• Weihnachten

    2019年12月24日, 中国 ⋅ ☀️ 0 °C

    Am 24.12. kamen wir uns ein bisschen so vor, wie in einem der schlechten Weihnachtsfilme, in denen alles schief läuft, was so schief laufen kann, aber am Ende passiert irgendein Weihnachtswunder und alles wird doch noch ganz toll. Der Teil mit dem Wunder ist leider nicht eingetreten, aber wir haben trotzdem das Beste draus gemacht und verbuchen es mal unter 'Erfahrungen'. Aber von Vorn.
    Vor Ewigkeiten, als wir die Reise noch nicht genau geplant hatten, dachten wir immer, dass wir Weihnachten während der Reise irgendwo an einem Strand in Südostasien verbringen würden. Mit der genaueren Planung wurde dann klar, dass es eher auf China hinauslaufen würde, wo leider im Dezember kein Sommerwetter ist. Als wir dann in China angekommen waren und die genaue Route planten, wurde klar, dass wir Weihnachten in Chengdu verbringen würden. Nur wurde unser Plan ja dann durch die Lebensmittelvergiftung verschoben und wir dachten, wir würden am 24. im Nationalpark wandern gehen. Auch nicht schlecht. Überhaupt nicht gerechnet hatten wir aber damit, dass wir an Heiligabend in einem komplett ausgestorbenen kleinen Dorf stranden würden, in dem es absolut gar nichts zu tun und nichts zu sehen gibt. Und wir konnten den Ort noch nicht mal zu Fuß verlassen, denn in beiden Richtungen endet einige Meter hinter dem letzten Gebäude der Fußweg und es gibt nur noch eine Straße, die an beiden Seiten durch Felswände begrenzt wird - man kann also nicht neben der Straße laufen.
    Wir hatten die Frau aus unserm Hostel gefragt, aber auch sie hatte keine Ideen, was wir sonst noch tun könnten, ohne uns wieder in Unkosten zu stürzen für einen Ausflug weiter weg. Also saßen wir mehr oder weniger in unserem kleinen Hostelzimmer fest, was zu allem Überfluss auch noch super kalt war. Die Gebäude in China haben in der Regel keine Heizung, sondern nur Klimaanlagen, die auch heiße Luft produzieren können. In unserem Fall hat diese aber nicht ausgereicht, um unser recht großes Zimmer im Erdgeschoss zu heizen. Wir verkrochen uns also in unsere Betten, die Heizdecken auf der Matratze hatten und daher angenehm warm waren. Gegen Mittag wagten wir uns vor die Tür und liefen ein wenig durch die leeren Straßen, aber ein entspannter Spaziergang war das auch nicht, da wir uns als auffällig westlich aussehende Personen immer so beobachtet vorkommen. Wir versuchten noch kurz, einen kleinen Pfad zu finden, der auf maps.me eingezeichnet war, in der Hoffnung, doch noch ein bisschen aus dem Ort rauslaufen zu können, aber dieser endete nach ein paar Metern vor einem Zaun. Der hatte zwar ein Loch, aber wir waren uns nicht sicher, ob es wirklich eine gute Idee wäre, dort durchzuklettern, da es dahinter auch sehr steil nach oben ging. Also kehrten wir wieder um. Auf dem Rückweg liefen wir an einem der wenigen Lokale vorbei, das offen hatte und der geschäftstüchtige Koch winkte uns auch gleich herein. Da das Ganze auch ein bisschen netter aussah, als die lieblos eingerichteten, heruntergekommen Imbisse, in denen wir an den zwei Abenden davor unser bisher schlechtestes Essen in China gegessen hatten, ließen wir uns überzeugen. Natürlich waren wir auch hier die einzigen Gäste und der Raum war eiskalt. Aber das Gemüsegericht hatte ein sehr leckere Soße und das andere Gemüse mit Tofu war auch viel leckerer als der Teller mit (nur) Sprossen und Öl mit Gemüsestreifen, das wir am Vortag serviert bekommen hatten. Wir waren also froh, doch noch ein ganz okayes Essen zu bekommen.
    Für den Nachmittag hatten wir uns eine kleine Challenge überlegt, um uns die Langeweile zu vertreiben. Wir bekamen beide 38 Yuan (was ungefähr 5 Euro sind) und eine Stunde Zeit, um uns gegenseitig in den kleinen Mini-Supermärkten Weihnachtsgeschenke zu kaufen. Die Bedingung war aber, das es nichts völlig unnützes sein durfte, was danach nur weggeworfen werden würde. Wieder zurück im Hostel, packten wir die "Geschenke" in Handtücher und Kleidung ein, machten Weihnachtsmusik und einen Adventskranz-Video auf dem iPad an. So richtig weihnachtlich fühlten wir uns zwar trotzdem nicht, aber lustig wars. Jonas hat übrigens ein tibetisches Bier, eine Cola, Kaugummis und Taschentücher bekommen und Judith einen chinesischen Eistee, Oreo-Kekse, ebenfalls Taschentücher, einen Schwamm und einen kleinen Stoff-Anhänger mit einem Pferd und Glöckchen dran. Viel Spannenderes haben die kleinen Lädchen nicht hergegeben.
    Danach skypten wir noch nacheinander mit Judiths und Jonas Eltern.

    Am 25. stiegen wir früh morgens wieder in den Bus nach Chengdu, wo wir abends nur noch die Zugtickets für den nächsten Tag und ein paar Lebensmittel kaufen gingen. Dann ging es schon wieder ins Bett und wieder früh raus denn gerade befinden wir uns wieder im High-Speed-Train nach Kunming. 900km in schlappen 6h. Wir wissen noch nicht genau, wie lange wir dort bleiben, weil wir dort das vietnamesische Visum beantragen werden und dann darauf warten müssen. Wir hoffen aber, dass es nicht allzu lange dauert, denn wir wollen gerne bald weiter. Langsam sind wir ein bisschen genervt davon, dass alle Aktivitäten und Sehenswürdigkeiten in China so verhältnismäßig teuer sind und dann auch noch immer so touristisch überlaufen.
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  • Der Frühling unserer Reise

    2020年1月1日, 中国 ⋅ 🌙 8 °C

    Es sind dann 5 Tage geworden. Am Ankunftstag haben wir nur kurz unsere Sachen ins Airbnb gebracht und sind dann gleich noch schnell losgezogen, um uns um das Visum zu kümmern. Dazu schreibt Jonas aber noch einen separaten Post, denn das war schon eine unterhaltsame Angelegenheit. So wussten wir dann schonmal, dass wir am 31.12. unser Visum bekommen würden und am 01.01. nach Vietnam einreisen könnten.
    Danach hatten wir bei happycow gleich bei uns um die Ecke eine süße Pizzaria entdeckt, und da wir beide schon echt Lust hatten, auch mal wieder etwas ohne Reis zu essen, sind wir dort gelandet. Außerdem waren wir neugierig, ob man gute Pizza auch in China bekommt. Wir wurden mehr als überzeugt. Die Pizza könnte fast mit der von Augusto mithalten! (Falls ihr Augusto nicht kennt - es würde sich durchaus lohnen, nur für Pizza bei Augusto mal nach Chemnitz zu fahren 😋 ).
    Die folgenden Tage verbrachten wir damit, zunächst unsere Nachbarschaft und nach und nach andere Ecken der Stadt zu erkunden. Unser Airbnb hätte besser nicht liegen können. Die Nachbarschaft war eine entspannte Wohngegend direkt an einem der schönsten Parks der Stadt. Kunming ist wirklich eine schöne Stadt. Es ist grün, das Klima ist das ganze Jahr über mild und die Menschen sind wunderbar entspannt. Der Green Lake Park bei uns um die Ecke war das beste Beispiel dafür. Eigentlich ist der Park eher ein See, auf dem sich viele kleine und größere Inseln befinden, mit Brücken und Pavilions, Bambuswäldchen, Palmen, Bänken, ein paar Lädchen und Ständen. Dazwischen steht ein bisschen die Zeit still. Alle schlendern entschleunigt am Wassen entlang, Vögel zwitschern, ein paar Opis üben Geige spielen, auf einem Platz tanzen Menschen zu Musik aus einem großen Lautsprecher, andere sitzen irgendwo in der Sonne. Auf den Brücken stehen Menschen und werfen den Möwen Brot zu. Denn unzählige Möwen kommen jedes Jahr vor dem Winter aus Sibirien hierher um den kalten Temperaturen zu entfliehen - wir haben uns ihnen sehr verbunden gefühlt und uns gefragt, wer wohl für den Weg länger gebraucht hat (wir vermuten mal, wir verlieren😬). Das Ganze ist wirklich eine Attraktion, wir glauben beide nicht, dass wir jemals zuvor so viele Möwen auf einem Fleck gesehen haben.
    Zu unserer Freude wurde es am zweiten Tag auch schon richtig warm und spätestens danach war für uns der Frühling angebrochen. Nicht umsonst trägt Kunming auch den Beinamen City of Eternal Spring. Wir haben beide zum ersten Mal unsere Wintermäntel gegen leichtere Jacken ausgetauscht.
    Am zweiten Tag haben wir außerdem einen wunderschönes buddhistisches Kloster entdeckt. Die Yuantong-Tempelanlage hat zur Abwechslung auch gerade mal einen umgerechneten Euro Eintritt gekostet. Wir waren schon einige Meter hinter dem Eingang, da lief uns eine freundliche Frau hinterher und bedeutete uns mit Händen und Füßen, dass wir doch auch jeder zwei Kerzen und Räucherstäbchen kostenlos bekommen, ob wir nicht welche haben wollten? Natürlich wollten wir und mussten uns danach erstmal bei anderen Menschen abgucken, was man denn dann damit macht. Es stellte sich heraus, man klebt die Kerzen mit etwas Wachs auf eine Art Altar und zündet dann die Räucherstäbchen an. Einige Menschen verbeugten sich dann nochmal mit diesen vor dem Haupttempel in alle Himmelsrichtung, bevor auch diese in einem Altar in Sand gesteckt wurden. Die Stimmung in der Tempelanlage war so friedlich und entspannt, auch hier war es wieder so schön grün.
    Judith hatte außerdem in der Nachbarschaft einige Frisörsalons erspäht, die ein bisschen professioneller aussahen, als die kleinen Shops, an denen wir sonst so vorbeigekommen waren. Und so beschloss sie kurzerhand, ihre Haare nochmal ein ganzes Stück kürzen zu lassen. Natürlich waren wir wieder die Attraktion in dem Laden. China ist definitiv nichts für introvertierte weiße Personen, man kann einfach nicht keine Aufmerksamkeit erregen. Die Frisur ist übrigens ganz gut geworden, auch wenn die Kommunikation wieder sehr schwer fiel. Mit ein paar Bildern ging es aber. Und die 45 min Arbeit haben gerade mal 5€ gekostet.
    Leider kein Highlight in Kunming waren unsere lowbudget-Unterkünfte. So schön die Lage und der Preis des Airbnbs auch waren, der Rest war eher eine kleine Katastrophe. Die Vermieterin, die eigentlich ganz gut Englisch konnte, hatte uns bei der Anreise einfach keine Informationen gegeben, wie wir in die Wohnung kommen würden und uns dann auch noch die falsche Apartmentnummer geschickt (weswegen wir kurzfristig in einer fremden Wohnung standen). Hätten wir keine chinesische SIM-Karte gehabt, wären wir aufgeschmissen gewesen. Die Toilette war ab Tag 2 dauernd verstopft, sodass wir irgendwann immer 10 min zum Park laufen mussten, um dort auf die öffentliche Toilette zu gehen. (Öffentliche Toiletten gibt es in China übrigens wirklich an jeder Ecke und sie sind immer kostenlos und meistens auch in völlig okayem Zustand, mega gut👍). Außerdem hatte unser Bett einfach keine Matratze, sondern nur ein paar Schichten Wolldecken unter dem Laken und es war nachts recht kalt und es gab keine Klimaanlage zum heizen, wie sonst in China. Wir hatten am Anfang nur drei Nächte gebucht und dann beschlossen, nochmal umzuziehen, obwohl wir dazu beide keine Lust hatten - aber die Toilettensituation war einfach nicht mehr cool.
    Das günstigste Hostel mit eigentlich ganz guten Bewertungen befand sich am anderen Ende der Stadt. Dort angekommen, wurden wir aber böse überrascht. Das ganze Hostel war quasi eine Baustelle. Wir haben schon öfter erlebt, dass die Fotos auf Booking.com ziemlich beschönigt sind, aber das war wirklich noch eine Stufe heftiger. In unserem Zimmer fehlte nämlich an einer Längsseite die obere Hälfte der Wand. Diese war einfach nur mit einem Vorhang abgedeckt. Da auch der Rest des Gebäudes offen war, konnte man die sehr laute Straße von unten komplett hören und Wind und Wetter kamen herein. Zunächst wollten wir uns eigentlich nur beschweren, dass wir eindeutig nicht das Zimmer bekommen hatten, dass wir auf Booking.com gebucht hatten und fragen, ob wir ein anderes bekommen könnten. Die zunächst sehr affektiert freundliche Besitzerin quasselte aber nur unzusammenhängenden Kauderwelsch und wurde dann schlagartig richtig aggressiv, als sie merkte, dass wir uns damit nicht zufrieden gaben. Sie konnte recht gut Englisch und warf uns wüste Beleidigungen an den Kopf und verlangte dann, dass wir ihr Hostel verließen. Also saßen wir 10 Minuten später völlig überrumpelt und ziemlich wütend auf der Straße.
    Nachdem wir uns von dem Schock erholt hatten, buchten wir also nochmal ein neues Guesthouse und waren diesmal extra kritisch. Wir zahlten dann zwar deutlich mehr, aber bekamen auch eins der schönsten Zimmer, das wir auf der Reise bisher hatten. Dazu eine sehr bemühte Gastgeberin, die uns auch half, noch einen kleinen Ausflug für den Tag zu planen. Es war nämlich wieder wunderschönes, frühlingshaftes Wetter und wir wollten uns die Laune nicht vermiesen lassen. Wir fuhren also mit dem Bus etwas raus aus der Stadt zu einem riesigen See mit einer sehr schönen Uferpromenade. Da Wochenende war, waren viele Kunminger*innen unterwegs um Möwen zu füttern oder sich an einem der vielen Stände einen Blumenkranz zu kaufen um damit dann das perfekte Foto von sich zu schießen 🙈.
    Am nächsten Tag machten wir noch eine kleine Wanderung auf einen kleinen Berg auf der andern Seite des Sees und hatten eine schöne Aussicht über Kunming.
    Dann war auch schon der 31.12. und damit Silvester und gleichzeitig unser letzter Tag in Kunming. Vormittags holten wir unser Visum ab und schlenderten dann noch mit einem Kaffee durch den schönen Park. Ausnahmsweise hatten wir uns mal einen richtig guten Kaffee aus einem Café gegönnt, die hier üblicherweise nämlich deutsche Preise haben. Und selbst im Supermarkt ist Kaffee so unfassbar teuer, dass wir seit Wochen keinen mehr getrunken hatten. China ist eben eher eine Teenation. Den Rest das Tages schlenderten wir einfach noch ein bisschen durch andere Stadtteile, aßen wieder mal in Öl ertränktes Mittagessen in einem kleinen Straßenimbiss und am Abends gönnten wir uns zur Feier des Tages Sushi in einem veganen japanischen Restaurant, was wirklich sehr lecker war.
    Wir waren vor Mitternacht zu Hause und fühlten uns sehr uncool. In China ist aber an Silvester auch nicht so viel los. Einige jüngere Leute feiern es wohl und der 01.01. ist auch Feiertag, aber das ist nicht zu vergleichen mit den Feiern in anderen Teilen der Welt. Richtig riesig gefeiert wird in China und auch z.B. in Vietnam dieses Jahr erst am 25.01. zum New Year nach dem Mondkalender, welches jedes Jahr auf ein anderes Datum fällt.
    Wir blieben zwar noch bis Mitternacht auf, gingen dann aber schnell schlafen. Am nächsten morgen klingelte um 5.45 der Wecker, weil wir unseren Zug um 8 Uhr nach Hekou erwischen mussten. Wir können uns nicht erinnern, wann wir das letzte Mal an Neujahr so früh aufgestanden sind. 😅 Lustigerweise war es bei euch in Deutschland zu diesem Zeitpunkt noch nicht mal Mitternacht.

    Wir wünschen euch allen ein frohes neues Jahr! 🥂 wir hoffen, eure Wünsche und Vorhaben für 2020 gehen in Erfüllung.
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  • Zu Fuß von China nach Vietnam

    2020年1月1日, ベトナム ⋅ ⛅ 13 °C

    Nun haben wir es also geschafft. Wir sind an unserem ersten Etappenziel angekommen - wir sind endlich in Vietnam. Zufrieden mit uns und der Welt sitzen wir in Sa Pa, einem kleinen Örtchen in den Bergen, ganz in Norden von Vietnam und planen unsere nächsten Tage. Hier gibt es einige Berge und kleine Dörfer zu erwandern und endlich haben wir einen Kontrast zum Großstadttourismus. In einem kleinen Homestay (Wohnen bei einer einheimischen Familie) berichten wir euch nun von unserer Grenzüberquerung von 🇨🇳 nach 🇻🇳.

    Die Geschichte beginnt mit sehr viel Recherche, so wie viele Dinge auf unserer Reise. Wenn man nämlich nach dem vietnamesischen Visum sucht, findet man zu 90 Prozent Informationen über die Einreise via Flugzeug, zu 7 Prozent Infos über die 15-tägige visafreie Einreise und zu 2,9 Prozent etwas darüber, wie man ein Visum in Deutschland beantragt. Kaum eine Seite berichtet, wie man ein Visum in China für den Landweg bekommt, geschweige denn, wie wir am günstigsten in Kunming eins kriegen. Der lonely planet hatte sich auch nicht als hilfreich erwiesen. Deswegen mussten wir etwas improvisieren und uns auf ein paar wenige Informationen verlassen. Unser Plan sah vor, erstmal ein paar Reiseagenturen auszuchecken, bevor wir zum Konsulat fahren, denn Jonas hatte bei seine Einreise aus Kambodscha nach Vietnam vor 4 Jahren über eine Agentur weniger bezahlt, als er bei der Botschaft bezahlt hätte.
    Und so machten wir uns auf die Suche nach einer Reiseagentur in der Nähe unseres Apartments und wurde um die Ecke fündig. Ein kleiner unscheinbarer Laden, der aber immerhin Kunming International Travel Agency hieß, war unser erster Anlaufpunkt. Trotz des englischen Namens sprach niemand Englisch, was natürlich ein super Start war. Eigentlich wollten wir erstmal nur den Preis pro Person wissen, doch nach unserer Einstiegsfrage (per Google Übersetzter), begann die wirklich nette Mitarbeiterin bereits wie wild in ihr Handy zu tippen und zu telefonieren. Wir wurden gebeten Platz zu nehmen und schauten ihr eine ganze Weile beim telefonieren und WeChatten zu. Unklare Frage lösten wir über Übersetzerapps, was manchmal zu sehr witzigen Übersetzungen führte. Dadurch verzögerte sich das Ganze aber auch enorm. Der Ablauf: telefonieren, tippen, Dinge von ihr übersetzen, wir beraten, Jonas übersetzt unsere Antwort, sie lächelt nickt und telefoniert wieder und schreibt anscheinend mit jemandem aus dem Konsulat bei WeChat. Insgesamt dauerte das dann schon über eine Stunde. Ab einem gewissen Zeitpunkt wollten und konnten wir dann auch nicht mehr gehen, hatten dann aber wirklich Glück. Ihr erstes Angebot von 380 Yuan (knapp 50€) senkte sie auf 350 Yuan p.p. ab, was genauso teuer war, wie im Konsulat. Für uns hieß das weniger Aufwand zum gleichen Preis, also sagten wir zu. Zwischendurch mussten noch Fotos von uns gemacht werden, da unsere biometrische Fotos ja nur in gedruckter und nicht in digitaler Form vorlagen 📷. Deswegen mussten wir uns an ein kleines Stück weiße Außenwand hocken und Fotos für das Visum mit einer Handykamera schießen lassen. Das ganze war wirklich skurril, aber sie schien wirklich mit dem Konsulat direkt zu telefonieren und abzuklären, ob die Fotos ok wären. Jonas musste nämlich noch ein zweites Mal zum Fototermin und konnte vor lauter Absurdität nicht anders, als lange und laut zu lachen. Da hocken wir mitten in China vor einer weißen Wand an einer Straße mit tausenden kleinen Lädchen und Ständen und lassen "biometrische" Fotos von uns machen. 😄
    Als wir ihr unsere Pässe geben wollten, passierte das nächste Unvorhergesehene: Sie meinte, es ginge ohne auf dem Konsulat. Etwas, wovon wir noch nie gehört hatten - ein Visum bekommen ohne den Pass abzugeben? Ja, es sei ein E-Visum, wir sollten einfach am 31.12. zurückkommen und sie würde uns ein Papier geben. Vorher müssten wir aber noch 500 Yuan anzahlen.
    Da wir uns eigentlich erst informieren wollten, hatten wir noch nicht so viel Bargeld dabei. Es folgte eine weitere Odyssee von Übersetzungen, bei der wir ihr erklären wollten, dass wir schnell Geld holen gehen würden, sie aber mit uns fahren wollte. Wir lehnten dies erst dankend ab, da wir ihr keine Umstände machen wollten. Wie es schien, wollte sie aber gerne Feierabend machen und fuhr deswegen mit dem Roller hinter uns her. Es war ein weiterer Teil dieser absurden Visumsbeantragung, dass wir ihr dann noch 10 Min hinterherliefen, nachdem sie uns überholt hatte. Sie wartete an jeder Ecke auf uns und fuhr dann ganz langsam bis zur nächsten und zur nächsten und zur nächsten Ecke, bis endlich der Bankautomat zu sehen war.
    Ein bisschen Bedenken hatten wir schon, ob das alles so seriös war. Aber es gab kein Zurück mehr und so drückten wir uns beiden einfach mal die Daumen.
    Von Judith's Eltern kam dann am gleichen Tag auch noch eine Hiobsbotschaft. Die sind nämlich auch gerade in Südostasien unterwegs und hatten ein E-Visum für Kambodscha gebucht, was sich aber als Betrug herausgestellt hatte. So hatten wir dann auch Angst, ob wir nicht einem Betrug aufgesessen wären und 90 € in den Sand gesetzt hätten.
    Nachdem wir am 31. dann einen offiziell aussehenden Wisch vom Konsulat ausgehändigt bekommen hatten, machten wir uns heute (1.1.) auf den Weg nach Hekou. Dort aus dem Zug gestiegen, war es gleich viel wärmer und die Luft drückend von der hohen Luftfeuchtigkeit. Die Stadt liegt an einem Fluss, der sie in eine chinesische und eine vietnamesische Seite teilt - Hekou 🇨🇳 und Lao Cai 🇻🇳. Dazwischen gibt es eine große Brücke, die neutrales Gebiet ist. Mit dem Bus fuhren wir vom Bahnhof bis an die Grenze. Jonas hatte vorher in einem Blog ein Foto von dem Grenzgebäude gefunden, was sich als sehr hilfreich herausstellte. Dort sieht nämlich nix nach offizieller Grenze aus. Man fährt einfach einen Aufgang mit einer Rolltreppe hoch, über dem schlicht "Exit" auf einem großen Schild steht 😂 - wir fanden das ziemlich lustig. Diese führte uns zur Ausreisekontrolle, die fast ohne Probleme (wir hatten vergessen die Ausreisekarte auszufüllen) vonstatten ging. Danach war es soweit - unsere erste Grenzüberqueerung zu Fuß über die Brücke über den Roten Fluss. Kleiner Apoiler, es fühlt sich einfach so an, als ob man eine Brücke überquert 😱. Auf der anderen Seite angekommen erhöhte sich der Puls. Waren wir einem Betrug aufgesessen? Könnten wir nur die 15 visafreien Tage in 🇻🇳 bleiben? Würden wir uns auf Ewigkeiten für unsere Dummheit verfluchen, nicht zum Konsulat gegangen zu sein?

