhigende Wirkung.

    Alle anderen Teilnehmer, inklusive der Yogalehrerin Mel Castleman, kommen aus Johannesburg eingeflogen.
    Nun heißt es jeden Morgen von 6.30 Uhr bis 8.30 Uhr und jeden Abend von 18 Uhr bis 19.15 Uhr die Muskeln und den Geist stärken.
    Ich habe mich schon darauf gefreut, die Tage ruhig anzugehen, vielleicht mit einer kurzen Meditation, ein bisschen in den eigenen Körper reinfühlen und so.
    Tja wer konnte wissen, dass Mel ihre Yogasessions immer mit knallhartem Bauchmuskeltraining beginnt. Und auch danach bleibt der Anstrengungsgrad bei Mir-tropft-der-Schweiß-von-der-Stirn-und-mein-Herz-springt-mir-gleich-aus-der-Brust.
    Mit ihrem Power-Yoga-Stil fordert und fördert sie jeden einzelnen der Teilnehmer. Mel selbst ist so unfassbar beweglich, dass man manchmal gar keinen Überblick mehr über ihre Arme und Beine hat, wenn sie die Positionen vormacht. Oft steht sie auf ihren Händen und zeigt dann mit den Zehenspitzen, die von hinten oben über ihren Kopf kommen, auf irgendeinen Körperteil. Faszinierend! Mir wird schnell klar, wieso sie eine der angesehensten Yogalehrerinnen Südafrikas ist. Vielleicht gerade deswegen hat sie einen krass hohen Anspruch. Wenn sie einen in die verknotetsten Figuren dirigiert und der ganze Körper dabei nur noch so zittert vor Anstrengung, ist man versucht, sie zu verfluchen. Weil sie aber eine unglaublich positive Ausstrahlung und eine charmant-lustige Art hat, verzeiht man ihr sofort wieder.

    Es sollte eine richtige Detox-Woche werden. Das könnte auch gut klappen, wären da nicht die kichernde Elif und der lustige Gary.
    So spaßig ein Whiskey-Savanna-Bier Abend am Pool auch ist - so inkompatibel ist das PowerYoga am nächsten Morgen. Gary packt es dann auch tatsächlich nicht, aufzustehen und schwänzt die Session. Seine Ausrede: „Sorry Mel. The Germans poisoned me!!”

    Sofern Felix nicht gerade surfen ist, macht er bei den Yogastunden mit. Viele der Mittage verbringen wir mit den Yogis am Strand.
    Und wieder mal muss ich feststellen, dass man nicht voreilig urteilen sollte. Mein düsterer Eindruck von Johannesburg hellt während dieser Yogawoche um einige Nuancen auf. Einfach weil diese Johannesburger Menschen so außergewöhnlich nett, gesellig und offen sind. Wir werden direkt von Mehreren eingeladen, sie zuhause zu besuchen und mit ihren vielzähligen Tipps schustern wir uns eine überragende Südafrika-Tour zusammen.

    Obwohl alle Teilnehmer durch und durch Südafrikaner sind, sehen sie extrem unterschiedlich aus: von Indisch und tiefschwarz über asiatisch und europäisch-weiß ist alles dabei.

    Eine Anekdote dazu:
    Der Taxifahrer: „I don’t like the police. Do you know why?”
    Gary: „Yeah of course, they’re corrupt ey. Man I am African too!”

    In diesem Moment wird mir plötzlich bewusst, wie in meinem Kopf doch immer noch irgendwo das Bild des dunkelhäutigen Afrikaners herumschwirrt. Ich dachte eigentlich von mir selbst, dass ich durch das viele Reisen und mein Studium der interkulturellen Pädagogik sehr sensibilisiert bin auf Stereotype und Klischees.

    Aber dass Gary, der bleicher ist als ich und vom Aussehen her Europäer sein könnte, genauso Afrikaner ist wie alle dunkelhäutigen Tansanier, Malawier, Sambier, Batswana und Mosambikaner, bringt mich erschreckenderweise dann doch kurz aus dem Konzept.

    Mein unbewusstes Schubladendenken irritiert mich.
    Eigentlich weiß ich ja, dass es auch weiße Afrikaner gibt.
    Aber offensichtlich bedarf es dann doch einer Reise und einer echten Begegnung mit den verschiedenst aussehenden Afrikanern, um die Schubladen im Hirn aufzumachen und umzuräumen. Wissen und Erfahren sind halt doch zwei Paar Stiefel.

    Ja. Das ist wirklich bereichernd am Reisen in fremden Ländern. Man begegnet den Einheimischen. Man tanzt ihre Tänze. Man hört ihre Musik und ihre Sprache. Man spielt ihre Spiele. Man trinkt ihre Getränke. Man schmeckt ihr Essen.

    Wir lieben es, die kulinarischen Köstlichkeiten der verschiedenen Orte, die wir bereisen, zu probieren.
    Hier in Tofo ist die lokale Spezialität Matapa. Das ist eine Soße aus jungen Maniokblättern, Kokosmilch und gemahlenen Erdnüssen, die man zusammen mit Reis serviert bekommt.
    Beim Mercado gibt es einige kleine Holzhüttchen, in denen die Mamas in riesigen Töpfen auf dem Feuer Matapa kochen, welches man dann für 50 Metical (80Cent) pro Portion kaufen kann. Es schmeckt super lecker. Felix braucht es wie immer schärfer und er bestellt bei der Mama Piri-Piri-Soße. Sie bringt stattdessen ganze Chilis. Während Felix sich ganz heldenhaft direkt einige Chilis auf sein Matapa schneidet, beäugen ihn die Mamas anerkennend.
    Schnitt. Eine halbe Stunde später. Felix sitzt mit hochrotem und angeschwollenem Gesicht da, er kann die Augen nicht mehr öffnen, weil er sich mit seinen Chili-Fingern gerieben hat. Die Frauen schmunzeln mittlerweile und schauen ihm amüsiert beim Schwitzen zu. Als es immer schlimmer brennt, kommt eine Mama zur Hilfe und meint, ich soll ihm mit meiner Wasserflasche die Augen auswaschen.
    Das hilft - der Brand wird gelöscht und Felix kann bald wieder sehen. Puh, was für eine Aufregung beim Mittagessen.

    Da wir nun schon fast drei Wochen in Tofo sind und es steil auf Weihnachten zugeht, werden hier die Palmen mit Lichterketten verziert, kitschige Plastikchristbäume herausgezogen und natürlich „Last Christmas“ aufgelegt.

    Einen Tag vor Heilig Abend verlassen wir dann diesen magischen Ort und mit ihm unsere lieb gewonnene lustige Elif.

    It’s time to move on...
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  • Tofo Beach Life 4

    December 23, 2018 in Mozambique ⋅ ⛅ 27 °C

    4 Uhr morgens (naja eher nachts) ist normalerweise nicht so die Aufstehzeit für einen Morgenmuffel wie mich.

    In Tofo ist es um diese Uhrzeit jedoch schon wohlig warm und sanft dämmernd.

    Eines Morgens schaffen wir es tatsächlich, in aller Frühe aus dem Bett zu kriechen und einen Spaziergang am Strand zu machen.
    Felix nutzt die Gunst und der Stunde, um das Meer in seiner morgendlichen Sänfte in zartem Licht zu fotografieren.

    Nach kurzer Zeit ist Felix jedoch gelangweilt von Sand, Strand und Düne.
    Jeder der ihn kennt, weiß dass seine Konzentrationsspanne bei maximal 10 Minuten liegt. Dann muss was anderes her.
    In diesem Fall bin ich das „andere“.
    Und so befinde ich mich plötzlich in einem Sunrise-Fotoshooting, welches sich der Fischermann, der auf der Düne neben uns sitzt, amüsiert anschaut.

    Aber auch ich werde nach 10 Minuten uninteressant und Felix drängelt heim. Surfen!!
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  • Weihnachten mal anders...

    December 24, 2018 in South Africa ⋅ ⛅ 24 °C

    Wir sind zurück in Südafrika.

    Es ist Weihnachten und wir freuen uns über all die Fotos, Videos und Sprachnachrichten, die wir von zu Hause bekommen: Geschmückte Weihnachtsbäume (die wir natürlich mit Whiskey aus dem Flachmann loben), kreativ geformte Plätzchen, strahlende Kinderaugen beim Geschenkeöffnen, lachende Gesichter unter roten Weihnachtsmützen, heimelige Familienfotos und nicht zu vergessen Fotos von Weihnachtsessen, bei denen uns das Wasser im Mund zusammenläuft.

