Europe along the Coastline (1)

juni 2024 - februar 2025
  • Spaziergänge mit Hilde
Eine Fahrt um das Festland Europas inklusive ausgewählter Inseln Les mer
  • Spaziergänge mit Hilde

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Strand, Buss, Bobil, Kultur, Natur, Fotografering, Alenereise, Spiritualitet
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  • Ob der Elch vorbeikommt

    12.–13. aug. 2024, Norge ⋅ ☀️ 11 °C

    DAY 46 A JOURNEY ALONG
    THE COASTLINE OF EUROPE
    (Fahrtstrecke 182 km)

    Hokksund - Åmot - Hønefoss - Jevnaker - Sløvika - Brandbu - Røykenvik - Kroksrud

    Die Temperatur fällt nachts schon ziemlich weit runter, der Verkehr ebbt ab, der Himmel ist mit Sternen übersät, und im wenigen Licht des Mondes könnte in der Ecke ein Elch stehen, sagt die Phantasie.

    Am Morgen nimmt der Verkehr zu, das andere Ufer liegt im Licht der Sonne, die Bäume um den Bus herum sind noch dunkel. Das Wasser des riesigen Sees hat sich in der Stille des Windes beruhigt und umspielt die Felsen. Weiter hinten habe ich im zugewucherten Dickicht eine Hütte entdeckt, hier wollte wohl jemand sich vor den Menschen verstecken, den Gewalten der Natur uneingeschränkt zuwenden.

    Der Hof auf der anderen Straßenseite steht schon im Licht der wärmenden Sonne, die uns wohl noch eine Weile fernbleibt. Ein neuer Tag öffnet sich meinem Leben, ich bin gespannt.

    Die Bilder vom Tag. Die Weihnachtskrippe im Sommerschlaf verlassen auf einem Parkplatz hinterm Friedhof.

    "Modumristninger" unter einer Brücke in Åmot bei Hønefoss. Trotz intensiver Suche im Internet bin ich mir über die Echtheit dieser Steinschnitzerei nicht im Klaren, die sich dort unter der Brücke befindet. Vielleicht eine künstlerische Erinnerung an die alten Zeiten in Norwegen.

    Wir kreuzen unsere Route vom 30. Juni 2024 nördlich von Hønefoss und fahren auf ihr zurück bis hinter Jevnaker, wo wir hinunter zum Randsfjorden schauen können. An seinem Ufer, nahe dem blauen Wasser mit dem dunkelgrünen Gras am Ufer und den goldgelben Getreidefelder, verbringen wir den Rest des Tages.

    Der See ist der Viertgrößte in Norwegen, der Wind hat tagsüber so am Kraft zugenommen, dass die Wellen sich fast schon überschlagen. An Schwimmen sei nicht zu denken, sagt der Nachbar, der Sog sei ziemlich heftig, da könne er nicht gegenan gehen.

    Zum Spaziergang ist es hier ziemlich eingeschränkt für Hilde und mich, sodass ich sie mal erheitere mit einer getrockneten Rinderhaut.

    Wir haben eine ruhige Nacht, und jetzt hat uns auch die grelle Sonne erreicht, der Himmel ist blau, aber die Luft bleibt noch kalt.
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  • Der See

    13.–14. aug. 2024, Norge ⋅ ☁️ 14 °C

    DAY 47 A JOURNEY ALONG
    THE COASTLINE OF EUROPE
    (Fahrtstrecke 256 km)

    Hov - Gjøvik - Brumunddal - Elverum - Gjesåsen - Kongsvinger - Granli - Sigernessjøen

    Alleine schon an der Fahrtstrecke sieht man gut, dass ich lange rumgesucht habe, bis ich einen geeigneten Schlafplatz finden konnte. Der hat es allerdings auch wirklich in sich. Sowohl von den Möglichkeiten des Spaziergangs als auch von der Vielfalt der abendlichen Ausblicke auf den See.

    Am Morgen nehmen wir Abschied vom blauen Wasser des Randsfjorden, blicken vom Fährhafen nochmal zurück über die stille Oberfläche, und biegen in Hov ins Landesinnere ab. Nördlich von Gjovik überquert eine fast einen Kilometer lange Brücke den Fluss Mjøsa, in den der Gudbrandsdalen weiter nördlich eingemündet ist.

    Auf seiner anderen Seite, in Ringsaker am Kirchplatz, halten wir für einen Spaziergang in der heißen Mittagssonne. Die schwedische Grenze ist nicht mehr weit, aber ich habe noch norwegische Kronen, will einkaufen, muss tanken.

    Lange habe ich überlegt, wie ich weiterfahren werde, denn wenn du einmal aus Norwegen abbiegst, geht es unweigerlich nach Süden. Brumunddal ist voller Menschen und Autos, Stadtstau in der Hitze ist eigentlich ein No-Go.

    In Van gibt es eine rote Holzkirche und einen Spar mit kühlem Schattenplatz für Hilde und den blauen Bus. Oberhalb von Hamar sind wir bald an der E2, die Elverum nach Süden hin verlässt.

    In Gjesåsen finden wir Schatten oberhalb vom Friedhof. Unterhalb spazieren wir zum Wasser, wo die Mücken schon auf uns gewartet haben. Die Zeit vergeht mal wieder nicht im Fluge, der Parkplatz unterhalb der Kirche bleibt wohl noch lange im prallen Sonnenschein mit diesem trostlosen Ausblick auf ein gelbes Kornfeld ohne vom Wind bewegte Ähren.