    Nein.

    Es geschah nichts. Der Mann an der Passkontrolle schaute etwas länger auf seinen PC, lächelte dann Jonas an: "Ah your second time in Vietnam", stempelte das Papier, was wir von der Agentur bekommen hatten und ließ uns durch. Das war es. Ein weiteres Mal zeigte sich also, dass wir uns zu viel Stress mit den Grenzkontrollen machen. Als Europäer*in kommt man halt fast überall rein...

    Nach einer wackeligen 1,5h-Busfahrt von Lao Cai nach Sa Pa, mit grandioser Aussicht auf Berge und Täler mit Reisterrassen und einem lustigen Stau auf einer engen Straße (zwei LKWs hatten sich ineinander verkantet, passiert hier auf den engen Serpentinen wohl dauernd) sind wir in einem kleinen Häuschen mitten in den Reisfeldern angekommen und glücklich endlich in Vietnam zu sein.
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  • Einmal von Berlin nach Vietnam bitte!

    2020年1月5日, ベトナム ⋅ 🌙 15 °C

    Heute beim Reisebüro Hase-Eckert (noch im Aufbau) im Angebot: eine Low-Budget-Reise Berlin -> Sa Pa. Unser Zahlen-Freak Jonas hat extra für euch eine kleine Zusammenfassung der Kosten erstellt, also worauf ihr euch einstellen müsst, wenn ihr auch mal von Berlin nach Vietnam mit dem Zug reisen wollt.

    Vor allem aber hat es uns selbst interessiert, wie sich unsere bisherigen Kosten aufschlüsseln.Wir haben alle Kosten pro Person angeben und es sind ungefähre Preise, die abhängig vom jeweiligen Umrechnungskurs sind, nagelt uns also nicht auf die genauen Zahlen fest. Wir haben in Russland immer einen Kurs von ca. 1€ = 70 Rubel angenommen, in der Mongolei 1€ = 3.000 Tögrög und in China 1€ = 7,7 Yuan. Nun sind wir übrigens bei 1€ = 25.000 vietnamesische Dong 😅 .

    Eine Zugreise von Berlin->Sa Pa ist also mit folgenden Kosten verbunden:

    Zuallererst ein Kostenpunkt, den wir etwas unterschätzt haben: Visakosten. In die Mongolei durften wir ganze 30 Tage kostenlos rein und auch nach Vietnam hätten wir für 15 Tage kein Visum gebraucht (wir wollen aber mindestens 30 bleiben). Die Visa für Weißrussland (Transitvisum), Russland und China haben wir im Vorhinein in Deutschland arrangiert. Um Stress zu vermeiden, sollten man für Russland und China eine Agentur bemühen, auch wenn es etwas teurer ist.

    Weißrussland 60€
    Russland 99€
    China 155€
    Vietnam 45€
    __________________
    Gesamt 359€

    Nun die Unterkünfte: wir haben eine Nacht von Berlin nach Moskau, 18 Nächte in Russland, eine Nacht in der Mongolei, eine auf dem Weg nach Peking und 23 Nächte in China verbracht. In Russland waren wir 13 Nächte in Städten und 5 Nächte in Zügen, in China waren wir immer in Unterkünften, da wir nicht Nachtzug gefahren sind. Wahrscheinlich waren die Unterkünfte auch etwas günstiger, da Nebensaison ist und sie kaum ausgebucht waren. Auch haben wir in China Booking.com und Airbnb verglichen, was sich in Peking und Kunming deutlich gelohnt hat. Außerdem haben wir bisher immer in einem Doppelzimmer geschlafen, in einem Dorm/Bettenlager wäre das ganze noch günstiger gewesen. Hier aufgeführt sind die Preise für ein Doppelzimmer pro Person (also quasi ein halbes DZ😁)

    Russland 121€ Ø 9,30€ pro Nacht
    Mongolei 10€
    China 187€ Ø 8,10€ pro Nacht
    _____________________________
    Gesamt 308€ Ø 8,32€ pro Nacht

    Für Freizeitaktivitäten haben wir dagegen in Russland deutlich weniger ausgegeben. Dazu zählen sowohl Nahverkehr, Eintritte, Führungen und weitere Ausgaben, wie eine SIM Karte. Die Kosten für Nahverkehr haben wir überschlagen. Sowohl in Russland als auch in China war das extrem billig. In China haben wir bspw. für die Metro 2 bis 5 Yuan (35 bis 65 Cent) und für Busse 1 bis 2 Yuan bezahlt.

    Russland 45€ Ø 2,50€ pro Tag
    Mongolei 8€
    China 115€ Ø 5,00€ pro Tag
    __________________________
    Gesamt 168€ Ø 3,73€ pro Tag

    Nun ein großer und wichtiger Punkt: das Essen. Wir gehen ja mindesten ein- bis zweimal am Tag essen, was aber häufig ähnlich viel kostet, wie Selbstkochen. In unsere Essenpreise fallen natürlich auch Ausgaben für Snacks, für Obst zum Frühstück und Lunchpakete für die Fahrten rein. Leider mussten wir außerdem extrem viel Wasser kaufen, da das aus dem Wasserhahn nirgendwo trinkbar war. An dem einen Tag in der Mongolei waren wir etwas "verschwenderisch", da hatten wir uns aber auch für die 31h Fahrt nach Peking gut eingedeckt.

    Russland 144€ Ø 8,00€ pro Tag
    Mongolei 20€
    China 176€ Ø 7,65€ pro Tag
    _________________________
    Gesamt 340€ Ø 7,90€ pro Tag

    Das Spannendste zum Schluss: die Züge:
    Da wir unter 27 sind kostete der Zug nach Moskau 30% weniger für uns, also nur 125€. Auf keinen Fall bei der Deutschen Bahn buchen, die hätten das Doppelte verlangt 😱😡! In Russland variieren die Ticketpreise immer um einen gewissen Wert +- 5€ , je nach Nachfrage. Auch haben wir leider erst zu spät erfahren, dass die Tickets von Ulan Bator nach Peking deutlich günstiger hätten sein können. Zahlt man in Russland dafür 174€, sind es in der Mongolei einen Tag vor Abreise nur noch 90€. Man riskiert dabei halt, keinen Platz mehr zu bekommen (unser Zug war extrem leer, also ein sehr geringes Risiko im Winter). Auch hätten wir in China ähnlich günstig reisen können wie in Russland. Wir haben uns hier aber gegen Sparsamkeit und für Schnelligkeit entschieden, bzw. gab es nach Kunming und nach Hekou nur Schnellzüge. Die meisten anderen Routen werden aber sowohl von alten, langsamen, als auch von Schnellzügen befahren. Die Highspeed-Züge in China kosten durchschnittlich 50% mehr (manchmal fast gleich viel, manchmal fast das Doppelte), sind dafür aber extrem viel schneller (bis zu 310km/h).

    Berlin -> Moskau 125€ 6,78€ pro 100km
    Moskau -> Ulan Bator 174€ 2,78€ pro 100km
    Ulan Bator -> Peking 174€ 26,15€ pro 100km
    Peking -> Hekou 178€ 4,25€ pro 100 km
    _____________________________________
    Berlin -> Hekou 551€

    Zum Vergleich, ein durchschnittlicher Flug von Berlin nach Hanoi kostet momentan 599€, ohne Aufgabegepäck. Natürlich entfallen die Visakosten für die Transitländer, man sieht aber halt auch nichts von diesen 😉.

    Natürlich kommen noch einige individuelle Ausgaben im Vorhinein der Reise hinzu (einige Anschaffungen, Medizin, Essen etc.), was wir aber nicht mehr genau beziffern können.

    Die Kosten der Reise belaufen sich folglich bisher auf folgende Beträge pro Person:

    Unterkunft: 308€
    Freizeit: 168€
    Essen: 340€
    Züge: 551€
    Visa: 359€
    ______________________________
    All inclusive Paket Gesamtpreis: 1.726€

    Ab 2.500 € organisieren wir euch also eine schicke, 45-tägige Reise von Berlin bis Vietnam und machen damit noch ordentlich Gewinn 🤑
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  • Endlich raus

    2020年1月6日, ベトナム ⋅ ⛅ 23 °C

    Wie der Titel verrät, haben wir die Tage in Sa Pa wirklich gebraucht. Schon während der Fahrt von der chinesisch-vietnamesischen Grenze nach Sa Pa, kamen wir in den Genuss des tollen Bergpanoramas der nordvietnamesischen Berge. Von Sa Pa ging es mit dem Taxi in ein kleines Tal, in dem unser Homestay lag. Wir hatten uns gegen ein Hostel in der Stadt und für eine Unterkunft weiter draußen entschieden. Erst waren wir uns noch unsicher gewesen, weil wir immer einen Berg bis zu Stadt hochlaufen mussten (ca. 1,5 km steil bergauf), aber im Nachhinein war es die beste Entscheidung, die wir hätten treffen können. Sa Pa ist keine schöne Stadt, die Schönheit kommt durch die Umgebung (wunderschöne Berge, Reisfelder, kleine Wasserfällle etc.). Die Stadt ist extrem touristisch, gefühlt besteht die ganze Stadt nur wegen des Tourismus. Für uns war alleine die Menge an westlichen Touris schon etwas schwierig. Die Westler*innen, die wir auf dem bisherigen Teil unserer Reise trafen, können wir an einer Hand abzählen. Wir haben uns in Sa Pa häufig als wandelnder Geldbeutel gefühlt, als Personen, für die ein „traditionelles“ Leben inszeniert wurde und für die die Einheimischen ihre eigentliche Lebensweise aufgegeben hatten. Kleinkinder in traditionellen Kostümen versuchten ständig uns Dinge zu verkaufen, während sie ihre noch kleineren Geschwister auf dem Rücken trugen, von allen Seiten wurde man ständig angesprochen , ob man nicht etwas kaufen, eine Massage wolle oder ob wir nicht lieber mit dem Motobike fahren würden. Dabei waren wir doch zum Wandern gekommen, nicht zum Shoppen oder Moto fahren.

    Und das machten wir dann auch am ersten vollen Tag (2.1.). Die Vorbereitung für unsere Wandertour war erst mal etwas schwierig, da es kaum Informationen über selbstorganisierte Touren gibt. Auch der Lonely Planet empfahl, sich einen Guide zu nehmen. Da wir aber nicht 30-40€ pro Person für eine Tagestour ausgeben wollten, recherchierten wir fleißig und wurden fündig. Auf einem Blog hatte ein Mann zwei Touren hochgeladen, die genau das versprachen, was wir machen wollten: ein bisschen durch die Berge und Reisfelder streifen ohne ständig angequatscht zu werden. Also bogen wir nach einiger Zeit von dem normalen Weg Richtung Sa Pa ab und folgten einem ausgetretenen kleinen Pfad, der sich an den Bergen entlangschlängelte. Schon nach wenigen Minuten hatten wir einen tollen Blick auf die Reisfelder und die gegenüberliegenden Berge. Das schöne, sonnige Wetter trug ebenfalls zu einem unglaublichen Naturschauspiel bei. Normalerweise ist es in und um Sa Pa sehr sehr diesig. Innerhalb von Minuten zog manchmal das ganze Tal zu und alles wurde in dichte Nebelschwaden eingehüllt. Zum Teil konnte man dann keine 20m mehr weit gucken (kein Witz) und die Luftfeuchtigkeit war so hoch, dass es schwer zu sagen war, ob das noch Nebel oder schon Nieselregen war. Doch an diesem Tag präsentierte sich Sa Pa von seiner schönsten Seite. Für uns beide war es auf jeden Fall der Höhepunkt unserer bisherigen Reise. Vollkommen alleine und weit ab vom Touri-Trubel streiften wir durch die Bambushaine, trafen ein paar Wasserbüffel und überquerten einen Fluss über ein „Brücke“ aus ein paar Bambusrohren. Nach einiger Zeit senkte sich der Weg zum unteren Teil des Tals und dann in Richtung des Cat Cat Dorfs. In den Nordvietnamesischen Bergen gibt es noch viele kleine Bergvölker. Rund um Sa Pa gibt es einige Dörfer, die von diesen Minderheiten bewohnt werden, so auch das Cat Cat Dorf. Einige dieser Dörfer sind einfach nur normale Dörfer, andere sind extrem touristisch aufbereitet. Wir erwischten letzteres. Für 70.000 Dong (~3€) Eintritt erhielten wir Einblick in ein „traditionelles Dorf“. Na ja oder was halt davon übrig geblieben ist. Es reihte sich ein Geschäft an das andere. Überall wurden traditionelle Stoffe verkauft oder wie in China Kostüme zum Fotografieren verliehen (in welchen sogar überraschend viele Leute herumliefen, die eindeutig nicht einheimisch aussahen). Das Dorf selbst ist in einem winzigen Tal gelegen, ein Wasserfall rauscht herunter und der Fluss schlängelt sich gemächlich zwischen den Holzhütten entlang. Der Rest ist komplett absurd - jede Sitzgelegenheit ist irgendwie fancy aufbereitet um dort das perfekte Foto zu schießen. Jede Stunde tanzen junge Einheimische der H‘Mong Minderheit für die Touris und alles wirkt eher wie eine Freizeitpark, nicht wie ein traditionelles Dorf. Wir waren etwas erschlagen von all diesem Eindrücken. Trotzdem hatte das Dorf auch Charm und war wunderschön anzugucken, genießen konnte man es aber erst, wenn man all die äußeren Umstände ausblendete. Nachdem wir etwas durch das Dorf gestreift waren und uns häufig verstohlen angegrinst hatten, weil sich wieder irgendein Touri zum Eumel gemacht hatte, ging es entlang eines kleinen Flusses in einen nahegelegen Wald. Bereits nach wenigen Schritten war es wunderbar ruhig und wir hatten den Wald wieder für uns alleine. Auf dem ganzen Weg begegneten uns nur vier Leute. Wir streiften auf einem kleinen Weg entlang des Flusses und dann einen kleinen Hügel hinaus. Auf der entgegengesetzten Seite eines kleinen Hügels kehrten wir dann wieder zurück ins Dorf. Von dort aus ging es ziemlich geschafft nach Hause und bereits um 21 Uhr fielen Jonas die Augen zu (Judith ließ sich noch ne Stunde länger Zeit).

    Auch der nächste Tag (3.1.) versprach gutes Wetter und so nutzten wir dies für eine 22 km Hardcore-Wandertour auf die andere Seite von Sa Pa. Auch dies wieder ohne Guide und nur mit einer App (Komoot) bewaffnet. Es lief alles super, der Weg war einfach zu finden und wieder waren wir die einzigen Westler*innen. Diesmal gab es weniger Panorama zu sehen, dafür ging es aber durch mehrere wirklich authentische Dörfer. Häufig war das auch sehr bedrückend, weil wir die Armut der Menschen ziemlich direkt um die Ohren gehauen bekamen. In einem Dorf hatten fast alle Frauen blaue Hände vom Färben der traditionellen dunkelblauen Stoffe mit Indigopflanzen. Diese hatten wir am vorherigen Tag schon in den Tourishops gesehen. Es herrschten sehr sehr einfache Bedingungen, hier schien sehr wenig von dem vielen Geld anzukommen, was die Touris nach Sa Pa bringen. Wir können uns gut vorstellen, dass es dort auch kein fließend Wasser oder Strom gibt. Es war natürlich interessant, aber wir fühlten uns auch schuldig und sehr komisch als reiche weiße Westler*innen quasi Armutstourismus zu betreiben (wenn man es hart ausdrücken will). Die Menschen in dem Dorf beachteten uns nicht groß, halfen uns dann aber freundlicherweise den Weg zu finden. Dieser endete jedoch mitten in einem Reisfeld an einem Zaun. Anscheinend hatte der dortige Bauer sein Land etwas vergrößert, denn auf unserer Karte sollte der Wanderweg auch dort weitergehen. So liefen wir das erste Mal an diesem Tag über winzige Pfade queer durch die Felder und durch einen seichten Bach. Unser Ziel das Mat Cha Dorf erreichten wir nach Zahlung des Eintrittsgeldes (40.000 Dong ~1,5€). Anders als im Cat Cat Dorf gab es hier aber eigentlich nichts touristisch Interessantes. Es war halt ein Dorf. Die Menschen gingen ihrem Tagewerk nach, knatterten mit Motos an uns vorbei und Kinder spielten auf der Straße. Eigentlich genau das was wir sehen wollten. Wir entdeckten riesige Felder einer nicht zu identifizierenden Heilpflanze (Schild mit „medizinischer Pflanzenanbau“ stand daneben). Später stellte sich beim Gespräch mit unserem Host heraus, dass all die vielen gleichen Felder Artischokenfelder waren und die Blätter für einen Tee und Medizin genutzt werden. Diese helfen bei Magenbeschwerden und unterstützen die Verdauung.
    Nach einem kurzen Kaffestopp ging es über eine andere Route zurück. Diese führte uns bis zur Schnellstraße (zweispurig) Richtung Sa Pa. In der Hoffnung diese zu umgehen, liefen wir auf Verdacht in ein paar Felder hinein und fragten uns bei den Bäuer*innen durch. Sie halfen uns auch etwas, schlussendlich liefen wir aber nur ein kurzes Stück im Tal zwischen den Feldern weiter und begaben uns dann wieder hoch zur Straße. Es war schon relativ spät geworden und wir wollten nicht im Dunkeln zwischen den Feldern herumirren. Deswegen liefen wir noch knapp 5 km an einer vielbefahrenen Serpentinenstraße entlang (wir waren fast die einzigen Fußgänger*innen) und kamen sehr erschöpft in Sa Pa an.
    Anstatt früh schlafen zu gehen gerieten wir aber noch in ein sehr langes und angeregtes Gespräch mit unserem Host Dinh, der in Hanoi studiert hatte und nun in dem Homestay arbeitete um sich Geld zum Reisen zu verdienen. Nachdem er etwas aufgetaut war, wurde das Gespräch noch wirklich interessant und wir quatschten über dies und das. Als dann später das andere Pärchen im Homestay nach Hause kam und sich auch noch dazugesellte wurde es dann noch ein wirklich schöner und langer Abend. Das japanisch-chinesische Pärchen reist ebenfalls durch Südostasien, und betreibt dabei einen kleinen Visarun zwischen China, Laos und Vietnam (da sie immer 15 Tage visafrei nach Laos und Vietnam kommen und das alle 30 Tag). So pendeln sie gerade etwas hin und her. Er kann mit Internet von überall arbeiten und sie macht Übersetzungsarbeiten. Während sie am Nachbartisch noch arbeitete tischte Naoto uns seine Lebensgeschichte auf - und was für eine. Er hatte schon in mehr Ländern gelebt als wir hätten aufzählen können und spricht 10 Sprachen. Eine davon ist Deutsch und wir hatten uns auch schon etwas auf Deutsch unterhalten (er hat für einige Monate in Baden Württemberg in einer anthroposophischen Gemeinschaft gelebt). Noch interessanter war sein Studienfach, er hatte traditionelle indische Musik studiert und dafür 7 Jahre in Indien gelebt. Als Beweis gab es eine kleine Kostprobe (Gesang mit Ukulele) und eine kleine theoretische Unterweisung in die Komplexität indischer Musik (bspw. nutzen sie viel mehr Zwischentöne, nicht wie wir nur Halbtöne). Nach einem langem Abend ging es dann ins Bett.

    Und beim Thema Bett sind wir bei den Schlafbedingungen im Homestay. Wir hatten uns auf Lautstärke durch Tiere und Menschen draußen eingestellt, aber was in der ersten Nacht los war war nicht mehr feierlich. Um 23 Uhr begann ein heftiger Streit zwischen der Betreiberin vom Homestay und dem Hausbesitzer. Fast eine Stunde hielt uns das wach und auch die anderen Tage war der Hausbesitzer, der unten wohnte, sehr laut. Auch lag die Feuerstelle der Besitzer-Familie direkt unter unserem Zimmer und unser ganzer Raum stank nach Rauch. Am dritten Abend wurden wir dann aufgeklärt, wieso es zum Streit gekommen war. Die Betreiberin hatte schon länger geplant aus Sa Pa nach Bac Ha zu ziehen (einem noch nicht so touristischen Bergort). Dort baute sie auch schon seit einiger Zeit ein eigenes Haus. Das hatte sie bisher aber noch nicht dem Hausbesitzer mitgeteilt, der ziemlich sauer darüber war. Er schmiss sie kurzerhand raus und wir konnten dadurch auch nur bis Samstag bleiben.
    Für die restlichen zwei Tage hieß es am 4.1. also eine neue Bleibe suchen. Diese fanden wir ein paar Meter weiter in einem anderen Homestay, was aber nicht ganz so schön war, weil die sehr nette Betreiberin verreist war und ihre beiden Angestellten sich nicht groß um uns scherten. Für die restlichen zwei Tage war schlechtes Wetter angesagt worden und wir hatten uns eigentlich schon gefreut, in unserem ersten Homestay im Aufenthaltsraum mit den großen Fenstern zu sitzen, zu lesen und den Rest unserer Vietnamreise zu planen.
    Denn Planung ist momentan wirklich wichtig. Wir hatten ja schon über das vietnamesische Neujahrsfest berichtet (25.Januar). Die Tage drum rum herrscht Ausnahmezustand in Vietnam. Vor allem am 25. bis 27. sind Hotels teurer, die meisten Restaurants und Sehenswürdigkeiten geschlossen und Züge ausgebucht (weil alle Einheimischen zu ihren Familien reisen). Dinh empfahl uns schnellstmöglich alles zu buchen und so müssen wir momentan einen Monat Vietnam vorbereiten. Anders als bisher, wo wir immer nur den nächsten Stopp gebucht hatten, heißt es jetzt mindestens 5 Unterkünfte und Züge zu finden und zu schauen, was wir wahrscheinlich in Ninh Binh, Hué, Hoi An, Da Lat und Ho Chi Minh City (inkl. Mekongdelta) machen wollen (um abzuschätzen wie lange wir bleiben). Das stresst uns gerade etwas und wir brauchten die beiden freien Tage in Sa Pa wirklich dringend um wenigstens schon ein bisschen was vorzubereiten.
    Dementsprechend passierte Samstag und Sonntag gar nicht mehr so viel in Sa Pa. Das Wetter war auch nicht mehr so gut und wir saßen viel mit einem ultrasüßen Welpen und unseren Reiseführern/IPad/Handys im Homestay und in unserem Stammcafé in SaPa um zu planen.