    Hier in Nelspruit erinnert außer dem bärtigen Santa in der Shopping-Mall recht wenig an die Weihnachtszeit.

    Mango statt Orange, Palme statt Tannenbaum, Sonnenbrille statt Wollmütze, Eiskaffee statt Glühwein, Zweisamkeit statt Familienfeier.

    Wir gönnen uns zu Weihnachten ein eigenes Auto, welches wir für die kommenden vier Wochen mieten. Es soll uns von hier über Durban die gesamte Küste bis runter nach Kapstadt bringen.

    Endlich wieder ein eigenes Gefährt. Es hat zwar nur einen Bruchteil der Pferdestärken unseres Botswana-Kraftprotzes, aber es bringt genau so viel Freiheit mit sich.
    Jederzeit überall hinfahren können, wo es uns hinzieht. Freiheit pur!

    Als erstes zieht es uns in das Mountainbike- und Klettermekka Mpumalanga in den Ausläufern der Drakensberge.
    Wir bauen unser neu erworbenes Billig-Zelt im „Tranquilitas-Camp“ auf, entfachen Feuer zum Grillen und stoßen mit dem guten Overmeer Rotwein aus dem Kanister auf Weihnachten an. Welch süße Erinnerung an unsere Camping-Zeit in Botswana.

    Mit dem Wein spülen wir dann auch die sechs riesigen Bilharziose-Tabletten runter, die man sieben Wochen nach der letzten Berührung mit infizierten Gewässern (in unserem Fall dem Malawisee) nehmen sollte.

    Wundervoll angedüdelt von der dezenten Schwere des Weins, die Ruhe der Abgeschiedenheit genießend, schlummern wir friedlich in unserer neuen Plastikhöhle durch die WeihNacht.

    Wäre das nicht ein schönes Ende dieses Berichtes?

    In Wahrheit haben wir Magenkrämpfe von den Tabletten, uns tut alles weh von der dünnen Isomatte, das angeblich 2 Meter lange Zelt ist zwei Köpfe zu kurz für uns und zu alledem stürmt, regnet und gewittert es als gäbe es kein Morgen mehr.
    Als die Pfütze unter meiner Isomatte zu einem See anwächst, der Himmel vor lauter Blitzen mehr hell als dunkel ist und wir den Donner im Brust spüren, flüchten wir in unser Auto, wo wir das Spektakel ganz ohne Todesangst beobachten können.

    Tja. Auch so kann man Weihnachten verbringen.

    Öfters mal was Neues :)
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  • In den Drakensbergen

    December 26, 2018 in South Africa ⋅ ☀️ 30 °C

    Wow!

    Die Schönheit und Erhabenheit dieser Berge macht mich sprachlos.

    Wir befinden uns inmitten der dramatischen Berglandschaft der Drakensberge. Diese 1000 Kilometer langen zerklüfteten, grünen Tafelberge bilden die natürliche Grenze zwischen Südafrika und Lesotho.
    Wenn man die Felswände aus Klippen und Schluchten aus nächster Nähe anschaut und man die gewaltigen Dimensionen mit den eigenen Sinnen erlebt, wird einem schnell klar, wieso die „Drachenberge“ eine maßgebliche Inspiration für Tolkien waren, als er sich den Schauplatz Mittelerde für „Herr der Ringe“ ausdachte.

    Mit Sack und Pack, Zelt und Isomatte, Sandwiches und Flachmann bepackt steigen wir über die sogenannte Chainleddar (jaaa, das ist wirklich eine Kettenleiter, die senkrecht den Fels hinaufführt. Und nein! Keine Sicherung!) auf eine der berühmtesten Felsformationen des Gebirges: das Amphitheater.
    Schon von unten sieht es unglaublich imposant aus.
    Von oben ist es dann sogar noch spektakulärer. Für den steilen Aufstieg werden wir mit einem majestätischen Bergpanorama belohnt, bei dem uns wieder mal bewusst wird, was Ehrfurcht bedeutet.
    Ich stehe in schwindelerregender Höhe am Rande der Klippe und schaue nach unten. 1000 Meter geht es vor mir senkrecht runter.
    Ahhhhhh! Vermutlich kennt jeder dieses Gefühl, wenn man an einem Abgrund steht, einem die Beine schwach werden und man sich in einem Sekunden-Tagtraum abstürzen sieht. Schaurig-schönes Gefühl. Obwohl man sich ja (ungewollt) vorstellt, wie man in den Tod stürzt, fühlt man sich gleichzeitig so außergewöhnlich lebendig. Prickelndes Adrenalin.
    Links von uns der Sentinel, rechts von uns der Mont aux sources, stehen wir in über 3000 Meter Höhe auf dem Hochplateau des Amphitheaters und der Wind pfeift uns nur so um die Ohren. Mit ihm schießen Adler und Geier über unsere Köpfe hinweg und zerschneiden mit einem scharfen „Fucchhh“ die Luft.

    Immer wieder begegnen wir Schäfern. Die meisten kommen angeblich aus Lesotho und bleiben für 5 Monate am Stück auf dieser Höhe bei ihren Schafen. Das Wetter in den Drakensbergen ist unberechenbar und es kann, egal zu welcher Jahreszeit, zu extremen Kälteeinbrüchen kommen. Kein Wunder sind die Schäfer in dicke Decken eingewickelt und tragen Wollmützen. Wir verteilen unsere Snacks an eine Gruppe Jungs, die zwar außer „Sweets?“ kein Wort Englisch reden, uns aber wild gestikulierend klarmachen, dass wir sie fotografieren sollen.
    Als ich für das Fotoshooting mitten in der Deckenumwickelten Jungenhorde stehe und den modrig-schweißigen Geruch einsauge, wird mir wieder mal bewusst, WIE unterschiedlich Menschenleben aussehen können.

    Wir halten Ausschau nach einem geeigneten Platz, um unser Nachtlager aufzuschlagen. Im Internet haben wir gelesen, dass man sein Zelt erst bei Dunkelheit aufbauen und dann kein Licht mehr anmachen soll, damit einen die Schäfer nicht sehen. Es ist wohl in den letzten Jahren immer wieder zu Überfällen gekommen, bei denen Zelte aufgeschlitzt und Wertsachen entwendet wurden.
    Ich muss zugeben, ich bin etwas nervös mit diesen Informationen im Hinterkopf. Und dass uns schon zwei Wanderer auf dem Weg erstaunt gefragt haben, ob wir es nicht zu gefährlich finden, da oben alleine zu zelten, macht mich nicht gerade entspannter.
    Aber es wäre einfach zu schön, morgen früh mit diesem fantastischen Ausblick den Sonnenaufgang anzuschauen.
    Also entscheiden wir, dass wir es durchziehen. Es ist mal wieder an der Zeit, unser Urvertrauen in die Menschheit auf die Probe zu stellen. Bisher haben wir nur gute Erfahrungen damit gemacht.
    Mittlerweile ist es 15 Uhr, ein Abstieg wäre ohnehin bald nicht mehr möglich.
    Da begegnen wir einer Gruppe Wanderer, ebenfalls mit Zelt und Isomatten bepackt.
    Sie versuchen uns jedoch zu überzeugen, dass es keine gute Idee sei zu zelten. „Guys I am South-African. This is my country and i know when there is trouble and when there’s not. I saw the Shepards and i don’t trust them. They already saw your camera and your iPhone. It is too dangerous guys. This is Africa, there are 50 murders a day. And tomorrow it’s another day.”
    Auch die anderen Männer der Wandergruppe reden auf uns ein und erzählen uns, dass sie schonmal hier oben gecampt haben. Heute finden sie das Verhalten der Schäfer jedoch so komisch, dass sie lieber die gesamte Ausrüstung und Verpflegung wieder runter schleppen.
    Wir bedanken uns für den Ratschlag und als die Gruppe abzieht, merken wir, dass wir ganz alleine auf dem Plateau sind. Die Tageswanderer haben sich bereits alle an den Abstieg gemacht.
    Bei dem pflichtmäßigen Gipfelschnaps aus dem Flachmann überlegen wir, was wir tun sollen.