    Also suche ich weiter. Bis runter nach Kongsvinger gibt es keine geeigneten Schlafplätze. Doch gar nicht weit südlicher, am Sigernessjøen, wie unser See heißt, finden wir ein schönes Nachtlager, das viele abschrecken mag, ob dem Lärm, den die Fahrzeuge oberhalb auf der E2 machen.

    Wir haben so oft an belebten Straßenrändern übernachtet, dass wir im Schlaf uns gut zurückziehen können, die lauten Außengeräusche sozusagen abspalten. Auch der frühe Verkehr ist kein Problem, denn kaum bin ich um halb sechs wach, muss Hilde raus.

    Ein Hauch Sonnenlicht liegt auf den Hügel am gegenüberliegenden Ufer, später graut die Sonne ein, und mein Blick liegt auf dem ruhigen Wasser mit dem dunkelgrünen Wald drumherum. Windstill und kalt ist der Morgen, als würde der Tag den Atem anhalten.

    Dann ist die Sonne da, taucht den See in ihr weiches, warmes Licht. Filtert die Unterschiede heraus von Hell und Dunkel, Schatten und Wirklichkeit. Macht die Weite zur Nähe, und den einzelnen Entenvogel zum Mittelpunkt der Blickwelt. Als er abtaucht, zeugen die spiralförmigen Kreise auf der Wasseroberfläche noch lange von ihm. Viel später taucht er woanders auf, und ich überlege, ob er seine Identität gewechselt haben könnte.

    Dann liegt wieder Schatten über meiner Welt. Aber ich weiß von der Vielfalt der Möglichkeiten, in denen ich sein darf.
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  • Do you remember Me

    14.–15. aug. 2024, Sverige ⋅ ☁️ 17 °C

    DAY 48 A JOURNEY ALONG
    THE COASTLINE OF EUROPE
    (Fahrtstrecke 160 km)

    Skotterud - Magnor- Charlottenburg - Arvika - Brunskog - Arvika - Ålgå

    Früh am Morgen schaut mein Nachbar aus Berlin ins Fenster. Die Frauen möchten gerne auf den Campingplatz gegenüber gehen, hier sei es ihnen zu wild. Er hätte mir ein Tütchen Leckerlis für Hilde mitgebracht. Und wünscht mir eine gute Reise.

    Ja, das können wir wirklich gut gebrauchen. Die Leckerlis und die Wünsche, man weiß hat nie, was auf uns so zukommt. Und tatsächlich taucht kurze Zeit später ein Mitarbeiter vom Campingplatz auf, um den Platz sauber zu machen, sodass wir schleunigst abfahren, nicht das wir noch was bezahlen müssen.

    Unterhalb des Sees biegt eine schmale Straße rechts ab und verläuft nach meiner Karte parallel zur stark befahrenen Landstraße zu einem Ort, wo wir vor sechs Jahren übernachtet haben. Damals hatte uns mein Sohn und ein Kumpel besucht, und wir waren zusammen in Skandinavien unterwegs.

    Über Eidskog habe ich eine Geschichte geschrieben, die ich später am Tag brauche, um überhaupt den Ort wiederzufinden, der nunmehr in ein Städtchen integriert ist. Der Waldweg entpuppt sich als so einsam, dass uns auf 20 km nur einige Häuser und viele Bäume begegnen. Dafür aber ein paar schöne Ansichten, aus denen ich ein Video gemacht habe.

    Trotz intensiver Suche bleibt mir der Platz am See verborgen. Möglicherweise ist eine Zufahrt mittlerweile für Fahrzeuge gesperrt oder der Blick hinunter komplett zugewachsen, weil ich mich eigentlich an eine schöne freie Sicht erinnern konnte.

    Mit der Geschichte über zwei berühmte norwegischen Menschen die dort geboren sind, konnte ich wenigstens feststellen, dass wir hier richtig sind. Kurz danach kommt die norwegisch-schwedische Grenze, auf deren Fixpunkt jetzt ein gemeinsames, staatliches Gebäude errichtet wird von einer norwegischen Firma, mit dessen schwedischen Tischler ich ins Gespräch komme, als ich gerade meine Wasserflaschen mit Grenzwasser auffülle.

    Kostenlos wie immer und reichlich kalt, weiche ich meine Wäsche ein, wasche mir die Haare, die mir grade noch recht wirr um den Kopf herum trocknen, als die Grenzbeamtin mich stoppt. Ann-Charlott war auch vor zwei Jahren da und hat mich angehalten, wir freuen uns sehr über Wiedersehen, das doch nur der pure Zufall so herbeigeführt haben kann, wenn man denn an ihn glaubt.

    Sie hatte gerade aus dem Land fahrende Autos kontrolliert, und sich just umgedreht, als wir ankommen. Zufall? Ich bin mehr denn je überzeugt, dass Menschen unseren Weg kreuzen, weil das so sein soll. Um uns wiederzusehen, voneinander zu lernen, manchmal aus unangenehmen Situationen heraus etwas über mich zu begreifen. Was mein Gegenüber daraus macht, entzieht sich freilich meiner Kenntnis.

