Mit dem Rad über die Anden

November 2017 - January 2018
A 71-day adventure by Hannes Read more
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  • Day 56

    Abschied von der Zivilisation

    January 5, 2018 in Bolivia

    Mit schwitzigen Händen und großer Vorfreude auf diese Herausforderung starte ich am Vormittag von San Juan Richtung Chiguana, einem Militärposten mitten im Nirgendwo. Laut Berichten anderer Radfahrer sind diese ersten 30 km relativ einfach sein. Was anscheinend dabei nicht berücksichtigt wurde: der massive Gegenwind. Ich hätte wohl einfach etwas früher aufstehen sollen. Zumindest ist der Untergrund einigermaßen befahrbar, auch wenn ich selten schneller als 15 Stundenkilometer fahren kann. An der Kaserne angekommen, frage ich zwei freundliche Soldaten nach Wasser. Sie erlauben mir, meine Flasche aus den Regenwasser-Auffangbehältern aufzufüllen.

    Nach einer Mittagspause führt mich die Strecke über eine weite, salzige Ebene, über die der Wind unbarmherzig fegt. Ich muss ab und zu anhalten, weil mir die Augen zu sehr tränen vom Wind. Mir kommen außerdem die ersten Expeditions-Jeeps mit Touristen entgegen, sicherlich auf dem Weg zum Salar de Uyuni.
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  • Day 56

    Übernachtung in einem windigen Flussbett

    January 5, 2018 in Bolivia

    Nachdem ich fluchend den Rand der Salzebene erreicht habe, hoffe ich auf mehr Windschutz beim Anstieg zum ersten Pass. Nach ein paar hundert Metern merke ich, dass ich mich gewaltig geirrt habe. Nicht nur, dass der Wind keinen Deut nachlässt - mittlerweile ist der Untergrund so sandig, dass ich in Kombination mit der leichten Steigung unmöglich weiterfahren kann. Also schieben. Na gut, wurde mir ja in Berichten angekündigt und es sind ja nur noch zwei Kilometer bis zu einem trockenen Flussbett, in dem ich geschützt zelten kann. Ich dann schnell fest, dass auch Schieben sehr kräftezehrend sein kann. Mein Rad ist nun mal ziemlich voll beladen, so dass das Gewicht die Reifen ständig tief in den Sand einsinken lässt. Ich brauche eine geschlagene Stunde für diese zwei Kilometer, da mein fast zentnerschweres Rad immer wieder im Sand stecken bleibt. Entsprechend glücklich bin ich, als ich endlich das Flussbett erreiche. Leider ist von Windschutz kaum eine Spur, nach einer halben Stunde vergeblichen Suchens nach einem guten Zeltplatz quetsche ich mich mit meinem Zelt hinter einen Vorsprung, dennoch ist der Wind hier scharf und lässt das Zelt nicht in Ruhe. Schnell koche ich mir was zurecht und genieße den Sonnenuntergang bei absoluter Ruhe. Ich befinde mich vielleicht gerade mal 300 Höhenmeter über der Ebene, aber habe einen fantastischen Ausblick. So werde ich schon am ersten Tag meiner kleinen Expedition für meine Anstrengungen belohnt.Read more

  • Day 57

    Auf Sand & Geröll über den ersten Pass

    January 6, 2018 in Bolivia

    Die Weiterfahrt am nächsten Morgen gestaltet sich weiterhin schwierig, zumal ich noch die Hälfte des Passes zu bewältigen habe. Heute geht es von ca. 4.000 Höhenmetern auf ca. 4.300. Zwar ist es immer wieder möglich, Teile der Strecke tatsächlich (langsam) zu fahren, trotzdem ist dieser Aufstieg eine echte Geduldsprobe. Glücklicherweise hält sich das großartige Wetter und lässt immer wieder Blicke zurück auf die zurückgelegte Strecke zu. Oben angekommen, wird es langsam einfacher, längere Abschnitte zu fahren. Es kommen mir wieder einige Jeeps entgegen oder überholen mich und der einzelne Track splittet sich langsam in immer mehr Spuren auf. Es ist selbst mit GPS schwierig, immer auf der richtigen Spur zu bleiben, zumal nicht jede Spur gleich gut zu befahren ist. Häufig lasse ich mein Rad kurz liegen und laufe einige Meter voraus, um herauszufinden, welcher Track am besten (oder überhaupt) zu befahren ist. Als ich mich einmal dann doch verschätze und die falsche Spur wähle, verbringe ich eine Stunde damit, mein Rad schimpfend wie ein Rohrspatz durch die gewaltige, aber durchweg sandige Landschaft zu zerren.Read more

