Argentinien/Chile 22/23 Teil 2

desember 2022 - januar 2023
Et 36-dagers eventyr av Martin & Regine Les mer

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    21. desember 2022, Argentina ⋅ ⛅ 10 °C

    Humahuaca, Mittwoch, 21. Dezember 2022

    Heute nach dem Aufwachen sehen wir, dass der Himmel stark bedeckt ist und hören lautes Donnergrollen. Das Beste, was man bei schlechtem Wetter machen kann, ist im Bett zu bleiben; das machen wir…
    Wenig später lässt der Regen aber nach und der Himmel wird blauer und blauer. Ein guter Grund, doch aufzustehen :-). Beim Frühstückskaffee besprechen wir den Tag und beschliessen, zur Inca Cueva (s. Titel) zu wandern, die uns allseits sehr empfohlen wurde.
    Wir sind aber spät dran und verpassen knapp den Bus um 11:30 Uhr; aber zwei Stunden später fährt auch einer und das einzige Problem ist, dass der ganze Ausflug insgesamt sechs Stunden dauert und wir nicht wissen, ob so spät (und ob überhaupt) noch ein Bus zurück nach Humahuaca fährt.
    Auf der Hinfahrt geniessen wir die Aussicht aus dem Bus auf die Landschaft, die sich dauernd ändert: Zuerst weitet sich das Tal zu einer Art Hochebene und die Berge werden flacher, dann kommen erneut Schluchten und Taldurchbrüche, die wir durchqueren.
    Wir hoffen, dass sich der Busfahrer rechtzeitig daran erinnert, wo wir aussteigen möchten. Dort gibt es nämlich keine (offizielle) Haltestelle, was in Argentinien aber nichts heissen will.
    Nette Busnachbarn aus Kolumbien (sie) und Mar del Plata in Argentinien (er) geben uns noch Tipps für die Wanderung und mahnen uns rechtzeitig zum Aussteigen. Und tatsächlich hält der Bus gleich darauf an der richtigen Stelle im Nirgendwo.
    Dank aller Tipps und Fotos aus Google Maps finden wir den Einstieg und den weiteren Weg durch ein ausgetrocknetes Bachbett leicht. Es geht über Stock und Stein stetig aufwärts. Regine begeistert sich für die Lamas, die am Weg entlang friedlich äsen; Martin findet, das sei etwas übertrieben: die Lamas seien einfach die Kühe Lateinamerikas - und die würde man ja auch nicht einzeln ablichten… oder höchstens die Japaner :-).
    Es kommen uns wenige Touristen entgegen, die schon in der Cueva waren und uns weitere Tipps auf den Weg mitgeben: immer dem Bach folgen und dann auf eine weisse Fahne auf rotem Fels achten. Das ist dann der Treffpunkt für die Führung, Kostenpunkt: 700 Pesos pro Person (3,80 Euro).
    Dort angekommen, ist weit und breit kein Guia zu sehen und wir schauen zu einer circa 300 Meter entfernten Hütte, ob sich etwas tut. Tatsächlich ruft es von dort: „Ich komme sofort“ und wenig später taucht der Lamahirte und Fremdenführer Sergio auf. Er erklärt uns den Ort und nimmt uns mit zur abgesperrten Höhle, die eigentlich eher ein Felsvorsprung als eine richtige Höhle ist.
    Zuerst sehen wir nur eine Schmiererei aus den 80er Jahren, aber Sergio zeigt uns alle echten Felsmalereien und erklärt mit viel Sachkenntnis das Alter und die Bedeutung der einzelnen symbolartigen Zeichnungen.
    Uns befremdet, dass die vor der Sperrung angebrachten Kritzeleien an einem so wichtigen und sogar heiligen Ort nicht entfernt werden und auch, dass die echten Felsmalereien nicht besser vor dem Verfall geschützt werden. In Europa wäre das ganz anders…
    Sergio erklärt uns, dass dieser Ort, der seit geschätzt 10.000 Jahren - angefangen bei Jägern und Sammlern über die Inkas und später sogar während der spanischen Kolonisation ab dem 15. Jahrhundert - eine heilige Stätte und ein Kraftort sei. Er sei in der Gegend und wohl in der ganzen Provinz Jujuy einzigartig, trotzdem gebe der Staat weder Geld zur Restaurierung noch zum Schutz oder zum Unterhalt.
    Wir schliessen schnell Freundschaft mit dem aufmerksamen und motivierten Mann und tauschen die Handynummern aus. Zum Abschied gibt es ein Selfie zu dritt und Sergio bittet uns, ihm doch unbedingt Fotos aus Deutschland und der Schweiz zu schicken, damit er sein Wissen über andere Länder erweitern könne. Zum Abschluss erstaunt er uns damit, dass er die Wörter „Frau“ und „Herr“ auf Deutsch beherrscht. Und er beruhigt uns auch punkto Rückfahrt mit dem Bus: Es habe sicher jede Stunde eine Verbindung; nur die genaue Uhrzeit könne man nie voraussagen… Eine wundervolle Begegnung :-)!
    Als die Sonne schon fast untergeht, machen wir uns auf den Rückweg. Dieser ist wesentlich einfacher und schneller bewältigt als der Aufstieg und wir kommen gegen 19 Uhr bei der Stelle an, wo wir zusteigen wollen. Martin sucht sich einen Sitzplatz und noch bevor er sich setzen kann, sieht Regine den Bus und Martin ruft fast gleichzeitig: „Der Bus kommt!“ Es ist der Panamericano de Jujuy, ein lokales Unternehmen. In horrendem Tempo geht es in der voll besetzten Klapperkiste zurück nach Humahuaca, immer die Kurven schneidend und vorwiegend auf der linken Spur, vermutlich weil dort der Belag besser ist. Bei Gegenverkehr wechselt der Fahrer dann rasch auf die rechte Seite.
    Wir kommen jedoch heil in Humahuaca an und freuen uns auf das Abendessen, wo wir unter anderem die Reste der Geburtstagsparty von gestern vertilgen. Ein anstrengender, aber sehr schöner Tag!
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  • Uquia - Bei den „Tres Señoritas“

    22. desember 2022, Argentina ⋅ ⛅ 12 °C

    Humahuaca, Donnerstag, 22. Dezember 2022

    Das dritte Highlight in der Gegend, von dem alle sprechen, ist die Quebrada de las Tres Señoritas (Schlucht der drei Fräulein, sehr frei übersetzt) oberhalb von Uquia, etwa zehn Kilometer südlich von Humahuaca.
    Die Legende besagt, dass im Jahre 1520 spanische Kolonisatoren den Inka-Häuptling Atahualpa Yupanquí in Cusco festnahmen und für die Freilassung zwei Häuser voll Gold verlangten. Atahualpa bat sein gesamtes Volk, alles Gold zusammenzutragen. Das taten auch drei noble Jungfrauen aus der Gegend um Uquia (eine weisse Dame mit spanischer Abstammung, eine schwarze mit lokaler Abstammung und eine rote mit Inka-Blut) und reisten nach Norden.
    Auf dem Weg hörten sie, dass die Spanier Atahualpa bereits umgebracht hatten und kehrten um. Das wiederum kam den Spaniern zu Ohren und sie verfolgten die drei Damen wegen des Goldes.
    Diese versteckten sich von einem Dorf zum anderen und hatten bis Uquia immer einen Vorsprung. Hier suchten sie in den Bergen Unterschlupf und als sich ihnen die Spanier näherten, versteckten sie alles Gold und stürzten sich selber in den Abgrund. Die Spanier gingen leer aus.
    Als Dank für ihre Treue und als Ehrerbietung schufen die Inka-Gottheiten an dieser Stelle drei Berge in den Farben Weiss, Schwarz und Rot.

    Wir wollen mit dem Bus nach Uquia fahren, stellen jedoch fest, dass er uns gerade vor der Nase weggefahren ist - dabei sind wir 15 Minuten vor der Zeit am Busterminal. Die Informationen, die wir bezüglich der Abfahrtszeit hatten, erwiesen sich leider als falsch.
    So nützen wir die uns verbleibende Zeit bis zum nächsten Bus mit einem Besuch des lokalen Marktes, der sich entlang alter Bahnschienen erstreckt. Regine würde allzu gerne einige Souvenirs kaufen, verzichtet aber aus Vernunftgründen darauf. Dafür legen wir beide uns eine Ersatzsonnenbrille zu. Ohne Sonnenbrille ist man hier verloren; dies hat mittlerweile auch Regine erkannt, die bis dato weniger ein Anhänger eines derartigen Utensils war.