    Die vom Sonnenuntergang warm beleuchtete Panorama-Aussicht auf das umliegende Gebirge verspricht einen unfassbaren Sonnenaufgang morgen früh. Die Südafrikaner von eben haben uns jedoch solche Angst gemacht, dass wir uns schweren Herzens entscheiden, doch nicht hier oben zu zelten.
    Better safe than sorry...

    Im Endeffekt ist es die richtige Entscheidung, da völlig unerwartet ein Unwetter aufzieht und wir vom Fuße des Berges aus sehen, wie das Amphitheater voll und ganz in dicke schwarze Wolken eingehüllt wird.

    Zurück in der Witsieshoek Mountain Lodge sprechen wir mit anderen Wanderern und Einheimischen, welche uns erzählen, dass sie schon öfters auf dem Amphitheater gezeltet haben und es nicht wirklich gefährlich sei. Die allermeisten Schäfer seien super freundlich.

    Kurz ärgern wir uns, dass wir uns nicht getraut haben, oben zu bleiben, doch als wir die grellen Blitze über dem Hochplateau sehen, sind wir ganz froh hier unten in einem kuscheligen Bett schlafen zu können.

    Was für eine unfassbar schöne und nervenkitzelnde Wandertour das doch war...
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  • KwaZulu-Natal

    December 28, 2018 in South Africa ⋅ ☁️ 18 °C

    Eines der wundervollsten Dinge am Reisen ist wohl, die Gastfreundschaft und Offenheit der Einheimischen spüren zu dürfen.
    Sally, die wir im Yoga Retreat in Tofo kennen gelernt haben, hat uns nicht nur über Weihnachten zu sich nach Johannesburg eingeladen, sondern auch an ihre Eltern nach Shongweni, einem Vorort von Durban mitten in der Provinz KwaZulu-Natal vermittelt.

    So sitzen wir nun in der Stube des alten Bauernhofs mit Brian und Aneleen, die sich lustigerweise gegenseitig „Schatz“ nennen.
    Ein Überbleibsel aus ihrer Kindheit in Namibia.
    Strom gibt es gerade nicht. Brian guckt uns entschuldigend an, hebt die Schultern und meint lachend: „Sorry Guys. But this is Africa.“ Er ist natürlich vorbereitet und schmeißt seinen Generator an. Im schwachen Schein des Notfalllichts erzählen sie uns, dass sie sehr verärgert über ihre Politiker sind. Die verkaufen wohl Strom für teures Geld ins Ausland (der Erlös geht dann in die eigene Tasche) und gleichzeitig verordnen sie geplante Stromausfälle, wofür es sogar richtige Zeitpläne gibt (welche jedoch sehr selten eingehalten werden). Sprich, man weiß nie, wann und wie lange man mit Strom rechnen kann. Das ist uns schon an mehreren Orten in Südafrika aufgefallen. Allgemein klagen die beiden sehr über die Korruption in ihrem Land. Der Polizei kann man gleich gar nicht vertrauen. Jeder, der sich vor Einbrechern schützen will, muss eine „Armed Response“ (eine Art Privat-Security) engagieren.
    Brian ist auch hierfür gewappnet und hat neben seinen 3 Wachhunden (und natürlich dem Dackel „Buddha“) ein Gewehr zuhause. Dazu erzählt Aneleen, die wegen ihrer Gänsezucht auch „The Duck Lady“ genannt wird, eine verrückte Geschichte: Auf ihrem Grundstück gibt es Pythons und schwarze Mambas, die liebend gerne Gänse und ihre Eier fressen.
    Eines Tages kam eine große Schlange ins Haus hereinspaziert, die sie nicht fangen konnten, weil sie sich direkt hinter die Küchenzeile verkrochen hat. Mehrere Tage mussten sie mit dem Wissen leben, dass dieses giftige Ding irgendwo im Haus herumschleicht. Als Brian gerade nicht da war, entdeckte Aneleen die Schlange und schnappte sich das Gewehr, mit dem sie dann bäuchlings auf dem Boden liegend das Tier niederstreckte. 7 Volltreffer, aber Brian meint, den Einschusslöchern in der Wand nach müsste sein „Schatz“ noch einen ganze Reihe mehr Schüsse abgefeuert haben.
    Selbst ist die Frau!
    Es ist ein richtig schön geselliger Abend zwischen politisch-geschichtlichen Gesprächen und, viel wichtiger, zahlreichem Anstoßen mit dem hauseigenen Bier. Tatsächlich besitzt Papa Brian eine Brauerei in Durban, für die er - und jetzt haltet euch fest - Hopfen aus Tettnang importiert. Ist das nicht verrückt?
    Aneleen hat, wie es sich für eine richtige Mama gehört, ein deftiges Abendessen für uns zubereitet.
    Am Ende ist es natürlich das gleiche Spielchen wie schon so oft - sie räumt nicht ab, bevor wir alles aufgefuttert haben.
    Die Geschichten werden immer wilder und Brian immer lustiger. „Sorry Guys, i am super stoned at the moment. I smoked a joint an hour ago.” sagt der 72jährige und macht sich lachend auf zu seinem Truck. Er müsse zur Tankstelle fahren, Benzin holen für den Generator. „Schatz! You forgot the money!” ruft seine Gattin. Sie drückt uns ein paar Scheine in die Hand und wir springen mit dem Geld in der Hand Brian hinterher und hüpfen in seinen Jeep.
    Auf der Fahrt erzählt er uns einiges über die Apartheid-Zeit und die aktuelle Situation. Zum Beispiel berichtet er, dass es heutzutage eine Art umgekehrten Rassismus bzw. Diskriminierung gibt. Wenn auch nicht in solch einer schlimmen negativen Form wie damals. Dunkelhäutige Südafrikaner bekommen beispielsweise momentan wohl viel einfacher einen Studiumsplatz als Weiße. Und er erzählt, dass in letzter Zeit viele weiße Landbesitzer auf ihrer Farm getötet wurden, so auch sein guter Freund.

    An diesem Abend auf der Gänsefarm der Stewarts dürfen wir eine unglaubliche Gastfreundschaft, Offenheit und Lässigkeit erleben.
    Gleichzeitig bekommen wir einen kleinen Einblick in die konfusen Beziehungen zwischen den Völkern Südafrikas. Die Schranken zwischen den Ethnien verlieren zwar allmählich an Bedeutung. Angesichts der langen Rassentrennung sind die Verhältnisse jedoch immer noch kompliziert und für Ausländer wie uns nur schwer zu überblicken und nachzuvollziehen. Allein schon die Tatsache, dass es elf offizielle Landessprachen gibt, zeugt von einem kunterbunten Zusammenleben in dieser sogenannten Regenbogennation.

    Dieses Wissen gewinnt so richtig an Farbe, als wir am nächsten Tag ein Zulu-Dorf besuchen, das uns die Stewarts empfohlen haben. Es ist eine Art Outdoor-Museum dieses einst sehr kriegerischen Stammes, wir dürfen in die pastellfarbenen rondavels (Rundhäusern), den Frauen beim Kochen zuschauen und deren Kleidung mitsamt des Perlenkettenschmucks bestaunen.

    Ich frage einem der Zulus Löcher in den Bauch, weil ich seine Kultur, seine Klicksprache und seine Lebensweise so arg spannend finde. Er verrät mir, dass heutzutage immer noch alle Zulu-Männer mindestens 11 Kühe an die Familie der zukünftigen Ehefrau zahlen müssen. Er schaut Felix an und fragt: „Did you also have to pay eleven cows for your wife?”

    Wir schütteln den Kopf und lachen. Wenn der wüsste, dass ICH Felix den Heiratsantrag gemacht habe, würde er vermutlich vom Glauben abfallen....
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  • Durban

    December 29, 2018 in South Africa ⋅ ☀️ 23 °C

    „So stoked to meet Felix. Wishing him all the best waves on his awesome new missile. The best board I’ve ever ridden.”
    Bei unserem kurzen Zwischenstopp in Durban kauft Felix bei der Surfbrett-Shaper-Legende „Spider Murphy“ höchstpersönlich sein neues Herzstück (jaaaaa, ich bin jetzt nur noch an zweiter Stelle), welches er von nun an um die halbe Welt tragen will, um es am Ende der Endless-Summer-Reise in Nias zu deponieren.