    Ann-Charlott, die mich übrigens auch wiedererkannt hat, und proforma Hilde's Papiere kontrolliert, um Zeit für ein gemeinsames Schwätzchen zu haben, aus dem wir merken, wie viel wir vom anderen in uns tragen, obwohl wir ja nicht mehr über ihn nachgedacht haben in den vergangenen Jahren.

    Das ist ein Geschenk. Unser Gedächtnis. In den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts (klingt doch lustig) habe ich in der Lüneburger Heide einen jungen Schäfer getroffen, der mit seiner Herde unterwegs war. Zwanzig Jahre später etwa sind wir uns wieder begegnet, und er war sehr überrascht, dass ich ihm noch erzählen konnte, auf welche Art und Weise in einem tiefen Winter sein Ohr erfroren ist. Manche Geschichten vergesse ich anscheinend nie, während andere nicht mehr zum Vorschein kommen.

    Vor zwei Jahren waren wir auf einem Stellplatz in Schweden, der in ehrenamtlichem Engagement von Bewohnern der Region in einem historischem Museum am Leben erhalten wird. Ein kleiner Platz mit Badestelle am großen See, wo gestern eine niederländisch-belgische Gruppe junger Männer ihre Kanus rein- und rausgeschoben hat, um über den See zu paddeln.

    Als Sam und eine junge Frau den Laden mit Produkten aus der Region öffnen, bin ich sicher, dass ich sie letztens schon hier getroffen habe. Ja, sie habe doch von mir einen Sticker erhalten, ich habe einen Blog, und habe den besonderen Käse gekauft. Sande Øst bekommen sie am Stück aus dem Norden von Norwegen. Hier in Schweden wird er gerieben und auf einer dicken Scheibe Brot mit reichlich Butter gut bestreut gegessen. Eine Köstlichkeit.

    Ich kaufe noch einen Sirup aus Elchkraut, von dem Sam meint, mindestens eine Mischung von 10:1 wäre empfehlenswert. Er spricht deutsch und englisch, ist viel gereist, und lebt jetzt in einem Wald mit Hund und Katze "a simple life", weiches besonders im kalten Winter hart ist, wenn die Schneemassen ihn einschließen, er fast ausschließlich mit Holz heizt und kocht.

    Wir sind ähnlich alt und haben verständige Dinge im Kopf, von denen wir überzeugt sind, dass sie lebensnotwendig sind. Später lerne ich eine deutsche Frau kennen, auch in unserem Alter, die ganz anders unterwegs ist in ihren Gedanken und Lebensideen.

    Sie haben eine Hütte in der Gegend und sich hier mir Freunden getroffen, die ihren Camper unweit vom blauen Bus geparkt haben. Der Grill ist ausgepackt, der Schweisshund sitzt hinter der geöffneten Tür, aber mich hat auch keiner gefragt, ob mir das so recht ist, mit solch aufdringlichen Nachbarn.

    Durchaus. Sie sind freundlich und auch offen, aber sie ziehen hier ihr Ding durch. Fast hätte ich gedacht, dass man Schwedenurlauber von denen in Norwegen oder Finnland unterscheiden kann, weil sie mit so einer Selbstverständlichkeit ein fremdes Land in ihren Besitz nehmen.

    Aber mittlerweile denke ich, dass das historische Gründe haben muss, dass manche Mitteleuropäer ein solches Denken in sich tragen. Es ärgert mich sehr, aber ich nehme es als Challenge, trotzdem entspannt zu bleiben. Sie würden meinen Ärger eh nicht verstehen, weil sie von ihrem "Richtig" so überzeugt sind.

    Also parke ich um und gehe in mich, frage nach, was das mit mir macht. Ich habe Wasser hier, kann also heute meine Wäsche auswaschen, mich "duschen", Wasser nachfüllen. Und lernen, meinem vielleicht verständlichen Ärger sozusagen einen Schornstein zu Verfügung stellen, dass er in die Atmosphäre entweichen kann.

    Denn wie treffend hat doch Udo Jürgens einmal gesungen.

    "Wenn ein Traum, irgendein Traum sich nicht erfüllt
    Wenn die Liebe zu Ende geht
    Wenn selbst die Hoffnung nicht mehr besteht
    Nur Einsamkeit

    Wenn ein Blatt, Irgendein Blatt vom Baume fällt
    Weil der Herbstwind es so bestimmt
    Wenn das Schicksal uns etwas nimmt
    Vertraue der Zeit

    Denn immer, immer wieder geht die Sonne auf
    Und wieder bringt ein Tag für uns ein Licht
    Ja, immer, immer wieder geht die Sonne auf
    Denn Dunkelheit für immer gibt es nicht
    Die gibt es nicht, die gibt es nicht."

    https://youtu.be/WHr46pyUa50?si=9rtR7Rohp69Ln7re

    Es liegt sehr oft an mir, wie ich mich in dieser Welt sehe, und welche Impulse ich wann und wo setzen kann. Denn jeder Mensch hat die Möglichkeit, positive Akzente zu hinterlassen. Das schließt nicht aus, mich zu positionieren, wenn es Sinn macht. Aber auch zu schweigen, wenn das eine bessere Lösung ist.

    Für den Funken Verstand, der jedem Menschen inne wohnt, setzt ein stilles Feuer vielleicht eher die Flammen in Brand, sodass sie lichterloh aufleuchten. Das wünsche ich mir auch immer. Und selbst wenn dieses Beispiel technisch vermutlich schwach ist, in meiner Phantasie ist es durchaus möglich.