    Für 60 Cent fahren wir nach Uquia und wandern den Weg hoch bis zum Eingang. Hier heisst es Eintritt bezahlen und weil man es uns sehr empfohlen hat, buchen wir auch gleich einen Führer: Sergio, 24 Jahre alt, mit abgeschlossenem Tourismus-Studium.
    Er führt uns herum und erklärt uns viel zur Geologie, Archäologie und zur Flora des Ortes; aber er nuschelt so stark und spricht (auch nach mehrmaligem Hinweis) so schnell, dass Regine nur wenig versteht und Martin einiges übersetzen muss. Sie ist „not amused“, aber es lässt sich offenbar nicht ändern… (Sergio von gestern war da ein ganz anderes Kaliber!)
    Dazu kommt, dass das Wichtigste, nämlich die Sicht auf die Tres Señoritas, uns verwehrt bleibt, weil der Weg dorthin aufgrund starker Regenfälle in der letzten Zeit nicht passierbar ist. Schade... :-(
    Dafür gibt uns der heutige Sergio noch den Tipp, die 1691 erbaute Kirche in Uquia anzuschauen. Sie ist - wie vieles hier - ins UNESCO-Welterbe aufgenommen worden und besticht vor allem durch Gemälde von neun Aposteln (Es waren einmal 12, aber drei Bilder wurden durch Regen zerstört), welche indigene Künstler im spanischen Stil der Epoche malten:
    Allesamt sind es spanische Edelmänner mit Engelsflügeln und Waffen. Wieso das? Die Einheimischen kannten die Apostel nicht und malten sie darum nach dem Abbild der spanischen Eroberer.
    Dann geht es zurück mit dem Bus. Fahrplan gibt es keinen (oder den kennen nur die Einheimischen). Wir bekommen zur Auskunft, dass es ungefähr jede halbe Stunde eine Verbindung nach Humahuaca gebe.
    Eine halbe Stunde Wartezeit ist in Argentinien nichts! Aber als wir zur Bushaltestelle kommen, bestätigen uns drei wartende Damen, dass „jetzt gleich“ einer kommen werde. Martin „übersetzt“ das mit „in 20 Minuten oder so…“, wird aber in der nächsten Minute eines Besseren belehrt: Der lokale Colectivo, eine Klapperkiste mit lärmendem Motor, rauscht an und nimmt uns mit nach Humahuaca.
    Wir sind froh, schon frühzeitig zurück zu sein, denn in der Nacht müssen wir um 2:30 Uhr auf den Bus nach Tucumán.
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  • „Vol de Nuit“ nach San Miguel de Tucumán

    23. desember 2022, Argentina ⋅ 🌧 22 °C

    San Miguel de Tucumán, Freitag, 23. Dezember 2022

    Es ist Zeit, den nördlichsten Punkt unserer gesamten Reise zu verlassen (Humahuaca, etwa 150 km von der bolivianischen Grenze entfernt) und Richtung Süden zu „segeln“. Unsere nächste Station ist das knapp 500 Kilometer entfernte San Miguel de Tucumán, kurz Tucumán genannt.
    Ab Humahuaca gibt es drei Verbindungen nach Tucuman, aber die einzige, die für unsere Ankunftszeit am frühen Nachmittag passt, startet um 3:00 Uhr - mitten in der Nacht.
    Wir legen uns in den Kleidern für ein Nickerchen ins Bett und marschieren mit Stirnlampen um 2:30 Uhr die 1,5 k Kilometer zum Busterminal. Die Strassenbe-leuchtung ist zwar besser als gedacht, aber ein bisschen mehr Licht hilft uns, weniger zu stolpern.
    Wir wecken auf unserem Weg alle schlafenden Hunde auf und lassen ein andauerndes Gebell hinter uns zurück.
    Der Bus wartet schon auf uns, wir steigen ein und es geht los. Regine legt sich wie die meisten Passagiere sofort schlafen. Schlafmaske und Oropax sind für sie zu unverzichtbare Utensilien geworden. Martin schaut durch die beschlagene Frontscheibe (wir haben die Logenplätze oben ganz vorne rechts), wie der Fahrer den entgegenkommenden LKWs und den vielen Bodenlöchern ausweicht.
    Obwohl die Reise über neun Stunden dauert, kommt sie uns relativ kurz vor; vielleicht, weil wir lange Busreisen schon gewohnt sind. Wie immer bei Nachtreisen haben wir schwarzen Kaffee und Kuchen dabei: Das senkt die Müdigkeit und hebt die Stimmung :-)
    Um 12:15 Uhr erreichen wir fast fahrplanmässig San Miguel de Tucumán, die Hauptstadt der gleichnamigen kleinsten Provinz in Argentinien. Hier wurde am 9. Juli 1816 die Unabhängigkeit von der spanischen Krone ausgerufen, wobei der Krieg gegen royalistische Truppen noch weitere 50 Jahre dauerte.
    Ausnahmsweise nehmen wir ein Taxi zur Unterkunft, jedoch nicht aus Bequemlichkeit!
    Martin versucht verzweifelt, eine lokale Buskarte zu erstehen, aber diese gibt es nur für waschechte Argentinier mit entsprechendem Nachweis, einer DNI-Karte (Personalausweis).
    Wir sprechen den Vermieter darauf an und er leiht uns spontan seine Karte aus; sie muss nur noch aufgeladen werden… Dazu gibt es die Tucu Bondí App, mit der wir den öffentlichen Verkehr in Tucumán problemlos nutzen können. Die offizielle App der Stadt lässt sich hingegen nur mit einem argentinisch eingestellten Smartphone installieren…
    Nach der dringend notwendigen Dusche und dem Waschen unserer Kleidungsstücke ziehen wir los, denn es gibt wieder eine ganze Reihe von Dingen zu erledigen:
    Zuerst wollen wir die ÖV-Karte laden. Im fünften Laden klappt es dann endlich, denn nur ganz bestimmte Geschäfte bzw. Kioske bieten diesen Service an.
    Weiter gilt es, das Tourismus-Büro zu finden, um Ausflüge zu planen. Es ist jedoch geschlossen, verriegelt mit einer dicken Kette... und keine 20 Zentimeter weiter links hängt ein Zettel mit der Aufschrift: Geöffnet! Drücken! Wir fragen im Geschäft nebenan, wieso das Touristenbüro geschlossen sei; im Internet stehe doch, es sei bis 20 Uhr geöffnet. Ja, man wisse das auch nicht so genau. Um 17 Uhr sei es gewiss offen… Wir möchten diese Aussage gerne glauben.
    Im Anschluss daran wollen wir bei Western Union Geld holen. Doch Regines Kreditkarten streiken (warum auch immer...), aber Silke und Julien sind wie schon so oft helfend zur Stelle :-)). Daraufhin geht es ans Einkaufen, denn morgen, am Heiligen Abend schliessen alle Geschäfte früher und am 25.12. geht gar nichts mehr. Man teilt uns mit, dass kein einziges Geschäft oder Restaurant geöffnet habe, auch werde es keinerlei öffentlichen Verkehr geben. Ja, die Busfahrer haben auch mal frei!
    Also brauchen wir Essen für drei Tage. Regine findet per Zufall ein (weiteres?) Tourist Office, das geöffnet ist und wo man uns bereitwillig und freundlich Auskunft zu möglichen Ausflügen und Besichtigungen gibt.
    Das ist prima, aber morgen werden wir aller Voraussicht nach - da Dauerregen angesagt ist - einen Museumstag einschieben; davon hat Tucumán einige zu bieten, unter anderem sogar ein Zuckermuseum.
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  • Verregnete und verschlafene Weihnachten

    25. desember 2022, Argentina ⋅ ☁️ 19 °C

    San Miguel de Tucumán, 24. und 25. Dezember 2022

    Wir haben Tucumán ausgewählt, weil wir an Weihnachten, wo ohnehin nichts los ist, nicht im letzten Kaff ausharren wollten. Die Stadt hat mit dem Umland immerhin 800.000 Einwohner.
    Zudem war schon vor der Buchung schlechtes Wetter für die ganze Region angesagt - und dies für fast alle Tage unseres Aufenthalts.
    Regine hat darum - wie immer :-) - ein gemütliches und sauberes Apartment im Zentrum von Tucumán reserviert: Da können wir (endlich) mal abhängen, durchatmen und „müssen“ kein Ausflugsprogramm organisieren.
    Das Wetter ist am 24. Dezember besser als erwartet und wir beschliessen, daraus einen Museumstag zu machen. Das Zucker-Museum und das über die Sängerin Mercedes Sosa sowie das der Stadt und eventuell ein paar kleinere im Zentrum fassen wir näher ins Auge.
    Im Touristenbüro erhielten wir am Vortag ausführliche Informationen, unter anderem auch den Hinweis, dass der 24. ein ganz normaler Tag sei und damit alles geöffnet habe.
    Wir beginnen mit dem Zucker. Die Region produziert über 90% des Zuckers für ganz Argentinien und das Museum soll sowohl die Geschichte als auch die Produktionsmethode erläutern. Das Museum liegt inmitten des riesigen Parque 9 de Julio, es ist also einen Spaziergang wert.
    Als wir näher kommen, beschleicht uns das ungute Gefühl, dass das Museum - entgegen aller Information (auch jenen im Internet) - geschlossen sein könnte. So ist es dann auch!
    Wir machen (wie immer :-) das Beste daraus und beschliessen, auch auf alle anderen Museen zu pfeifen… Auf dem Rückweg kaufen wir im nächstmöglichen Minimarket - wovon es viele gibt - noch für das festliche Wochenende ein: Rotwein, Fernet Branca (!) und abgepackten Kuchen. Den Rest für das Festmahl haben wir bereits.