    Die nächste Station ist dann Hanoi (die Hauptstadt), wo wir Judiths Eltern treffen, die eine vierwöchige Südostasienreise machen und am 10. von Hanoi aus zurückfliegen.
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  • Chinesische Gedanken Teil 1

    2020年1月6日, ベトナム ⋅ ⛅ 25 °C

    Nachdem wir nun schon einige Tage in Vietnam sind, gibt es trotzdem noch eine paar letzte Beiträge zu China. Denn es gibt noch Einiges zu verarbeiten und zu erzählen und wie auch in Russland, sind uns in China ein paar Dinge aufgefallen, die wir bisher noch in keinem Eintrag festgehalten haben. Wegen der Fülle an Eindrücken (und weil unsere App mit dem zu langen Text nicht klarkommt) haben wir diesen Beitrag in mehrere Teil aufgeteilt.

    Stadtbild:

    Erstmal zum ersten Vorurteil: nichts als Hochhäuser. Überraschenderweise fühlten sich vor allem Kunming und Xi'an nicht wie die Millionenstädte an, die sie sind. Auch hatte jede Stadt, in der wir waren, irgendwie einen eigenen Charakter und Orte, an denen wir uns wohlfühlten. Ob das muslimische Viertel in Xi'an, was Jonas schon sehr an Südostasien erinnerte, oder das grüne Kunming mit all den Parks und dem angrenzenden See.

    Nahverkehr:

    Auch der Smog war kein merkliches Problem, ein paar Menschen tragen Mundschutz, die meisten aber nicht und gemerkt haben wir von der Luftverschmutzung nichts (was natürlich nicht heißt, dass sie nicht trotzdem da und kein Problem wäre). Vielmehr waren wir von der Qualität und dem Ausbau des Nahverkehrs begeistert. Wir hatten zum Glück über unsere Karten-App auch die Möglichkeit, Busverbindungen rauszusuchen, sodass wir nach Lust und Laune den super günstigen Bus nutzen konnten. Noch haben wir das Bussystem nicht ganz verstanden, aber wir konnten eigentlich immer von A nach B ohne Umsteigen fahren, es gibt einfach so viele Buslinien, dass es quasi überall hin eine Direktverbindung gibt (wir glauben, das ist die Grundidee dahinter). So erklären sich auch die Preise: man zahlt nicht für eine bestimmte Zeit, sondern für eine Busfahrt (beim Umsteigen müsste man also nochmal zahlen). Nachdem wir einmal das Bezahlsystem verstanden hatten, war das alles gar kein Problem mehr (man wirft beim Einsteigen das Geld in eine große Büchse). Nur musste man zum Bezahlen das Geld passend haben, weswegen wir immer auf der Jagd nach 1-Yuan Scheinen waren. Die Einheimisch bezahlen übrigens fast immer mit WeChat oder mit einer aufladbaren Karte, die sie beim Einsteigen scannen. Einziges "Problem" beim Busfahren ist der Fahrplan, es gib keine genauen Abfahrtzeiten nur eine angegebene Periode. Der Bus von unserem Hostel zum Bahnhof in Kunming fuhr bspw. alle 20 min. Meistens warteten wir zwar nur wenige Sekunden, bei unserem Weg zum Bahnhof kam aber erst nach 30 Min der Bus (weswegen wir etwas nervös wurden). Wir fuhren dann immer mit App vor der Nase, da alle Ansagen und Anzeigen in Chinesisch sind. Dementsprechend verfolgten wir den Fahrtverlauf einfach auf der Karte und stiegen aus, sobald die App dies anzeigte. Das alles wäre nicht möglich gewesen hätten wir keine SIM Karte gehabt und hätten wir 20 Jahre früher China besucht. Die App hat uns das Leben so sehr erleichtert und wir konnten auch mal spontan umplanen.

    Bahnhöfe und Züge

    Genauso wie von dem gut funktionierenden Nahverkehrsnetz, waren wir auch von dem Bahnnetz begeistert. In China werden wortwörtlich Berge versetzt für einen funktionierenden und schnellen Zugverkehr, der sich von der Geschwindigkeit her mit den Flugverbindungen messen kann. Auch die Bahnhöfe erinnern mehr an Flughäfen, als an unsere Bahnhöfe. Diese riesigen Gebäude können ganz schön unübersichtlich werden und wir haben teilweise 15-20 Min gebraucht um vom Metro-Ausgang zur Sicherheitskontrolle zu kommen. Die Bahnhöfe sind immer in einen Ankunfts- und einen Abfahrtsbereich getrennt. Meist ist der eine oberhalb und der anderen unterhalb der Gleise. Die Tickets werden mehrere Mal gecheckt (am Eingang des Bahnhofs und direkt beim Boarding). Es erinnert auch beim Einsteigen sehr an einen Flughafen. Jeder abfahrende Zug hat ein eigenes Gate mit Boarding (meist 20-30 Min vor Abfahrt). Die Chines*innen hielten dafür nur ihren Ausweis an ein Gerät um durchzukommen, wir zeigten in einer separaten Schlange einem*r Bahnmitarbeiter*in unseren Pass. Da die Daten bereits am Eingang des Bahnhofs kontrolliert wurden, wurde unseren Pässen aber meist kein allzu großes Interesse entgegengebracht. Für diese ganze Prozedur bilden sich übrigens immer lange Schlangen in denen nach Lust und Laune gedrängelt wird, um auch ja 20 Min vor Abfahrt im Zug zu sein... An manchen Morgenden haben wir uns da ganz schön drüber geärgert.
    Endlich im Zug angekommen, erinnert vieles an einen ICE. Nur hat man ungefähr doppelt so viel Beinfreiheit, es wird ständig geputzt (eine Putzkraft für 1-2 Waggons) und häufig schaut irgendwer auf seinem oder ihrem Handy laut ein Video oder spielt Musik ab. Eine Reihe besteht aus 5 Sitzen (eine Seite 2, die andere 3) und jeder Zug hat heißes Wasser zum Zubereiten der etlichen verschiedenen Tütengerichte, die praktischerweise auch alle 15 Min von der Stewardess verkauft werden. Das Wort benutzen wir mit Absicht, da es sich quasi genau wie im Flugzeug anfühlt. Nur sieht man halt keine Wolken an sich vorbeiziehen, sondern die chinesischen Landschaften oder oftmals das Dunkel der vielen Tunnel.

    Sicherheit und Überwachung

    Nicht nur in Bahnhöfen, sondern auch in den Zügen, ist Videoüberwachung omnipräsent. Jede*r Angestellte im Zug trägt eine kleine Kamera an der Kleidung und überall hängen auch noch welche. Man kann quasi nicht von Stadt A nach Stadt B fahren, ohne auf Schritt und Tritt überwacht zu werden. Das ist schon ganz schön krass. Gepaart mit den krassen Investitionen in Gesichtserkennungssoftware bastelt die Regierung an einer umfassenden Überwachung der Bevölkerung (also von 1,3 Milliarden Menschen 😟). Denn nicht nur im Fernverkehr, nein überall sind Kameras. Ob im Park, im Bus oder Restaurant. Mit der geeigneten Software hätte man jeden unserer Schritte nachverfolgen können. Das führt dann soweit, dass an großen digitalen Werbetafeln Straßenverkehrsverstöße der Bevölkerung inkl. Nummernschild abgebildet werden oder momentan ein Punktesystem für Verstöße erprobt wird. Sinkt man auf dieser Socialscore-Skala zu weit kann man bspw. keine Zugtickets mehr kaufen. Die Regierung rechtfertigt dies alles mit mehr Sicherheit, aber gleichzeitig ist es auch ein machtvolles Mittel eine Gesellschaft nach den Moralvorstellungen der Regierung zu formen und immer weniger Freiheiten zu gewähren.
    Krasserweise haben wir nach kurzer Zeit die Präsenz und Überwachung komplett ausgeblendet. Die andauernden Sicherheitskontrollen haben wir anstandslos über uns ergehen lassen und auch das ständige Scannen unserer Sachen waren wir ja schon aus Russland gewohnt. Uns hat das alles nicht groß eingeschränkt, aber gegen Andersdenkende und Oppositionelle ist die massive Überwachung in China natürlich extrem wirkungsvoll und abschreckend.
    Bei uns hat die Überwachung dann übrigens in Kunming zugeschlagen und uns eins unserer zwei Taschenmesser gekostet. Nachdem wir in Russland und China zusammen durch an die 100 Sicherheitskontrollen mussten, inkl. Scannen der Rucksäcke, fiel es dann ausgerechnet bei der allerletzten Kontrolle auf. Zum Glück hat Jonas schnell geschaltet und auf die frage "Do you have a Knife?" nur das eine der beiden Taschenmesser hervorgezogen. Es ist etwas schade, dass es leider das schöne Schweizer Taschenmesser erwischt hat 🙈😵
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  • Immer noch mehr Öl

    2020年1月7日, ベトナム ⋅ ⛅ 20 °C

    Essen in China Teil 2 Chengdu, Jiuzhaigu, Kunming

    Wenn es einen ersten Teil gibt, muss es natürlich auch einen zweiten Teil geben (Jonas verspricht euch immer so viele Dinge, die wir einhalten müssen). Dementsprechend hier unser kulinarisches Fazit zu unserem zweiten Teil der China-Reise.

    Wir hatten ja erwartet, noch einmal durch eine vollkommen neue Küche überrascht zu werden. Wir wurden aber eher davon überrascht, dass sich nicht so viel änderte. Die Gerichte waren immer noch in zu viel Öl ertränkt, meist blieb eine Lache Chiliöl übrig und wir vermissten oft ein bisschen knackiges frisches Gemüse. Hinzu kam, dass wir nach unserer Lebensmittelvergiftung auch erstmal die Schnauze voll von chinesischem Essen hatten. Also ging es in den letzten zwei Wochen Burritos 🌯, Pizza 🍕, Falafel🥙 und Sushi 🍣 essen. Zudem gab es auch mal westliche Getränke wie einen Cappuccino mit echter Barrista-Hafermilch 😍.
    Jonas kennt diesen Heißhunger nach westlichem Essen bereits aus seiner Zeit in Kambodscha (Ende 2015/Anfang 2016). Damals hatten er zumindest zum Frühstück meist "Brot" mit Wurst und Marmelade, trotzdem überkam es ihn ab und zu. Das häufigste Verlangen war damals das nach weißen Brötchen mit Salami und nach Burgern. Zumindest letzteres konnte er damals bei Burger King um die Ecken stillen (eins, zwei Mal im Monat musste leider gesündigt werden 😅). Auch wir haben momentan immer wieder Verlangen nach bestimmten Dingen, Judith vor allem nach Schokomüsli, Gemüse ohne Öl und Hummus, bei Jonas ist es vor allem alles mit Brot (weswegen er sich auch so auf die vietnamesischen Baguettes 🥖 freut) und ein frischer Salat wäre auch mal toll.

    Viel Neues haben wir nicht entdeckt. In Chengdu (Provinzhauptstadt von Sechuan) fanden wir endlich mal richtig leckere Dumplings, allerdings mit so viel Chilis, dass Judith es nicht aufessen konnte. Dazu hatten wir süße Nudeln bestellt, die sich als Nudeln mit einer süßen Kardamon-Paste herausstellten und für uns echt zu extrem waren 😶. In Kunming fanden wir dann noch eins, zwei Highlights. Wir haben uns in eine kleine buddhistische Bäckerei verliebt, in der wir verschiedene Schleckereien probierten und uns mit super leckeren Crackern für die Weiterreise eindeckten. In einer kleinen Einkaufsstraße probierten wir außerdem einen Reiscrepe, der mit Kraut und Gemüse gefüllt war (normalerweise kommt da dann noch Fleisch oder Ei mit ran). Dazu gab es dann noch Chilli- und Pfeffersauce, was das ganze wieder zu einer sehr scharfen Mahlzeit machte. Ein paar Mal waren wir noch chinesisch essen, was sich aber meist als eher mittelmäßig (wegen des vielen Öls) oder grausig (siehe Beitrag zu Jiuzhaigou) herausstellte. Wir glauben, dass wir in Peking und Xi'an etwas zu doll verwöhnt wurden, denn an die beiden Städte kam das Essen nicht ran.

    Insgesamt sind wir kulinarisch mit China trotzdem echt zufrieden. Wir haben viele Erfahrungen gemacht und einige Anregungen für unsere eigenen Kochkünste mitgenommen. Und die Chips mit Gurkengeschmack wird Jonas auf jeden Fall vermissen 😋.
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  • Zu Hause bei Onkel Ho

    2020年1月8日, ベトナム ⋅ ⛅ 20 °C

    Kleiner Disclaimer vorweg: wir schreiben diesen Text natürlich nicht live aus Hanoi. Wir sitzen gerade im Zug von Ninh Binh nach Hué und haben endlich Zeit, mal ein paar Texte nachzuholen. Die Tage in Vietnam sind echt vollgestopft und die erste Priorität der letzten Tage war es in der wenigen freien Zeit am Abend erstmal alle Bus-/Zugfahrten bis nach Ho Chi Minh City (HCMC) zu buchen. Unsere Reise wird uns wahrscheinlich nach Hué, Hoi An, Tuy Hoa, HCMC und Ha Tien verschlagen. Von dort geht es dann nach Kambodscha. Bevor es soweit ist, hatten wir aber wundervolle Tage in Hanoi und Ninh Binh, von denen wir euch in diesem und den nächsten Posts berichten wollen.

    Unsere Reise nach Hanoi begann etwas holprig, wir warteten in Sa Pa einige Zeit länger als erwartet auf den Bus. Jedes Mal, wenn einer ankam wurde uns versichert, der nächste Bus sei dann wirklich unserer. Mit einiger Verspätung kam dann unser Bus und damit auch die erste Überraschung: „Schuhe aus“, ein Bus ohne Schuhe betreten? Ja, wir bekamen kleine Tüten dafür und sollten sie mit hineinnehmen. Dann die nächste Überraschung: der Bus hatte keine Sitze, sondern Liegen. Wir hatten also eine 6-stündige Sleeperbus-Fahrt vor uns. In zwei Ebenen übereinander sind schon angeklappte Sitze, die man extrem weit nach hinten stellen kann. Wir richteten uns also ein und lagen halb, halb saßen wir. Es war eine sehr lustige Erfahrung, welche uns auf die Nachtbusfahrt von Tuy Hoa nach HCMC vorbereitete. Früher als erwartet und viel zentraler als gedacht kamen wir in Hanoi an und stürzten uns direkt in den wuseligsten Teil der Stadt. Wir mussten einmal das „Old Quarter“ durchqueren, um zu unserem Hotel zu kommen.
    Und siehe da, auf halben Weg laufen uns zwei bekannte Menschen über den Weg: Judiths Eltern 😳. Was für ein Zufall, das Hallo war natürlich groß. Lustigerweise hatten wir auch noch im gleichen Hotel gebucht und unsere Zimmer lagen übereinander 🙊🤔.
    Das Ganze war natürlich vorher geplant gewesen, die beiden hatten ihren 4-wöchigen Südostasienurlaub extra in Hanoi beendet, um mit uns nochmal ein paar Tage zu verbringen. Dass wir uns aber auf der Straße trafen und nicht erst im Hotel, war wirklich Zufall 😅.
    Wir hatten uns natürlich unglaublich viel zu erzählen, die beiden hatten nach dreieinhalb Wochen in Thailand, Angkor Wat und Vietnam einiges zu berichten und auch wir sprudelten nur so über mit Geschichten. Ein paar davon tauschten wir bei einem gemütlichen Bier in der Innenstadt aus und gingen erst spät zu Bett 🍻.
    An den nächsten Tagen war das volle Touriprogramm angesagt. Am 07.01. ging es erstmal das Old Quarter angucken, das alte Stadtzentrum, wo es nur so von Touris und Geschäften wimmelt. Kleine Straßenküchen reihen sich an Touriläden, Restaurants und Straßenstände. Es ist ein buntes Treiben. Und dazwischen brausen Motorroller und Autos herum, Fußwege gibt es meist nicht oder sie werden von sitzenden Menschen, Läden und Straßenimbissen blockiert. Die erste Lektion: wenn du die Straße überqueren möchtest, musst du einfach zielstrebig loslaufen und darauf vertrauen, dass man dir ausweicht - sonst kommst du nie auf die andere Seite. Manchmal war es für die drei anderen wirklich schwierig Jonas zu folgen, der das Ganze noch aus Kambodscha kannte und etwas mutiger war. Mehrere Male fanden wir uns auf verschiedenen Straßenseiten wieder. Vor allem die Überquerung von größeren Straßen kann manchmal ganz schön schwierig sein 😂.
    Auf unserem Weg machten wir an einem kleinen Tempel im See Hồ Hoàn Kiếm Halt, der an die Verteidigung Vietnams vor einer chinesischen Invasion erinnert. Der Legende zu Folge hatte der damalige vietnamesische Kaiser von einer goldenen Schildkröte ein magisches Schwert geschenkt bekommen, mit welchem er dann die Chinesen besiegte. Danach kam die Schildkröte zurück und nahm das Schwert mit sich an den Grund des Sees, der mitten in der Stadt liegt. Diese Geschichte trug sich vor mehr als 400 Jahre zu und lustigerweise lebte im See wirklich eine extrem alte, riesige Schildkröte, die in den 1970er Jahren starb und danach geborgen wurde. Für sie wurde ein kleiner Schrein auf einer separaten Insel errichtet. Sie wurde über 400 Jahre alt. Diese Schildkröte konnten wir auch im Tempel begutachten, bevor wir uns wieder ins Getümmel der Hauptstadt stürzten.
    Nach ein paar Straßen führte Jonas, der HappyCow vor der Nase hatte, uns zu einem Eisladen, der veganes Schoko-, Passionfruit- und Salzkaramelleis bereithielt. Gut gestärkt ging es weiter zu einer riesigen Markthalle (Dong Xuan Market, Berliner*innen kennen unter diesem Namen vielleicht die große vietnamesische Markthalle in Lichtenberg), die aber nicht allzu spannend war.
    Spannender war das erste mal „Grab-en“, Grab ist eine Taxiapp (wie Uber), mit der man für wenig Geld von (privaten) Motos oder Autos abgeholt und durch die Stadt gefahren werden kann. Da es feste und vorher klar kommunizierte Preise gibt, ist diese App super für Touris. So muss man keine langen Verhandlungen führen, bei denen man eh nicht weiß, was der angemessene Preis für den Weg wäre. Außerdem ist Grab deutlich sicherer, da man dauerhaft geortet wird. In Hanoi haben wir das viel genutzt, weil es keinen öffentlichen Nahverkehr gibt.
    Wir Grab-ten uns also zum Mittagessen an den großen West Lake, an dem auch eine schöne Pagode (Tran Quoc-Pagode) lag. Beim Mittag hatte Jonas endlich wieder einer vernünftige Pho (trad. Nudelsuppe aus Vietnam, die eigentlich zum Frühstück gegessen wird). Nachdem wir die nahegelegenen Pagode besucht hatten, ging es noch in den Literaturtempel. Dort wurde die konfuzianistische Lehre weitergetragen. Die Anlage war sehr groß und wirklich beeindruckend.
    Von so vielen Eindrücken erschöpft, retteten wir uns in ein kleines Café und von dort zum Abendessen.
    Auf dem Nachhauseweg versuchte Jonas noch ein paar Bananen zu erstehen. Da die Frau aber immer nur „Two“ für zwei Bananen haben wollte und sich immer wieder wegdrehte, holte Jonas einen 2.000 Dong Schein heraus. Sie schien immer noch nicht wirklich an uns und unseren zwei Bananen interessiert zu sein. Nach mehrmaligen Nachfragen schüttelte sie heftig den Kopf. Wir verstanden sie wollte 20.000 Dong, für zwei Banenen ... (Kilopreis im Laden übrigens 10k Dong). Nachdem sie immernoch lieber mit anderen kommunizierte, als mit uns zu verhandeln, legte Jonas die Bananen wieder zurück. Das interessierte sie dann plötzlich doch! Jonas kassierte von ihr beim Weggehen einen Schlag auf den Arm und lautes Gemäckere 👊😂. Es war zwar nicht hart, aber trotzdem erstmal DAS Gesprächsthema des Abends 😂.
    Den restlichen Abend verbrachten wir mit Uns-ärgern, da der Reiseanbieter für unsere Ha-Long-Bay Tour uns weniger als 12 Stunden vor Beginn mitgeteilt hatte, dass die Tour ausgebucht sei (und das obwohl wir schon bezahlt hatten und eine Bestätigung zugesendet bekommen hatten). Etwas missmutig planten wir alles um und blieben dann am 8.1. noch in Hanoi. Dort liefen wir durch das französische Viertel und besuchten eine große Anlage, die Ho Chi Minh (Onkel Ho im Volksmund) gewidmet ist. Auf dem Gelände befindet sich ein Museum, sein Mausoleum und sein altes, sehr spartanisches Wohnhaus. Dieses ist eine kleine Holzhütte mit wenig Einrichtung, aber einem schönen Blick auf einen kleinen Teich. Die ganze Anlage ist sehr ruhig und friedlich. Wie in Moskau und Peking gibt es aber eben auch ein riesiges Mausoleum des großen Befreiers, das auf der einen Seite eines riesigen Platzes liegt. Anders als in den anderen beiden Hauptstädten ist dieser Platz aber nicht direkt in der Innenstadt und abgesehen von ein paar Touris menschenleer. Der Platz erzeugte einen ganz anderen Eindruck als der Tianmenplatz oder der rote Platz.
    Von dort ging es in ein lustiges kleines Café (wo wir super leckeren Coconutcoffee ☕️/ Caramellcoffee tranken) und nach dem Abendessen noch zum Wasserpupentheater. Diese traditionelle Form des Theaters wird schon seit Jahrhunderten in Vietnam praktiziert und wurde 1010 vom damaligen Kaiser auch am Hof etabliert. Die Geschichten, die wir sahen, stammten aus dieser Zeit und zeigten Szenen aus dem Alltag der Landbevölkerung, als auch mystische Erzählungen. Zwar verstanden wir nicht alles, aber trotzdem war die Gestaltung und musikalische Untermalung wirklich beeindruckend. Die Puppen schweben an Stäben über das Wasser, im Hintergrund war ein großer Tempel aufgebaut aus dem die Puppen hervorkamen und an der Seite saßen die Musiker*innen auf zwei Podesten. Die Vorstellung gefiel uns wirklich gut, nur leider haben viele andere Besucher*innen das ganze nicht so ernst genommen wie wir. Einige kamen bei der einstündigen Vorstellung eine halbe Stunde zu spät. Ständig ging die Tür auf und zu, weil noch ein Zuspätgekommender hereingelassen wurde. Handys waren an und klingelten und hinter uns wurde viel getuschelt (Jaja Judith und Jonas die Allmans/Spießer) Dafür, dass wir ein vietnamesisches Kulturgut präsentiert bekamen, verhielten sich einige aber auf jeden Fall nicht angemessen. 🤬
    Den Frust darüber ertränkten wir dann in der „Beerstreet“, einer engen Gasse, die vollgestopft ist mit kleinen Plastikhockern. Überall saßen biertrinkende Touris und genossen das günstige vietnamesische Bier (hier gab es das ab 15.000 Dong ~60ct). Wir tranken ein paar Bier in der lärmigen Gasse und gingen früh heim, da wir am nächsten Tag endlich in die Ha Long Bucht fahren würden.