    Übrigens. Wenn ich die direkte Route genommen und mich nicht so viel verfahren hätte, wäre die Fahrstrecke nur 68 km gewesen. Dafür habe ich unglaublich viel Schönes und Interessantes gesehen, und mich in einem Landhandel mich Ziegenkäse eindecken können!

    Älgå Hembygdsgård,
    671 93 Arvika, Schweden

    https://www.facebook.com/AlgaHembygdsforening
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  • Am Ende gibt es ein Geschenk

    15.–16. aug. 2024, Sverige ⋅ ☁️ 18 °C

    DAY 49 A JOURNEY ALONG
    THE COASTLINE OF EUROPE
    (Fahrtstrecke 307 km)

    Kil - Karlstad - Kristinehamn - Björneborg - Degerfors - Laxå - Askersund - Motala -Mjölby

    Einhundertfünfunfdreissig nichtssagende Kilometer in zwei Stunden auf der 61 und E18, um Karlstad weitläufig zu umgehen, erfrischt durch reichlich Fahrtwind, sofern er denn durch den Fensterschlitz eindringt.

    Passend zu den 24° Sonnendurchleuchtung hat das Gebläse wenig Lust, hier die Klimaquelle zu spielen. Überhaupt Klima und Bäume. Es ist langweilig windstilldunkelgrün. Passend zu asphaltgrau und getreidetrockengelb hat der Himmel die Farbe von hellblau bis wolkenweiß, das Wasser der Seen gesellt sich unauffällig
    plätschrigdunkelbishellbraun dazu.

    Ich meine, Schweden projektiert sich hauptsächlich über seine Jahreszeiten, die es wechselnd beschenken mit birkengelb, schneekalt oder frühlingsbunt. Aber im Sommer breitet sich einfach nur der oben genannte Mischmasch aus.

    Sofern du nicht auf kleinen Straßen unterwegs bist, da kommt doch eine Menge Heimeliges dazu. Leider auch unheimlich viel Müll. Was da an dem kleinen See alles an geöffneter Fertignahrungspackung mit Dosenunterstützung in der Feuertonne gelandet ist, verändert sie zur Mülltonne.

    Da liegt ein Ruderboot zur allgemeinen Benutzung am Ufer, sogar eine Bank bietet Erholung, wenn man nicht auf die großen Felsen klettern kann. Aber wäre es da nicht eine adäquate Gegenleistung, den Platz gepflegter zu hinterlassen.
    Aber wenn es keiner sieht...mache ich das auch bei Besuchen in einer Wohnung. Woher kommt dies Verständnis, es da nicht zu tun. Reflex oder Angst, negativ aufzufallen.

    Ein leidiges Thema. So wie Hilde's ständige Suche nach liegengebliebenem Fressen und mein gebetsmühlenartiges Neinsagen. Heute ist sie ein bisschen stöckchenlustig und planscht vierfüßig herum, bis es reicht. Im Bus ausruhen. Wir haben Dänen getroffen, die auf einer kleinen Insel vor Karlstad eine Hütte gemietet haben, hier den See eine schnelle Frühstückspause genutzt haben.

    Örebro Lan. Ohne Motorengeräusche ist es still. Nicht ein Vogel piepst. Nicht mal ne Krähe oder eine Möwe im Überflug. Schweigen oder Lastwagen, selbst zwei Radfahrer verursachen im Eiltempo ein Geräusch.

    Ein Camper hält. Die Frau sieht verknittert aus, als habe er sie hinten aus dem Schrank geholt. Er trägt ein bügelfreies blaues T-Shirt, hat eine Plastikschüssel in einer Hand, eine Zigarette im Mund, das passt gut dazu, dass sie im Straßengraben nach Pilzen suchen.

    Schon der dritte deutsche Raucher mit Camper innerhalb von wenigen Stunden in Schweden. Ich überlege, ob es da einen kausalen Zusammenhang mit der Herkunft und dem Reiseland geben könnte.

    Ich weiß natürlich, dass meine derzeitige Einstellung nichts mit Schweden an sich zu tun hat. Es bietet Wassersport und Wandermöglichkeiten, dient der fröhlichen Sammelleidenschaft in vielerlei Hinsicht, und hat Städte mit großem Leidenschaftswert.

    Mir bleiben die kleinen Straßen, die pittoresken Orte, die freundlichen Menschen. Wenn das grade mal ausbleibt, dann werde ich halt ein bisschen nörgelig. Wir sind auf der Durchreise zum Meer, haben schnellere Straßen gewählt, und werden mit zunehmender Hitze belohnt.

    Spaziergang in Askersund bei 24°, kurze Götakanalüberlegung in Motala, mittlerweile sind noch 3 Grad dazugekommen, die bei Komplettausfall des Windes sich vermehren. Erst jetzt wird mir bewusst, wie angenehm die Temperaturen in Norwegen waren, obwohl mir 21 ja auch immer zuviel waren. Aber es gab Wind.

    Wir beenden den Tag auf einem kostenlosen Wohnmobilstellplatz im Grünen an der Autobahn nach Stockholm zwischen einem Franzosen und einem Schweden, sozusagen stilecht. Im Hintergrund brummt ein Kühlfahrzeug durch die Nacht, ein Geräusch, das langsam zur Gewohnheit wird.