    Natürlich lassen wir es uns nicht entgehen, in der Brauerei von Brian Stewart, bei dem wir vergangene Nacht auf der Gänsefarm übernachtet haben, eine Bierprobe zu machen.

    Hmhmh! Flüssiger Tettnanger Hopfen ;)
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  • Silvester an der Wild Coast

    December 31, 2018 in South Africa ⋅ ⛅ 28 °C

    5...4...3...2...1...HAPPY NEW YEAR!

    Genau eine Stunde vor dem deutschen Jahreswechsel hüpfen wir wie die Wilden um das größte Lagerfeuer, das ich je gesehen habe (bei uns wäre das ein Funken) und feiern Silvester mit einer Horde lustiger Südafrikaner.
    Wir sind an der Wild Coast, einem sehr rauhen und unberührten Küstenabschnitt. Leere Strände, grüne Hügel, zerklüftete Steilklippen, bizarre Felsen, die vom türkisfarbenen indischen Ozean umspült werden, einzelne Xhosa-Dörfer mit ihren kunterbunten runden Häusern (rondavels) und ganz viel Weite.
    Mitten in dieser idyllischen Landschaft, am Hang zweier Hügel, die einen V-artigen Ausblick auf das Meer eröffnen, liegt die kleine Oase „The Kraal“.
    „If you’re fuckin’ stoned, you can fuckin stare at the V for hours hey!” Der total verrückte Besitzer Dillion lebt seit 21 Jahren an diesem abgelegenen Ort. Zuvor war er jahrelang auf Weltreise, um dann zu erkennen, dass die Wild Coast „the best fuckin’ place in the world” ist.

    Diese Gegend hat tatsächlich etwas magisches. Wir wohnen in einem traditionellen rondavel, das Rauschen des Meeres begleitet uns bis in unsere Träume. Strom gibt es nur notfallmässig von der Batterie, das Klo wird mit Regenwasser gespült und auf meinem Handy steht: Kein Netz.
    Dillion‘s eigenbrödlerische Art, seine Offenheit, seine Direktheit, seine Unberechenbarkeit und die etlichen abgefahrenen Geschichten, die er, wahr oder erfunden, unter Verwendung unzähliger „fuckin’ fucked und fuck“ wild gestikulierend von sich gibt, machen ihn zu einem dieser interessant-verrückten Menschen, die man nach einer Reise wohl kaum vergisst. Rau wie der Ozean, an und mit dem er lebt. Bei ihm trifft es den Nagel auf den Kopf: Harte Schale, weicher Kern. Total liebevoll kümmert er sich um die wenigen Gäste, die gerade da sind und schafft eine „Home far away from home“-Atmosphäre.
    In dieser Abgeschiedenheit entwickeln die anderen Gäste, sechs Südafrikaner, und wir schnell ein Gemeinschaftsgefühl. Wir gehen zusammen an Strand, wir teilen uns das Outdoorbad und wir kochen gemeinsam. Zum Beispiel eine Art Gulasch (mit Ochsenschwanz), das stundenlang im traditionellen gusseisernen Topf über offenen Feuer gekocht wird. Sie berichten, dass fast jeder Südafrikaner so einen „Potije“ zuhause hat. Und natürlich einen Braai, wie sie ihre Grillstellen nennen.
    Voller Leidenschaft kocht Dillion in seiner Outdoor-Küche (mit Blick auf das V) ein bombastisches Silvestermenü für uns. Im Steinofen gegrillter Fisch (natürlich hat er ihn selbst geschossen mit seiner Speer Gun), Gemüsepfanne und Reis. Während wir ihm helfen, Gemüse zu schnippeln, frage ich ihn aus über die Kultur der Xhosa. „Don’t you fuckin distract me!! I can’t fuckin’ focus on two things.” Herrlich. Dillion‘s gleichzeitige Ruppig- und Liebenswürdigkeit.

    Als die glutrote Abendsonne hinter den Hügeln am Horizont versinkt, macht sich ein Sternenhimmel der ganz besonderen Art auf. Vor lauter Sternenstaub ist der schwarze Nachthimmel kaum mehr zu sehen.
    Im Schein dieses gigantischen Anblickes tauschen wir uns über unser Leben aus.
    Alle sechs kommen aus Johannesburg und staunen darüber, wie behütet wir wohnen. Sie können es nicht glauben, dass ich noch nie etwas vom „Panic-Button“ gehört habe: In fast allen Zimmern ihrer Häuser ist ein Knopf installiert, über den man die „armed response“, eine private Sicherheitspolizei rufen kann, wenn (trotz der meterhohen stacheldrahtumwobenen Mauern) eingebrochen wird. Sie berichten von den verschiedensten Überfällen und Einbrüchen und davon, dass die Polizei sich um den Fall oft nur kümmert, wenn man das nötige Kleingeld bietet. Was momentan wohl auch sehr häufig passiert, ist, dass weiße Farmer umgebracht werden.
    Die zwei Mädels Paige und Michelle finden es schade, dass sie dazu erzogen wurden, immer in „Hab Acht“-Stellung zu sein und sie beneiden unsere freie, unvoreingenommene und unängstliche Art zu reisen. Öffentliche Verkehrsmittel würden sie in ihrem Land niemals nehmen.
    Paige erzählt, dass ihre Eltern ein schickes Haus in einem Vorort von Durban haben. Da sie die ständig lauernde Gefahr und die Korruption jedoch nicht mehr aushalten wollen, schmieden sie momentan den Plan nach Portugal auszuwandern. Paige selbst will eventuell nach Italien ziehen. Michelle und ihr Freund wohnen seit mehreren Jahren schon in Asien. Mit feuchten Augen schwärmt sie davon, in welch bildschönem Land sie aufgewachsen sei und gleichzeitig könne sie sich aber nicht vorstellen, hier ihre Kinder aufzuziehen. Ihr Bruder wohnt in Australien, ihr Cousin in Kanada. So sind viele südafrikanische Familien in der Welt zerstreut, weil sie für sich und ihre Nachkommen keine Zukunft in ihrem Land sehen.

    Solche Begegnungen machen mir mehr denn je bewusst, in was für einer Zuckerwatte-Welt ich in Haisterkirch aufgewachsen bin und ich verspüre eine tiefe Dankbarkeit dafür.

    Ich genieße die Mittage am menschenleeren, dafür kuhvollen Strand. Aber es ist nicht immer alles so paradiesisch, wie es sich anhört. Von wegen am Strand liegen und lesen. Es windet so kräftig, dass man nach kürzester Zeit wie ein verendeter Kameltreiber in der Wüste aussieht. Allgemein hat das Wetter seit einiger Zeit wohl vergessen, dass ich auf Endless Summer Tour bin, denn die Wolken hängen oft ganz tief und es regnet viel.

    Ich stehe auf, scanne das Meer nach meinem Surferboy ab und kann ihn erst nicht finden. Er ist der einzige Mensch im Wasser. Plötzlich entdecke ich ihn und mit ihm ein riesiges Rudel Delphine. Felix liegt auf seinem Surfbrett und ist umringt von diesen wundervollen Kreaturen.
    Als wäre das nicht genug, springt auch noch direkt neben ihm ein Delphin hoch in die Luft, dreht sich um seine eigene Achse und plumpst rückwärts wieder ins Wasser. Wie kitschig! Felix ist in seinem Element. In seinem nächsten Leben wird er bestimmt ein Delphin.

    Nach ein paar Tagen verlassen wir diese Oase und kämpfen uns mit unserer Blechkiste die schlammigen, mit Schlaglöchern übersäten Holperstraßen richtung Coffe Bay vor.