    Wir haben übrigens keine eigenen Fotos gemacht, sondern uns ganz auf Judiths Papa verlassen, weswegen wir bisher nur eine kleine Auswahl aus Hanoi haben. Seid also nicht enttäuscht, dass es nur ein paar wenige Fotos gibt.
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  • Der erste Tag am Meer

    2020年1月10日, ベトナム ⋅ ⛅ 28 °C

    Am 9.1. ging es dann los - auf zur Ha Long Bay. Ohne Judiths Eltern hätten wir es uns wahrscheinlich zweimal überlegt, ob wir so viel Geld für eine geführte Tour ausgeben, aber zum Glück haben sie uns eingeladen (danke @Tilo und @ Claudia). Mit knapp 20 Mitreisenden fuhren wir 2 Stunden bis zum Anlegepunkt. Bereits am Hafen merkten wir, in was für Dimensionen die touristische Nutzung der Bucht angesiedelt war. Über 10 Millionen Menschen besuchen sie jährlich. Wir wurden durch den Shoppingbereich und zu unserem Boot gelotst. Es gab ein okayes Mittagessen, während draußen schon die wunderschönen Inseln an uns vorbeizogen. Dementsprechend schnell waren wir wieder an Deck und genossen die Aussicht.
    Die Bucht erstreckt sich über tausende von Quadratkilometer. Die steil aus dem Meer ragenden Sandsteininseln lagen noch vor wenigen hunderttausend Jahren komplett im Wasser. Sie wurden durch die Strömung und später durch Ebbe und Flut geformt und erinnern immer noch an Formationen unter Wasser. Wäre da nicht das satte Grün der vielen Pflanzen, die sich die Felsen erobert haben. Nachdem es zu Beginn noch leicht diesig war, kam bald die Sonne raus und wir hatten perfektes Wetter für die Tour. Teil der Tour war eine Bergbesteigung, von dem wir einen guten Ausblick auf die anderen Inseln hatten. Am Fuße des Berges kamen wir dann auch das erste Mal auf der Reise mit dem Meer in Berührung (fürs Schwimmen war leider keine Zeit). Nach exakt 45 Minuten wurden wir wieder aufs Boot gescheucht und weiter ging es zu den „amazing caves“
    Dabei handelt es sich um riesige zusammenhängende Tropfsteinhöhlen. Wir streiften gute 30 Minuten hindurch und kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus (noch schöner wäre es mit ein paar weniger Menschen gewesen).
    Auch der letzte Stop der Tour hatte noch eine Überraschung im petto. Mit zwei Kayaks erkundeten wir vier eine Bucht und siehe da: mindestens 10 Affen sprangen über die Felsen und fraßen unbeeindruckt von den vielen Booten direkt am Wasser ihre Futter. Für Judith war es das erste Mal, dass sie freilaufende Affen sah und wir waren restlos begeistert. Nach dem kurzen Abstecher mit dem Kayak ging es mit dem Boot zurück ans Festland. Wir sahen noch unglaublich schöne Inseln und erschöpft von den vielen Eindrücken und dem Tempo der geführten Tour fuhren wir am späten Nachmittag zurück. Der Tag war zwar sehr schön, aber wir haben auch alle vier gemerkt, dass solche Touren nicht so richtig etwas für uns sind. Ständig in einer großen Gruppe rumrennen und sich an den Zeitplan halten müssen, ist einfach nicht so unser Ding. Aber anders hätten wir es in der kurzen Zeit nicht geschafft, die Bucht zu besuchen.

    Am 10.01. hieß es dann wieder Abschied nehmen. Nachdem wir gepackt und unsere Winterklamotten in Claudias und Tilos Koffer abgeladen hatten, ging es zu einem leckeren Mittagessen und zum Bahnhof. Judiths Eltern verabschiedeten sich wieder nach Deutschland und zum Arbeiten ab Montag (die Armen). Wir beide stiegen, mit angenehm leichten Rucksäcken, in den Zug nach Ninh Binh, um nach der Großstadt wieder etwas frischere Landluft zu schnuppern.
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  • Chinesische Gedanken Teil 2

    2020年1月10日, ベトナム ⋅ ☁️ 28 °C

    Wie angekündigt, gibt es noch ein paar abschließende Gedanken zu China. Hier also der zweite Teil:

    Fotos

    Unsere ersten Schritte in Peking sind nicht nur durch Überwachungskameras aufgezeichnet. Irgendwo im Netz findet ihr wahrscheinlich Fotos von uns auf dem Profil eines alten chinesischen Mannes, der uns vollkommen schamlos filmte. Wir liefen zum Metro-Ticketschalter und es wurde bereits ungefragt Fotos von uns gemacht. Und das sollte kein Einzelfall bleiben. Persönlichkeitsrechte sind auch im privaten Umgang nicht soooo wichtig, denn wir wurden ungefragt fotografiert was das Zeug hielt. Ein paar trauten sich dann immerhin auch mal zu fragen und ein richtiges Foto zu machen, aber die meisten hielten einfach drauf. Natürlich waren wir auch eine Rarität in China, trotzdem war es merkwürdig und nervig ständig einfach so fotografiert zu werden. Irgendwann gewöhnten wir uns an, wenn wir es mitkriegten, entweder Grimmassen zu schneiden (Jonas), grimmig/böse/genervt zu gucken (Jonas) oder sich demonstrativ wegzudrehen (Judith). Trotzdem wurden wir wie eine der vielen Sehenswürdigkeiten behandelt...
    An denen mangelte es in China ja auch nicht. Ob in der verbotenen Stadt oder im Jiuzhaigou Nationalpark, überall musste man aufpassen nicht auch noch zufälligauf 20.000 Selfies zu sein. Wir berichteten ja schon über den Wahnsinn im Nationalpark. Hinzu kommt noch eine etwas absurde Verkleidungsindustrie. Auf der Mauer in Xi'an trafen wir extrem viele Frauen in traditionellen Gewändern, die dort Fotoshootings machten. In Jiuzhaigou wurden vor Ort sogar Kostüme verliehen. An jedem Aussichtspunkt gab es Stände mit "traditionellen" Kostümen, Fotograf*innen und Computern zum direkt die Fotos auswählen und drucken. Was für uns wie überteuerter Tourikram daherkam, wurde von den Einheimischen begeistert angenommen. Überall liefen sie in ihren Kostümen herum und wurden abgelichtet. Ein Punkt mehr, der dafür spricht, dass einige Orte scheinbar nur besichtigt werden, damit man später ein tolles Foto davon hat.

    Präsenz des polit. Systems/ des Kapitalismus

    Nachdem wir in Russland ja nicht an Lenin vorbeigekommen waren und diese krasse Darstellung von autoritären/faschistischen/diktatorischen Systemen ja auch aus Deutschland kennen, hatten wir erwartet dem "sozialistischen" China auch an jeder Ecke über den Weg zu laufen. Doch Pustekuchen. Interessanterweise ist die Propaganda und die Zurschaustellung des Sozialismus in China nicht so verbreitet. So zumindest unsere bescheidene Einschätzung (ohne Chinesischkenntnisse). Es gab schon einige Orte, an denen die Grundpfeiler des Staates beschworen wurden (die aber eher moralische Grundsätze wie Freundschaft waren oder so etwas wie Patriotismus). Aber außerhalb des roten Platzes oder einigen Staatsgebäuden gab es auffallend wenig Prunk, auffallend selten sah man überhaupt ein Bild des aktuellen Machthabers oder auch von Mao. Einzig die chinesische Fahne war überall zu sehen und auch die Zeichen zum 70-jährigen Staatsjubiläum.
    Viel präsenter war der Kapitalismus in all seinen Auswucherungen. Werbung überall (hatten wir ja schon berichtet), Konsummöglichkeiten in unvorstellbaren Dimensionen und überall Shoppingmalls. Irgendwie passte das so gar nicht im Kopf zusammen und beschreibt sehr gut was für einen krassen Wandel der chinesische Staat und die Gesellschaft in den 70 Jahren durchgemacht haben.

    Bauboom

    Nichts nur die Konsummöglichkeiten nehmen immer mehr zu, auch die Städte sind am wachsen und wachsen und wachsen. Überall sprießen Hochhäuser aus dem Boden und man kann quasi das Wachstum spüren, dass das Land seit Jahrzehnten durchmacht. Das endet dann aber teilweise auch in halb fertigen Malls, direkt neben drei anderen Malls, die kaum besucht werden oder etwas heruntergekommen sind. Besonders auf dem Weg nach Jiuzhaigou sahen wir aber auch, wie erbahmungslos mit der Natur umgegangen wird, wenn es um den Ausbau von Infrastruktur geht. Kein Berg ist zu dick oder Fluss zu verschlungen um nicht noch eine Autobahn oder eine Highspeedzugstrecke dadurch oder darüber zu bauen. Was vor dem Nationalpark an Hotels aus dem Boden sproß war auch ziemlich heftig und teilweise war dieser ganze Baumboom auch beängstigend. Wir können nicht einschätzen, wie krass in die Umwelt und auch in das Leben der ländlichen Bevölkerung für solche Projekte eingegriffen wird, aber anhand unserer Beobachtungen können wir uns vorstellen, wie es vielleicht auch in anderen Teilen Chinas aussieht.

    Buffets

    Die Essensbeschaffung in China war meist kein Problem. An Auswahl mangelte es nie, meist eher an der Qualität (siehe Essensposts). Eine Besonderheit war aber noch, dass es viele günstige Möglichkeiten gab unbegrenzt zu essen, sprich all-you-can-eat Buffetts. Egal ob in Peking, Xi'an, Chengdu oder Kunming, überall gab es kleinere oder größere Buffetts. Meist hatten diese einen buddhistischen Einschlag (wahrscheinlich eher wegen der veganen Küche). Ab 15 Yuan (knapp 2€) konnte man sich nach Lust und Laune durchfressen. Oft war das Essen dann nicht ganz soooo gut, aber man wurde satt. Positiv herausgestochen hat das in Peking (hat dann aber auch 68 Yuan - knapp 9€ gekostet).
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  • Chinesische Gedanken Teil 3

    2020年1月10日, ベトナム ⋅ ⛅ 25 °C

    Teil 3 unserer Rückblicks zu unserer Zeit in China umfasst nochmal ein paar lustige Dinge im Schnelldurchlauf. Natürlich ist das nur unser subjektives Empfinden/ unsere Beobachtungen:

    Kommunikation

    In einem Gespräch oder auch im Restaurant sagen die Menschen ständig Hallo, auch wenn sie uns bereits begrüßt hatten. So wurden wir im Restaurant ganz normal begrüßt, dann gab es aber nochmal ein Hallo beim Menü bringen, beim Bestellung aufnehmen, beim Essen bringen usw. 👋🙂
    Auf unsere Busfahrt nach Jiuzhaigou hatten wir einen interessanten Busfahrer. Er war sehr stimmgewaltig und brüllte häufig durch den halben Bus. Wir dachten, dass er wegen irgendetwas sehr sauer oder wütend wäre. Dann lachten aber alle, also hatten wir seine Mimik, Gestik und Stimme wohl völlig falsch interpretiert. 😅
    Denn das Problem ist, dass unsere Betonung /Nutzung von Tonlagen sich sehr von der chinesischen Form des Sprechens unterscheidet. Auf-und Abwärtsbewegungen mit der Stimme sind Teil der Wörter, nicht wie bei uns Ausdruck für das Ende eines Satzes oder für die Stimmung, die mit dem Satz rübergebracht werden soll. Gleiches gilt für die Lautstärke des Sprechens.
    Lustig war in dem Zusammenhang auch, dass niemand den erhobenen Daumen als Zeichen für "Ok" versteht, das wird durch ein mit Daumen und Zeigefinger geformtes O symbolisiert - O wie ok.

    Kinder

    Teilweise war in unseren Augen auch der Umgang mit Kindern mindestens schwierig. Nicht so tragisch fanden wir, dass sie von ihren Eltern überall mit hingenommen werden. Auch beim Ausgehen abends waren noch Kleinkinder dabei. Die Kinderbetreuung wird auch einfach am Arbeitsplatz gemacht, es war nicht ungewöhnlich ein Kinderbett in einem Geschäft zu sehen oder Schulkinder, die am Tresen Hausaufgaben machten. Gewöhnungsbedürftig war aber die Umgang mit Gewalt gegenüber Kindern. Mehrere Male waren wir Zeug*innen wie Eltern ihre Kinder schlugen. So bspw. in dem Massagesalon, wo wir uns unsere Füße haben machen lassen. Es war kein krasses Verhauen, eher ein kleiner Klaps, aber die Nutzung von Gewalt als Erziehungsmittel ist gefühlt verbreiteter.

    Auf den Boden spucken

    Wer etwas Probleme mit Körperflüssigkeiten und Körpergeräuschen anderer Menschen hat, muss sich in China auf einige eklige Momente einstellen. Es wird ziemlich häufig sehr laut auf den Boden gerotzt/gespuckt. Auch war es nicht Unnormales bei bezahlen an der Kasse einem*r Kassierer*in gegenüber zustehen, die oder der erstmal kräftig in innen Eimer spuckte. Da wir es aber vorher schon häufig gelesen hatten, waren wir drauf wir vorbereitet, schlossen uns dieser Spuckkultur aber nicht an. 😅

    Das Drängeln

    Eine Warteschlange ist eher so ein Vorschlag und sich mitten rein drängeln vollkommen legitim. Wir sind wohl dazu manchmal auch zu deutsch gewesen, aber wenn man lange für ein Ticket ansteht, ist es halt nervig, wenn sich immer wieder jemand vordrängelt. Am extremsten war es in der Metro, dort wurde überhaupt keine Rücksicht auf die Aussteigenden genommen, sondern einfach reingedrängt was das Zeug hielt. Wir hielten dann immer die ganze Reihe hinter uns auf, weil wir uns weigerten, mitzudrängeln und erstmal die Menschen aussteigen ließen (Jonas und Judith die scheiß Allmans). Die Schweizerin, die wir auf der chin. Mauer getroffen hatten, kam sogar einmal nicht aus der Bahn, weil alle reindrängelten und teilweise sogar um sich schlugen.

    Verkauf

    Lief man die Straße entlang, musste man jedoch nicht nur Motorrollern ausweichen, sondern auch Menschen vor den vollkommen menschenleeren Geschäften, die durch ein Mikro laut die Sonderangebote schrieen oder auf den Laden aufmerksam machten. Dadurch, und durch die vielen Musikboxen vor den Geschäften, war der Lärmpegel immer relativ hoch in Shoppingstraßen. Die "Marktschreier*innen" hatten aber wirklich ein echten Scheißjob, vor allem weil sie quasi von allen ignoriert wurden...
    Gleiches galt für die unzähligen Produktberater*innen in den Supermärkten. Gefühlt waren manchmal mehr Angestellte, als Einkaufende in den Läden. 😅Besonders in der Beauty Abteilung gab es unglaublich viele Mitarbeitende, die zu einzelnen Marken etwas erzählten. Teilweise waren auch ganze Läden im Supermarkt aufgebaut. Judith wurde in der Teeabteilung einmal in ein angeregtes Gespräch (na gut es war ein Monolog) auf chinesisch verstrickt, obwohl sie die Dame gar nicht angesprochen hatte. Mindestens 10 min versuchte sie uns verschiedenen Tee anzudrehen. Am Ende kauften wir dann dort doch keinen Tee, sondern gingen lieber in ein kleineres Geschäft im Green Lake Park (Kunming) 🍵
    Auch fürs Gemüse und Obst abwiegen und Einpacken gab es Angestellte. Für uns war das manchmal ganz sinnvoll, weil wir bei den komplexen Wagen nicht durchblickten. Danach musste aber jedes einzelne Obst in eine separate Tüte gepackt und anschließend mit einem Stück Metall verschlossen werden.
    An sich war die Menge an Verpackung manchmal schon krass. Wir kauften bspw. mehrmals extra größere Packungen von etwas um nicht ganz viele kleine verpackte Dinge zu haben. Nach dem Öffnen der großen Tüte purzelten dann aber ganz viele nochmal einzeln verpackte Snacks heraus. Der Höhepunkt des Verpackungswahns waren wohl die einzeln in Unmengen Plastikfolie eingepackten Sneaker 🤦‍♀️🤦‍♂️.

    Besen 🌴

    Wie wir ja schon erwähnt hatten sind die Straßen in China extrem sauber. Das liegt ach an den Straßenreiniger*innen, die mit ihren lustigen Besen putzen. Diese Besen bestehen aus verschieden langen Ästen und kommen so in viele kleine Ritzen herein. Manchmal sah es aber so aus, als würden sie mit einem halben Baum die Straße fegen. Die andere Art der Straßenreinigung war es mit Unmengen an Wasser die Straße sauberzusprühen.

    Wasser 💦

    Was wirklich cool ist: In fast jedem Restaurant gab es Tee oder meistens mindestens heißes Wasser als Gratisgetränk, was immer ganz angenehm war. Außerdem wurde man nicht schief angeguckt, wenn man kein Getränk bestellte, sondern sich mit dem Wasser begnügte.
    Apropo Wasser: die Flaschen in Russland waren ja schon echt voll, aber in China wurde das ganze auf die Spitze getrieben. Nicht selten waren die Flaschen wirklich randvoll gefüllt, nicht mit etwas Spielraum und genormt wie bei uns - nein bis oben voll. Manchmal wussten wir gar nicht wie man das jetzt öffnen sollte, ohne sich nass zu machen. Gleiches war übrigens auch bei den Kanistern der Fall, wodurch es noch schwieriger war unsere Flaschen nachzufüllen.

    🚄

    Und noch ein Schmankerl aus dem Zug. An vielen kleinen Bahnhöfen gab es mindestens eine*n Bahnmitarbeiter*in. Wenn der Zug vorbeifuhr, wurde von diesen immer brav salutiert. Auch marschierten die Bahnmitarbeitenden an den großen Bahnhöfen immer aufgereiht in Dreierreihen über die Bahnsteige (sah wirklich lustig aus). 😁👨‍✈️👩‍✈️

    Das war es an Eindrücken. Nun wo wir das alles "verarbeitet" haben, können wir uns noch viel besser ins Abenteuer Vietnam stürzen.
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  • Höhlenwunderland - Episode 1

    2020年1月11日, ベトナム ⋅ ⛅ 27 °C

    Die Fahrt von Hanoi nach Ninh Binh dauerte nicht ganz drei Stunden. Der Zug war ganz schön klapprig und schaukelte uns so durch die Landschaft. Am Bahnhof mussten wir noch in ein Grab-Taxi wechseln, weil wir uns wieder für ein Homestay in ländlicher Gegend entschieden hatten, etwas außerhalb von Tam Coc, dem nächsten kleineren Ort von Ninh Binh aus. Nach 15 min Fahrt waren wir aber schon da. Unser Gastgeber gab uns per Google Übersetzer noch eine kleine Einführung zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten in der Umgebung, wobei wir schon merkten, dass wir auch locker 5 Tage mit Aktivitäten hätten füllen können. Dann gab es noch Abendessen im Homestay und wir verbrachten den Abend noch etwas mit Planen.
    Wir hatten schon vorher bei unserer Recherche gelesen, dass man sich für die Region am Besten ein Motorroller ausleiht, da alle sehenswerten Dinge in Ninh Binh sehr ländlich gelegen sind. Wie überall in Vietnam gibt es eigentlich keinen öffentlichen Nahverkehr (Buslinien sind seltene Ausnahmen) und die Motos sind auch für die Einheimischen Fortbewegungsmittel Nummer Eins. Auch hier auf dem Land fahren die Roller haufenweise überall rum, Verkehrsregeln gibt es nicht. Abseits der größeren Straßen haben wir uns dann aber auch mal getraut (in Sapa und Hanoi wäre das für uns undenkbar gewesen), besser gesagt hat Jonas sich getraut, Judith wollte erstmal nur Beifahrerin sein, weil sie auch das noch nie gemacht hatte. Unser Homestay hatte ein paar Motos zum Verleih da und so konnten wir für 120k Dong pro Tag (ca. 5€), plus Tanken für 50k (2€), die nächsten Tage damit rumfahren. Nach ein bisschen Eingewöhnung ging das sehr gut und hat uns beiden viel Spaß gemacht. Und die Unabhängigkeit die man damit bekommt, ist einfach grandios.