    Viel nerviger ist die Fliege, deren unruhiges Surren endet, als ich die Patsche endlich finde. Hilde muss wieder früh raus. Man sagt ja, Hunde müssen die Zeitung lesen, aber wieso frisst sie sie dann. Und das ist ja nicht mal ihre Schuld. Nein, es gibt wohl keinen Ort auf dieser Erde, wo nicht jemand irgendwas weggeworfen hat. Und wenn das Verhältnis tausend zu eins ist, dann ist der eine zuviel.

    Aber vermutlich ist die Dunkelziffer noch viel höher. Ich bin mittlerweile so genervt von der Verschmutzung unserer Natur, und glaub mir, die Vermeidung hat nichts mit Intelligenz zu tun. Gleichgültigkeit ist hier das Zauberwort, und die zieht sich durch die ganze Menschheit. Die Wenigen, die bewusst dagegen steuern, sind deutlich in der Minderheit.

    Und wir sprechen hier nicht von Dritter Welt, sondern von Europa. Und ob ich das hier schreibe oder nicht. Es liest kaum einer und die wenigen, die handeln, haben das schon vorher getan. Oft sehe ich im Status bei WhatsApp Nachrichten gegen rechte Parteien und für besseren Umweltschutz. Dann frage ich mich immer, an wen richtet sich der Schreiber. Wenn solch ein Gedankengut in seinem Freundeskreis herrscht, dann müsse er wohl dringend mal dort aufräumen.

    In einem Blog ist das ja nicht anders, auch wenn man dort nicht jeden kennt. Aber letztendlich folgen mir doch nur die, die meine Denkweise kennen und unterstützen. Oder die, denen die Bilder gefallen. Die schweigende Masse hat mal auf Folgen gedrückt und den Rest vergessen.

    Schreib mir doch mal kurz, ob du den Text zuende gelesen hast, denn eigentlich glaube ich, dass ich all das hier nur schreibe, um mir den Ärger vom Hals zu reden. Tatsächlich ist es manchmal schwierig, in all dem positiv zu bleiben. Und kannst du dich noch an die lauen Sommerabende erinnern, wo wir insektenfrei im Grünen gesessen haben.

    Heute warten sie auch schon am Morgen vor der Tür, unsere Welt ist gar nicht mehr ohne sie vorstellbar. Aber selbst, wenn jetzt alle Menschen mit dem Schutz der Umwelt beginnen, lässt sich der Lauf der Zeit nur noch schwerlich verändern. Aber es wäre ein Anfang.

    Ich verspreche dagegen, ab Morgen nur noch kürzere Texte zu schreiben, mit vielem Lächeln und guten Worten, die Klage lasse ich
    außen vor. Versprochen. Wenn Du mir versprichst, nichts mehr achtlos wegzuwerfen, auch keine Kaugummis.
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  • Handewitt

    16.–17. aug. 2024, Tyskland ⋅ ☁️ 21 °C

    DAY 50 A JOURNEY ALONG
    THE COASTLINE OF EUROPE
    (Fahrtstrecke 847 km)

    Vimmerby - Oskarshamn - Växjo - Helsingborg Kopenhagen - Odense - Handewitt

    Endlich sind wir auf den kleinen Straßen unterwegs, alleine. Kisa, Vimmerby, Tuna, Pferde und Kühe, versprengte Häuser, Felder und Wiesen. Ich genieße den Morgen, der aber an Temperatur zunimmt, desto weiter wir nach Süden fahren.

    Hilde atmet schwer, und die Windstille schlägt mir aufs Gemüt. Ich bekomme eine Nachricht per WhatsApp, doch just als ich antworten will, gehen lediglich Notrufe noch raus. Erst denke ich noch, es liegt am Wald. Dann mache ich einen Neustart. Aber es ändert sich nichts.

    Dafür steigt die Temperatur an, desto näher wir Oskarshamn kommen. Was sollen wir tun. Um wenigstens ab und zu im Internet zu planen, müssten wir auf Campingplätze gehen, eine Reiseroute am Meer wäre mit der Landkarte, die ich habe, möglich. Aber bei den Temperaturen geht eigentlich Reisen gar nicht, die einzige Möglichkeit wäre, eine Hütte zu mieten.

    Faktisch muss ich aber in zwei Wochen in Deutschland sein, und mit einer Hütte wäre meine Küstenlinientour dann eigentlich auch hinfällig. Die Handysache kann ich allerdings hier wohl auch nicht lösen, und für einen Handyshop in eine Stadt zu fahren, Hilde in der Hitze mitschleppen, die vermutlich nicht mal in einen Laden hineingehen darf, fehlt mir schlichtweg die Lust.

    Das klingt alles nicht so prickelnd, und weil es erst Mittag ist, wirken dreihundert Kilometer bis Helsingborg auch nicht problematisch. Dummerweise sind wir erst ganz in den Osten gefahren, um nach Westen abzubiegen. Aber dort ist ja erst die Entscheidung gefallen, die vorher wohl nicht möglich war.

    Es ist schön zu sehen, wie alle Schweden sich an die Radarkontrollen halten, um gleich wieder richtig draufzutreten. Wie soll man auch sonst mit maximal 110 km/h die Fahrzeuge überholen, die fünf Kilometer langsamer fahren. Und ohne Fahrtwind verbrennt uns die Hitze die Köpfe, denn die Lüftung ist passend zur Jahreszeit ausgefallen.