    Auf zu neuen Abenteuern.
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  • Coffee Bay

    January 3, 2019 in South Africa ⋅ 🌬 20 °C

    Coffee Bay ist ein kleines verschlafenes Örtchen an der 350km langen Wild Coast Südafrikas.
    Manche Menschen nennen diese Region immer noch Transkei, ein während der Apartheid-Ära hier lokalisiertes Homeland. In jener Zeit gab es in Südafrika 10 dieser eigenständigen Länder, in denen ausschließlich die farbige Bevölkerung lebte.
    Auch heute noch ist der größte Teil der hier lebenden Menschen dunkelhäutig, die allermeisten gehören dem Stamm der Xhosa an (Achtung Klicklaut!).
    Der ortsansässige „Prince“ führt mich netterweise in seinem Dorf „Coffee Bay“ herum und in seine Kultur ein.
    Er meint, der Ort verdanke seinen Namen der Kaffeebohnenladung, die 1863 aufgrund eines Schiffbruches hier am Strand angeschwemmt wurde.
    Während er erzählt, laufen wir vorbei an bunten rondavels (Rundhäuser) hin zu einem Fluss. Prince erzählt von Initiations-Rituen, die Jungen zu Männer und Mädchen zu Frauen machen. Frühestens mit 18 Jahren kommt es zur Beschneidung, die ganze Familie ist dabei. Am Fluss, auf den Prince gerade zeigt, wird zu diesem großen Anlass eine Ziege geopfert. Ihr wird der Bauch längs aufgeschnitten und während sie langsam verblutet, hofft man auf ihre Todesschreie. „That means, the ancestors agree with the initiation.“ Wenn die Ziege nicht schreit, sind die Vorfahren nicht einverstanden, und das Ritual muss zu einem anderen Zeitpunkt wiederholt werden.
    Monatelang nach der Beschneidung muss man sich vor dem anderen Geschlecht versteckt halten: Frauen verlassen nur nachts das Haus und Männer maskieren sich mit weißem Lehm.
    Für ein uneheliches Baby muss ein Mann fünf Kühe als „damage cost“ an die Familie der Frau zahlen.
    Will ein Mann heiraten, muss er mindestens 10 Kühe an die zukünftigen Schwiegereltern blechen.
    Prince führt uns in eines der rondavels. Ich frage ihn, wieso die meisten dieser runden Häuser türkis angemalt sind. „Because the ancestors want it like that.” Die Vorfahren spielen in vielen Belangen eine große Rolle bei den Xhosa. Sie sagen auch, dass ältere Menschen über 60 im Traum mit den Vorfahren kommunizieren können.
    Die Dächer der rondavels sind mit Schilf gedeckt und werden oft von einem mit Erde gefüllten Autoreifen gekrönt. Das bringt Stabilität und verhindert außerdem das Einschlagen eines Blitzes. Der Boden besteht aus gehärtetem Kuhdung. Die Betten stehen erhöht, damit nachts die Geister nicht über sie herfallen können. Die Xhosa glauben an Hexen und sie haben große Angst davor, von bösen Geistern besessen zu sein.

    Mike und Vuk, zwei unserer Silvester-Gang im „The Kraal“ sind uns nach Coffee Bay gefolgt. Prince hat organisiert, dass uns ein paar Xhosa Frauen ihren traditionellen Tanz zeigen. Sie sind behängt mit buntem Perlenschmuck. Einige Frauen tragen „isi-dangas“, lange türkisfarbene Halsketten, die eine Verbindung zwischen den Trägern und ihren Vorfahren herstellen.
    Da sitzen wir also in einem rondavel und lassen uns mitreißen von den rhythmischen Klängen der mit Kuhhaut bezogenen Trommel und den intensiven Gesängen der tanzenden Frauen. Felix, der schon Entzugserscheinungen vom langen Nicht-Musizieren hat, kann sich nicht mehr zurückhalten, steht auf und läuft zur Trommlerin. Die Frauen lachen sich kaputt und von da an trommelt Felix den Rhythmus. Die Frauen findens zum Schreien. Keine Minute später stehen Mike, Vuk und ich zwischen den Frauen und versuchen, uns in ihren Tanz einzugrooven.

    Dass Felix Bierliebhaber ist, gefällt Prince. Er führt uns weiter durchs Dorf in das rondavel seiner Freunde: Jerry und Noileven. Jerry hat sein ganzes Leben in Goldminen geschufftet. Jetzt ist er im Ruhestand, angelt und braut Umqombothi, eine traditionelle Biersorte, aus Maismehl, Malz und Wasser.
    Noileven ist eine „igqirha“, eine spirituelle Heilerin, die die Macht besitzt, sowohl den Kräften der Natur als auch von Hexen ausgehenden Gefahren zu begegnen. Ihr wird von den Dorfbewohnern eine magische Kraft zugesprochen, denn „igqirha“ kann man nicht erlernen (wie zum Beispiel den Job des Kräuterheilers), sondern man hat eine Vision und bekommt diese Gabe zu heilen übertragen.
    Noileven freut sich über unseren Besuch und rührt breit grinsend das blubbernde und schäumende Gebräu in dem blauen Plastikfass um. Offensichtlich sieht sie uns den Bierdurst an, denn sie schöpft direkt einige Kellen durch ein Sieb in einen Plastikeimer.
    Wir sitzen im Kreis auf dem Boden und der Eimer geht reihum, wie beim Stiefelsaufen.
    Mit der tiefen Stimme eines lebenserfahrenen Mannes erzählt uns Jerry von seiner Arbeit in der Mine. Äußerst harte Arbeitsbedingungen. Erst vor 6 Jahren haben die Arbeiter dort gestreikt und 40 wurden deshalb einfach von der Polizei erschossen.
    Als Jerry jedoch von seinen Kindern und seinem jetzigen Leben im beschaulichen Coffee Bay berichtet, wird sein Blick direkt weicher und als er beobachtet wie Felix einige riesige Schlücke aus dem Eimer zieht, um ihn dann mit einem befriedigten „Aaaahhhhh“ wieder abzusetzen, strahlt Jerry stolz übers ganze Gesicht. Das Bier hat eine cremige Konsistenz und schmeckt intensiv säuerlich.
    Als es anfängt zu regnen, zündet Noileven mehrere Streichhölzer an und wirft sie in das blaue Braufass. Das soll vor Unwetter schützen. Hmh. Daher also der schwefelige Nebengeschmack im Bier: In den letzten Tagen hat es häufiger geregnet.
    Das Bier scheint ziemlich stark zu sein, Noileven wird immer lustiger und lauter. Irgendwann feuert sie ihren Mann an: „Jerry! Jerry! Jerry!“ Wir stimmen alle mit ein und von da an wird jeder angefeuert, der den Eimer zum Trinken ansetzt.
    Wir haben eine super Zeit und obwohl wir keine gemeinsame Sprache mit Noileven haben, verstehen wir uns prima. Ich zeige ihr Fotos von meiner weißen Mama mit roten Haaren und vom schneebedeckten Deutschland. Ob es an den Bildern oder am Bier liegt, weiß ich nicht, aber sie lacht sich mittlerweile nur noch kaputt und tätschelt ihrem Mann unsanft übers Gesicht, zieht ihm seine Mütze immer wieder vom Kopf, schiebt sein Hemd hoch und klopft ihm auf seine Plauze. „Jerry big belly!“ Na also, ein bisschen Englisch geht ja doch ;)

    Wir verbringen einen sehr lustigen Abend und wieder mal finde ich es faszinierend, dass eine mit Perlenketten behangene spirituelle Heilerin Noileven und ein mit Boardshort, Muskelshirt und Cowboyhut bekleideter Investmentbänker Mike aus dem selben Land stammen.

    Wir bedanken uns bei Prince für den Einblick in seine Kultur. Immer mehr durchdringe ich den Begriff „Regenbogennation“, wie Südafrika oft passenderweise genannt wird.
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  • Take a walk on the wild side 1

    January 6, 2019 in South Africa ⋅ ⛅ 19 °C

    Es ist soweit.
    Nach knapp vier Monaten der Reise bekomme ich das Gefühl, leicht überladen zu sein: von Bildern, Begegnungen, Schicksalen, Informationen, Menschentypen, Gesprächen, Reiseplanungen, Gefühlen, langen Fahrten, kulturellem Austausch, Geschmäckern und Gerüchen.