    Am ersten Tag hatten wir uns gleich das erste Highlight der Region rausgepickt. Zwischen gefluteten Reisfeldern und den für die Region typischen kleinen, aber hohen, steilen, hügelartigen Sandsteinformationen düsten wir auf unserem Moto nach Trang An. Der Landschaftskomplex besteht aus vielen vielen Sandsteinfelsen - und Formationen, umgeben und unterspült von Wasser. Meist ragen diese Berge steil nach oben, nur wenige sind begehbar. Das Gebiet ist Unesco - Weltkultur - und Naturerbe. Gegen den unfassbaren Preis von 200k Dong (ca. 8€) kommt man rein und kann dann zwischen drei verschiedenen Routen von Bootstouren wählen, die alle 3 (!) Stunden gehen, wobei man immer zu fünft in einen kleinen Ruderboot sitzt - vier Besucher*innen und eine Ruderin oder ein Ruderer. Man bekommt also fast eine Privattour geboten. 😳 Wir mussten uns also nur noch eine Route aussuchen, was gar nicht so einfach war. Verschiedene Tunnel-Höhlen und Inseln mit Pagoden waren eingezeichnet und wir haben uns dann einfach für die Tour mit den meisten Höhlen entschieden. Übrigens ist der Wasserweg der Einzige, auf dem man in das Gebiet kommt.
    Wir kamen gegen Mittag an, was anscheinend eine gute Zeit war. Denn trotz der unzähligen Ruderboote an der Anlegestelle, war auf dem Wasser fast nichts los. Wir warteten kurz, bis sich zwei andere Menschen gefunden hatten, die die gleiche Tour machen wollten, wie wir. Dann ging es los. Schon nach kurzer Zeit schipperte unser Boot um eine größer Felsformation und eine Kurve weiter war von der Straße und der Anlegestelle nichts mehr zu sehen und zu hören. Das Wasser war klar und ruhig, sodass man einige Unterwasserpflanzen und kleine Vögelchen, die nach Futter tauchten, beobachten konnte. Vermutlich waren es Zwergtaucher, wir sind uns nicht sicher.
    Und dann steuerten wir auch schon auf die erste Felswand zu. Erst als wir näher kamen, konnten wir die Lücke zwischen Wasseroberfläche und Gestein erkennen - der Eingang zur ersten Höhle. Auf das dann Folgende waren wir nicht vorbereitet. Unser Ruderer steuerte das Boot vorsichtig in den Eingang. Schon nach einigen Metern wurde der Tunnel flach und schmal, wir mussten die Köpfe einziehen und die Ruder hatten neben dem Boot kaum noch Platz. Das Tageslicht vom Eingang verschwand hinter uns, dann fuhren wir um eine Kurve und es war komplett verschwunden. Nur alle paar Meter war eine Lampe an der Decke angebracht, die die Felswände schwach mit warmen, gelben Licht beleuchteten. Immer tiefer und tiefer arbeitete sich unser kleines Boot in den Felstunnel. Die Wände waren unregelmäßig und uneben, von der sowieso schon flachen Decke hingen dicke Stalaktiten, denen wir mit den Köpfen ausweichen mussten, gleichzeitig mussten wir aufpassen, uns nicht die Schultern an den Wänden aufzuschlagen. Ab irgendeinem Punkt saßen wir so geduckt, dass wir gerade noch so die Köpfe heben konnten, um die Höhle zu bestaunen. Keine Ahnung, wie der Ruderer hinter uns es schaffte, dabei auch noch das Boot zu steuern und es nicht irgendwo zu verkeilen.
    Wir waren völlig allein in dem Tunnel und niemand sprach ein Wort, nur unser Ruderer wieß uns hin und wieder an, uns noch mehr zu ducken. Die Wasserbewegungen, die unser Boot verursachte, waren zu hören und die Ruder, die ab und zu gegen die Felswände schlugen.
    Vor allem Judith fand das Gefühl in diesem engen, dunklen Tunnel irgendwann sehr beklemmend. Wir kamen nur langsam voran und waren schon ewig weit vom Eingang entfernt. Wann würde wohl der Ausgang kommen? Gleichzeitig waren wir völlig erschlagen davon, was für ein einzigartiges Erlebnis das gerade war. Was für ein faszinierendes Schauspiel die Natur hier erschaffen hatte. Und, dass man dieses auf diese Art für Besucher*innen zugänglich gemacht hatte. Was für Glückspilze wir waren, dass wir das erleben durften! Einfach fantastisch.
    Nach vielen weiteren Kurven und Windungen wurde es plötzlich heller. Tageslicht! Wir waren am Ausgang angekommen. Erst hinterher traute sich Judith, Jonas zu fragen, wie lang der Tunnel war. Am Eingang war ein Schild gewesen, auf das sie nicht geachtet hatte. Beachtliche 350m Tunnel hatte das Wasser hier aus dem Fels gehöhlt.
    Insgesamt fuhren wir durch 9 solcher Tunnel an diesem Tag, die Folgenden waren aber nicht mehr ganz so eng, einige waren sogar ein paar Meter hoch und breit und die meisten davon waren 200-250m lang. Es war aber natürlich immer wieder eine Überraschung am Eingang, wie die Höhle wohl aussehen würde. Immer gab es interessante Formen zu entdecken. Wir waren völlig fasziniert. Außerdem hielten wir drei Mal an kleinen Inseln, wo wir kurz an Land gehen und die dort erbauten Pagoden anschauen konnten.
    Als hätte das noch nicht gereicht an krassen Erlebnissen für einen Tag, haben wir uns nach der Bootstour noch auf unser rotes Moto (wir haben sie Emma getauft) geschwungen und sind zur Bai Dinh Pagode gefahren, der größten Pagode in ganz Südostasien. Unüberraschenderweise ist das Gelände riesig und wir sind auch schön erstmal zum falschen Eingang gefahren. Wir hatten auch nicht mehr genug Zeit, um jeden Tempel und jede Ecke anzuschauen, bevor es gegen 18 Uhr dunkel wurde, aber das war in Ordnung für uns. Unser persönliches Highlight haben wir nämlich früh gefunden. Schon von Weitem konnte man eine riesige Stupa auf einem Berg auf dem Gelände sehen. Dort sind wir dann auch als erstes hingelaufen. Es war total leer überall, wir sind nur ein paar wenigen anderen Touris begegnet, was wirklich angenehm war. Bei der Stupa angekommen, stellten wir fest, dass man diese auch betreten konnte. Und nur weil zufällig gerade jemand rauskam erfuhren wir, dass man sogar hoch konnte! Wir bezahlten 50k Dong für ein Ticket und fuhren mit einem Fahrstuhl die 12 Stockwerke hoch, das 13. musste man laufen. Dann standen wir oben und hatten eine fantastische Aussicht. Und noch dazu hatten wir sie komplett für uns! Niemand sonst hatte sich auf den Turm verirrt. Im Kreis konnten wir den Turm einmal komplett von außen umrunden und hatten so einen 360°-Blick auf die Umgebung. Und es war niemand da, dem oder der man hätte ausweichen müssen, wir mussten nicht aufpassen, nicht in Fotos reinzurennen und selbst Jonas fühlte sich, trotz Höhenangst, ganz wohl.
    Danach schauten wir uns noch drei der Tempel mit unfassbar riesigen goldenen Buddhastatuen an und liefen in der Dämmerung zurück zum Parkplatz. Wir mussten noch ein gutes Stück zurückfahren und gingen dann in Tam Coc noch etwas essen. Selbst in diesem winzig kleinen Örtchen gab es wieder mehrere rein vegane und vegetarische Lokale, wir wundern uns über nichts mehr 🤣. Und auch in den anderen Restaurants oder Imbissen findet man immer etwas. Wir haben selbst nicht damit gerechnet, dass es es *so* einfach wird.
    Dann fuhren wir völlig fertig, aber sehr glücklich über den schönen Tag zurück ins Homestay.

    Aus den Höhlen haben wir leider nicht so viele gute Fotos hinbekommen - durch das schwache Licht und die Bewegung war das schwierig. Daher bekommt ihr noch ein kleines Video, aber wir empfehlen, dass ihr mal selber hinfahrt, falls es euch nach Vietnam verschlägt 😛.
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  • Höhlenwunderland - Episode 2

    2020年1月12日, ベトナム ⋅ ⛅ 16 °C

    An Tag zwei in Ninh Binh wollten wir vormittags zum Mua Mountain der direkt neben unserem Homestay lag. Es waren nur ein paar Minuten zu Fuß. Wir stellten fest, dass dies wohl wieder eine sehr touristische Attraktion war, es war nämlich sehr voll und auch hier mussten wir Eintritt zahlen. 500 sehr hohe Treppenstufen, die in den Stein geschlagen wurden, führen nach oben, wo sich uns ein ähnlich schönes Panorama bot, wie am Vortag von der Stupa. Nur war das Wetter deutlich schlechter, es war über Nacht recht kühl geworden und der Himmel diesig. Unten gibt es auch an diesem Berg wieder eine Höhle, diese war aber im Vergleich völlig unbeeindruckend.
    Danach fuhren wir wieder nach Tam Coc, weil das eh direkt auf dem Weg lag und aßen Banh Mi zum Mittag. Diese belegten Baguettes gibt es überall in Vietnam zu kaufen und sind für uns eine willkommene Abwechslung zu Reisgerichten. Das Baguette ist dabei quasi ein Relikt aus der französischen Kolonialzeit. Vegane Varianten haben wir jetzt schon mit Tofu, Tempeh, Mockmeat oder Gemüse/Bohnen-Bratlingen probieren können. Außerdem sind sie häufig mit verschiedenem geraspeltem eingelegtem Gemüse, wie Gurke, Karotte, Salat, Papaya und frischen Kräutern wie Koriander und Minze belegt und es kommt noch Chillisoße oder andere Soßen drauf. Sehr lecker!
    Anschießend fuhren wir zur Bich Dong Pagode, wo es drei Tempel zu bestaunen gibt, die direkt in einen Berg gebaut wurden. Auch hier gab es wieder einige Stufen zu erklimmen. An einem der Tempel führte ein kleiner Weg vorbei und hinter den Tempel am Berg entlang, dem wir völlig ahnungslos und eher zufällig kurz folgten. Und plötzlich standen wir schon wieder in einer großen Höhle! So einige andere Touris waren wohl einfach daran vorbei gelaufen... 😁
    Der letzte Punkt auf unserer Route für den Tag war das Bird Valley Thung Nham. Dort leben viele vom Aussterben bedrohte Vogelarten. Man kann aber auch wunderbar einfach spazieren gehen, Fahrrad fahren, wiederum eine Bootstour machen und es gibt wieder einige Höhlen anzugucken. Die erste davon fanden wir direkt hinter dem Ticketoffice, das sich jedoch noch ein gutes Stück vor dem eigentlich Eingang zum Park befand. So ignorierten wohl viele Besucher*innen das Schild am Straßenrand, weil sie einfach zum Eingang weiterfuhren. Wir zögerten auch kurz, hielten dann aber an und beschlossen, die 450 wieder sehr steilen Stufen den Berg hochzuklettern, um die Höhle zu sehen. Auf halber Strecke haben wir und unsere Beine es fast bereut (die Stufen waren *wirklich* steil 😅), aber die Anstrengung wurde sowas von belohnt! Die Höhle war einfach völlig irre. Und noch dazu hatten wir sie wieder fast ganz für uns allein. Es gab drei verschiedene Ebenen, die man über Metallstufen erreichen konnte. Für die obere musste man durch ein enges Stück Tunnel nach oben klettern - wieder nix für Menschen mit Klaustrophobie oder Höhenangst (also uns beide 🙈). Spätestens jetzt konnte die Höhle in Ha Long Bay einfach komplett einpacken - diese hier war zwar nicht ganz so riesig, aber viel interessanter, abenteuerlicher, verwinkelter und ohne nervigen Massentourismus.
    Als wir dann im Park selbst direkt wieder an einem Eingang zu einer Höhle vorbeikamen, waren wir auch wieder kurz unentschlossen - hatten wir nicht langsam genug Höhlen gesehen? Und es war doch schon recht spät. Aber dann entschlossen wir uns doch wieder dafür und wurden wiederum überrascht. Nachdem es kurz einige Stufen nach unten ging, befand sich die Höhle größtenteils auf einer Ebene. Jedoch verlief der Weg auf Bambusstegen, denn die Höhle beherbergte quasi einen unterirdischen See. Noch dazu war der erste Teil zwar recht breit, aber so flach, dass wir im Entenwatschelgang laufen mussten. Das faszinierende an diesen Höhlen ist auch, dass es immer eine Überraschung ist, was sich hinter der nächsten Ecke verbirgt. So dachten wir zunächst, dass der Weg auf der gegenüberliegenden Seite wieder zum Ausgang führte - tat er aber nicht. Noch ein ganzes Stück ging es tiefer in den Berg, nach einigen Windungen und höheren und flacheren Stellen war der Ausgang verschwunden und irgendwann kamen wir an einer anderen Stelle im Park wieder raus. So cool!
    Wir konnten dann noch ein riesige Schar Kraniche im Park beobachten und machten uns dann auf den Rückweg.
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  • No Monkeys today

    2020年1月13日, ベトナム ⋅ ☁️ 19 °C

    An unserem letzten Tag in Ninh Binh fuhren wir vormittags ca. eine Stunde mit dem Moto nach Van Long. Das Naturreservat beherbergt einige bedrohte Affenarten und wir hatten natürlich große Lust, welche zu sehen. Auch hier ist wieder eine einstündige Bootstour auf einem kleinen Bambusboot im sehr günstigen Eintrittspreis (70k Dong) enthalten und man fährt sogar nur zu zweit + Ruderperson. Nur wenige Touris kommen hierher und es ist angenehm ruhig. Die Tour war leider nicht so spektakulär, wie wir sie uns vorgestellt hatten und die Äffchen wollten sich nicht zeigen. 🙈🙉🙊 Landschaftsmäßig war es auch nicht so interessant und leider war der Himmel auch wieder sehr bedeckt. Aber es war trotzdem ein ganz netter Ausflug.
    Auf dem Rückweg fuhren wir noch nach Hoa Lu, der Hauptstadt Vietnams im 10. Jahrhundert - oder vielmehr dem, was davon übrig geblieben ist. Viel ist das leider nicht und so war auch das nicht furchtbar spannend.
    Nach einem Coconut-Coffee zur Stärkung (gibt es hier auch überall, kalter Kaffe auf Kokosmilch und Eis - sehr geil) wollten wir dann noch zu einem größeren Supermarkt. Bisher waren wir in Vietnam nämlich nur in kleinen Minimärkten, die immer nur ein sehr kleines und für Touris sehr überteuertes (da keine Festpreise 🙄) Sortiment haben. Richtige Supermärkte gibt es hier aber nicht oft und so mussten wir ein ganzes Stück raus aus der Stadt fahren. Der Weg führte auf einer Schnellstraße entlang und so mussten die zwei Tage Übung auf dem Moto für Jonas ausreichen, um die Verkehrssituation dort zu bewältigen. Dort fuhren nämlich nicht nur eine ganze Menge anderer Motos sondern auch viel mehr Autos und vor allem Transporter und LKWs. Und da sich niemand an Verkehrsregel hält, geht es recht abenteuerlich zu. Hier einige Auszüge:
    - Vorfahrt hat im Prinzip immer der, der zuerst gehupt hat. Will man beispielsweise auf eine Straße auffahren, die man schlecht einsehen kann, hupt man 3-5 Mal und fährt dann einfach ohne abzubremsen.
    - Jemanden überholen, der gerade selbst überholt? Als Warnung ein paar Mal hupen und los!
    - Überholen in oder vor einer Kurve? Auch kein Problem.
    - Überholen, obwohl Gegenverkehr kommt? Kein Ding.
    - Von Rechts überholen? Klaro.
    - In einen Kreisverkehr fahren? Immer da wo grad Platz ist.
    Jonas hat aber alles recht entspannt gemeistert und wir konnten uns im Big C mit Snacks und Getränken für die 11,5 h Zugfahrt nach Hue eindecken. Von dort hört ihr dann das nächste Mal von uns 😉.
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  • Hué.

    2020年1月17日, ベトナム ⋅ ☀️ 29 °C

    Nach einer weiteren ruckeligen 11,5 h Zugfahrt von Ninh Binh aus, die wir nutzten, um die vorherigen Blogeinträge zu schreiben, kamen wir in einer weiteren alten Hauptstadt an - Hué. Unser Hostel lag direkt im Touriviertel. Es war also der komplette Gegensatz zu unserer vorherigen Unterkunft. Die Läden waren dementsprechend teurer, man sah viele weiße Gesichter und Jonas wurde sehr häufig Marihuana angeboten 😶. Zum Glück war unser Hostel in einer kleinen Gasse und von der lauten Musik hörten wir seltener etwas. In den Straßen drum herum fühlten wir uns aber beide in die Partymeilen unserer Abifahrt zurückversetzt. Wir nutzten das dann aber, um das erste Mal auf der Reise ein paar Cocktails schlürfen zu gehen 🍹(für 1,50€ pro Cocktail).

    Hué selbst besticht vor allem durch die große Zitadelle aus dem 19. Jahrhundert und die lange Promenade am städtischen Fluss. Die Zitadelle besuchten wir nach einem Tag Auszeit am zweiten Tag. Wir nahmen uns viereinhalb Stunden Zeit und hatten uns trotzdem noch nicht alles in Gänze angeguckt. Die riesige Anlage ist in viele kleinere Teile aufgeteilt und nach jedem Eingangstor in einen dieser Teile, erwarteten uns mehrere Pagoden, schöne Gärten und Tempel. Wirklich ein toller Bau, von dem leider nicht mehr alles erhalten ist, da Hué sehr nah an der Grenze zwischen Süd-und Nordvietnam lag. Während des Vietnamkriegs wurden bei den Kampfhandlungen viele Gebäude im Inneren der Zitadelle zerstört und nun langsam wieder rekonstruiert.
    Im Ticketpreis für stolze 420.000 Dong (17€) waren dann noch zwei Grabmäler (Tombs) ehemaliger Könige enthalten. Diese liegen außerhalb der Stadt und wir liehen uns am dritten Tag ein weiteres Mal ein Moto, um dorthin zu brausen. Die Tombs waren wirklich beeindruckend groß (für Grabmäler). Besonders die lebensgroßen Statuen von Menschen, Elefanten und Pferden waren toll (quasi die Terracottaarmee in kleinerer Mannstärke). Die vielen Details waren wirklich schön anzusehen. Nachdem wir noch eine kleine Spritztour mit dem Moto unternommen hatten, ging es dann zum essen.

    Und das Essen in Hué war wirklich toll. Wir waren bei mehreren extrem günstigen, typisch vietnamesischen Straßenrestaurants, in denen zu unserer Freude wenig andere Touris und viele Einheimische saßen. Am ersten Tag aßen wir zum Mittagessen insgesamt 5 verschiedene Gerichte (darunter Jonas heiß geliebter Reispfannekuchen - Banh Xeo und richtig gute Jackfruit mit Sesam 😋) und zahlten 90.000 Dong (knapp 3,60€). Und so ging es abends und am nächsten Tag weiter. Wir aßen unglaublich viel und wirklich leckere einheimische Küche und zahlten meist 10.000, maximal 20.000 Dong pro Gericht (80 Cent). Eine Besonderheit war vor allem der Gemischte Teller (Com), auf dem von allem was die Küche hergab ein klein wenig drauf war (inkl. einer großen Portion Reis). Außerdem ein deftiger "Reiskuchen" (in Bananenblätter eingewickelt und gedämpft), den wir mit grünen Bohnen probierten.
    Vor allem kulinarisch war Hué also ein Highlight. Irgendwie sind wir beide etwas geschafft, von den zwei bisherigen Wochen in Vietnam und unseren zwei Monaten Reise. Deswegen war das etwas ruhigere Programm in Hué genau das richtige. Es folgen ja nun auch zwei entspanntere Stationen, bei denen wir hoffentlich auch einige Zeit einfach am Strand verbringen werden. Der Informationsspeicher ist auf jeden Fall momentan ziemlich voll. Die vielen tollen Eindrücke aus Ninh Binh, Hanoi und Sa Pa müssen erstmal verarbeitet werden.

    Am 18. Januar ging es dann weiter Richtung Hoi An (knapp 3h mit dem Zug bis Da Nang und dann 1h mit dem Bus bis Hoi An). Einige Tage vor unserer Abreise hatten wir noch eine Doku über genau diesen Abschnitt der Bahnstrecke gesehen. Die Gleise schlängeln sich oberhalb des Meeres über die Berge und die Aussicht ist wirklich schön - jedenfalls bis es in den nächsten Tunnel geht. Vor zwei Monaten hatten wir uns genau an diesen Ort geträumt und nun waren wir da - schon ein krasses Gefühl.
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  • Die zwei-Größen-zu-weit Hose

    2020年1月21日, ベトナム ⋅ ⛅ 28 °C

    In Hoi An angekommen, brachten wir kurz unsere Sachen ins Homestay, wo wir eines der schönsten und modernsten Zimmer bekamen, das wir bisher auf der Reise hatten. Hier ließ es sich also gut ein paar Tage aushalten. Danach gönnten wir uns mal wieder einen Coconutcoffee und liefen in die Innenstadt.
    Hoi An ist bisher die einzige Stadt auf unserer Reise, die vom Stadtbild her, zumindest in der Altstadt, völlig anders aussieht. Vom Krieg verschont geblieben, reihen sich in einer weitläufigen Fußgängerzone (endlich mal nicht ständig den vielen Motos ausweichen, yeyy!) süße alte kleine Häuser aneinander. Auf uns wirkte der Ort fast etwas mediterran, was auch am kolonialen Baustil liegen könnte. Über den schönen Gassen hängen endlos viele bunte Laternen und tauchen abends alles in warmes Licht. Die Laternen werden aus einem Bambus-Skelett handgefertigt, das mit Stoff bespannt wird. Eine kreative Person hat dann irgendwann eine Variante erfunden, mit der sich die Laternen zusammenfalten lassen - so können die zahlreichen Tourist*innen Laternen kaufen und mitnehmen. Für die vielen Laternen ist die Stadt genauso berühmt, wie für eine andere Sache: die ebenso endlos vielen Schneidereien. In jeder Preislage kann man sich hier Kleidung maßanfertigen lassen, wenn man denn erstmal die Qual der Wahl zwischen den Hunderten Schneidereien überstanden hat.