  • Day 57

    Unerwartete Begegnung zwischen Lagunen

    January 6, 2018 in Bolivia

    Als ich die schwierige Passage endlich überwunden habe, komme ich in den seltenen Genuss einer richtigen Straße, zwar nicht asphaltiert, aber doch mit festem Untergrund und Geschwindigkeiten, die ich schon länger nicht mehr erreicht habe. Nach zwei, drei Kilometern treffe ich sogar auf einen Aussichtspunkt und einem kleinen Kiosco, in dem sogar warmes Essen serviert wird. Ich begnüge mich mit einigen Bananen und Wasser, da hier nur per Jeep hergefahrene Gruppen bekocht werden. Ein nettes italienisches Paar bietet mir mitgebrachtes Hähnchen mit Kartoffeln an, das ich einfach nicht ablehnen kann. Mit einigen Gästen werden noch "Verrückter Typ mit Fahrrad"-Selfies gemacht, dann mache ich mich wieder auf den Weg.

    Nach nur wenigen Kilometern muss ich (widerstrebend) die Straße wieder verlassen und steuer den nächsten Pass an, diesmal Marke "kurz und heftig". Kaum setze ich zum Aufstieg an, kommt mir eine Kolonne Jeeps entgegen. Ich warte ab, bis sie passieren, da hält einer direkt vor mir an. Und wer steigt aus? Joel, von dem ich mich erst vor wenigen Tagen in Uyuni verabschiedet hatte. Eine echte Überraschung! Kurz tauschen wir uns aus, er wünscht mir viel Glück für den Pass und dann muss er auch schon wieder einsteigen. Auf dem steinigen Track geht es im kleinsten Gang einigermaßen zu strampeln. Als entgegenkommende Jeeps auf mich warten und die Leute mich beim Vorbeifahren anfeuern, kann ich dann auch nicht einfach absteigen und schieben - ich ziehe ohne abzusteigen durch. Ich fühle mich ein wenig wie eine schräge Attraktion, im positiven Sinne. Nach dem Pass wird die Strecke auch etwas einfacher, bis zur Laguna Cañapa kann ich beinahe durchgehend fahren. Dort mache ich erst einmal Pause neben den Flamingos.
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  • Day 57

    Unter Sternen an der Laguna Hedionda

    January 6, 2018 in Bolivia

    Beim Verlassen der Laguna Cañapa treffe ich ein bolivianisches Ehepaar, ich unterhalte mich eine Weile mit ihnen. Er ist mit der Sanierung der Straßen beschäftigt. Zum einen ist er froh, dass er durch den wachsenden Tourismus eine Beschäftigung hat. Andererseits befürchtet er auch, dass es Überhand nimmt, schon jetzt sind seiner Meinung nach viel zu viele Touristen täglich auf dieser Strecke unterwegs. Er gibt mir noch einen Tipp, welche der vielen Spuren ich am besten nehmen solle, dann mache ich mich auf den Weg. Kaum unterwegs, kommt wieder der übliche Nachmittagswind mit voller Wucht auf. Gleichzeitig verschlechtern sich die Straßenbedingungen wieder. Als ich, mit den Nerven und der Kraft am Ende, die Laguna Hedionda und das Hotel "Los Flamencos" erreiche, frage ich aus reiner Neugier nach dem Preis eines Hotelzimmers. Antwort: 150 US-Dollar. Ich winke entgeistert ab, bekomme aber einen windgeschützten Bereich angeboten, in dem ich mein Zelt aufbauen darf. Zum Abendessen gönne ich mir aber wenigstens mal ein Drei-Gänge-Menü (20 $), das ich neben einer Gruppe wohlhabender, frisch gefönter Argentinier einnehme. Es besteht aus einer Suppe, einem winzigen Stück Fleisch und einem hauptsächlich optisch wertvollen Panna cotta. Nicht wirklich satt genieße ich noch ein wenig den beeindruckenden Sternenhimmel und lege ich mich dann ins Zelt.Read more

  • Day 58

    Mit Pfannkuchen über den Pass

    January 7, 2018 in Bolivia

    Nachdem die SUV-Flotte der Argentinier abgereist ist und ich eigentlich, vollgestopft mit Haferbrei, auch schon im Gehen begriffen bin, werde ich beim Verabschieden nochmal in den Speisesaal gebeten. Dort finde ich ein halb aufgegessenes Frühstücksbuffet vor. Das Hotelpersonal drängt mich, noch etwas zu essen bevor ich fahre. Ich bin eigentlich schon ziemlich satt, finde die Geste aber rührend und so stopfe ich mir noch einige Melonenstücke und einen Pfannkuchen rein. Ein paar Pfannkuchen nehme ich noch mit auf den Weg. Ich bedanke mich ausführlich und begebe mich auf die Reise.