    Zum ersten Mal seit Beginn der Reise packt mich eine innere Unruhe. Ich denke über das Wort „Freiheit“ nach. Es kann so viele Bedeutungen haben. Für Jerry aus Coffee Bay bedeutet es wohl, nicht mehr in der Mine schufften zu müssen, sondern in seinem rondavel Bier zu brauen. Für Michelle aus Johannesburg bedeutet es, in Vietnam statt in Südafrika zu leben und ohne Angst in den Straßen herumlaufen zu können. Ich denke an die kongolesische Familie, bei der wir in Malawi im Flüchtlingslager übernachtet haben. Was bedeutet Freiheit wohl für jemanden, der ohne triftigen Grund sein Lager nicht verlassen darf?
    Ich habe den Luxus, fast grenzenlose Freiheit genießen zu dürfen. Dafür bin ich einerseits dankbar, aber andererseits überfordert es mich auch. Mir stehen quasi alle Türen offen. Ich könnte in meinem restlichen Sabbatjahr in alle möglichen Länder der Welt reisen. Aber wohin will ich eigentlich? Will ich lieber mehrere Länder kurz bereisen oder in wenigeren Ländern länger verweilen? Will ich weiterhin reisen oder eher irgendwo Volunteering machen? Will ich viel Kontakt mit meinen Lieben zuhause haben oder tut es mir gar nicht gut, gedanklich so viel in der Heimat zu hängen?
    Mir ist absolut bewusst, dass dies Luxusprobleme sind. Nichtsdestotrotz beschäftigen sie mich.
    Mein Kopf ist laut und ich merke, dass ich was ändern muss.
    Ich glaube, ich brauche einfach Zeit und Ruhe. Zum Verarbeiten. Zum Neusortieren. Zum Nachspüren und in-mich-rein-spüren.

    Aus diesem Grund entscheiden wir uns, mit Zelt und Isomatte loszuziehen und von Coffee Bay aus entlang der Küste Richtung Süden zu wandern. Da es in letzter Zeit oft zu Überfällen auf die Wanderer kam, begleitet uns der ortsansässige Prince am ersten Tag.

    So pilgern wir zu dritt entlang der felsigen und rauhen Wild Coast. Wir sprechen nicht viel, jeder genießt für sich die Ruhe und die Weite, die sich uns aufmacht. Nach vorne und nach hinten Klippen, die steil ins Meer abfallen und nur hin und wieder durch verlassene Strände unterbrochen werden. Zur linken Seite bis an Horizont der mächtige indische Ozean. Zur rechten Seite endlose grüne Hügel, Schafe, Kühe und ein paar bunte rondavels.
    Herrlich! Ich spüre wie jeder Schritt in der Natur mich mehr erdet.
    Nach einigen Stunden führt uns Prince zu einer kleinen Ansammlung an Rundhäusern, wo seine Familie wohnt. Auf dem Feuer steht der dampfende „Potije“, aus dem es lecker heraus riecht.
    Nach dem gemeinsamen Mittagessen wandern wir weiter und erreichen gegen Abend unser Ziel „Lubanzi“, wo wir unser Zelt im Garten von Einheimischen aufstellen dürfen. Die Wiese teilen wir uns mit einer Horde zotteliger Schafe.

    Ich breite meine Matte auf dem Rasen aus, lasse mich von dem beruhigend eintönigen Kauen der Schafe um mich herum anstecken und merke während meines Sunset-Yogas, wie mein Kopf schon viel leiser ist.
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  • Take a walk on the wild side 3

    January 7, 2019 in South Africa ⋅ ⛅ 25 °C

    Yoga bei einem absurd schönen Sonnenaufgang über dem Meer, danach unter dessen kraftvollen Wellen durch tauchen und dann zum Frühstück einen Hefezopf (den eine Schweizerin hier jeden Sonntag backt) in den Kaffee dippen. Herrlich!
    Kann es einen friedlicheren Start in den Tag geben?

    Auch für die heutige Tagesetappe wird uns wärmstens empfohlen, nicht alleine zu wandern.
    Immer wieder springen Diebe mit einer Machete bewaffnet aus den Büschen und fordern Geld, Handys und Kameras.
    So begleiten uns die Xhosa-Jungs Temba und Sibongeseni. Temba trägt ein kleines schwarzes Täschchen in seiner Hand. Als ich ihn frage, ob ich es in meinen Rucksack stecken soll, lehnt er dankend ab. Im Notfall müsse er schnell an das Täschchen kommen, um sein Pfefferspray und sein Messer rauszuziehen.
    Wir tauschen uns viel über unsere so unterschiedliche Kulturen aus, sie bringen uns ein bisschen ihrer Klicklaut-Sprache bei und ich bewundere das Leuchten in Tembas Gesicht, wenn er lacht. Er erzählt davon, wie fortschrittlich sein Dorf ist: Man muss nicht mehr zwangsweise elf Kühe an die Familie der zukünftigen Frau zahlen. Wenn es eine richtige Hochzeit aus Liebe ist, reichen auch zwei Kühe. Er hakt nach , ob wir verheiratet sind. Als er erfährt, dass wir noch dieses Jahr heiraten, richtet er sich mit leuchtenden Augen an Felix und fragt: „How many cows do you have to pay for her?“

    Die Landschaft, die wir durchstreifen, ist atemberaubend schön. Da die Küste sehr hügelig ist wandern wir ständig auf und ab. Auf jedem Hügel eröffnet sich uns eine neue fantastische Aussicht.
    Der Wind, der mit ordentlichem Karacho vom Meer her pfeift, trägt uns nach und nach eine salzige Schicht auf die Haut und verknotet meine Haare. Die pure Kraft der Elemente hilft mir, mein inneres Gleichgewicht wieder zu finden, auch wenn die kräftigen Böen mich fast von den Beinen hauen.

    Wir laufen und laufen und laufen. Bis wir am Ende eines langen einsamen Strandes mehrere bunte rondavels entdecken: die Bulungula-Lodge. Die Öko- und Fair Trade zertifizierte Unterkunft wird von den Xhosa des umliegenden Dorfes Nqileni geleitet. Dadurch bekommen wir in den kommenden zwei Tagen einen noch tieferen Einblick in deren Kultur und dürfen unter anderem ihr traditionelles Brot „Isonka Sombhako“ probieren. Es wird in einem potije gebacken und schmeckt wie ein ordentlicher Bauernlaib aus der Markthalle. Eine herrliche Abwechslung zu dem läbbrigen weißen Toastbrot der letzten Monate.
    Wir genießen die Ruhe dieses abgeschiedenen Ortes, saugen die Stille förmlich auf und finden Gefallen an der Internet-Abstinenz.

    Zum monotonen Geräusch der Wellen schlummern wir nachts in unserem Zelt, für das wir uns ein schnuckeliges Plätzchen im Wald mit Blick auf das Meer ausgesucht haben.

    So sanft kann sie sein, die Wild Coast...
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  • Mountain Zebra National Park

    January 10, 2019 in South Africa ⋅ 🌧 25 °C

    Krccchhhh ba bup ba bup bup bup bup kwaaaaaaaaaaa eeeeeeeuueeeeeeeuuuuue

    „Des“, unser Guide, hält die Antenne hoch in die Luft und dreht sie nach rechts und links, während der Empfänger rauschende und krächzende Geräusche von sich gibt. „Des“ schüttelt den Kopf und steigt wieder in den Jeep.

    Wir sind im Mountain Zebra Nationalpark und haben eine ganz bestimmte Mission: Wir wollen einen Geparden sehen. Außer uns sind noch zwei „Cheetah-Tracker“ aus Kapstadt dabei.
    Die vergangene Nacht haben wir auf dem Campingplatz des Nationalparks in unserem guten Billig-Zelt geschlafen. Naja. Geschlafen ist übertrieben.
    Auf der dünnen Yogamatte musste ich mich alle 10 Minuten drehen und wenden, weil Schulter, Hüfte und Arm abwechselnd (manchmal auch gleichzeitig) eingeschlafen sind. Mir wärs lieber gewesen, dass endlich mal der Kopf einschläft.
    Ich werde alt!
    In der Nacht hat es außerdem gehagelt, geregnet und es war so affenkalt, dass wir die Rettungsdecke des Erste-Hilfe-Sets aus dem Auto holen mussten, damit ich, trotz der Merinosocken von Mama, nicht in meinem Leinenschlafsack erfriere. Bevor wir uns jedoch getraut haben, das Zelt aufzumachen, mussten wir warten, bis dieses schwer atmende Tier (Felix’ fachmännischer Einschätzung nach ein Löwe), das scheinbar direkt neben uns saß, verschwand. Als ich dann in der knisternden, goldglänzenden (jaaaa, wie mussten es auch nochmal nachlesen: Gold außen, Silber innen für Wärmeschutz) Raschelfolie eingewrapped langsam aufgetaut bin, dachte ich daran, wie luxuriös doch unsere Campingzeit mit dem Jeep in Botswana war.