    Am ersten Abend schlenderten wir nur so etwas durch die Altstadt und schauten uns das bunte Treiben an, aber am zweiten Tag ging es dann auf die Mission "Schneiderei finden". Judith hatte sich durch einige Rezensionen im Internet geklickt und drei Schneidereien, die Kleidung aus Leinen anfertigen, herausgesucht. Der erste Laden war leider eine Enttäuschung, dafür machte der zweite, die Schneiderei Izi einen sehr guten Eindruck. Während Judith Stoff für ihr neues Kleid aussuchte und gründlichst vermessen wurde, verliebte sich Jonas, der ursprünglich gar nichts haben wollte, in ein Leinenhemd, das schon fertig im Laden hing. Kurzerhand wurde also auch er ausgemessen, um das gleiche Hemd nochmal in genau seiner Größe anfertigen zu lassen.
    Danach ging es noch zu Mrs. Ans Stand in der Markthalle. Hier findet man eher das untere Ende der Preis - und Qualitätsklasse, aber Mrs. An hatte zahlreiche gute Bewertungen und Judith wollte noch eine einfache Kopie einer Hose, die ihr bei Izi zu teuer gewesen wäre. Hier war die Beratung dann auch gleich nicht ganz so nett und professionell, aber für das was wir wollten, okay.
    Schon am nächsten Tag sollten wir bei beiden Läden zur Anprobe kommen. Um 11 Uhr hatten wir den ersten "Termin" bei Mrs. An. Judiths Stoffhose war leider viiiel zu groß geraten und so wurden wir wieder weggeschickt und sollten eine Stunde später wiederkommen. Das Ganze wiederholte sich dann noch einige Male, sodass wie immer eine Stunde Zeit hatten, über den Markt zu schlenderten, Kaffee zu trinken und später Mittag essen zu gehen und zwischendurch wieder zu Mrs. An mussten. Nach vier Anproben passte die Hose dann endlich - leider ist Judith aber trotzdem nicht wirklich zufrieden damit. Die Hose ist etwas zu kurz und nicht ganz sauber geschneidert. Das nächste Mal würde Judith wohl eher doch etwas mehr Geld dafür ausgeben. (23€ hat die Hose gekostet)
    Um 15 Uhr sollten wir dann in der Schneiderei Izi sein. Während Jonas Hemd sofort perfekt passte, musste das Kleid noch einige Male angepasst werden, sodass wir auch hier noch weitere drei Male wiederkommen mussten. Am Ende des Tages waren wir völlig erledigt von dem "Terminstress" aber hatten in knapp über 24h perfekt sitzende Kleidung erhalten. Wirklich sehr beeindruckend! Und die Schneiderei Izi können wir nur empfehlen. Die beiden Frauen waren sehr herzlich, unendlich geduldig, haben jeden Wunsch erfüllt und vor allem nicht versucht, uns zu Käufen zu drängen oder uns mit den Preisen übers Ohr zu hauen, wie sonst oft üblich. Das Kleid hat übrigens ca. 40€ und das Hemd ca. 30€ gekostet.

    Unsere zweite Mission "Laterne kaufen" verlief hingegen nicht so erfolgreich, da wir trotz der zahlreichen Marktstände und Läden, die diese anbieten, keine gefunden haben, die uns wirklich gut gefielen. So wie häufig in Vietnam fiel uns auf, dass die Läden meinst alle die exakt gleichen Produkte verkaufen. So richtig können wir uns nicht erklären, wie das wirtschaftlich Sinn ergibt 😅. Wieso macht man einen Shop in einer Straße auf, in der es schon 10 Shops gibt, die das gleiche Produkt oder die gleiche Dienstleistung anbieten? Aber so ist es auch bei den Laternen. Letztendlich hatte jeder Laden die gleichen Farben und Formen und die meisten davon waren uns zu bunt und wirkten irgendwie nicht so hochwertig. In den Straßen hatten wir zwar einige schöne Laternen gesehen, doch auf Nachfrage wurde uns gesagt, dass diese extra angefertigt werden müssten. Außerdem wäre der Transport deutlich komplizierter gewesen, als wenn wir einfach eine zusammenfaltbare "Touri-Laterne" gekauft hätten. Aber dafür haben wir ja jetzt schöne Leinenkleidung als Andenken an Hoi An und Vietnam.

    Unsere Dritte Mission lautete "Jonas' Handy reparieren lassen". Nachdem es ihm in Hanoi noch einmal runtergefallen war, konnte man nämlich auf dem kaputten Bildschirm kaum noch etwas erkennen. Für knapp 22€ gab es also einen neuen Bildschirm für sein Handy (Preis bei Apple um die 160€ 😅).

    Die letzten beiden Tage haben wir dann am Strand verbracht. Von dem Touri-Trubel in der Stadt hatten wir genug.
    Unser Homestay hatte kostenlose Fahrräder, die zwar sehr klapprig waren, aber für die 30min Fahrt hat es gereicht. Wir fanden einen schönen Abschnitt des Strandes, wo nicht zu viele Menschen waren. Das Wasser war sehr warm, sodass wir es sehr lange darin ausgehalten haben und großen Spaß daran hatten, uns von den hohen Wellen umwerfen und überspülen zu lassen. 🌊
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  • Chúc mừng năm mới aus Tuy Hoa

    2020年1月25日, ベトナム ⋅ ⛅ 29 °C

    Zum Lunar New Year (dem Neujahrsfest, was u.a. in Vietnam gefeiert wird) verschlug es uns in das kleine Örtchen Tuy Hoa (lächerliche 160.000 Einwohner*innen 😜). Diese Stadt wurde uns von Dinh (Homestay-Mitarbeiter in Sapa) ans Herz gelegt und so machten wir hier für zwei Tage Halt (23.-25.1.).

    Der Küstenort unterscheidet sich in Hinblick auf den Tourismus sehr von unseren bisherigen Stationen in Vietnam. Hier gibt es nämlich keinen. Maximal ein paar einheimische Tourist*innen verschlägt es hierher. So war es der ideale Ort für uns, um wieder etwas wegzukommen vom Party-/Backpacker-Tourismus den wir in Hué und Hoi An erlebt hatten. Wir versprachen uns zwei entspannte Tage am Meer mit wenig bevölkerten Stränden und leckeren 🥥🥥.

    Dinh empfahl uns einige Attraktionen in der Umgebung und so mieteten wir uns am ersten Tag ein Moto 🛵, um nach Da Dia zu fahren. An der dortigen Steilküste gibt es tolle Felsformationen zu bestaunen. Das Besondere - einige dieser Felsen sind aus Vulkangestein und haben ganz sonderbare Formen angenommen. So kletterten wir nach einiger Zeit über senkrecht aus dem Boden ragende, sechseckige, schwarze Säulen. Mit uns waren dort ein Hand voll anderer Leute und dank des Feiertags (letzter Tag des Jahres) konnten wir uns das Ganze auch noch kostenlos angucken. Auch die Fahrt zum und vom Aussichtspunkt mit dem Moto war traumhaft schön. Judith hatte das Glück als Beifahrerin die wunderschönen grünen Reisfelder- Landschaften bestaunen zu können. Leider führte die Straße nicht direkt am Meer entlang, trotzdem war es echt toll. Die Straßen waren sehr leer und so konnte Jonas auch mal testen, wie sich 60 km/h auf einem Moto anfühlen (Spoiler: sehr sehr schnell 😜). Leider war es nach unserer Tour schon zu spät, um noch einmal ins Meer zu springen.

    Abends ging es dann anlässlich des Neujahrs zum städtischen Feuerwerk 🎆 (wir berichten über das ganze Tet-/Neujahrs-Fest noch in einem separaten Post). Mit einer Menge anderer Menschen warteten wir auf Mitternacht, stießen mit einem Saigon Bia an und liefen durch die trubeligen Straßen nach Hause. Auf dem Rückweg trafen wir Mr Ly, ein Mann in Begleitung seiner Frau, der uns wie viele andere ein frohes neues Jahr wünschte. Nach kurzer Konversation lud er uns zu sich nach Hause ein. Ausländischer Besuch am ersten Tag des Jahres soll nämlich Glück bringen (die Frage war also nicht ganz so creepy wie ihr vielleicht denkt). Wir verabredeten, dass er sich nochmals am nächsten Tag melden sollte.

    Und so planten wir den Samstag (25.1.) um. Eigentlich hatten wir geplant, unser Gepäck im Hostel zu lassen und uns noch einen gemütlichen Tag am städtischen Strand zu machen. Wegen Mr. Lys Einladung ließen wir jedoch die Badesachen im Hostel und wollten nur kurz zum Strand, bis er sich melden würde. Und hier sitzen wir nun seit 4 Stunden und warten auf ein Zeichen von Mr. Ly. Da unser Bus um 19:30 fährt, werden wir ihn wohl enttäuschen müssen und absagen. Dank ihm hatten wir aber einen sehr entschleunigten Tag am Strand.

    Wir kauften an einem Stand für jeweils 15K Dong (60Cent) zwei frisch zubereitete Limonaden (Tra Tac), mit kleinen Limetten und Rosinen und sehr viel Eis drin. Wir hatten diese auch schon in anderen Städten gesehen und das Lustige an diesem Getränk ist, dass es eigentlich ausschließlich in unfassbar riesigen Bechern verkauft wird. Mit unseren Ein-Liter-Bechern setzten wir uns im Schatten der Palmen am Strand auf zwei Schaukeln und genossen die Ruhe und den Ausblick. Außer uns nutzten noch ein paar Einheimische den Feiertag und ließen sich ebenfalls die angenehme Meeresbrise an diesem sehr heißen Tag um die Nase wehen. Nach einiger Zeit kam ein junges Mädchen langsam zu uns heran und nach ein paar Minuten traute sie sich, uns anzusprechen. Es folgte ein sehr lustiges und langes Gespräch mit der Zehnjährigen aus HCMC. Wir unterhielten uns eine gute halbe Stunde über dies und das und waren erstaunt wie gut sie Englisch sprach. Wir lernten von ihr ein paar neue Phrasen auf Vietnamesisch z.B.: „Chúc mừng năm mới“, was frohes neues Jahr bedeutet. Judith stellte sich mit der komplizierten Aussprache deutlich besser an, sodass vor allem Jonas Grund für Gelächter war. Wirklich eine schöne Begegnung. Danach wanderten wir noch etwas am Meer entlang und stärkten uns bei einer Portion 🍟 und einem ☕️/🥭Smoothie. In ein paar Stunden geht es dann mit dem Nachtbus in die wuseligste Stadt Vietnams nach HCMC.

    Insgesamt war es sehr schön und unaufgeregt in Tuy Hoa. Die Menschen waren deutlich offener und weniger auf Gewinn aus, wenn sie uns sahen. Wir bekamen das Essen zu komplett vernünftigen Preisen (80 Cent pro Portion), anstatt das doppelte zu bezahlen und auch bei allen andern Sachen hatten wir das Gefühl, nicht nur als laufender Geldbeutel angesehen zu werden. Eine wirklich schöne Abwechslung zu den anderen Orten, die wir bisher besucht haben. Es hat sich eindeutig gelohnt diesen kurzen Abstecher gemacht zu haben.
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  • Chúc mừng năm mới Teil 2

    2020年1月25日, ベトナム ⋅ ⛅ 29 °C

    Hier noch ein paar mehr Fotos aus Tuy Hoa - es gehen leider nur 6 pro Post 🙈

  • 2 Gläser Schnaps und 1 verrückte Nacht

    2020年1月26日, ベトナム ⋅ ⛅ 22 °C

    Nach unserem schönen Tag am Strand kehrten wir zu unserem Homestay in Tuy Hoa zurück, um unsere Sachen zu holen und mit dem Taxi zur Busstation zu fahren. Zwei Betreiber*innen des Homestays saßen im Eingangsbereich und schauten fern. Wir begrüßten sie mit dem neugelernten Neujahrsgruß. Offensichtlich brach das das Eis, denn die Betreiberin freute sich sooo sehr, dass sie lächelnd aufstand, uns mit beiden Händen die Hand schüttelte und uns einlud uns noch eine halbe Stunde zu Ihnen zu setzen.
    Wir zogen uns kurz um und als Jonas sich als erster zu den beiden gesellte, kam dann doch noch etwas Tet-Stimmung auf. Schnell wurde die Flasche Schnaps geöffnet (wir sind uns nicht sicher ob es Reisschnaps war 🙈). Und Jonas stieß mit einem der Vietnamesen aufs neue Jahr an. Noch bevor Judith vom Umziehen kam, wurden verschiedenste Snacks und Süßigkeiten aufgetischt. Es gab Pistazien, speziell geröstete Mandeln und Wassermelonenkerne, kandierter Ingwer und kandierte Pflaumen. Immer wenn Jonas dachte, jetzt wären es genug Dinge, kam noch etwas. Als Judith sich dazu gesellte, kam auch noch der dritte Mitarbeiter und es wurde noch einmal mit allen angestoßen. Wir unterhielten uns über Google Übersetzer über einige Dinge. Wir beschrieben unsere Reiseroute und wie wir Weihnachten und Silvester in Deutschland feiern. Besonders lustig war der Versuch, den anderen die Frage zu beantworten, was ein traditionelles Neujahrsessen bei uns ist. Wir haben versucht zu erklären, was Raclette ist und es anhand von Bildern beschreiben können 😅. Auch wenn wir nur eine halbe Stunde mit den dreien zusammensaßen, war es super schön, sie waren wirklich sehr herzlich. Als das Taxi kam, googlet Jonas noch schnell einen traditionellen Neujahrswunsch und wir verabschiedeten uns damit, ihnen Sicherheit, Gesundheit und Wohlstand zu wünschen.
    Das Taxi fuhr uns zu einem Busbahnhof, der sehr weit außerhalb der Stadt liegt. Außer uns stiegen nur eine Hand voll Leute in den Bus (der erste Tag von Tet ist wohl nicht so DER Reisetag). Es stand die erste Nacht im Schlafbus bevor. Wie auf unserer Busreise von Sapa nach Hanoi gab es wieder die Schlafsitze, in denen man tatsächlich recht gut liegen kann.
    Trotzdem war es war keine besonders erholsame Nacht. Anders als im Schlafzug ist das Wackeln und Ruckeln, die Geräusche und Lichter drumrum nicht so regelmäßig. Auch setzt der Zug nicht hupend zu waghalsigen Überholmanövern an. Wenn es hoch kommt kamen wir jeweils auf 2-3 Stunden Schlaf. Auch musste Judith lange Zeit auf Klo, weil der Bus nur für ein paar Sekunden anhielt und alle Männer sich schnell an den Straßenrand stellten. Auf die mitfahrenden Frauen wurde da wenig Rücksicht genommen. Der wenige Schlaf in der Nacht lag aber auch daran, dass die Fahrt ein schlagartiges Ende fand. Angegebene Ankunftszeit war 7:30 Uhr, wir dachten uns also nichts, als der Bus um kurz nach 4 Uhr irgendwo zu stehen kam. Das war schließlich schon öfter diese Nacht passiert. Überraschenderweise stiegen jedoch alle aus. Als Jonas auf die Karte guckte, stand da schon Ho Chi Minh City. Vollkommen verwirrt und übermüdet stiegen wir also dreieinhalb Stunden zu früh aus dem Bus 🤯.
    Nur was sollten wir mitten in der Nacht in HCMC machen? Unser Hostel erwartete uns gegen 8 Uhr morgens, nicht um halb 5... 🥺 Wir sammelten uns ein paar Minuten, zogen unsere Schlafklamotten aus und riefen kurzerhand im Hostel an. Eine sehr verschlafene Hostelbetreiberin versicherte uns, wir könnten jetzt schon kommen. Jonas checkte auf dem Weg schon die bereits offenen Läden in der Gegend aus, in denen wir die Zeit totschlagen könnten, doch glücklicherweise bot uns die Besitzerin bei der Ankunft für wenig Geld ein Bett im Dorm (Schlafsaal) an. Es war dann doch etwas kurioser als es klingt, da wir nicht im Dorm mit anderen Reisenden, sondern im Schlafzimmer der Angestellten schliefen. In das enge Zimmer waren drei Doppelbetten gequetscht und dazu noch allerlei Krimskrams, der wohl sonst nirgends Platz gefunden hatte. Das Haus ist nämlich ebenso winzig und schmal, wie die kleine Gasse, in der es liegt. Die Hostelbetreiberin zeigte auf die obere Hälfte eines Doppelstockbettes und schickte uns mit den Worten: „and now sleep!“ zu Bett. 🤣 Sie selbst schlief im unteren Bett. Es war dann zwar etwas schwierig, in dem kleinen Bett zu zweit und mit einer lauten Klimaanlage ein paar Zentimeter über uns einzuschlafen, doch bekamen wir noch ein paar Stunden Schlaf - Deutlich besser, als sich mitten in HCMC die Nacht um die Ohren zu schlagen.
    Insgesamt also eine sehr kuriose Nacht, die wir irgendwie erstmal sacken lassen müssen. Nun sind wir in HCMC, schauen mal was Tet hier für Ausmaße angenommen hat und freuen uns auf ein paar schöne Tage.
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  • Tet - Frohes neues Jahr aus Vietnam

    2020年1月28日, ベトナム ⋅ ⛅ 31 °C

    Frohes Neues Jahr euch allen! Hundert Jahre sollt ihr leben und eine Myriade von Dinge , die ihr euch wünscht, sollen in Erfüllung gehen.

    Ihr fragt euch jetzt: „Häh was haben die denn geraucht? Neujahr war doch vor knapp einem Monat.“ Aber nein, wir haben nichts geraucht (auch wenn Jonas ja schon zwanzigtausend Mal Marijuana angeboten wurde), sondern maximal ein Bier zum anstoßen getrunken und zwar an Tet (Fest des ersten Morgens) oder auch Lunar New Year genannt. Wie der Name schon verrät, richtet sich dieses Neujahrsfest nicht nach dem westlichen Sonnenkalender, sondern nach dem Mondkalender. Deswegen ist Tet auch jedes Jahr an einem anderen Tag. Gemeinsam mit den Vietnames*innen feiern u.a. auch 1,3 Milliarden Chines*innen dieses Neujahrsfest. Für viele Einheimische sind es die wichtigsten Feiertage des Jahres.

    Ihr könnt euch Tet wie Weihnachten und Silvestern in Einem vorstellen und das Ganze dann nochmal um ein paar Prozente steigern. Tet umfasst die drei ersten Tage des Mondjahres, die der Familie vorbehalten sind. Jede weitentfernte Tante/ Cousine usw. wird besucht oder eingeladen. Special Guests sind aber trotzdem willkommen. Denn die ersten Gäste des Jahres sind mitentscheidend über das Schicksal der ganzen Familie im nächsten Jahr. Am meisten Glück bringen übrigens verheiratete, ausländisch Paare mit möglichst vielen Kindern.

    Der letzte Tag des Jahres ist dagegen eher zum Party machen mit Freunden bestimmt und die Tage/Wochen davor sind von großer Betriebsamkeit geprägt. Riesige Einkäufe werden erledigt, Geschenkkörbe gekauft, Essen zubereitet und vor allem gibt es viele Blumen und Pflanzen zu erstehen. Das Äquivalent zum Tannenbaum ist ein Kumquatbaum mit reifen Früchten dran - je größer desto besser. Hinzu kommen verschiedene andere Pflanzen, sodass die Häuser schön grün aussehen und viele Gehwege vollstehen mit riesigen Blumenkübeln. Besonders in Hoi An war es manchmal schwer durchzukommen, vor lauter Pflanzenverkausständen und Blumentransporten.

    Wir haben viele Dinge in der Zeit vor Tet beobachten können, bei denen wir uns nicht sicher waren, ob sie in direktem Zusammenhang mit dem Fest stehen, deswegen haben wir dazu immer etwas recherchiert. Beispielsweise wurde sehr viel geputzt (das Jahr soll mit einem sauberen Zuhause beginnen). So sauber wie zu Tet soll Vietnam angeblich nie sein. Hinzu kam das Verbrennen von viel Papier auf den Straßen. Ob das der Müllbeseitigung oder rituelle Verbrennungen waren, war häufig nicht festzustellen. Große Tische mit Essen wurden mit vielen Räucherkerzen vor Geschäften und Häusern aufgestellt und ansich wurden sehr sehr viele Räucherstäbchen angezündet. Jonas hat gelesen, dass man sich am Ende des Jahres mit dem Küchengott gutstellen muss, der alle Vergehen an den Jade-Emperor weitergibt (was auch immer das dann für Konsequenzen hat). Zumindest helfen die Rituale wohl um im nächsten Jahr gut versorgt zu sein.
    Apropos Essen, es gibt viele Gerichte, die nur an Tet gekocht und verzehrt werden. Wir kamen in den Genuss, Bánh Chưng probieren zu können. Das ist ein Klebereiskuchen, der entweder mit Schweinefleisch oder mit einer Masse auf Mungbohnenbasis gefüllt ist. Das Ganze ist eingewickelt in Bananenblätter, es bekommt dadurch die typische grüne Farbe und ist so längere Zeit haltbar. Zusammen mit Sojasauce ein super Snack und perfekt zum mitnehmen.
    Wir fanden auch heraus, dass es spezielle Tet-Songs gibt. Von einem hatten wir ständig einen Ohrwurm, weil er in verschiedenen Fassungen quasi überall lief. Hier könnt ihr mal reinhören: https://youtu.be/dAdf1yofqmg

    Die Zeit vor Tet war wirklich aufregend. Die Menschen waren sehr geschäftig und an vielen Orten wurden die Stadt dekoriert oder auch repariert. So renovierte ein ganzer Straßenzug an Anwohner*innen in Ninh Binh ihre Straße selbst (wir vermuten, dass es mit Tet in Verbindung stand). In Hanoi und Hué sahen wir schon die Vorbereitungen für die Blumen-/Prachtstraßen. Fast jede Stadt dekoriert nämlich eine Straße. Auf diese sind die Bewohner*innen besonders stolz. Dort werden dann bspw. Umzüge und Veranstaltungen stattfinden. In HCMC hatten wir das Glück, eine dieser Straßen zu besuchen. Es war schon sehr kitschig, aber trotzdem krass wieviel Arbeit in die Dekoration der größten Fußgängerzone HCMC geflossen ist. Dementsprechend gut war die Straße besucht und voll von Menschen, die sich vor allem möglichen fotografierten. Hauptthema waren übrigens Mäuse und Ratten (es hat das Jahr der Metall-Ratte begonnen).