    Und bis auf ein merkwürdiges Klopfen im Motorraum während des Leerlaufs, läuft der blaue Bus einwandfrei. Aber es scheppert ja eh ne Menge beim Fahren, da ist ein Klopfen auch nur ein Geräusch. Viel mehr Sorgen macht mir Hilde. Und damit komme ich zu einem weiteren Knackpunkt in unserem Leben.

    Schon seit einigen Jahren denke ich darüber nach, dass die Sommermonate unserer Form zu reisen nicht entgegen kommen. Faktisch ist es zu heiß im blauen Bus, und die Touristenströme an den Stränden, aber auch im Inland sind einfach zu viel geworden. Dabei werden wir älter und sind nicht mehr so flexibel, können allerdings kühlere Temperaturen und verregnete Tage gut wegstecken.

    Ergo, es muss eine Lösung gefunden werden. Wir brauchen eine Sommerresidenz, eine kleine, schattige Unterkunft, wobei eine Wohnung eher wegfällt, weil wir nicht nachbarkompatibel sind. Also Schrebergarten oder Hütte am See könnten eine Lösung sein. Vielleicht auch ein großer Carport für den kleinen Bus.

    Es geht erst auf 17 Uhr zu, als wir uns Helsingborg nähern. Ich hadere ein wenig mit den 350 km bis zur deutschen Grenze, also setze ich mir zum Limit, dass ich die Fähre nehme, wenn es keine Wartezeit gibt. Und so geschieht es. Bootswlan ermöglicht es mir, kurz meine Handysituation auf WhatsApp darzustellen, bevor jemand den Sehnotrettungsdienst -sprich das eigene Sorgenthermometer - einschaltet.

    Dann verfahren wir uns in Kopenhagen und alle Deutschen sind weg. Denn natürlich braucht Hilde nach der Fähre erstmal reichlich Grün. Und da bekannterweise feierabendsüchtige Dänen keine Orientierungshilfe bieten, andererseits aber das Straßenschild nach Odense verloren gegangen ist, und meine Handymap nur noch aus wenigen Streifen besteht, die Autobahnen darstellen, auf denen ein hilfloser blauer Punkt herumirrt, kann ich mich nur an Rødby orientieren, auch wenn ich nicht nach Puttgarden fahren will.

    Geschafft, auf der Brücke über den Großen Belt geht die Sonne überm Meer unter, wir queren Odense, und erreichen Kolding nach der Überquerung des Kleinen Belt im Dunklen. Noch 97 km nach Flensburg, um zwanzig vor zehn ist es also Nacht. Dann die Grense, ich muss grinse!

    Total müde kommen wir in Handewitt an, ich baue den blauen Bus zur Nacht um, Hilde dreht sich nochmal neu ein, ich bin wach und das Handy funktioniert wieder. Warum? Weiß auch der Anbieter nicht. Egal. Es war eine interessante Erfahrung.

    Was gibt es sonst noch? Ach ja, der Travel Tracker ist auf FindPenguins und Polarsteps trotzdem mitgelaufen. Für die nächsten zwei Monate ist keine Küste im Sicht. Ich werde trotzdem die Storys bis zu einem bestimmten Punkt weiterlaufen lassen, weil ich annehme, dass ich von dort aus im Oktober zum nächsten Küstenstreifen aufbreche. Und dieses Mal wird es besonders exotisch.

    Natürlich gehen die Reisegeschichten auch weiter, während wir in Deutschland unterwegs sind, und dabei diverse interessante Begegnungen haben werden. Also, wenn du dabei bleiben möchtest, ergibt sich vielleicht ja mal die Möglichkeit, dass wir uns persönlich kennenlernen können. Würde uns sehr freuen!
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  • In Vergessenheit geraten

    17.–18. aug. 2024, Tyskland ⋅ ☀️ 19 °C

    DAY 51 A JOURNEY ALONG THE COASTLINE OF EUROPE (Fahrtstrecke 88 km)

    Meyn - Schafflund - Lindewitt - Paulsgabe - Haselund - Viol - Schwesing - Mildstedt - Wisch

    Da es sich mittlerweile bei Regen nicht mehr um jenes leichte Sommernieseln handelt, das erfrischend unser Gemüt benetzt, sind wir sehr dankbar um die kleinen Unterbrechungen in den heftig nässenden Wolkenausschüttungen, um unseren Spaziergängen Raum zu geben.

    Irgendwo bei Meyn parken wir am Straßenrand, denn in Handewitt kannst du eigentlich nur Gras kaufen, aber nicht zum Schnüffeln am Boden finden. Hier bringen die Eltern ihre Kinder noch mit dem Auto zur Schule, denn die hat nur im Süden noch nicht angefangen. Dass wir hier rumlaufen, mag einen ungläubigen Blick lösen, aber nicht unbedingt das Nachdenken fördern.

    Warum auch. Nordfriesland ist Reiseland im Sommer und da bewegen sich viele fremde Kennzeichen durch den Raum. Allerdings vermutlich nicht in Meyn, wo der europäisch geförderte Radweg an der Ecke zur Dorfeinfahrt endet. Was wohl bedeuten könnte, dass Radfahrer eingeladen werden, im Dorf eine Brotzeit einzunehmen, ein kühlendes Getränk zu bekommen, oder just auf einen Schwatz eingeladen zu werden.