    Wir kommen in Stadtmitte an der Kathedrale und an der Plaza de Independencia vorbei, wo die Vorbereitungen für ein grosses Fest am Abend laufen. Auf riesigen Grillrosten werden Hunderte von Hähnchen-Hälften gebraten, Freiwillige stellen rundherum unzählige Tische und Stühle auf, schneiden von riesigen Stoffballen rote Bahnen ab und verwenden diese als Tischtücher.
    Ein freundlicher Jugendlicher informiert uns, dass es sich um das Fest des Innenstadtviertels handele, zu dem alle (auch wir :-) herzlich eingeladen seien.
    Wir bedanken uns, werden aber zu Hause essen, weil wir als Intervall-Faster nicht bis 21 Uhr warten können :-).

    Regine hat schon am Vortag beim Besuch der Kathedrale angekündigt, dass sie in die Weihnachtsmesse gehen wird. Das tut sie dann auch und Martin bleibt daheim zum Lesen und Musik hören. Jedem das Seine!
    Kaum ist Regine um 20 Uhr weg, beginnt es zu regnen, zuerst wenig, dann immer mehr! Bald verwandelt der Dauerregen Strassen und Gehsteige in Tümpel und Bächlein und das geplante Strassenfest fällt sprichwörtlich ins Wasser :-(.
    Wie schade für die Menschen hier, die sich so sehr darauf gefreut hatten - vor allem auch nach den beiden Jahren der Pandemie.

    Regine schafft es gerade noch rechtzeitig (20:30 Uhr) vor dem grossen Regen einigermassen trockenen Fusses in die Kathedrale zu gelangen. Sie benutzt den Seiteneingang und steht damit fast vor dem Altar… soooo nahe wollte sie dem Geschehen dann doch nicht folgen. Reihe 3 reicht auch! Wie immer möchte sie nicht nur hören, sondern auch sehen und dies ist hier - zumal sie nicht die Grösste ist - bestens möglich.
    Zur Begrüssung erschallt von „oben“ (von der Orgel) ein voluminöser Gesang; man könnte meinen, es seien sehr viele Sänger, aber weit gefehlt: Es sind nur 12, aber diese füllen mit „Kommet ihr Hirten“ die gesamte Kathedrale… auf Spanisch natürlich. Die Akustik ist unglaublich. Dieses Lied bleibt (bis auf „Stille Nacht“ am Ende) das einzige, das Regine kennt und zu ihrem Leidwesen werden beide Lieder nicht mal von der Gemeinde mitgesungen. Dafür umso kräftiger vom Pfarrer am Mikrofon und vom Chor. So singt Regine für sich allein vor sich hin… geht gut, niemand nimmt Notiz davon.
    Die Weihnachtsmesse ist mit circa 300 Gläubigen nicht allzu gut besucht - vor allen Dingen auch angesichts der Einwohnerzahl.
    Der Ablauf der Messe ist festgelegt, egal, ob sie in Europa oder in Lateinamerika stattfindet. Es treten Lektoren ans Mikrofon, der Pfarrer liest die Weihnachtsgeschichte vor, im Grunde die bekannte Liturgie.
    Plötzlich jedoch erheben sich alle Anwesenden, wenden ihre Köpfe nach hinten in Richtung Hauptportal und blicken gespannt nach hinten. Nein, nicht nach hinten oben zur Orgel und zum Chor (das macht nur Regine immer wieder).
    Vom Ende des Mittelgangs - direkt vor dem Haupteingang - schreiten fünf Personen ganz langsam nach vorne zum Altar: ein Mann mit zwei kleineren Buben an der Hand (etwa 4 und 6 Jahre), neben ihm eine Frau mit einem Mädchen (ca. 6 Jahre) an der einen Hand und - man staune - im anderen Arm einen Säugling.
    Regine muss zweimal hinschauen, bis sie erkennt, dass es kein Baby, sondern eine Puppe ist. Klar, die Krippe unmittelbar vor dem Altar ist bislang noch leer. Die Puppe - das Jesuskind - wird dort dann vorsichtig hineingelegt, der Pfarrer segnet es, die Familie verschwindet hinter dem Altar und die Messe nimmt ihren gewohnten Gang… mit Predigt (sehr lebendig und abhebend auf die Brüderlichkeit und Solidarität unter den Menschen), dem Friedensgruss, der Gabenbereitung (zelebriert mit zwei Frauen, den Mittelgang entlang schreitend und am Altar innehaltend) und der anschliessenden Kommunion,
    Nach dem Vaterunser, dem letzten Lied, dem Segen und einigen Grussworten seitens des Pfarrers scheint für Regine das Ende der Messe gekommen zu sein. Sie beschliesst, noch ein Weilchen sitzen zu bleiben und anschliessend die im Seitenflügel aufgestellte und beleuchtete Weihnachtskrippe mit den vielen Tieren aus Ton zu begutachten. Doch plötzlich erschallt ein gewaltiges Halleluja von der Empore und ein ebenso gewaltiges Orgelspiel, richtig erhebend.
    Gleichzeitig strömen alle Besucher - wirklich alle - durch den Mittelgang vor zum Altar. Nein, es wird nicht gedrängelt, genauso wenig wie an den Bushaltestellen!
    Obwohl Regine in Reihe 3 sitzt, hat sie Mühe, das Geschehen zu erfassen. Jeder Gläubige berührt das Jesuskind, zum Teil wird es auch geküsst - allerdings nur mit dem zuvor angefeuchteten Finger. Als alle „dran“ waren, bleiben noch einige Menschen stehen, um sich länger und auch einzeln dem Jesuskind in Anbetung zu widmen.
    Es werden viele Fotos und Videos gemacht - zum Erstauen von Regine, die in jeder Kirche das Fotografierverbot einhält. Ja, andere Länder, andere Sitten.
    Beim Verlassen der Kathedrale regnet es immer noch in Strömen und „Feliz Navidad“ ist das letzte Lied, das von der Bühne gegenüber an Regines Ohr dringt.
    Die Menschen bauen das ins Wasser gefallene Fest ab. Wirklich schade, wobei der Regen heiss ersehnt worden war; die Einheimischen berichten von monatelanger Trockenheit und Hitze.

    Nach Regines Rückkehr essen wir den Kuchen, den sie geschenkt bekommen hat und trinken Kaffee und dazu einen Fernet Branca. Danach liegen wir auf dem Bett und laden uns für irgendwann später einmal Filme von Netflix und Youtube auf Martins iPad herunter, denn hier hat es endlich einmal schnelles Internet! Wir hören noch ein bisschen Musik und schreiben Weihnachtsgrüsse an die Lieben daheim.

    Wir schlafen bis 10 Uhr (was für Regine eine kleine Sensation ist, aber sie war schon um 6 Uhr wach und konnte entgegen alter Gewohnheit doch wieder einschlafen!) und bleiben noch im Bett liegen: Das Wetter verleitet nicht dazu, aus dem Hause zu gehen. Martin, das Murmeltier, schläft sogar nochmals zwei Stunden, womit der Vormittag schon vorbei ist.
    Es reicht dann aber noch für einen „Frühstücks“-Kaffee am frühen Nachmittag und da es nach wie vor regnet und auch ziemlich ungemütlich geworden ist (15 Grad), setzen wir keinen Fuss vor die Tür.
    Schliesslich ist es Zeit für das von langer Hand geplante Weihnachtsmenü:
    Nudeln mit Fertig-Tomatensauce aus dem Beutel, dazu argentinischer Parmesan und gemischten Salat mit Tomaten, Gurken, Oliven und Zwiebeln. Wir trinken einen schweren Rotwein aus der Gegend um Mendoza (wo wir noch hinkommen werden) und zur Nachspeise gibt es Kuchen, Kaffee und Fernet Branca. Zur Feier des Tages kocht Regine… und nicht mal schlecht :-).
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  • Nach El Cadillal und Tafí del Valle