    Nachdem ich einige kleinere Lagunen passiere, öffnet sich so langsam die Landschaft und eine unfassbar weite Ebene mit hunderten Jeeptracks breitet sich vor mir aus. Ich komme ganz gut voran und bald beginnt der heutige Aufstieg. Bis jetzt befand ich mich auf kontinuierlich 4.200 Höhenmetern, jetzt geht es stetig bergauf auf dann 4.700 Höhenmeter. Es kommen auch wieder Phasen, in denen ich schieben muss, es ist aber bei weitem nicht so schwierig wie bei meinem ersten Pass. Dennoch, als ich oben ankomme, muss ich mit starken Kopfschmerzen erst einmal eine Pause einlegen.
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  • Day 58

    Über Dünen auf 4.700 Höhenmetern

    January 7, 2018 in Bolivia

    Auf dem höchsten Punkt der heutigen Etappe angekommen, empfängt mich eine schier unendliche Weite. Ein neues Gefühl für mich, man kann kaum die Entfernungen abschätzen. Bis zum Ende meiner Etappe beim "Hotel del Desierto" begegnet mir kaum eine Menschenseele. Das Hotel del Desierto ist ein überraschend moderner Bau und man bietet mir sogar ein bezahlbares Bett in einem der Gemeinschaftsräume für die Jeep-Guides an. Ich darf mir sogar in der Werkstatt um die Ecke mein eigenes Essen kochen.Read more

  • Day 59

    Holpriger Start in die Hochwüste

    January 8, 2018 in Bolivia

    Der Tag beginnt, vorsichtig gesagt, eher zäh. Nach dem leider sehr mageren Frühstück im Hotel del Desierto fahre ich los und freue mich, direkt eine kleine Abfahrt runterzufahren. In meiner Freude, endlich mal wieder Fahrt aufzunehmen, übersehe ich eine sandige Stelle, bleibe mit meinem Vorderrad abrupt stecken und lege mich bei 40 km/h kapital auf die Fresse. Zum Glück hat das keiner gesehen. Kurz den Sand abgeschüttelt. Rad und Fahrer haben es auch dank des Sandes heil überstanden. Leider muss ich zu allem Überfluss die nächsten zehn Kilometer viel schieben und brauche knapp zwei Stunden für diese übersichtliche Strecke. Danach läuft es glücklicherweise deutlich besser, hier wurde offenbar an der Straße - trotz des vielen Sandes - gearbeitet, sodass ich die erste Hälfte des Tages doch einigermaßen voran komme und tatsächlich überwiegend fahren darf.Read more

  • Day 59

    Kartoffelbrei im Schneetreiben

    January 8, 2018 in Bolivia

    Während ich mich mühsam rollend über sandige Bodenwellen kämpfe, braut sich westlich von mir ein Unwetter zusammen. Irgendwann fängt es auch noch an zu schneien und zu donnern. Ich fühle mich einigermaßen mulmig auf meinem Stahl(!)fahrrad. Ich befinde mich auf komplett offener Ebene und meine Erfahrung mit Wetterverhalten auf 4.500 Metern Höhe tendiert ohnehin gegen Null. Ich lege noch einen Zahn zu. Zu meiner Erleichterung taucht nach einiger Zeit eine seltsam anmutende Felsformation auf, die ich heute angepeilt habe, der Árbol de Piedra ("Baum aus Stein"), ein Fels aus vulkanischem Gestein. Ich mache es mir unter einem der Felsen halbwegs gemütlich und mache mir einen Instant-Kartoffelbrei zur Stärkung und beobachte dabei die herumhüpfenden Touris, die aus ankommenden Jeeps steigen und sich umschauen.Read more

  • Day 59

    Quälende Abfahrt zur Laguna Colorada

    January 8, 2018 in Bolivia

    Da es noch früher Nachmittag ist, entscheide ich mich (dummerweise, im Nachhinein betrachtet), vom Árbol de Piedra popelige 20 Kilometer bis zum Refugio an der Laguna Colorada weiterzufahren, um dort ein vernünftiges Lager zu haben. Meine Karte kündigt mir eine Abfahrt für die zweite Hälfte der Strecke an, also sollte das ja fix gehen. Leider machen mir zwei Dinge einen Strich durch die Rechnung: Die überwiegend sehr sandige Strecke, die ein normales Radfahren größtenteils unmöglich macht, und der heute extrem starke Nachmittagswind, der einem das Atmen und sogar das Schieben erschwert. Für die Strecke benötige ich am Ende etwa drei Stunden und alle meine Nerven, völlig entkräftet erreiche ich irgendwann gegen Abend die Lagune.Read more