    Was uns schon lange Zeit im Voraus Kopfzerbrechen bereitet hatte, waren die geschlossenen Lokale und ausgebuchten Züge. Da Tet ja ein großes Familienfest ist, reisen immer große Teile der Bevölkerung durchs Land und dementsprechend voll sind die Züge (im übrigen ist das auch ein großes Problem in China, da dort ja z.Z. das Corona-Virus grassiert). Da wir zum Glück antizyklisch fuhren (die meisten fahren vor Tet von Süd nach Nord und nach Tet zurück), bekamen wir alle Verbindungen und auch vernünftige Unterkünfte. Viele haben über Tet geschlossen oder haben erhöhte Preise. Genau das gleiche gilt für Restaurants. So zahlten wir in Hoi An, Tuy Hoa und HCMC bis zu 20% mehr beim Essen. Wir deckten uns zudem schon in Hoi An mit genug Vorräten ein, um notfalls auch zwei Tage ohne einen Restaurantbesuch in Tuy Hoa zu überleben. Denn auch die meisten Märkte und Shops haben mindestens drei Tage (25.-27.) geschlossen. Wir fanden dann aber doch ein Restaurant, welches zumindest noch am 24. offen hatte und haben dort auch noch ein paar Bánh Chưng als Verpflegung für den 25. erstanden. In HCMC haben wir an einigen Tagen mehrere Restaurants abgeklappert, bis wir ein offenes fanden (übrigens auch noch am 28.). Zudem gab es kaum Straßenstände mit Obst oder Gemüse, was sehr unüblich ist. Dementsprechend verlangten die paar Stände auch den doppelten Preis. 80.000 Dong (knapp 3€) für ein paar Bananen war uns dann aber eindeutig zu viel...

    In Tuy Hoa war es dann soweit. Endlich war der letzte Tag des alten Mondjahres gekommen. Auf unserer Mototour sahen wir viele junge Menschen, die schon tagsüber gemeinsam feierten und Karaoke sangen. Karaoke ist ja hier sowieso ein riesen Ding, aber zu Tet hört man wirklich überall Menschen Karaoke singen und zwar prinzipiell immer mit der Musikanlage auf maximaler Lautstärke. Da es verschlossene Haustüren in Vietnam eigentlich nicht gibt, wird dadurch dann immer die komplette Straße beschallt.
    Abends warteten wir dann auf das Feuerwerk. Viele junge Menschen waren auf der Straße. Die Lokale waren voll und es herrschte eine gespannte Atmosphäre. Wir hatten uns auf einen zentralen Platz eingefunden, der sehr voll war. Überall saßen Menschen auf dem Boden oder auf ihren geparkten Motos. Kurz vor 0 Uhr kehrte Stille ein, nur noch ein paar Motos und Kinder waren zu hören. Und dann ging das 15-minütige Feuerwerk los. Mit viel Ohs und Ahs wurden die bunten Lichter bejubelt. Doch kein Countdown, kein Anstoßen, keine Privatböllerei. Bereits nach 15 Minuten löste sich die Versammlung langsam auf und die knapp 1000 Menschen drängelten sich mit ihren Motos oder zu Fuß durch die Menschenmenge nach Hause. Irgendwie lustig, die Party war dann relativ schnell wieder vorbei. Auf dem Weg nach Hause wurden wir häufig angesprochen, uns wurde ein frohes neues Jahr gewünscht oder, wie berichtet, wurden wir sogar zu Mr Ly nach Hause eingeladen.

    Am ersten Tag des neuen Jahres waren die Straßen dann leergefegt. Es war nichts los. Jonas zog, wie es Brauch ist, seine neue Kleidung (sein in Hoi An geschneidertes Hemd) an, denn am ersten Tag von Tet sollen alle neue Kleidung tragen.
    Nur am Strand war ein bisschen was los. Hier waren auch ein paar Stände und Cafés offen. Ansonsten waren alle Geschäfte verrammelt und dank der leeren Straßen kamen wir, ohne uns in Lebensgefahr zu begeben, zu Fuß an unser Ziel. Der Kontrast zur Neujahrsnacht hätte nicht größer sein können.
    Abends waren dann doch einige Stände und Straßenimbisse geöffnet. Alles verlief trotzdem ruhiger und entspannter, als wir es aus Vietnam bisher kennen. Während wir mit dem Bus in Richtung HCMC fuhren, sahen wir in einigen Orten auch kleinere Feierlichkeiten und die schön beleuchteten Prachtstraßen.

    Auch an den zwei anderen Tagen von Tet war es in HCMC erstaunlich ruhig. Von den 8 Mio Einwohner*innen sind zu Tet angeblich nur 3 Mio. noch in der Stadt. Jonas hatte ja den Vergleich und merkte deutlich den Unterschied zu seinem letzten Besuch. Für Judith war die Stadt immer noch sehr wuselig. In den kleinen Gässchen saßen Familien zusammen im offenen Eingangsbereich, aßen, tranken, spielten Karten und ... sangen Karaoke. Es war irgendwie schön, so ein klein wenig Teil des Festes zu sein, da man in viele Räume reingucken konnte. Am ersten Tag sahen wir zudem noch eine traditionelle Artistikvorführung, die begleitet von Musik mitten auf der Straße stattfand. Jonas fehlten etwas die Worte, als wir zudem von unserem Hostel ein kleines Geschenk zu Tet bekamen. Wir bekamen einen kleinen roten Umschlag mit etwas Geld drin. Das Geld ist dabei eher symbolisch und soll Glück und Reichtum bringen. Kinder bekommen häufig besonders viel Glücksgeld und bessern damit ihr Taschengeld auf, für uns war es einfach eine super nette Geste.

    Insgesamt war es wirklich spannend die Zeit um Tet in Vietnam mitzuerleben. Wir haben uns vorher etwas zu viel Gedanken drum gemacht, letztendlich sind wir aber nicht gestrandet/ verhungert oder vor Langeweile gestorben. Die Atmosphäre in den Städten war durch Tet irgendwie besonders und vor allem in Tuy Hoa merkte man den Menschen die gute Laune an Tet deutlich an.
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  • Nochmal Großstadtwahnsinn

    2020年1月29日, ベトナム ⋅ ☀️ 33 °C

    Nach unserer lustigen ersten Nacht ging es am späten Morgen etwas übermüdet in die Innenstadt von Ho Chi Minh City. Wir waren erstmal etwas erschlagen von der Hitze, die gefühlt schlimmer war, als in allen Städten, die wir bisher besucht hatten. Mittags kletterten die Temperaturen auf 33° und keine Wolke war am Himmel zu sehen.
    Am ersten Tag besuchten wir die beiden Walkingstreets. Die eine befindet sich direkt in der Innenstadt und war zu Tet etwas kitschig geschmückt. Die andere ist direkt in der Backpacker-Gegend, also genau da, wo wir unser Hostel gebucht hatten. Wie der Titel des Posts verrät, handelt es sich dabei aber nicht um eine süße Gegend, sondern um eine Partymeile. Es reihen sich keine kleinen authentischen Restaurants und Kneipen aneinander, sondern schrecklichste Partybuden, mit schlimmen Technoremixen bekannter Lieder und saufenden Tourist*innen. Die Kackofonie der "Musik" aus den vielen Bars hörten wir leider auch noch in unserem Hostelzimmer... Zum Glück machten immerhin die ganz nahegelegenen Bars nicht so lange Partys, meist war um halb eins die Musik aus.
    Ein paar Straßen weiter war es dann schon wieder erträglicher, auch in der Gasse, in der unser Hostel lag, lief alles etwas anders und ruhiger ab. In der knapp 1,5m breiten Gasse verkaufte eine Omi Eiskaffee, fuhren Einheimische mit ihren Motos lang und man konnte in jedes Wohnzimmer reingucken, weil die Leute ihre Türen einfach offen hatten. Der Kontrast war schon sehr lustig.

    Unseren zweiten Tag widmeten wir dann dem Kriegsrestemuseum/ dem Museum, was die Geschichte der Unabhängigkeitskriege aufbereitet. Diese Kriege sind bei uns als Indochina- und Vietnamkrieg bekannt. Während des Indochinakriegs (1945-1954) erkämpften sich Kambodscha, Laos und Nordvietnam ihre Unabhängigkeit von der französischen Kolonialherrschaft. In Südvietnam etablierte sich ein autoritärer Marionetten-"staat", der erst unter franz. Kontrolle, dann mehr und mehr unter amerikanischer Kontrolle stand. Nach dem Friedensschluss begannen von beiden vietnamesischen Seiten aus jedoch bereits weitere Konfrontationen, was im Vietnamkrieg/ zweitem Indochinakrieg (1955-1975) mündete. In diesem Krieg beteiligte sich die USA nicht nur mit finanzieller und infrastruktureller Hilfe, sondern ab den 60ern auch mit mehreren Millionen Soldaten.
    Den ganzen Krieg hier nachzuerzählen wäre natürlich quatschig, aber soviel: die USA mussten mal wieder Weltpolizei spielen und setzten enorme Mittel ein, um zu verhindern, dass ganz Vietnam unter sozialistische Herrschaft geraten könnte. Auf beiden Seiten wurde schwerste Kriegsverbrechen begannen. Zeitzeugen verglichen die Lager, die in Südvietnam für Feinde errichtet worden waren, mit KZs in der Nazizeit. Die USA beging schwerste Kriegsverbrechen durch Massaker an der Zivilbevölkerung und den Einsatz von chemischen Waffen. Das bekannteste Mittel darunter ist Agent Orange, es wurde u.a. für die Entlaubung des Dschungels verwendet. Unter den Folgen des massenhaften Einsatzes von Agent Orange leiden noch heute hunderttausende Menschen. Es verändert das Erbgut und kann zu verschiedensten schweren Mutationen und Krankheiten führen. Die USA setzte es zur Bekämpfung der südvietnamesischen Landbevölkerung ein, die häufig den sozialistischen Norden unterstützten.
    Das Museum fokussierte sehr auf die Kriegsverbrechen der USA. Gar nicht wurden Verbrechen des sozialistischen Nordens thematisiert (ist irgendwie auch logisch im sozialistischen Vietnam). Auch die Taten südvietnamesischer Armeeangehöriger wurden kaum angesprochen. Das folgt sicher der Logik, die Wunden des Kriegs gegen die eigenen Mitbürger*innen nicht nochmal aufzureißen, verhindert aber eine gesamte Aufarbeitung und Überwindung.

    Trotz der stark tendenziösen Darstellung war das Museum unglaublich. Es ist nicht groß aufbereitet oder mit vielen Medien super neu und modern, sondern schlicht und einfach gehalten. Die Geschichte wird fast ausschließlich durch Fotos erzählt, die in Plakatgröße gedruckt an den Wänden hängen. Daneben gibt es kleine Schilder, die erklären, was und wen man sieht. Aufgenommen wurden sie von Kriegsfotograf*innen, die hautnah bei Massakern, Erschießungen und Folter dabei waren. Sie alle sind bei ihrer Arbeit selbst gestorben, aber haben der Welt diese grauenhaft eindrucksvollen Bilder hinterlassen und so einen einmaligen, unfassbar nahen Eindruck vom Kriegsgeschehen zugänglich gemacht.
    Es war extrem hart, sich diese Fotos anzuschauen. Man bekommt verstümmelte Leichen zu sehen oder verängstigte Familien mit Kindern, zu denen man durch die Bildunterschrift erfährt, dass sie wenige Sekunden nach der Aufnahme des Fotos auf der Straße von Soldaten hingerichtet wurden, einfach so, ohne Grund. Es gibt Bilder von Menschen, die in Reisfeldern arbeiten, daneben rollen Panzer vorbei. Bilder von Menschen, die um ihr Leben rennen und Bilder von Menschen, die gefoltert wurden.
    Dann gibt es einen ganzen Abschnitt zu Agent Orange. Es gibt Fotos von völlig zerstörten Landschaften, wo nichts, aber auch gar nichts mehr wächst, oder lebt.
    Dann werden Kinder gezeigt, deren Eltern mit Agent Orange in Kontakt gekommen waren und die schwere Fehlbildungen, Hautkrankheiten oder geistige Behinderungen haben. Die zum Teil so schwer krank sind, dass sie sich nicht bewegen, nicht essen, nichts selbstständig machen können.
    Manche Menschen, die Opfer des Giftes wurden, wurden mehrere Male in ihrem Leben besucht und fotografiert. Man konnte so ziemlich genau sehen, was Agent Orange mit ganzen Familien macht. Ein Mann hatte als Kind im betroffenen Gebiet gelebt und verstarb deswegen sehr früh an Parkinson. Viele seiner Kinder hatten psychische und physische Leiden, wie verkümmerte Gliedmaßen oder spastische Anfälle.
    Ein anderer dieser Fälle zeigte siamesische Zwillinge, die auf Grund von Agent Orange an den Unterleibern zusammengewachsen waren. Ihre beiden Eltern waren zur Zeit des Einsatzes in den betroffenen Gebieten gewesen. Nach Jahren wurden sie operativ voneinander getrennt (auch das wurde fotografisch festgehalten), einer der beiden Jungen starb kurze Zeit später.
    Besonders schlimm fanden wir auch ein Bild von einem Mädchen, das im Wohnzimmer der Familie in einem engen Käfig lebte, weil sie sich permanent selbst gefährdete.
    Das Museum zeigte so eindrucksvoll, wie vielfältig die Leiden der Menschen sind und wie viele Menschen betroffen sind (in der ersten Generation waren es mehrere Hunderttausende direkt Betroffene und immernoch werden Kinder geboren, deren Erbgut und Entwicklung durch Agent Orange beeinflusst wurde). Wir lernten, was die Verbrechen im Krieg noch heute mit den Menschen anstellen und wie sie damit umgehen.
    Denn es gab auch positive Beispiele von Menschen, die obwohl sie keine ausgebildeten Hände haben Schreiner wurden oder, trotz der Schwierigkeiten des Umgangs mit Kleinwüchsigkeit oder Gehbehinderung, Lehrer oder Direktorinnen von Banken wurden. Insgesamt ist der Umgang mit dem Thema Agent Orange in Vietnam aber immer noch schwierig, da viele Menschen mit Behinderung von ihren Familien versteckt oder verstoßen werden. Wir fanden auch die verwendete Sprache in den Bildunterschriften zum Teil respektlos und degradierend formuliert, es kann aber auch sein, dass diese durch die zum Teil recht plumpe Übersetzung ins Englische entstand.
    Übrigens gibt es bis jetzt keinerlei Entschuldigung oder Entschädigung von Seiten der USA für die Menschen, die noch heute unter dem Einsatz eines solch furchtbaren Mittels leiden müssen.
    Insgesamt waren wir fast vier Stunden im Museum, weil wir öfter Pausen brauchten, um einfach mal durchzuschnaufen. Was hier noch vor 50 Jahren passiert ist, ist einfach richtig heftig und grausam.

    Für den nächsten Tag hatten wir nicht so einen richtigen Plan gemacht. Wir liefen einfach mal los und wollten einen Markt angucken, auf dem Jonas beim letzten Mal gewesen war. Das war ein riesen Reinfall, weil der extrem touristisch geworden ist. Es übertraf alles, was wir bisher in Vietnam erlebt hatten. Wir drängelte uns durch Massen an Verkäufer*innen, die uns hinterherriefen "wanna buy something?", gleichzeitig war alles so extrem überteuert, dass wir schnell wieder verschwanden. Es hatte keinen Zweck sich dort noch länger aufzuhalten. Danach besuchten wir noch die Kathedrale und das berühmte Postamt (beides war ok, aber kein Grund nach HCMC zu fahren). Wir schlenderten noch etwas durch die Gegend, fanden einen süßen kleinen Büchermarkt und suchten uns dann tot nach einem Ort zum Essen. Komischerweise hatte am ersten Nicht-Feiertag (28.) gefühlt weniger offen, als am letzten Tag von Tet (27.). Wir haben dann aber noch was gefunden, keine Sorge. Das Lokal hat uns sogar extra noch Banh Xeo gemacht, obwohl es nichtmal auf Karte stand, weil wir das so gerne nochmal essen wollten. 😍

    Insgesamt war HCMC sehr wuselig und viel großstädtischer als Hanoi. Trotz Tet war einiges los. Die Stadt selbst fanden wir aber jetzt nicht so sehenswert. Ein paar nette Orte gab es, aber uns haben andere Städte in Vietnam deutlich besser gefallen.

    Nun endet unserer Reise in Vietnam auch schon und wir fahren nach Kambodscha. Jonas war die ganze Zeit in HCMC schon sehr aufgeregt, alles wiederzusehen und Judith endlich ganz viele Orte zeigen zu können, an denen er vor vier Jahren war. Phnom Penh (die Hauptstadt) wird jedoch nur ein Kurzaufenthalt, da wir erstmal ans Meer fahren und 5 Tage Inselurlaub machen. Danach geht es dann für einen längeren Aufenthalt zurück nach Phnom Penh.
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  • Let's talk about Cambodia - Einführung

    2020年1月30日, カンボジア ⋅ ⛅ 26 °C

    Nun sind wir also in Kambodscha angekommen und Jonas ist ganz aufgeregt. So vieles kommt wieder hoch - vor allem ganz viel Wissen. Judith kaut er schon ein Ohr ab mit den vielen Fakten über dieses Land und was alles so in der Geschichte los war. Um Judith etwas davon zu erlösen und weil er auch einfach Lust drauf hat dazu nochmal etwas zu recherchieren und alles mal gebündelt aufzuschreiben, gibt es ein paar Sonderbeiträge zu Kambodscha - zur Geschichte, dem politischen System und der Gesellschaft. Eine hoffentlich für euch interessante Mischung aus Erfahrungsbericht und Geschichtsstunde.

    Falls ihr also Lust habt euch ein bisschen mit Kambodscha zu befassen sind einige der nächsten Blogeinträge etwas für euch, ansonsten könnt ihr sie aber auch überspringen. Jonas empfiehlt sie euch natürlich sehr 😜, zudem erschließen sich dadurch einige baldige Stationen deutlich besser (u.a. Killingfields oder Angkor Wat).
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  • Let's talk about Cambodia #1 - China

    2020年1月31日, カンボジア ⋅ ☁️ 29 °C

    Teil 1 - Kambodscha und China

    Im ersten Teil von Jonas Berichten über Kambodscha verschlägt es uns nach Sihanoukville. Einer kleinen Stadt am Golf von Thailand, das zum Sinnbild chinesischen Expansionsstreben in Kambodscha und Südostasien geworden ist. Der Bericht besteht aus der Zusammenstellung vieler Artikel über den Einfluss Chinas und aus eigenen Erfahrungen und Gesprächen, die Jonas in Kambodscha sammelte.

    Die letzten Tage verbrachten wir auf der wunderschönen Insel Koh Rong Samloem. Kleine, kaum besuchte Strände und ein ruhiges entspanntes Inselleben erwartet uns. Um jedoch auf die Insel zu kommen, muss man unweigerlich die Fähre aus Sihanoukville nehmen. Auch wir fuhren also durch diese, nach dem Vater des jetzigen Königs benannte, Stadt. Dieser Ort erinnert in seiner ganzen Art an eine aufstrebende Kleinstadt im Herzen Chinas. Chinesische Schriftzeichen sind überall, fast jedes Geschäft hat das Schild auch auf Chinesisch übersetzt. Ob an Einkaufszentren, Baustellen oder kleinen Restaurants, überall ist Chinesisch zu lesen.
    Diese kleine Beobachtung spiegelt sich auch in anderen Bereichen wieder. Auch in der geschätzten Bevölkerungszusammensetzung Sihanoukvilles kann man sehen, dass die Stadt etwas chinesisches hat. Tatsächlich sind in Sihanoukville, verschiedenen Angaben zufolge, bereits bis zu 50 Prozent der Stadtbevölkerung chinesische Staatsbürger*innen. Andere Schätzungen gehen sogar davon aus, dass mittlerweile dreimal so viele Chines*innen als Kambodschaner*innen dort wohnen. Denn Sihanoukville ist für China das was Las Vegas für die USA ist - eine Stadt voller Kasinos und Hotels, eine Stadt zum Spaß haben und Party machen.

    Aus dem kleinen Fischerdorf ist mittlerweile eine Stadt voller Wolkenkratzer geworden. Überall wird gebaut und es entsteht ein Megahotel nach dem nächsten. Das komplette Straßennetz ist eine einzige Baustelle und von dem ruhigen Fischerdorf ist nichts übriggeblieben. Kein schöner Strand, keine entspannten Lokale, nichts. Kleine Straßenlokale müssen großen Shoppingmalls weichen, unbebaute Küstenabschnitte weichen riesigen Resorts. In der Theorie partizipieren an solchen Umbrüchen und der touristischen Entwicklung ja auch Teile der einheimischen Bevölkerung. Baustellen, Gastronomie und Gewerbe schaffen neue, und vielleicht sogar besser bezahlte Arbeitsstellen und der Lebensstandard steigt. So die schöne Theorie, doch die Praxis in der kambodschanischen Küstenstadt sieht ganz anders aus.

    Die vielen Bauprojekte werden von chinesischen Firmen gestemmt, die nicht nur das Know How und Baumaterial mitbringen, sondern auch gleich die Bauarbeiter*innen. Für die Einheimischen bleiben wenn überhaupt nur die Jobs, für die keinerlei Erfahrung und Qualifikation notwendig ist. Ein Kurzzeitvertrag folgt dem nächsten, Arbeitnehmer*innenrechte bestehen praktisch nicht. Tausende von Chines*innen sind mittlerweile auf den Baustellen beschäftigt.
    Die Lebenserhaltungskosten sind enorm gestiegen. So berichteten verschiedene Medien, dass die Miete für eine kleine 2-Zimmerwohnung innerhalb der letzten Jahre von 35$ pro Monat auf 150$ gestiegen ist. Eine Miete, die in einem Land mit knapp 190$ pro Monat Mindestlohn, schon existenzbedrohend ist. Oft werden auch Chines*innen als Mieter*innen bevorzugt und Kambodschaner*innen gekündigt.
    Die vielen chinesischen Arbeiter*innen und Tourist*innen gehen zudem ausschließlich in chinesische Restaurants essen, kaufen bei Chines*innen ein usw.. Einheimische Familienbetriebe, die seit Generationen ihr Restaurant/Shop in der Stadt betreiben, werden durch diese neuen Betriebe verdrängt und haben sowieso nicht mehr genug Kundschaft. Mittlerweile werden 90 Prozent aller Hotels, Restaurants und Kasinos von chinesischen Staatsbürger*innen betrieben.
    Mit der Gruppe der chinesischen Tourist*innen hat die einheimische Bevölkerung quasi nichts mehr zu tun. Neben den eigenen Restaurants werden auch die Hotels und Kasinos komplett von Chines*innen betreut. Von der Putzkraft bis zum Dealer am Pokertisch gilt, wer kein lupenreines Mandarin spricht hat keine Chance auf einen der lukrativen Jobs. Selbst eigene chinesische Fahrer*innen gibt es mittlerweile.
    Das ganze ist noch skurriler, da die über 100 Kasinos in Sihanoukville von den Einheimischen sowieso nicht benutzt werden dürfen. Glücksspiel ist Kambodschaner*innen nämlich gesetzlich untersagt.
    Gleichzeitig häufen sich zudem die Beschwerden über die chinesischen Tourist*innen, die respektlos mit den Einheimischen umgehen würden. Interviews mit der einheimischen Bevölkerung zeigten, dass das chinesische Investment sehr kritisch gesehen wird. Viele Anwohner*innen stören sich an den lauten und oft betrunkenen Gruppen an Chines*innen. Beschweren sich die Anwohnenden würde sie jedoch eher bedroht und beschimpft, als das auf sie Rücksicht genommen werden würde. Die einheimische Bevölkerung hat all dem im korrupten Ein-Parteienstaat Kambodscha nichts entgegenzusetzen. Jeglicher Protest gegen die chinesischen Investments und die Tourist*innen wird unterbunden.