    27. desember 2022, Argentina ⋅ 🌙 24 °C

    San Miguel de Tucumán, Montag, 26. und Dienstag, 27. Dezember 2022

    Die Argentinier sind in (mindestens) drei Disziplinen Weltmeister: im Fussball, in der Freundlichkeit und im Organisations-Chaos. (Positiv gesinnte Menschen nennen dies „Improvisation“ :-). )
    Am Montag erleben wir ein Müsterchen der dritten Disziplin:
    Eigentlich wollen wir einen Ausflug nach San Javier machen, einem nahegelegenen Erholungsgebiet der Tucumanos. Dorthin fährt ein Stadtbus (der Linie 118) alle zwei Stunden ab dem zentralen Busterminal.
    Nachdem wir den mathematischen Durchschnitt aller Zeitangaben aus dem Internet und vom lokalen Tourismusbüro für die Abfahrt errechnet haben (Einen offiziellen Fahrplan gibt es nicht.), kommen wir auf eine Zeit um 12:30 Uhr.
    Wir sind um 12:25 Uhr an der Bus-Parkbucht (hier „plataforma“ genannt) und warten … und warten... bis um 13:30 Uhr - genauso, wie es andere Argentinier/-innen auch tun. Dann informiert uns ein freundlicher Jugendlicher (Woher er wohl weiss, dass wir nach San Javier wollen!?), der 12:30 Uhr-Bus sei schon weg (!) und der nächste fahre erst um 16:00 Uhr.
    Das scheint uns dann eine gar zu lange Wartezeit und wir planen spontan um: Die Museen sind alle geschlossen, es ist Montag. (Den zweiten Weihnachtsfeiertag kennen die Argentinier nicht; der 26. ist normaler Arbeitstag.)
    Da bleibt nur ein alternativer Ausflug übrig, nach El Cadillal, circa 25 km von Tucumán entfernt. Zum Glück fährt um 14:30 Uhr ein Bus dorthin, Fahrtzeit 45 Minuten.
    Der Bus ist eine ziemliche Schepperkiste, aber interessanterweise wird die Strasse immer besser, je weiter wir uns von Tucumán entfernen…
    El Cadillal ist ein typisches Naherholungsgebiet und verfügt als Sensation über einen (für uns uralten) Zweier-Sessellift auf einen 200 m hohen Hügel. Bei uns wäre ihm schon längst die Betriebserlaubnis entzogen worden! Von der „Gipfelstation“ aus sieht man den Stausee, und über Sojafelder und Zitronenhaine hinweg blicken wir sogar ins weit entfernte Tucumán.
    Martin - als Züricher - fühlt sich an den heimischen Hausberg erinnert, den Üetliberg, mit dem Blick auf den Zürichsee und die Stadt; Regine hingegen denkt eher an den Pfänder und den Bodensee :-).
    Oben begeben wir uns auf einen kleinen Rundweg durch die Yungas, die hiesigen Regenwälder mit der typischen Flora und Fauna, welche sich von Bolivien bis nach La Rioja ziehen.
    Nach einer Stunde bringt uns der Sessellift wieder ins Tal, denn einen Weg hinunter gibt es nur für wagemutige Mountainbike-Spezialisten. Normale Wanderer müssen mit dem Sessellift (aerosillas) Vorlieb nehmen. Nun denn… wir haben noch genügend Gelegenheit zum Wandern.

    Der Stausee hat wenig Wasser, was aber die Kinder nicht davon abhält, dennoch ihre Angeln auszuwerfen (eher zum Spass denn für den Fischfang) oder ein wenig im Wasser umherzuwaten. Die Sportart „Schwimmen“ scheinen die meisten Argentinier nicht zu kennen.
    Regine hat diesbezüglich ja schon einige Erfahrungen im Paraná-Fluss gesammelt.
    Im Ticketpreis für den Sessellift ist auch der Eintritt für ein archäologisches Museum enthalten, dem wir uns für eine Dreiviertelstunde widmen.
    Bei der Errichtung des Stausees vor gut 50 Jahren stiess man auf viele Fundstücke, die jedes Archäologen-Herz höher schlagen lassen. Sie stammen aus der Zeit von 4000 vor Christus bis in die Zeit der spanischen Kolonisation (15. Jahrhundert).
    Unzählige Tonkrüge, Schalen, Urnen, Mörser und Handwerksutensilien sind in Gänze erhalten, in Vitrinen ausgestellt und mit viel Text didaktisch aufbereitet. Wir sind die einzigen Museumsbesucher und haben hinreichend Platz zum Schauen, Lesen und Fotografieren.
    Jetzt haben wir alles gesehen, was dieser Ausflugsort bietet und steuern die Bushaltestelle an, bei der schon - in typischer Argentinier-Manier - die Touristen in einer „geordneten“ Reihe Schlange stehen.
    Wir machen während der Wartezeit die Bekanntschaft eines Eisverkäufers, der uns aus seiner Kiste „Granizado de Frambuesa“ anbietet (zerstossenes Himbeer-Wassereis).
    Es hat natürlich nie eine Himbeere gesehen, mundet aber trotzdem. Bei einem Schwätzchen tauschen wir Informationen über Länder und Klima aus und er kann sich nicht vorstellen, wie man bei uns in Europa mit Temperaturen unter dem Gefrierpunkt leben kann.
    Er fährt im selben Bus wie wir ein Stück zurück mit und bietet Regine freundlich seinen Sitzplatz an; er selber sitzt auf seiner Eiskiste und verabschiedet sich per Handschlag von uns beiden, wünscht uns Glück und eine gute Weiterreise. Muy amables, los argentinos!

    Am Dienstag fahren wir - da das Wetter nun wieder „ortsüblich“ sonnig ist - mit dem Bus nach Tafí del Valle (127 km entfernt), deeeem Höhenkur- und Frischluftort der Tucumanos.
    Im Tourismus-Büro hat man uns gesagt, in Tucumán zu sein und NICHT dorthin zu fahren, sei ein Verbrechen…
    Die Fahrt dauert zweieinhalb Stunden und führt am Schluss über viele Serpentinen und halsbrecherisch enge Stellen (die der Fahrer mit viel Routine und noch mehr Bravour meistert) in eine Art Hochtal mit dem grossen Stausee von La Angostura.
    Am Ende des Tals befindet sich - bevor es weiter hochgeht nach Cafayate - Tafí del Valle. Es ist ein richtiger Touristenort wie St. Moritz oder Garmisch etc., nur kleiner und weniger mondän. Die Touristen fehlen noch, werden sich aber in der kommenden Hochsaison (ab Januar) sicher einfinden.
    Die Preise sind einer Touristenhochburg entsprechend - auch jene der Unterkünfte.
    Wir machen eine Wanderung vom Dorf zum See, immer einem rauschenden Bergbach mit klarem Wasser entlang; ringsum die Berge, die zum Teil schneebedeckt schon von den Anden künden, am Weg frei grasende Pferde und Kühe mit ihren Kälbern, die völlig unbekümmert die staubige Strasse queren, um das beste Futter zu finden.
    Wenn man sich die starke Sonneneinstrahlung und die Höhe wegdenkt (Wir befinden uns oberhalb von 2000 m.), könnte man meinen, man befinde sich in den Schweizer, bayrischen oder österreichischen Alpen. Sattes Grün, frische Luft, freier Blick auf die Berge… herrlich!!
    Zurück in Tucumán wissen wir, weshalb die Einheimischen vor allem im Sommer dorthin fliehen - wenn sie denn können: Es ist im Hochland immer um 10 Grad kühler :-).
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  • Tag der Museen in Tucumán

    28. desember 2022, Argentina ⋅ ⛅ 25 °C

    San Miguel de Tucumán, Mittwoch, 28. Dezember 2022

    Unseren letzten Tag in Tucumán wollen wir ruhig angehen, schlafen aus und planen einen reinen Museumstag. Als einzige „Verpflichtung“ steht der Kauf von löslichem Kaffeepulver an. Wir fassen den riesigen Supermarkt am Busterminal dafür ins Auge. Das ist dann doch überschaubar :-).

    Den (zumindest heutigen) „Faulenzern“ kommt entgegen, dass hier die Museen über die Mittagszeit alle schliessen (Ja, die Siesta wird in Argentinien strikt eingehalten.) und frühestens gegen 15 Uhr wieder öffnen.
    Aber um 14 Uhr soll es laut Info-Blatt des Touristenbüros eine Führung durch die Casa de Gobierno (Rathaus) geben, welches sich im Zentrum der Stadt bei der Plaza de Independencia befindet.
    Das passt gut, weil genau dort um die Ecke unsere Lieblings-Heladería ist (Eisdiele), in der wir uns vor dem Rundgang etwas stärken wollen.
    Auf persönliche Nachfrage bestätigt man uns im Rathaus die Uhrzeit, nicht ohne uns jedoch mit erhobenem Zeigefinger (!!) zum pünktlichen Erscheinen zu ermahnen. Wir sind sieben Minuten vorher da, aber die „Chica“ (das Mädchen), die uns angeblich abholen soll, taucht nicht auf… Um 14:10 Uhr werden wir dann mit Corona-Masken ausgestattet in den ersten Stock beordert, wo wir erwartet werden.
    Die „Chica“ ist eine 70-jährige kleine Dame mit kurzem blondierten Haar, die sofort allen Anwesenden klarmacht, was hier abgeht und wer das Sagen hat:
    Die Maske ist NICHT obligatorisch, aber sie MÖCHTE, dass alle (mit Ausnahme der Kinder) sie unbedingt aufsetzen.
    Als einige Verwegene der Besuchergruppe (unter anderem Regine) trotzdem kurz die Maske absetzen, hakt sie sofort nach und betont, wie wichtig es sei, immer und überall Maske zu tragen. Deshalb würde sie uns schon sehr BITTEN, dass jetzt alle die Masken sofort wieder aufsetzen. Ob die Dame das Ende der Pandemie verschlafen hat??
    Zudem kommen wir zu dem Schluss: Sie muss Erzieherin (gewesen) sein, denn sie ermahnt mehrfach die anwesenden Kinder zum Gehorsam und stellt ihnen dumme Fragen, die diese begeistert beantworten.
    Im selben Stil geht es weiter und ja, man darf fotografieren, aber nicht gleich, erst wenn sie das Zeichen dazu gibt (Regine war zu voreilig!), natürlich ohne Flash (wieso?) und nicht vom zweistufigen Podium aus, weil da manchmal die Regierung sitzt. Regine hat Mühe, angesichts der ständigen Ermahnungen nicht die Fassung zu verlieren.
    Im Empfangssaal mit schwülstigen Deckengemälden (die die Dame bis ins Detail erklärt), aber beeindruckenden Kristall-Leuchtern (deswegen heisst der Raum „Sala Blanca“) erfahren wir einige Allgemeinplätze zur Architektur (z.B. Spiegelsaal wie in Versailles) und Geschichte des Gebäudes.
    Anschliessend dürfen wir noch den Sarg des erlauchten Juan Bautista Alberdí bewundern, der angeblich die Verfassung von Argentinien geschrieben haben soll. (Laut Wikipedia hat er sie ideologisch massgeblich beeinflusst.)
    Nach knapp 20 Minuten beendet die Dame ziemlich abrupt die Führung und entlässt uns gnädigst durch den Haupteingang. Die Masken sollen wir bis zum Ausgang aufbehalten. Logisch! Haben wir jemals daran gezweifelt?