    Die schweren Augen und die schmerzenden Glieder werden uns nun aber langsam aber sicher wachgerüttelt. Im Safari-Jeep holpern wir auf Serpentinen durch eine wunderschöne Landschaft. Gestern noch am Meer, heute in der Halbwüste Karoo. Endlose Weite, verblichene Gräser, robuste Büsche, die typische Kap-Aloe, und mitten drin das majestätische Bankberg-Massiv. Die morgendliche sanfte und frische Luft des Fahrtwindes haucht mir die letzte Müdigkeit aus den Knochen.
    Ich spüre nur noch Vorfreude und Spannung. Werden wir heute wirklich das schnellste Landtier der Welt sehen?

    Krccchhhh ba bup ba bup bup bup bup kwaaaaaaaaaaa eeeeeeeuueeeeeeeuuuuue

    „Des“ ist wieder ausgestiegen und hält die Antenne in die Luft.
    Als das Rauschen plötzlich von einem kleinen, fast unhörbarem Biep unterbrochen wird, legt sich ein breites Grinsen auf „Des‘“ Gesicht. Er steigt ein, sagt nichts, aber alle wissen, was das bedeutet: „Des“ hat gerade eben ein Signal von einem Geparden in der Nähe empfangen. Von den acht Geparden hier im Park haben je ein Männchen und ein Weibchen einen Sender am Hals, der hauptsächlich Forschungszwecken dient. Als netter Nebeneffekt ermöglicht er Touristen wie uns, diesen wunderschönen Katzen in freier Wildbahn zu begegnen.

    Wir fahren immer weiter durch die Prärie, sehen neben Schakalen, Impalas, Springböcken, Löffelfüchsen, Oryx-, Elen- und Kuhantilopen, Kudus, Kaffernbüffel, Erdhörnchen, Sträußen, Sekretären auch die einst vom Aussterben bedrohten Kap-Bergzebras. Diese sind eines der seltensten Säugetiere der Welt und zu ihrem Schutz wurde 1937 der Nationalpark angelegt.
    „Des“ erzählt uns, dass sie sich von den anderen Zebras durch ihre kleine Statur, die rotbraune Nase und die Wamme (ein Hautlappen am Hals) unterscheiden. Außerdem zeigt er uns, dass die Bergzebras keine Streifen am Bauch, dafür an den kompletten Beinen hinunter haben. Genau anders herum wie bei den „üblichen“ Zebras.

    Am allermeisten begeistern mich jedoch die Weißschwanzgnus. Die sehen soooo lustig aus mit ihrem bulligen muskulösen Hals (der an eine Bulldogge erinnert), ihren massiven Hörnern und dem blonden Schweif, der unfassbar lustig wackelt wenn das Gnu sanft wie ein Schaukelpferd davongalloppiert.
    Sehr anmutig, fast Einhornmäßig.
    Zum Totlachen!

    Irgendwann steigt „Des“ dann wieder aus und streckt seine Antenne in die Luft.

    Krccchhhh ba bup ba bup bup bup bup kwaaaaaaaaaaa eeeeeeeuueeeeeeeuuuuue

    Und dieses Mal ganz deutlich:

    Biiiiep. Krchhhhhhhcchh. Biiiiiiep!

    „Des“ strahlt bis über beide Ohren, als er sich zu uns umdreht und stolz verkündet: „I found him! Get out of the car!“

    Wir steigen alle vier aus, und bevor wir in Reih und Glied losmarschieren, gibt „Des“, mittlerweile mit einem Gewehr behangen, uns noch ein paar Sicherheitsanweisungen.
    Falls wir einem anderen gefährlichen Tier wie einem Löwen begegnen, sollen wir einfach stehen bleiben und auf gar keinen Fall wegrennen. Damit machen wir uns direkt zu seiner Beute. Wir sollen in einer Reihe hinter ihm herlaufen und nicht zu laut auf dem Boden auftreten (was bei vertrockneten Gräsern ja bestens geht). „The cheetah is probably resting in the shade. Don’t be alarmed if he gets up as we get closer.”

    DON’T BE ALARMED.

    Mein Herz pumpt mir bis zum Hals. Eine Mischung aus Aufregung, Angst, Vorfreude, Dankbarkeit und warum-zur-Hölle-laufe-ich-eigentlich-zu-einem-lebendigen-Geparden-Zweifel.

    Wir gehen in einer Linie. Ein Schritt vor den anderen. Keiner spricht.

    Und wo kein normales Menschenauge etwas sehen würde, entdeckt der „Gepardenflüsterer Des“ in weiter Ferne unter einem Busch etwas goldgelb-schwarz Geflecktes liegen.

    Wir nähern uns langsam und stehen schließlich keine vier Meter entfernt vor diesem so perfekt gemusterten Jäger. In 2,3 Sekunden kann er von null auf hundert beschleunigen.

    Was man kaum glauben kann, wie er da so faul im Schatten pfläzt und in perfekter Katzenmanier seine überdimensional großen Pranken sauber leckt.
    Dass wir direkt neben ihm stehen, scheint ihn nicht zu stören. Er schaut so niedlich aus mit seinen kleinen wuscheligen Ohren und seinem weichen treudoofen Blick, dass ich versucht bin, ihn unterm Kinn zu kraulen.

    „Do you see the cheetah’s tear?” fragt „Des“ und zeigt auf die so typischen schwarzen Linien von den Augen bis zu den Mundwinkeln. Sieht aus wie gezeichnet. Ein Wunderwerk der Natur.

    Als ich einen Schritt weiter auf die Katze zu gehe, hebt sie den Kopf und schaut mich ganz direkt aus plötzlich sehr wachen Augen an und spitzt die Ohren. Da durchfährt mich eine kurze Panikwelle, in der mir mehr als bewusst wird, dass dies keine Schmusekatze ist, sondern ein knallhartes Raubtier.

    „Des“ meint, dass der Gepard an seine Stimme gewöhnt ist. Solange er also ruhig redet, wird der Gepard auch entspannt bleiben. Und solange wir den angebrachten Sicherheitsabstand respektieren und nicht in seine persönliche Distanzzone eindringen.
    „If you go closer, he will get up and start charging.“ Lächelnd fügt er hinzu: „But we better don’t try that!”

    Ein Gepard. Direkt vor uns.

    Es ist fesselnd.

    Wir bewundern das Tier noch ein letztes Mal, bevor wir zurück zum Jeep laufen. Alle mit einem hochzufriedenen Lächeln auf dem Gesicht.

    Danke liebes Leben für diese Begegnung der ganz besonderen Art.
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  • Surfen an der Sunshine Coast

    January 13, 2019 in South Africa ⋅ ☀️ 25 °C

    Für Felix geht ein Traum in Erfüllung.

    Wir sind an der Sunshine Coast, in Jeffrey’s Bay, einem der zwölf Austragungsorte der jährlichen Surfweltmeisterschaften. Vor 11 Jahren war Felix bereits in diesem Surfmekka und konnte keine einzige Welle surfen, da der Ozean flach wie der Bodensee war.
    Voller Erwartungen kommt er daher dieses zweite mal nach „JBay“.

    Und er hat Glück.