    Ich weiß, ich bin ein Träumer, denn stattdessen müssen sie einfach nur der Landstraße folgen, die sie mit Autofahrern ab jetzt teilen, um nach Flensburg zu kommen. Und dabei fällt mir ein bekanntes, menschliches Phänomen auf. Die Annahme.

    Ich weiß schlichtweg nicht, ob auf der anderen Seite des Dorfes auch ein Radweg ist, denn ich habe erst darauf geachtet, als ich den hier so abrupt enden sehe. Aber ich bilde mir ein, dass ich Recht habe, weil ich ähnliche Erfahrungen schon gemacht habe.

    Ein Fazit könnte also sein, die Dinge besser zu überprüfen, bevor ich sie als wahr darstelle, oder so eine Aussage nicht zu machen. Aber um etwas daraus zu lernen, muss ich sie jetzt doch stehen lassen, denn wir sind zu weit weg, um nachzusehen.

    So ein Blog dient vielleicht zur eigenen sehr persönlichen Selbstvergnügung, aber es wäre doch schade, wenn ich nicht wenigstens den Versuch machen würde, von dem etwas weiter zu geben, dass ich begriffen habe.

    Wir parken seitlich an einem Feldweg, damit der Bauer ggf noch durchfahren kann. Es regnet wieder wie üblicherweise, aber der Boden kann das noch aufnehmen, später auf den Dorfstrasse werden die Pfützen zu Fontänen, die Bodenhaftigkeit wird gefährdet, mehr noch die Sicherheit von Fußgängern, gäbe es sie denn.

    Ab und an ein Fahrzeug, ich schreibe eine Geschichte, betrachte das abgemähte Land um uns, das sich abmüht, um nächstes Jahr den gleichen Ertrag zu bringen. Da fällt mein Blick auf einen Kaffeebecher im Gras. Vorbei ist die Romantik, bevor sie überhaupt anfangen konnte. Hier war schon Jemand, und hat dem Land seinen Stempel aufgedrückt. Denn die Halbwertszeit von Kaffeebechern ist 70 Jahre oder so, ein Menschenleben lang.

    Die KZ Außenstelle in Schwesing wäre stattdessen fast in Vergessenheit geraten. Nach nicht mal 50 Jahren hat sich keiner mehr daran erinnert, was hier geschehen ist, obwohl die Bevölkerung 1944 sehr wohl involviert war. Zumindest die, die Geschäfte mit ihr gemacht haben. Aber die sind 50 Jahre älter, und wenn schon nicht tot, dann wenigstens vergesslich. Und wenn der Mensch eins in seinem Leben gelernt hat, dann ist es das Vergessen, was manchmal ja auch lebensnotwendig ist. Das dürfen wir nicht vergessen.

    "In Schwesing bei Husum befand sich von September bis Dezember 1944 ein Außenlager des KZ Neuengamme. In dieses Lager verschleppte die SS etwa 2.600 Männer aus zahlreichen Ländern Europas. Sie mussten auf Baustellen des sogenannten Friesenwalls, einer aus heutiger Sicht sinnlosen Verteidigungsanlage, Zwangsarbeit leisten..."
    https://gedenkstaetten-sh.de/gedenkstaetten/kz-…
    https://www.instagram.com/reel/C-vdYGeutSL/?igs…

    Die Anlage ist hundespaziergangsgross, Hilde hat viel zu schnüffeln, denn vor ihr waren ganze Heerscharen von Vierbeinern unterwegs zwischen dem wildwachsenden Farn und den Brennnesseln. Und dem gut gemähten Rasen, auf dem wir gehen. Dass ist viel besser als auf dem groben Weg, wo die Steine im Lehm zum Stolpern einladen.

    Ob sie erinnern sollen, oder ob wir heute aus Bequemlichkeit besser sie vermeiden. Den Schornstein kannst Du nicht übersehen, auch wenn grüne Äste aus seinem Schlot heraus wachsen. Was wird dort verbrannt worden sein.

    Auf dem Hof Frowähr finden wir Obdach, ein Landvergnügenhof, wo wir doch den ganzen Tag über schon Vergnügen hatten. Aber hier wird es ernst. Der Bauer erzählt von den Schwierigkeiten, dem neuen Erreger, der von einer Mücke übertragen wird. Blauzunge kann für Schafe tödlich sein, Kühe können aufgrund ihre Körpergröße überleben.

    Es gäbe wieder Fälle von Gelbfieber im Land, wir sollten unsere Impfungen besser überprüfen. Im Hofladen könne nur online bestellt werden, die Ware bringt der Bauer zum Glück noch zu Fuß. Am Morgen ist der Himmel blau, die Gänse gründeln im Wasser. Gestern war plötzlich der Mond zwischen den Bäumen zu sehen, wie eine matschige Birne. Dann kam die dunkle Nacht, und ich habe mich gefragt, was der Mond jetzt macht, der kann doch nicht einfach weg sein. In Vergessenheit geraten.

    Habe viel geträumt und wollte gar nicht wach werden. Obwohl das besser war, um die Gedanken zu unterbrechen. Zum Glück hat es die Sonne in den neuen Tag geschafft. Das kam doch ziemlich überraschend.
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  • To Fly

    18.–19. aug. 2024, Tyskland ⋅ ☁️ 16 °C

    DAY 52 A JOURNEY ALONG THE COASTLINE OF EUROPE (Fahrtstrecke 158 km)

    Owschlag - Eckernförde - Krummwisch - Fockbek

    "Aren't you meant to fly?
    Sing your song and touch the sky
    Aren't you meant to fly?
    Or do you want to wait until you die?