    Im Anschluss wollen wir die Casa Histórica in der Nähe besuchen, wo die Verfassung am 1. Mai 1853 unterschrieben worden sein soll. Gemäß allen Angaben öffnet das Gebäude um 15 Uhr. Aber um 15:10 Uhr bleibt der Eingang weiter verschlossen. Die Touristeninformation nebenan beharrt auf 15 Uhr und der dortige Angestellte fordert die Ungeduldigen auf, doch einfach noch ein Weilchen zu warten. Ein Händler - gegenüber dem Museum - gibt bekannt: Öffnung? Immer um 16 Uhr. Ja, wir haben mittlerweile gelernt, dass den Angaben zu Zeiten - sei es im Internet oder auf Info-Blättern - nicht unbedingt zu trauen ist. Wir stehen hier nicht das erste Mal vor verschlossenen Türen. Und noch eins: Aufs Warten muss man sich hier einstellen!

    Nein, bis 16 Uhr wollen wir nicht warten und wer weiss, ob der Händler recht behält oder die Casa - wie andere Museen - nicht erst um 17 Uhr öffnet.
    Darum spazieren wir ins Museo de la Industria Azucarera (Zuckermuseum), immer in der Hoffnung, dort halte man sich an die angegebenen Öffnungszeiten - nicht wie vergangenen Samstag, als entgegen aller „offiziellen“ Angaben das Museum geschlossen war und wir unverrichteter Dinge wieder umkehren mussten.
    Als wir ankommen, werden wir von einer jüngeren Dame (Französischlehrerin… wie sich später herausstellt) so begeistert empfangen, als wären wir die ersten Gäste seit langem oder irgendwelche hochkarätigen Ehrengäste. Ganz begeistert ist sie von unseren exzellenten Spanischkenntnissen, von unserer langen Reise und von unserem Mut zu solch einer Unternehmung.
    Sie gibt uns eine gute Einführung in die lange Geschichte der Zuckerindustrie in Argentinien. Diese begann zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als der Priester, Politiker und Kaufmann Cambrero auf seinem Landsitz (dort, wo das Zuckermuseum heute steht) eine kleine Zuckerproduktion startete, die bald von vielen Kleinbauern kopiert wurde. Daraus entwickelte sich - verbunden mit vielen blutigen Arbeitskämpfen für gerechte Entlohnung und über mehrere Phasen - die heutige lokale Industrie, welche über 90% des Zuckerbedarfs von Argentinien deckt. (Und dieser muss hoch sein, denn die Argentinier sind richtige Schleckmäuler :-) )
    Wir studieren dieses spannende Kapitel der Geschichte Tucumáns mit Hilfe von Schautafeln, Videos und Original-Gegenständen und verabschieden uns mit grossem Dankeschön und einem Selfie bei der netten Dame, die - ganz argentinisch - nicht aufhört, unseren Dank mit einem wiederholten „No, por favor“ und „Era de menos“ kleinzureden. („Aber ich bitte Sie“ und „Das ist wohl das Mindeste“.)

    Jetzt fehlt nur noch der Kaffeekauf in dem riesigen Supermercado (ganz in der Nähe des Zuckermuseums), der - so meint Regine - ganz sicher unseren Lieblingskaffee, Marke „Virginia“ hat. Hat er dann doch nicht, beziehungsweise er ist gerade ausverkauft und wir begnügen uns mit einem anderen. Auch gut so: Man soll in Argentinien ja flexibel bleiben…
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  • Reise nach La Rioja mit Reifenpanne

    29. desember 2022, Argentina ⋅ ☀️ 31 °C

    San Miguel de Tucumán, Donnerstag, 29. Dezember 2022

    Südwärts geht es weiter und wir haben in Tucumán nicht nur die heutige Reise nach La Rioja gebucht, sondern auch schon die Weiterfahrt nach Mendoza und von dort aus einen Bus über die Anden nach Santiago de Chile. Offenbar sind wir der Hitze schon überdrüssig und wollen in kühlere Gefilde…
    Die gute Laune verdirbt uns dann eine Meldung der zweiten Unterkunft in Mendoza, wir sollen doch bitte unseren Aufenthalt bei ihnen in Booking stornieren und dann - wiederum bei ihnen - auf AirBnB neu buchen. Es habe Ungereimtheiten mit der Booking-Plattform gegeben.
    Regine regt sich auf und Martin meint, das sei ja nicht unser Problem.
    Wir beschliessen, die Buchung aufrechtzuerhalten und schreiben freundlich, aber bestimmt zurück. Als Reaktion bestehen sie nun darauf, dass wir die Unterkunft in amerikanischen Dollars bezahlen, was laut Booking nie der Fall ist und was wir auch nicht wollen. Wir antworten vorläufig nicht, Regine macht aber schon mal einen Screenshot der entsprechenden Anweisungen bei Booking: Man weiss ja nie, wozu man dies noch brauchen könnte…!

    Mit dem günstigen Taxi geht es morgens um 7 Uhr schnurstracks zum Busbahnhof und der Bus fährt (fast) pünktlich ab. Wir staunen noch etwas über die lange Reisezeit von sieben Stunden bei nur 381 km Distanz. Bald merken wir jedoch, dass dies daran liegen muss, dass der Bus in jedem grösseren Ort hält und Leute aus- und zusteigen. So lernen wir das Leben in der Provinz kennen, anstatt daran vorbeizufahren.
    Mit waghalsigen Überholmanövern, die wir aus einer Logenposition im Oberdeck des Busses hautnah mitverfolgen können, geht es von Tucumán flott weiter über San Fernando del Valle de Catamarca, kurz: Catamarca.
    Plötzlich ein kurzer Stoss und ein Holpern des Busses; eine Passagierin ruft laut „La rueda!“ (das Rad). Der Bus verringert sein Tempo, hält aber vorläufig nicht an. Jetzt werden wir von der Polizei mit Blaulicht überholt und fahren rechts heran. Ein Polizist spricht kurz mit dem Beifahrer und schon rauschen die Beamten wieder davon. Der Bus setzt sich erneut in Bewegung, aber nur mit 30 km/h. (Martin verfolgt dies alles auf dem Handy; mit seiner Navigations-App (Magic Earth) ist er darum immer bestens über alles informiert :-).
    So geht es circa 10 km weiter und wir fragen uns schon, ob der Plan ist, so die verbleibenden 95 km bis nach La Rioja zu bestreiten. Dem ist jedoch nicht so, denn wir machen plötzlich Halt bei einem Comedor (einfaches Restaurant) mit dem schönen Namen „El Treból“ (das Kleeblatt) - wobei hier sicher weit und breit kein Klee wächst!
    Jetzt müssen wir erst einmal warten; der Busfahrer telefoniert und die ersten Gäste steigen aus, um sich im „Kleeblatt“ mit Essen und Trinken zu versorgen. Das geht allerdings nur mit der expliziten Erlaubnis des Beifahrers, der nur für jene Passagiere die Bustür öffnet und wieder schliesst. Vollkommen ausgeschlossen ist die Möglichkeit, sich einfach „nur so“ die Füsse während der Wartezeit zu vertreten und auf dem Gelände herumzuspazieren.
    Es gibt auch keinerlei Informationen dazu, was passiert ist und wie es weitergeht.
    Die Argentinier (und wir assimilierten Touristen) ertragen alles mit stoischer Geduld (keiner fragt, keiner meckert) - nur Regine findet, in Deutschland wäre das anders abgelaufen… Dort hätte man wenigstens eine kurze Info über das Geschehen erhalten (…denken wir nur an die Deutsche Bahn:-)!!)
    Nach mehr als einer Stunde... (Im Bus wird es immer heisser; die Klimaanlage ist nicht in Betrieb; man will sicherlich Benzin sparen!) erscheint ein wenig Vertrauen erweckendes Gefährt, dem ein vierschrötiger Mann im Overall entsteigt: Das muss der Mechaniker sein!
    Und tatsächlich schafft es dieser - zusammen mit dem Fahrer - das kaputte Rad in erstaunlich kurzer Zeit zu tauschen. Dann plaudern sie noch ein wenig und verhandeln über die Bezahlung und wir fahren weiter, als wäre nichts gewesen. Die Klimaanlage bleibt jedoch auch jetzt aus und wir schwitzen weiter.
    Über das Bussystem in La Rioja haben wir nicht viel herausgefunden, nur dass wir die App dazu nicht herunterladen können, weil Martin dazu seinen Google-Account nach Argentinien wechseln müsste… und die Applikation für Regines iPhone nicht zur Verfügung steht. Der Vermieter aus La Rioja kennt sich auch nicht aus, sodass wir für die vier Kilometer bis zur Unterkunft wohl ein Taxi nehmen müssen.
    Aber wir geben nicht auf und mit der Hilfe verschiedener Damen und auch Herren im Busterminal schaffen wir es nicht nur, die lokale Buskarte SIRVE zu erstehen, sondern finden - nach einem informativen Besuch im Tourismusbüro - auch die Bushaltestelle, wo zudem gerade der richtige Bus für unsere Richtung hält, als wir dort ankommen.
    Wie immer :-) sagt uns der nette Busfahrer Bescheid, wann wir aussteigen müssen. Aber damit nicht genug an Freundlichkeit: Er erklärt uns unaufgefordert und detailliert beim Halt, wie wir zur Adresse unserer Unterkunft gelangen! Muy amable… Wir staunen immer wieder…
    Unser Apartment liegt zentral, aber an einer ruhigen Seitenstrasse im obersten Stock eines zweigeschossigen Hauses. Wir haben eine eigene Küche, ein eigenes Bad, ein Wohnzimmer mit TV (den wir auch bislang nie benutzt haben) und eine eigene Terrasse mit schönen Gartenmöbeln aus Holz. Auch einige Pflanzen zieren die Terrasse, unter anderem ein riesiger Kaktus.
    Bei der Schlüsselübergabe erfahren wir vom Vermieter, dass wir nicht - wie ursprünglich vorgesehen - nach vier Tagen die Wohnung wechseln und ins Erdgeschoss ziehen müssen: Wir können die ganze Woche hier bleiben! Perfecto!!
    Es folgt noch der Grosseinkauf im Supermarkt (Wir müssen uns für die kommenden Feiertage eindecken.) und dann ein gemütliches Abendessen auf der Terrasse wie an einem lauen Sommerabend zu Hause: Was möchte man mehr…?!
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  • „Vertane“ Tage - dennoch interessant!