    Es ist der beste Swell seit Monaten.
    Wir haben noch nicht mal alles Gepäck in die Wohnung getragen, da reißt sich Felix schon sein T-shirt vom Leib (die Boardshort ist ja eh Dauerbekleidung), pfeffert seine WhatsApp-FlipFlops in die Ecke, schnappt sich sein nigelnagelneues Surfbrett und schwuppdiwupp ist er weg.
    Wagemutig stürzt er sich in die berühmte Welle „Supertubes“.
    Ich sitze mit einigen anderen Beobachtern auf einer dieser in die Dünen gebauten „Tribünen“ und schaue mir fasziniert die sensationellen Darbietungen der Surfer an. Die Wellen sind zum Teil viermal so groß wie die Sportler selbst. Das lässt sie wie kleine Legomännchen vor einer türkisblauen Wasserwand aussehen. Manchmal werden die Legomännchen auch von einer monströsen Weißwasserwalze verschluckt und erst ein paar lange Sekunden später wieder total zerzaust ausgespuckt.
    Als Felix zwei Stunden später völlig aufgedreht und begeistert aus dem Wasser kommt, wird mir mal wieder klar, WIE wichtig das surfen für ihn ist. Auch unser Vermieter, der 55jährige Thomas aus Dänemark ist der Surfsucht verfallen. „I would sacrifice EVERYTHING for surfing. I never travel somewhere without at least three surfboards.”
    Thomas wohnt in Südafrika seit er 16 ist und hat das Haus, in dem wir direkt am Strand bei der berühmten Welle „Supertubes“ wohnen, selbst gebaut. Ein wunderschönes reetgedecktes Strandhaus, das fast ausschließlich aus recyceltem Material besteht. Wir fühlen uns pudelwohl. Wieder mal ein Ort, an dem man echt hängen bleiben könnte. Thomas bringt uns immer wieder frisch gepresste Säfte vorbei, was er gerne als Anlass zum Quatschen nimmt.
    So erzählt er uns verschiedenste Haigeschichten (es wimmelt offensichtlich vor Haien, aber nur einmal hat ein Hai einen Schwimmer voll und ganz aufgefressen. Wie beruhigend) und berichtet stolz, dass all seine 5 Kinder überaus erfolgreich seien, obwohl keiner auch nur einen einzigen Tag in einer Schule war. Er hat einfach alle zuhause selbst unterrichtet beziehungsweise selbst lernen lassen.

    Felix ist trotz Muskelkater, aufgeriebenen Stellen und Riffschürfwunden im siebten Surfhimmel. Dass Jordy Smith, der wohl beste Profi-Surfer Südafrikas mit ihm im Line Up einer der wohl besten Wellen der Welt saß, stimmt ihn überglücklich. Nicht zu vergessen die Horde Delphine, mit denen er sich mal wieder die Wellen geteilt hat.

    Die lockere Stimmung und die entspannte Atmosphäre in Jeffrey’s Bay ist großartig. Alles dreht sich um Surfen.
    Abends versammeln sich Horden an Menschen auf den „Tribünen“ in den Dünen, um im zauberhaften Licht des Sonnenuntergangs bei einem kühlen Bier das Können der Surfer zu bestaunen. Das ist ein richtiges Happening.
    Zum ersten Mal fühle ich mich wie eine „Spielerfrau“. Ich sitze auf der Tribühne und lasse mich mitreißen von den „Ohhhhhhhhs!“, „Aaaaaaahhhhhs!“ und „Fuuuuuucks!“ der Zuschauer, wenn einer der Surfer eine krasse Welle nimmt oder in einer Barrell steht.

    Wenn ich gerade mal nicht den Wellenreitern zugucke, praktiziere ich Yoga oder pfläze im Honolulu-Strandbikini in der Sonne, lese und sammle Muscheln.

    Was man halt so macht an der Sunshine Coast...
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  • Von Felsenratten und frechen Affen...

    January 15, 2019 in South Africa ⋅ ⛅ 22 °C

    „Tsitsikamma“ bedeutet auf Khoi-San „viel Wasser“, was wir am eigenen Leib spüren.
    Wir sind im Tsitsikamma Nationalpark und statt der geplanten Mountainbike-Tour liegen wir im Zelt und es regnet. Den ganzen lieben langen Tag.

    Naja. So bleibt mir wenigstens richtig viel Zeit, meine Tierliebe auszuleben. Hier im „Dijembe-Backpacker“ in dem kleinen Dorf Storms River wohnen neben dem übertrieben netten Rastafari-Dude
    ein Schaf (das seinem Besitzer Konkurrenz macht, was die Haarpracht angeht und das bei Regen immer auf einem abgesägten Baumstamm steht), eine Schmusekatze, ein Affe (der in seiner Hibbeligkeit stark an Felix erinnert und ständig der ruhesuchenden Katze auf die Nerven geht) und ein massiver Wachhund, der denkt, er sei ein zartes Schmusekätzchen und sich auf den Schoß der Gäste kuschelt.

    Und dann, am nächsten Morgen, öffnen wir unser Zelt und blicken in einen klaren blauen Himmel. Der ganze Nebel und Niesel ist wie weggeblasen. Herrlich!
    Wir lassen uns noch ein letztes mal beim Frühstück vom frechen Affen beklauen (der hinterhältig aus dem Nichts auf meinen Kopf hüpft, um dann den Überraschungseffekt auszunutzen und sich Früchte von meinem Teller zu stibitzen) und düsen dann los Richtung Mündung des Storms River.

    Der Tsitsikamma Nationalpark ist Teil der sogenannten Garden Route, einem Küstenabschnitt zwischen der Sunshine Coast und der Whale Coast. Wir wandern an der Küste entlang, durch Dickichte aus Farn, Lilien, Orchideen, uralten Bäumen und verstehen voll und ganz wieso dieser saftig grüne Küstenabschnitt Garden Route heißt. Immer wieder führt uns der Wanderweg aus dem dichten Wald hinaus, wo wir großartige Aussichten auf jahrtausendealte Felsformationen haben, die die Schluchten und Felsenküste des Nationalparks säumen.

    Spektakulär ist auch die Suspension Bridge, eine wackelige Hängebrücke über der Mündung des Flusses. Die mächtig tiefe Schlucht, in die man von der Mitte der Brücke aus schauen kann, hat fast schon was Magisches.

    „Lass mich einfach zurück. Geh alleine hoch, ich warte hier auf dich!“ - Felix’ verzweifeltes Jammern beim Erklimmen des Aussichtspunktes erinnert mich stark an unsere Besteigung des Kilimanjaro.
    Ich schaffe es gerade so, ihn zu überreden. Und er wird es nicht bereuen - oben angekommen eröffnet sich uns ein sensationeller Blick über die zauberhaft schöne Küste der Garden Route.

    Mein eigenes persönliches Highlight des Tsitsikamma Nationalparks sind jedoch die pummelig zotteligen Felsenratten, die mit ihren Knopfaugen so lustig frech gucken und sich ständig ganz geschäftig mit den Hinterbeinen am Kopf kratzen.

    Es ist so süß. Ich könnte stundenlang zuschauen.
    Felix ist schon nach zwei Minuten fertig mit gucken. Der Klassiker.
    Wäre doch jetzt mein Bruder mit mir hier. Was das Tiere beobachten angeht, sind er und ich genau gleich. Nicht nur einmal liefen Felix und Maike kopfschüttelnd von einem Tierchen weg, das Matze und ich noch Ewigkeiten anstarren hätten können. „Diese Metzlers...!“
    Abertausende Tierdokus in der Kindheit prägen einen einfach ;)

    „Nur noch ganz kurz!“ flehe ich Felix an. Ich erhasche noch einen letzten Blick auf meine wuscheligen Freunde und dann machen wir uns los auf den weiten Weg nach Gansbai.

    Wir entscheiden uns, anstelle der zwar kürzeren, aber eher eintönigen Autobahn N2 einen Umweg über das Inland des Western Cape zu nehmen.
    So schlängeln wir uns zuerst den eindrucksvollen Prince Alfred’s Pass hoch, um dann auf der Route 62 durch sich spektakulär verändernde Landschaften zu fahren: von zerklüfteten Bergpässen führt uns die Fahrt in die Halbwüste Little Karoo und durch bezaubernde Weindörfchen. Die Route 62 wird auch als die längste Weinstraße der Welt beworben. Es ist kaum jemand auf den Straßen unterwegs. Bei voll aufgedrehter Gute-Laune-Musik und haarsträubendem Fahrtwind macht das Autofahren richtig Spaß. Wir cruisen und staunen und cruisen und staunen, bis wir schließlich einem atemberaubenden Sonnenuntergang entgegenrollen.

    Im völliger Dunkelheit kommen wir in Gansbai bei unserem AirBnB an, wo Oma, Opa, Hund 1 und Hund 2 schon auf uns warten. Nach einer überschwänglichen Umarmungsbegrüßung, zwei feuchten Sabberküssen und der weisen Einschätzung einer lebenserfahrenen Dame („Gosh! Look at your hair, Girl! He probably loves you just because of your hair!”) fallen wir fix und foxy ins kitschige, mit Betthupferl ausgelegte Omabett.

    Immer wieder gleichermaßen erstaunlich und erfreulich, diese familiäre Zuneigung Fremder :)
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