    Und auch in Kambodschas Hauptstadt Phnom Penh gibt es sie, die chinesischen Kasinos. Im Luxuskasino Nagaworld verspielten 2017 nur die High-End-Spieler (die reichsten der reichen Zocker) 21 Mrd. Dollar, was ungefähr dem BIP Kambodschas entspricht. Die meisten von ihnen waren neureiche Chines*innen. Profitieren tuen davon jedoch vor allem die chinesischen Betreiberfirmen.
    Auch in Phnom Penh sieht man überall die chinesischen Baustellenschilder. In den letzten 5 Jahren sind so viele Wolkenkratzer aus der Erde gestampft worden, dass man sie gar nicht mehr zählen kann. Die chinesische Regierung beteiligt sich zudem mit Millionenbeträgen an Infrastrukturprojekten. Schätzungsweise ein Drittel aller Straßen im Land sind von chinesischen Firmen gebaut worden. Auch eine neue Mekongbrücke finanzierte China mit 57 Mio. $. Bei der Einweihung dieser Brücke fasste der kambodschanische Premierminister Hun Sen die Situation aus seiner Sicht zusammen. Er sprach davon, dass China keinerlei Forderungen im Gegenzug zur Untersützung Kambodschas erhebe. Die westlichen Entwicklungsgelder seien aber immer an Dinge, wie Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Menschenrechte und Umweltstandards, geknüpft. Die chinesische Regierung würde ihn (Hun Sen) auf Augenhöhe behandeln, die westlichen Geberländer hätten dies nie getan.
    Doch was liegt der chinesischen Regierung daran so viel Geld in Kambodscha zu investieren wie alle anderen Staaten zusammen (Stand 2014, Tendenz steigend)?

    Eine Antwort darauf könnten Dokumente liefern, die im Herbst letzten Jahres bekannt wurden. Einige der insgesamt 17 Kooperationsabkommen Chinas mit Kambodscha wurden geleakt. Aus den nicht öffentlich einsehbaren Dokumenten geht u.a. der Verkauf von 20 Prozent der Küstenlinie an chinesische Investoren hervor. In der, von Sihanoukville westlich gelegenen, Provinz Koh Kong soll eine noch größere Tourist*innen-City aus dem Boden gestampft werden. Ein Flughafen für 10 Millionen Fluggäste jährlich und eine Schnellzugverbindung sind geplant. Zum Vergleich wird der Flughafen in Sihanoukville zurzeit von weniger als einer halben Millionen Menschen jährlich genutzt. Ein Flughafen für zwanzigmal so viele Passagiere in einer Provinz, die bis jetzt kaum touristisch erschlossen ist, wirft Fragen auf. Das sieht auch das amerikanische Verteidigungsministerium so. Mit Hilfe von Satellitenaufnahmen stellte dieses fest, dass die Landebahn deutlich zu lang für eine rein zivile Nutzung ist. Startbahnen dieser Größe benötigen normalerweise nur Militärflughäfen. Grund sich vor Chinas zweiten außerchinesischen Militärstützpunkt zu fürchten?

    Laut einiger renommierter amerikanischer Zeitungen und der amerikanischen Regierung lautet die Antwort eindeutig: Ja. Denn neben dem neuen Flughafen bereitet auch das Projekt "Dara Sakor" Sorgen. Unter diesem Projektnamen entsteht an der Küste Koh Kongs zur Zeit ein riesiger Hafen. China investiert in diesen Hafen mehr als 3,8 Milliarden US-Dollar. Dieser soll laut offiziellen Angaben rein logistisch genutzt werden. Amerikanische Medien, u.a. das Wallstreet Journal stellen dies, auf Grundlage der bekanntgewordenen Geheimdokumente, jedoch in Frage. Daraus geht die Planungen eines Marinestützpunkt Chinas an der Küste Kambodschas hervor. Erste chinesische Militärschiffe wurden bereits in Sihanoukville gesichtet.
    Bereits im vorletzten Jahr fragte der amerikanische Vizepräsident Mike Pence offiziell bei den beiden Regierungen nach und verlangte Aufklärung, bis jetzt ohne Erfolg. Hun Sen tat bisher alle Berichte über angebliche Militärstützpunkte Chinas als Falschnachrichten ab: "Das ist die schlechteste ausgedachte Nachricht gegen Kambdoscha, die es je gegeben hat".
    Ganz so weit hergeholt ist das ganze jedoch nicht. Das zeigen nicht nur die geleakten Dokumente. Analysten sehen in einem möglichen chinesischen Stützpunkt im Golf von Thailand eine klare Taktik um Gebietsansprüche Chinas gegenüber dem gemeinsamen Nachbarn Vietnam durchsetzen zu können. Die beiden Länder streiten seit langem über Inseln im südchinesischen Meer (unter denen u.a. Erdgas vermutet wird). Zudem könnte China seinen Einfluss im Golf von Thailand auszuweiten und so mehr Kontrolle über einen der wichtigsten Seewege der Welt, die Straße von Malakka, gewinnen.

    Wirtschaftlicher und militärischer Machtgewinn müssen in der chinesisch kambodschanischen Kooperation also zusammengesucht werde . Neben der möglichen militärischen Nutzung ist das Projekt "Dara Sakor" nämlich auch Teil des weltweiten Infrastrukturprojektes "Neue Seidenstraße", von dem sich China eine deutliche Steigerung des Handelsvolumens mit angeschlossenen Ländern erhofft. So soll das Handelsvolumen mit Kambodscha bis Ende 2020 auf neun Milliarden Dollar anwachsen. Teil dieses Projektes ist auch der Ausbau der Infrastruktur in andere ostasiatische Länder wie Laos oder Thailand.

    Momentan profitieren von Chinas Investment die immer gleichen Personen, die in Kambodscha seit Jahren gut leben können. Immobilienmarkler, Oligarchen und korrupte Beamte und Politiker gewinnen enorm durch das chinesische Interesse an dem kleinen Staat. Die Zivilbevölkerung bleibt dabei auf der Strecke. Im ganzen Land gehen chinesische Investoren und kambodschanische Regierung Hand in Hand gegen die einheimische Bevölkerung vor. Gleichzeitig wird immer klarer, was China mit seinem Investment in Kambdoscha bezwecken möchte - Expansion durch wirtschaftliche Macht unter Einbezug der lokalen Eliten, Ausdehnung des militärischen Machtbereichs und Schaffung von Abhängigkeitsverhältnissen kleinerer Staaten zu China. Dem Großteil der kambodschanischen Bevölkerung stößt dies böse auf, sie sprechen bereits von China als neuen Invasoren.

    Hier noch ein paar Artikel zum weiterlesen:
    Spiegel (24.04.2019): https://www.spiegel.de/politik/ausland/china-in…

    NDR (17.10.2019): https://www.ndr.de/nachrichten/info/sendungen/e…

    Handelsblatt (22.07.2019 und 07.11.2019): https://amp2.handelsblatt.com/politik/internati…
    https://amp2.handelsblatt.com/politik/internati…

    Die Zeit (14.03.2018): https://www.zeit.de/wirtschaft/2018-03/kambodsc…
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  • Let's talk about Cambodia #2 - Angkor

    2020年2月2日, カンボジア ⋅ ☀️ 27 °C

    Teil 2 - Die Anfänge das Reich der Khmer

    Spricht man Menschen an, was man in Kambodscha gesehen haben sollte sagen euch wahrscheinlich 100 von 100 Personen: Angkor Wat. Und ja, es ist ein beeindruckender Tempel. Doch viel beeindruckender ist die Geschichte dieses Ortes, denn um den Tempel Angkor Wat befand sich noch vor einigen Jahrhunderten die Hauptstadt der Khmer-Reiches Angkor. Um die Anfänge Kambodschas und die Entwicklung des Reiches bis zur Neuzeit soll es in Jonas zweitem Bericht über Kambodscha gehen.

    Angkor, die alte Hauptstadt Kambodschas und heutiger Touristenmagnet - das ist nicht nur der Haupttempel Angkor Wat, sondern hunderte Paläste in einem Bereich von mehr als 100 qkm Ausdehnung. Noch 50 km vom Haupttempel entfernt findet man beeindruckende Überreste der Hochkultur. In den Hochzeiten des Khmer-Reichs, im 12. Jahrhundert, war Angkor wahrscheinlich die größte Stadt der Welt. Während Berlin noch nichtmal gegründet war und sich in der größten europäischen Stadt Córdoba (Andalusien) nur 100.000 Menschen tummelten, lebten in Angkor schon mehr als eine Millionen Menschen. Eine unglaubliche Stadt, die noch immer eine Faszination auf knapp 5 Mio. Besucher*innen jährlich ausübt.

    Die ersten Spuren gesellschaftlichen, menschlichen Zusammenlebens in Kambodscha gehen je nach Quellen auf das 2. Jahrhundert n.Chr. oder sogar auf das 3.Jh. v. Chr. zurück. Seitdem entwickelte sich ein großes Reich der Volksgruppe der Khmer, welches ab dem 9. Jahrhundert eine Blütezeit erlebte. Während dieser Zeit wechselte der Sitz der Hauptstadt immer etwas, so findet man im Umkreis Angkors Überreste mehrere älterer Hauptstädte. Grund für den Wechsel war die jeweils günstigere (Tal-)Lage. Die erste Hauptstadt entstand nah des hinduistischen Heiligtums Preah Vihear an der heutigen Grenze zu Thailand. In den Bergen Nordkambodschas war der Reisanbau jedoch deutlich schwieriger, weswegen neue Siedlungsgebiete in besserer Lage erschlossen wurden. Die Konzentration auf den möglichst ertragreichen Anbau von Gemüse, speziell Reis, verhalf dem Reich der Khmer zur vollen Blüte. Durch raffinierte Bewässerungssysteme war es möglich viermal jährlich eine Reisernte einzufahren. Dies wurde durch riesige Wasserbecken ermöglicht, die das Wasser aus der Regenzeit speicherten. In der Trockenzeit konnte dies dann für den wasserintensiven Reisanbau verwendet werden. Dieses für die damalie Zeit extrem fortschrittliche Bewässerungssystem und die militärische Stärke führten zur Blüte des Reiches.

    Im 12. Jh. gehörten große Teile Südostasiens zu Kambodscha und die Khmer prägten die Region nachhaltig. Beispielsweise fanden wir auch in Tuy Hoa Spuren der Khmer. Die Architektur der Khmer findet sich noch heute sowohl traditionellen, als auch in neuen Bauten in Kambodscha. Unglaubliche Details und Ornamente lassen sich an vielen Tempeln und heiligen Städten finden.
    In dieser Zeit wurde zudem der Grundstein dafür gelegt, dass der Buddhismus noch heute so präsent in der Region ist. Der bis dahin vorherrschende Hinduismus verschmolz mit dem Buddhismus und führte zu einer ganz eigenen Form der Glaubensausübung. In Kambodscha verbanden sich zu dieser Zeit Hinduismus, Buddhismus, Animismus (Geisterglaube) und die Verehrung von Einzelpersonen, wie dem König. Noch heute sind über 97 Prozent der Kabodschaner*innen Buddhist*innen, glauben gleichzeitig aber auch an verschiedene Firmen von Geistern, haben spezielle Ahnenriten und man findet auch viele Gestalten aus den hinduistischen Sagen.

    Bereits nach wenigen Jahrhunderten bröckelte jedoch die Macht der Khmer. Aus dem Westen eroberte Thailand große Teile des Reiches. Deswegen musste die Hauptstadt im 14. Jh. von Angkor nach Udong (in der Nähe von Phnom Penh) und dann nach Phnom Penh verlegt werden. Bis in die Neuzeit kam es zu Angriffen vietnamesischer und thailändischer Königreiche. Kambodscha schrumpfte mehr und mehr und stellten sich deswegen im 19. Jh (1863) freiwillig unter französisches Protektorat. Besser fremdbeherrscht, als gar kein Königreich mehr. Das Königshaus blieb bestehen und im Vergleich zu Vietnam war Kambodscha in einer deutlich privilegierteren Position im späteren Kolonialreich Indochina.

    Vom Großreich der Khmer ist die riesige Tempelanlage von Angkor erhalten geblieben. Das Wahrzeichen Kambodschas wird seit einigen Jahrzehnten touristisch genutzt. Noch in den 80er Jahren wurden jedoch illegale Backpacker-Technopartys im Haupttempel Angkor Wat gefeiert. Dabei wurden häufig Teile des Weltkulturerbes abgeschlagen und als Souvenir mitgenommen. Auch heute ist die Beschädigung durch kulturunsensible Tourist*innen ein enormes Problem. Diebstahl und die Belastung der Bauten durch die Massen an Besucher*innen sind nur einige der Probleme des Erbes des Khmerreiches.

    Auch die Zeit der Kriege mit Vietnam und Thailand haben noch deutliche Auswirkungen auf heute. Gebietsansprüche Kambodschas auf Teile der beiden Staaten und angespannte Verhältnisse zu den beiden Nachbarn sind Folgen dessen. So ist die Meinung, das gesamte Mekongdelta gehöre zu Kambodscha, innerhalb der Bevölkerung noch sehr verbreitet. Tatsächlich lebt dort eine große Minderheit an Khmer (bis zu 12 Mio. Menschen). Ob das ein Grund für kriegerische Auseinandersetzungen sein sollte ist die andere Frage. Auch mit Thailand gab es ähnliche Konflikte. Beide wurde offiziell von den Regierungen beigelegt, schwelen aber nach wie vor in der Bevölkerung.
    Der Stolz, auf die Größe des Reichs vor so langer Zeit, bleibt. Ähnlich wie in einigen europäischen Staaten, wie Serbien oder Kroatien nahm dieser Stolz auch schon vernichtende Züge an, als unter den Khmer Rouge in den 70er Jahren tausende Vietnames*innen deportiert wurden. Das war u.a. der Grund für den Einmarsch Vietnams in Kambodscha 1979. Es ist wirklich spannend, wie Patriotismus sich immer auf Glanzzeiten der Reiche bezieht, die aber häufig seit Jahrhunderten vergangen sind. Ähnliches begegnete mir bspw. in Polen. Nationalisten beziehen sich dort immer noch auf das Großreich Polen-Litauen aus dem frühen Mittelalter.

    Und so bleiben das Khmer-Reich und speziell Angkor weiterhin die wichtigsten nationalen Identifikationsmerkmale, auf die sich der kambodschanische Patriotismus aufbaut. Nicht umsonst ziert der Haupttempel Angkor Wat die Flagge des kleinen südostasiatischen Staates. Und erst durch Angkor ist das Land ein solcher Tourist*innenmagnet geworden.

    (Bilder aus Angkor gibt es dann übrigens im Post zu Siem Reap, wahrscheinlich um den 20.02. herum)
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  • Let's talk about Cambodia #3 - 1863-1975

    2020年2月3日, カンボジア ⋅ ☀️ 32 °C

    Teil 3 - Das lange 20. Jahrhundert - von der Kolonie in die Unabhängigkeit

    Im dritten Teil von Jonas Bericht geht es um die Kolonialzeit und die Unabhängigkeit Kambodschas im 20. Jh.

    Das 20. Jh. war in Kambodscha ähnlich ereignisreich, wie das in Europa. Das Land hat in den letzten hundert Jahren insgesamt 8 verschiedene politische Systeme durchschritten. Von der französischen Kolonialherrschaft bis zur Demokratie, von der Monarchie zur Militärdiktatur, von der japanischen Besatzung zum Sozialismus unter vietnamesischer Vorherrschaft, vom vernichtenden Steinzeitkommunismus zur Autokratie. Die Geschichte des Landes ist genauso eine Geschichte der politischen Systeme und Umwälzungen, wie es die deutsche Geschichte ist. Es ist eine Geschichte der Befreiung, der Revolutionen, des unsinnigen Tötens und dem Streiten um Macht und Einfluss. Noch bis vor 25 Jahren wurde in diesem Land erbittert um die Macht gekämpft.

    Wir beginnen die Geschichte der verschiedenen Systeme in Indochina, dem südostasiatischen Kolonialreich Frankreichs. In diesem vereinten sich Vietnam, Laos und Kambodscha. Wie im letzten Artikel beschrieben, hatte sich Kambodscha 1863 freiwillig unter französischen Protektorat gestellt und so mehr Autonomierechte behalten als bspw. Vietnam. Das endete jedoch 1884, als Kambodscha in Indochina eingegliedert wurde und so auch praktisch Teil des französischen Kolonialreiches wurde.
    Spätestens zu diesem Zeitpunkt begann die Ausbeutung des Landes. Khmer war die Möglichkkeit in hohe Ämter zu kommen versperrt. Diese wurden entweder von Franzosen oder Vietnamesen bekleidet, was den Khmer zusätzlich aufstieß, hatten sie sich doch vor der vietnamesischen Vorherrschaft bewahren wollen. Auch das Königshaus wurde nach dem I.WK. immer weiter entmachtet. Der Widerstand gegen die Fremdherrschaft der Franzosen wuchs stetig. Genauso, wie es in vielen anderen Kolonien der Fall war.

    Während des II. WK wurden die südostasiatischen Kolonien vom französischen Vichy-Regime (kollaborierte mit dem 3.Reich), dem mit Nazi-Deutschland verbündeten, Japan quasi übergeben. Japan erhielt das Recht Truppen zu stationieren und übernahm so die Macht in Kambodscha. Im Frühjahr 1945 wurden, unter japanischer Besatzung, alle Verträge mit Frankreich aufgelöst. Auf Grundlage dessen erklärte König Sihanouk die Unabhängigkeit Kambodschas. Was jedoch nach Kriegsende zurückgenommen werden musste - Frankreich bestand auf sein altes Kolonialreich.
    1949 gliederte Frankreich das Mekongdelta in das südvietnamesische Kolonialreich ein und schuf so Sprengstoff, der noch heute die Beziehungen zwischen Kambodscha und Vietnam belastet. Genauso wie in Laos und Vietnam entbrannte auf die Wiederherstellung des Kolonialreichs der Indochinakrieg in Kambodscha. Dieser führte 1953 zur Unabhängigkeit Kambodschas in den heutigen Grenzen. Diese wurde endgültig bei der Genfer-Friedenskonferenz 1954 bestätigt.

    Die wiedergeborene Monarchie führte Kambodscha in einen neuen Frühling. König Sihanouk investierte nach der Unabhängigkeit viel in den Bildungssektor. So eröffneten in Kambodscha die ersten Universitäten Südostasiens nach dem 2. Weltkrieg. Kinder der gesamten asiatischen Oberschicht wurden zum Austausch nach Kambodscha geschickt. In dieser Zeit war Kambodscha mit Abstand das reichste Land Südostasiens und wurde häufig auch die Schweiz Südostasiens genannt. Übrigens nicht nur wegen des Reichtums, sondern auch wegen der neutralen Haltung gegenüber der Konflikte im Nachbarland Vietnam. Verschiedene soziale und wirtschaftliche Reformen wurden durchgeführt, die Kambodscha langsam von einer agrarischen zu einer industriellen Gesellschaft verändern sollte. König Sihanouk legte dabei vor allem auf die wirtschaftliche Unabhängigkeit und Bewährung der Traditionen wert. Kambodscha war auf dem Weg ein Erfolgsbeispiel ehemaliger Kolonien zu werden.

    In der Blüte seiner Entwicklung erreichte der Vietnamkrieg den Höhepunkt. Ein Krieg, in dem sich das Königreich neutral verhielt. Neutral, aber im Sinne dessen, dass es sowohl süd- als auch nordvietnamesische Aktivitäten im Osten Kambodschas tolerierte. In der Provinz Rattanakiri findet man bspw. noch heute Überreste des berühmten Ho Chi Minh Pfades, über den die Guerillakämpfer versorgt wurden und über den sie sich zurückziehen konnten.
    Auf Grund dieser Unterstützung wurden Teile Ostkambodschas auch Opfer der amerikanischen Bombardements gegen den Vietcong. Noch heute finden sich extrem viele Blindgänger in der Grenzregion, weshalb viele Gebiete nicht ohne eine*n Führer*in betreten werden sollten. Gleiches ereilte übrigens auch Laos. In Laos und Kambodscha fielen während des Vietnamkriegs mehr Bomben als im gesamten zweiten Weltkrieg auf Japan abgeworfen wurden.

    Als das Bombardement Kambodschas die, aus Sicht der USA, allzu freundliche Haltung König Sihanouks mit den Vietcong nicht grundlegend änderte, putschte sich ein Teil der Armee an die Macht. Mit amerikanischer Hilfe wurde von 1970 bis 1975 eine Militärdiktatur errichtet. Der Wiederstand aus dem monarchistischen und den kommunistischen Lager wuchs stetig. Große Teile der Bevölkerung hungerten und litten unter der harten Hand des Militärregimes. Und so entschied sich König Sihanouk zu einem gewagten Schritt. Er verbündete sich mit seinem Erzfeinden, den Kommunisten, um das verhasste Militärregime zu stürzen. Chaotische Zeiten folgten, bürgerkriegsähliche Zustände und Unsicherheit prägten den Beginn der 70er Jahre. Der Vietcong drang weit in die Kambodschanischen Nordgebiete ein und der Vietnamkrieg wurde weiterhin auch auf kambodschanischen Boden ausgetragen. Dies endete erst, als sich die Amerikaner aus Südostasien zurückzogen und es den Khmer Rouge/ den Kommunisten gelang, 1975 Phnom Penh einzunehmen.

    Die siegreichen Kommunisten luden die Bevölkerung zur Siegesfeier nach Phnom Penh. Dies sollte der Anfang der schrecklichsten Jahre in der kambodschanischen Geschichte sein. Einige Historiker*innen gehen davon aus, dass erst die Angriffe der Amerikaner auf Kambodscha und die Militärdiktatur die Schreckensherrschaft der Kommunisten in Kambodscha möglich machte.
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