    31. desember 2022, Argentina ⋅ ⛅ 28 °C

    La Rioja, Freitag und Samstag, 30. und 31. Dezember 2022

    Wie der geneigte Leser (bzw. die Leserin) schon weiss, sind wir als „Individualreisende“ viel am Organisieren. Da wir zudem als Fortbewegungsmittel (ausser auf den Bus) nur auf die eigenen zwei Beine zählen können, ist auch die Organisationsarbeit immer mit zusätzlichem Bewegungsaufwand verbunden.
    Denn man merke: In Argentinien werden (fast) alle wichtigen Dinge nicht online, sondern von Angesicht zu Angesicht und vor allem: vor Ort abgewickelt.
    So sind uns in diesen zwei Tagen trotz grosser Anstrengung, es richtig zu machen, doch einige Malheurs passiert, auf die wir gerne verzichtet hätten.

    Aber der Reihe nach:
    Am Freitag versuchen wir erst einmal, den geplanten Ausflug zum Nationalpark von Talampaya, circa 150 km entfernt, auf die Beine zu stellen. Wir meinen, herausgefunden zu haben, dass die Agencia Facundo jeweils am Morgen um 07:00 Uhr in La Rioja losfährt und den Fahrgast ganz in der Nähe des Parkeingangs aussteigen lässt. Diese Information versuchen wir zu erhärten, indem wir verschiedene Telefonnummern anrufen, die wir im Internet gefunden haben. Aber entweder heisst es „ungültige Nummer“ oder es nimmt niemand ab.
    Also nichts wie hin zum Schalter von Facundo im Busterminal. Mit dem ÖV in La Rioja kommen wir ja einigermassen klar… Der Schalter ist schnell gefunden, aber die freundliche Dame (Wirklich! Wie immer extrem freundlich und auskunftsbereit!) vernichtet schnell all unsere Hoffnungen:
    Nein, diese Verbindung am Morgen stehe nicht mehr im Fahrplan; sie wurde seit der Pandemie ersatzlos gestrichen! Lediglich eine einzige Möglichkeit am späten Nachmittag gebe es noch. Aber diese nützt uns ja nichts. Wir kämen dann am Abend an und stünden vor den verschlossenen Türen des Nationalparks.
    Allerdings gebe es eine Agentur namens Gir Sol / Nanken, die einen Ausflug dorthin anbietet. Die Dame verweist auf ein Plakat mit zwei Telefonnummern gleich gegenüber des Schalters. Wir rufen die erste Nummer an, aber es nimmt niemand ab. Wir rufen die zweite Nummer an. Es nimmt jemand ab! Aber die Dame bittet uns, doch nochmals die erste Nummer anzurufen; es sei sicher jemand da. Erneuter erfolgloser Versuch, mit der Bitte an den Anrufbeantworter, uns doch zurückzurufen (…was weder am Freitag noch am Samstag geschah).
    Letzte Option: ein Auto mieten. Martin ruft verschiedene Autovermietungen an, jedoch nur bei einer einzigen wird der Anruf entgegengenommen. Wir hinterlassen unseren Wunsch, aber der Herr möchte alle Angaben schriftlich… Das wollen wir dann später erledigen; wir sind jetzt schon vom vielen Herumfragen „erledigt“ und widmen uns einem anderen Ausflugsziel.

    In einem Ort namens Sanagasta, ungefähr 25 km ausserhalb der Stadt soll es einen interessanten Dinosaurierpark mit Führungen geben. Diesen wollen wir morgen, am Samstag ansehen und haben uns von der Tourismus-Information die Telefonnummer der Firma geben lassen, die dieses Ziel ansteuert.
    Wir rufen an und bekommen den Bescheid, dass die Firma die Strecke nicht (mehr?) anbietet, aber vielleicht die Konkurrenz namens „Virgen India“. Man gibt uns auch die dazu gehörige Telefonnummer. Dort rufen wir an und welch` Freude: Diese Firma fährt am Samstag um 10 Uhr dahin. Man müsse nicht reservieren, sondern könne direkt beim Fahrer bezahlen. Wir sind überglücklich! Immerhin ein Erfolgserlebnis!

    Zurück im Stadtzentrum wollen wir noch verschiedene Museen besuchen. Sie haben laut des aktualisierten Sommerplans der Tourismus-Information am Freitag alle geöffnet.
    Das erste Museum, das wir ansteuern, ist das Museo de la Ciudad (Stadtmuseum). Es ist geschlossen und der Blick durch die Fenster bietet auch nicht gerade viel. Dann also zum Museo de Bellas Artes, gleich zwei Häuser weiter. Geschlossen. Weiter zur Casa de Cultura in derselben Strasse. Geschlossen, aber immerhin wir dürfen den Patio (Innenhof) besichtigen.

    Schon ziemlich entmutigt und entkräftet kommen wir eher zufällig - auch in derselben Strasse - noch am Museo Folklorico vorbei. Es ist OFFEN!!! Nichts wie rein! Wir sind die einzigen Gäste und werden mit grossem Enthusiasmus von drei jüngeren Frauen in Empfang genommen, die zuerst betonen, dass sie uns nicht viel erzählen können, weil alle relativ neu hier arbeiten. Die ArgentinierInnen sind also auch noch aufrichtig! Chapeau!
    Das Museum ist (noch) ein Sammelsurium aus Kunstobjekten aus der Provinz La Rioja, die wir ohne die durchaus fachkundige Begleitung der Damen nicht verstehen würden. Eine der drei spricht sogar etwas Englisch und fügt das ihrige in britischem Akzent bei: Sie war für 6 Monate in Brighton.
    Mit viel gegenseitigem Dank und dem Austausch von Neujahrswünschen geht es zur Pizzeria, wo wir unseren „Kultur- und Organisationskummer“ mit Pizza (Lecker! Aber den mitbestellten Salat legen sie ganz praktisch oben auf die Pizzen :-) und viel Salta Negra (unser dunkler Bierfavorit in Argentinien) „ausgleichen“.

    Am Samstag machen wir uns um 9.30 Uhr auf zum Busterminal der „Combis“ (Kleinbusse) und fahren wie geplant) in einer guten halben Stunde nach Sanagasta.
    Der Bus fährt aber nicht bis zum Dinosaurierpark. Zum Gehen ist es zu weit (und zu heiss) und so lassen wir uns in der Bäckerei (!), wo wir einige Brötchen kaufen, ein Remis bestellen (ein nicht lizensiertes Taxi).
    Nach gut 10 Minuten kommt ein 4x4-Gefährt mit einem jovialen und äusserst geschwätzigen Fahrer. Vor den Toren des Dino-Parks angekommen, stellen wir mit Entsetzen fest, dass auch dieser geschlossen hat! Regine würde trotzdem reingehen (Der Eingang neben dem Eisentor ist offen), aber der Taxifahrer - und auch Martin - finden das keine gute Idee.
    Zurück im Dorf dreht der gesellige Fahrer noch eine Runde durch das Kaff, damit wir sehen, was wir in den verbleibenden 6 (!!!) Stunden unternehmen könnten. Denn der Bus fährt erst um 17 Uhr zurück nach La Rioja.
    Dann knöpft er uns 2000 Pesos ab (knappe 11 Euro) und wir erfahren später, dass die Hälfte angemessen gewesen wäre!!
    Jetzt gehen wir zuerst in den Nuevo Mercado Artesanal (Neuer Kunsthandwerksmarkt), der sich in einem schönen enteigneten Gebäude befindet, das vor Urzeiten von einem Gobernador (Ministerpräsidenten) der Provinz bewohnt wurde. Es gibt viele schöne Dinge zu sehen und zu kaufen, die alle im Ort und seiner Umgebung hergestellt werden. Ein Angestellter erklärt uns alles und jedes bis ins letzte Detail.
    Nicht nur bei ihm vermuten wir (auch bei anderen Gelegenheiten, als wir oftmals die einzigen Gäste weit und breit waren), dass ein wenig Abwechslung und ein kleineres Schwätzchen gerade recht kommen.

    Wir kaufen nur einen lokalen Süsswein und ein paar Süssigkeiten (sehr süss und sehr lecker) und verabschieden uns um 13 Uhr, weil der Laden jetzt schliesst. Die Siesta ruft!
    Jetzt suchen wir ein Schattenplätzchen und Martin versucht telefonisch, die gewünschten Angaben der Autovermietung zu schicken. Nachdem er alles abgeschickt hat, kommt die lapidare Antwort: „Am Montag und auch die gesamte nächste Woche steht kein Mietwagen zur Verfügung!” Das hätte der gute Herr auch schon vorher sagen können!
    Martin tätigt nun Anrufe bei allen anderen Vermietern in La Rioja: Ein einziger nimmt das Telefon ab und verspricht uns ein Angebot, wenn wir ihm alle Daten schicken. Das machen wir und warten seither auf seine Antwort…

    Der joviale Taxifahrer hat uns bei seiner “Stadtrundfahrt” auf ein Kreuz auf einem Hügel etwas ausserhalb des Dorfes hingewiesen; dort könne man locker hochspazieren und habe dann eine prächtige Aussicht über das ganze Tal. Das machen wir und wenigstens die zweite Aussage stimmt :-)
    Nach so viel Kletterei haben wir uns ein Eis verdient: Die “Eis - riechende“ Regine weiss auch schon genau, wo sich die einzige Eisdiele des Ortes befindet. Als wir dort ankommen, ist es bald 16 Uhr und wir müssen nur noch knapp eine Stunde auf den Rücktransport warten. Diese Zeit vertreiben wir uns mit einem Spaziergang durch das wie ausgestorben wirkende Dorf. Um 17 Uhr sind wir an der Bushaltestelle. Als es zu regnen beginnt (aus der einzigen Wolke weit und breit) bittet uns eine Frau (die Bäckerin?) ins Trockene, in die Einfahrt zur Bäckerei und stellt uns zwei Stühle hin. Die spontane Freundlichkeit überwältigt uns immer wieder aufs Neue!

    Der Bus fährt um 17.30 Uhr ab (Wieso waren wir auf 17 Uhr bestellt?), aber vorerst nicht Richtung Stadt. Zuerst müssen alle weiteren Fahrgäste und zum Teil auch Gepäckstücke eingesammelt werden. Es gibt bei dieser Busgesellschaft die Möglichkeit, Gepäck gegen Geld mitzugeben; dieses wird dann an entsprechend angekündigter Haltestelle von jemandem abgeholt.
    In wildem Zickzack-Kurs fährt der Chauffeur durch den Ort und hält dabei in der linken Hand die Passagier-Liste, in der rechten das Smartphone und steuert mit einer vermutlich imaginären dritten Hand das Auto. Aus für uns unerfindlichen Gründen führt er eine Liste, die er während der Fahrt mit Vor- und Nachname des jeweils hinzugestiegenen Passagiers vervollständigt.
    Zurück in La Rioja schaffen wir es gerade noch, in den letzten fünf Minuten vor Ladenschluss einige Dinge einzukaufen.
    Dann geht es in der Abendhitze (Hier ist es gefühlte 10 Grad wärmer als in Sanagasta) zu Fuss nach Hause.
    Es war ein anstrengender Tag, der letzte des Jahres 2022, aber wir haben trotzdem viel Interessantes gesehen und erlebt und sind jetzt sozusagen Kenner von Sanagasta :-)
    Wir stossen um Mitternacht - bei noch gut 30 Grad - auf unserer schönen Terrasse aufs neue Jahr an, verfolgen (trotz anders lautenden Aussagen) die kleineren privaten Feuerwerke und gönnen uns bei einer Flasche Cidre (Damit wird beim Jahreswechsel zugeprostet) noch eine Stunde lang die Musik, die uns aus der Nachbarschaft an die Ohren dringt.

    Wir wünschen allen Lesern unseres Reisetagebuchs ein gesundes neues Jahr mit vielen schönen Momenten. Feliz año nuevo!
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  • Dolce far Niente und eine Prozession

    1. januar 2023, Argentina ⋅ ⛅ 31 °C

    La Rioja, Sonntag, 1. Januar 2023

    Ein neues Jahr beginnt!
    Wir sitzen bei angenehmen 28 Grad auf unserer hauseigenen Terrasse und stossen pünktlich um 0:00 Uhr mit „Sidra“ auf das neue Jahr an.
    Trotz eines offiziellen Feuerwerksverbots (sagte die Dame vom Tourismusbüro) bekommen wir einige farbenfrohe Raketen und Knaller mit und im Ladenlokal (!) gleich gegenüber findet eine rauschende Party statt. (Regine hätte gerne teilgenommen und überlegt sich, ob sie nicht runtergehen soll… :-)
    Aber angesichts der Müdigkeit vom Ausflug nach Sanagasta und vom Genuss des Sidra sind wir ziemlich müde und schlafen am heutigen Neujahrstag tüchtig aus.
    Später beantwortet Regine die zig Neujahrswünsche und Martin legt eine Lesestunde ein. Zudem arbeitet Regine wie immer fleissig am Blog. Aus all den genannten Gründen gibt es natürlich wenig Bildmaterial.
    Am Abend wollen wir wieder einmal selber kochen: Unser Leibgericht ist ja Nudeln mit Tomatensauce. Dieses Mal haben wir sogar eine Bolognese gefunden und freuen uns (Martin) schon auf etwas Fleisch! Aber weit gefehlt: Die Sauce enthält KEIN Hackfleisch… Martin kompensiert den Mangel mit Thunfisch, was ja eigentlich noch leckerer ist als Schweinefleisch.

    Da wir aber pünktlich um 20:00 Uhr - oder besser mindestens eine halbe Stunde früher - an der im ganzen Land berühmten Prozession zu Ehren von San Nicolas de Bari und dem Niño Jesús Alcalde teilnehmen wollen, wird erst einmal nur vorgekocht; den Finish erledigen wir dann nach der Prozession.
    Der Niño war eine Erfindung der spanischen Kolonisatoren, damit die Eingeborenen glauben würden, der adlige spanische Bürgermeister sei eine Reinkarnation von Jesus. Deswegen ist die Figur des Niño gekleidet wie ein spanischer Adliger im 16. und 17. Jahrhundert.
    San Nicola de Bari war ein Geistlicher aus Bari (Italien), der in La Rioja gepredigt hat, hier in Ungnade gefallen ist und daraufhin verbrannt wurde. Das braune Gesicht ist eine Allegorie auf die Verbrennung.
    Die Prozession entpuppt sich als eine etwas volkstümliche Mischung aus viel Polizei (Wir staunen über die Anzahl an Polizisten, die La Rioja hat.), steif gewandeten Regierungsvertretern in Anzug und Krawatte, unzähligen freiwilligen Vertretern der lokalen Cofradías (Zünfte), dem Polizeiorchester, einer Musikgruppe und nicht zuletzt einem Heer von katholischen Würdenträgern, die sich hinter den schützenden Gittern der Kathedrale aufhalten.
    Letztere werden nicht müde, den Niño Jesús, Jesus Christus, den Papst und einen Bischof mit lautem „Viva!“ mehrere Male hochleben zu lassen.
    Davor und danach läuten die von Hand geschlagenen riesengroßen Glocken beider Türme.
    Dann erfolgen etliche Gebete, zuerst vorgebetet und anschliessend mit den Gläubigen.
    Wir erkennen das Ave Maria und auch das Vaterunser.
    Immer wieder bringen uns die Band und der Sänger modern klingende Lieder zu Ohren und endlich (Es ist schon 20.30 Uhr!!!) werden die Reliquien von San Nicolas und vom Niño Jesús geschultert und nacheinander bei frenetischem Applaus aus der Kathedrale herausgetragen: Die Prozession kann beginnen.
    Wir hoffen, dass der Chefsprecher jetzt, wo das Publikum grossflächig mit der Prozession abwandert, eine Pause einlegen werde. Doch weit gefehlt! Es folgen neue Gebete, unzählige “Herr, erhöre uns” und Martin findet, dass die „Stimmung“ mit viel Sprechgesang und Brimborium (wenig Inhalt, aber viel Form :-) so richtig angeheizt wird.
    Die Einheimischen scheinen hingerissen, Martin wird es zuviel und vor allem zu spät. Regine hingegen ist fasziniert von dem Fremdartigen und würde gerne noch eine Weile bleiben. Noch eine weitere Viertelstunde handeln wir aus. Bei Martin knurrt nun ganz profan der Magen, sodass wir den geordneten Rückzug antreten und uns zu Hause über Penne al Tonno con Insalata mista hermachen. Dazu ein eisgekühlter Rotwein aus der Provinz: Der Abend ist gerettet!
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  • Über Stock und Stein zum Aberastain

    2. januar 2023, Argentina ⋅ ☀️ 32 °C

    La Rioja, Montag, 2. Januar 2023

    La Rioja ist eine sehr trockene Provinz (so trocken wie das Hinterland von Sizilien oder Kalabrien im Juli), in der die Temperaturen im Sommer (Ende Januar/ Anfang Februar) bis 50 Grad ansteigen können; aktuell sind es angenehm „kühle“ 35 Grad :-)
    Trotzdem gibt es grüne Oasen und ganze Täler der Yunga (hiesiger Regenwald, der sich bis nach Bolivien erstreckt) und sogar Orte, welche den Fotos nach zu urteilen auch gut im Schwarzwald oder in den Schweizer Bergen liegen könnten.
    Eine solche Stelle ist die Cascada (Wasserfall) de Aberastain, ungefähr 20 km nördlich von La Rioja: Dort wollen wir hin!
    Dafür brauchen wir aber ein Taxi, denn die ersten 12 km bestehen aus einer staubigen Zufahrtstrasse, wo kein öffentliches Verkehrsmittel hinfährt. Unser hilfreicher Vermieter weiss Abhilfe: Sein Freund Gonzalo aus Schulzeiten ist Taxifahrer und mit ihm fahren wir - der Hitze wegen - am frühen Morgen hin. Da es im Tal absolut kein Netz gibt, machen wir für die Rückfahrt 16:00 Uhr aus (Dies werden wir später noch bereuen!).
    Der freundliche Parkwächter - hier wird jede Sehenswürdigkeit zum Park erklärt und zudem mit zum Teil martialischen Mitteln bewacht - erklärt uns (nach der üblichen Registrierung mit Namen und Nummer des Reispasses) die Örtlichkeit, Flora und Fauna der Gegend und die Wandermöglichkeiten. Es gibt drei unterschiedlich lange Wege mit insgesamt fünf Wasserfällen, der schönste von allen soll der von „Aberastain“ sein.
    Wegzeit? Zwei bis zweieinhalb Stunden hin und eineinhalb Stunden zurück - so der Parkwächter. Wir überschlagen kurz unser Zeitfenster und beschliessen, zuerst den Aberastain-Wasserfall zu erwandern und anschliessend noch einen zweiten Weg mit drei kleineren Fällen zu machen. So denken wir…..aber erstens kommt es anders, zweitens als man denkt…

    Es ist 8:30 Uhr und bewölkt, die Temperatur angenehm und der Weg in einem ausgetrockneten Bachbett leicht, und so wandern wir frohgemut durch die Yunga zielstrebig aufwärts. Nach 2 km gabelt sich der Weg: Rechts geht es in vier Stunden zum Saurral, wir halten uns jedoch links.
    Jetzt wird der Weg schmaler und wir folgen der stark gerosteten Wasserleitung, in der der Bach gefasst ist und die der Trinkwasserversorgung dient (so vermuten wir). Es geht immer leicht aufwärts und endlich hören wir Wasser nicht nur in der Röhre rauschen! Wie fröhlich plätschert es dahin…
    Lange dauert der Frieden aber nicht: Das Tal wird enger und steiler und wir müssen ein erstes Mal den Bach queren. Kein Problem für sooo erfahrene Bergwanderer wie wir es sind!
    Aber nach 50 Metern folgt eine erneute Querung und nicht immer liegen die Steine so günstig, dass wir leicht rüberkommen. Der Weg führt ab jetzt durch Gestrüpp und ist - da zum Teil im Bachbett verlaufend - immer schwieriger zu finden. Aber dank der Hinweise in Form von „Steinmännchen“ durch fleissige Guides geht es gut weiter.
    Bei der (gefühlt) zehnten Überquerung passiert dann das - erste - Unheil: Martin verliert das Gleichgewicht und fällt mit beiden Füssen - das heisst Schuhen - ins Wasser! Der Schaden ist aber überschaubar und nach dem Auskippen des Wassers und dem Auswringen der Socken gehen wir weiter.
    Plötzlich hat der Bach kein Wasser mehr, was uns sehr erstaunt: Wenn oben ein Wasserfall ist, muss dessen Wasser ja irgendwo hin!? Und woher kommt denn unten das Wasser im Bach plötzlich her? Wir mutmassen hin und her, finden aber keine Lösung für das Rätsel…
    Wir sind nun schon drei Stunden zügig unterwegs und zweifeln langsam daran, ob es überhaupt einen Wasserfall gibt (Aber wir haben ihn ja auf den Fotos gesehen!) und ob wir auf dem richtigen Weg sind.
    Als wir nach weiteren zehn zum Teil schwierigen Bach-Traversen aus Zeitgründen schon aufgeben und umkehren wollen (eher jedoch müssen), drängt Regine weiter. Sie gibt nicht so schnell auf! Noch fünf Minuten, dann drehen wir um, meint Martin. Noch ist von einem grossen Wasserfall nichts zu sehen - und auch nicht zu hören: Er muss also noch weit weg sein…
    Aber siehe da: Nach nur einer weiteren Minute des Marsches erklingt ein Hurra! des vorangehenden Martin. Der Wasserfall ist nach einer Talbiegung keine 50 Meter mehr entfernt!
    Fünf Jugendliche, die nach uns losgegangen sind, sind offenbar schon eine ganze Weile hier: das Privileg der leichtfüssigen Jugend :-) Sie beglückwünschen uns Senioren aber herzlich…
    Wir haben die Badehose eingepackt und wollen deshalb partout auch im Becken des Wasserfalls schwimmen. Das Wasser ist aber eisig kalt (etwa 16 Grad) und sogar die Wasserratte Regine hält es nur eine Minute lang aus, erntet aber die Bewunderung der Anwesenden.
    Eigentlich wollten wir lange hier bleiben und haben sogar Lesestoff mitgenommen. Es ist aber bereits 13 Uhr und Martin drängt zum Aufbruch. Wir einigen uns darauf, gegen 13:30 Uhr
    loszumarschieren.
    Gesagt, getan: Der Rückweg sollte ja ein Leichtes sein.
    Wir kennen die Route und es geht immer abwärts. Aber auch jetzt suchen wir nach Querungen des Bachbetts an etlichen Stellen den „Wiedereinstieg“ und Martin fällt mit einem Fuss nochmals ins Wasser. Regine scheint ihn nachahmen zu wollen und rutscht wenig später auf einem schrägen Stein aus und landet fast bis zur Hüfte im kalten Nass. Sogar der Rucksack wird nass, aber die Wertsachen und das heissgeliebte iPhone bleiben zum Glück verschont! :-)
    Die Zeit wird immer knapper und wir fallen beinahe in Trab, um die vereinbarte Zeit einhalten zu können. Martin verkündet Durchhalteparolen und motiviert mit (falsch) geschätzten Distanzen, die wir noch zurücklegen müssen.
    Wir schaffen es dann aber, mit nur neun Minuten Verspätung beim Taxi anzukommen, was zumindest für Schweizer Verhältnisse inakzeptabel ist, in Argentinien jedoch eher normal.
    Auf dem Rückweg werden wir noch einmal auf der Schotterstrasse gut durchgerüttelt und besuchen - da an der Strecke gelegen - noch kurz einen „neuen“ Park (ein altes Jesuiten-Anwesen), an dem aber seit längerem aus Geldnot nicht mehr gearbeitet wird.
    Wir kommen müde, aber zufrieden zu Hause an. Gute sechs Stunden Marsch auf unwegsamem Untergrund gehen in die Beine.

    Ausruhen ist jedoch nicht angesagt:
    Wir müssen noch den morgigen Tag auf die Reihe bekommen: Wir wollen zwei Nationalparks besuchen (etwa 160 km entfernt) und haben - da telefonisch am Freitag und Samstag nicht erreichbar - am Sonntag einer Agentur eine Email geschrieben.
    Heute hatten wir unterwegs ja keinen Empfang, aber jetzt sehen wir die Antwort: Es habe noch freie Plätze, wir sollten uns doch bitte melden. Um 17:30 Uhr öffnet die Agentur.
    Martin ruft um 17:35 an. Nichts. Er ruft um 17:40, 17:50 und 18:00 an. Nichts. Er beantwortet die Email… und wir schreiben eine WhatsApp-Nachricht: Nichts.
    Martins Diagnose lautet: Heute Nachmittag / Abend arbeitet niemand! Wir verzichten auf die Tour. Regines Diagnose (wie immer positiv!): Wir gehen hin, dann sehen wir es! Martin ist so pessimistisch (und vor allen Dingen beinmüde), dass er keine Lust hat, noch einmal zu marschieren. Für heute hat er genug!
    Regine - nicht minder müde - gibt aber nicht auf und macht sich um 18:30 Uhr auf den Weg zur zur 1 km entfernten Agentur in der Innenstadt.
    Nach 15 Minuten dann die erstaunliche Rückmeldung von Regine: Die Agentur ist (jetzt!!) offen und Regine hat den Ausflug bereits gebucht! Martin staunt über ihre Beharrlichkeit, die sich dieses Mal voll ausgezahlt hat!
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