    We chain ourselves
    To free ourselves
    Drown ourselves
    To crown ourselves
    Reveal ourselves
    To be ourselves
    We lose ourselves
    To find ourselves

    Aren't you meant to fly?
    Sing your song and touch the sky
    Aren't you meant to fly?
    Or do you want to wait until you die?
    Fly high
    You'll get there in time

    You're not alone in this battlefield
    That's life
    You'll fall and you'll rise
    ...
    Just hold on and try
    Your faith will tame this beast
    Knock down the closing walls...
    Aren't you meant to fly?"
    (The Wanderer)

    https://youtu.be/4R0GKWCcAOQ?si=WdQ7-2NNetoxbF6o

    Kopfüber in die Liebe fallen, so sagt man ja, hat nichts damit zu tun, kopfunter im Bus zu schlafen. Ich habe es geahnt und ignoriert. Jetzt bin ich müde und geniert.

    Die Hilde hat wieder Bauch, muss früh raus, findet keinen Platz, um in Ruhe zu schlafen. Will unters Bettzeug, das ich schon zusammengefaltet habe. Als ich es wieder ausrolle, ignoriert sie es. Legt sich lieber auf mein Bein. Es gluckert in ihrem Bauch.

    Gestern endlich Wäsche waschen können, ohne einen Campingplatz aufsuchen zu müssen. Eckernförde. Einkaufszentrum. Neben dem Fahrradständer. Kommen Menschen vorbei und staunen sie an, sie drei Maschinen.

    Man kann also auch woanders waschen. Mit dem Bus daneben stehen. Alles raus und wieder einräumen. In gut einer Stunde sind wir wieder weg.

    Stehen an der Treene und hinter der B203. Parkplätze, die kaum einer kennt, um in Ruhe spazieren zu gehen, Schatten suchen.

    Der Auenwanderer ist gestorben. Wir kennen uns nicht, aber wären uns im letzten Winter auf unserer Reise in den Süden fast begegnet. Wir haben voneinander gelesen, ich habe für ihn gebetet. Gott hat ihm noch einen langen Weg geschenkt, so glaube ich das.

    Er hat lange gekämpft, so höre ich, bis er bereit war. Gehen zu dürfen ist ebenso eine Gnade. Wie leben zu dürfen. Aren't you meant to fly. Sind wir nicht dazu bestimmt. Bis die Flügel einmal ermüden. Die Flügel. Nicht der Geist. Die Mutlosigkeit. Aufzugeben ist keine Option. Niemals. Solange wir noch fliegen können.

    Seit drei Jahren sei er alleine, jetzt kann er wieder reisen. Sagt mein Nachbar in Fockbek auf dem Stellplatz. Das Leben hat ihn eingeholt. Das braucht Zeit. Er sei lange krank gewesen. Danach.

    Hilde ist sehr unruhig, ich habe Sorge um sie. Dass sie wieder etwas gefressen hat. Aren't we meant to fly. Ich denke oft darüber nach. Vielleicht schon mein Leben lang. Ist mir gestern eingefallen. Als ich eine stille Straße gefahren bin. Und trotzdem liebe ich das Leben, hänge an ihm eine Klette am Pullover.

    Kann verstehen, dass es Menschen laut um sich herum machen. Leise ist gefährlich, weil du dich selber reden hörst. Für Stille musst du stark sein. Wie fürs Leben auch. Oder fürs Abschied nehmen. Seit fünf Jahren kann Hilde das nicht mehr ertragen, also sag ich nur noch sozusagen im Vorbeigehen Tschüß. Das prägt.

    Wir fahren eine Viertelstunde weiter. Zum Nordpol. Da steht auch jemand, der übernachtet hat, noch schläft. Gehen spazieren. So wie Hilde will, den Feldweg auf und ab, mal hier und da in einer Wiese herumschnüffeln. Bisschen Gras, Sonne sehen, Frühstück haben wollen, hungrig sein. Dem Bauch scheint es besser zu gehen, dafür haben wir Fliegen im Bus, wie aufm Bauernhof. Hilde ist genervt, aber wenn ich die Fliegenpatsche raushole, schaut sie mich vorwurfsvoll an.

    Aren't we meant to fly!
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  • Über die Elbe

    19.–20. aug. 2024, Tyskland ⋅ ☁️ 18 °C

    DAY 53 A JOURNEY ALONG THE COASTLINE OF EUROPE (DISTANCE 126 km / Gesamt 8.600km/Ø 162,26 km)

    Elsdorf - Breiholz - Oldenbüttel - Bendorf - Besdorf - Wilster - Borsfleth - Dägeling

    Nachdem wir 10 Minuten in der Hitze des Staus vor dem Fährort Glückstadt am Nachmittag gewartet haben, bin ich umgedreht, um eine Bleibe für die Nacht zu suchen.

    Ein Landvergnügenhof in der Nähe kommt da grade recht, mitten im kleinen Dorf gelegen, wird er unser Ziel für die Nacht. Freundliche, junge Bauersleute, ein gut bestückter Hofladen. Marmelade kommt mir gerade recht und mal wieder ein paar Möhren für Hilde, die sie so gerne knackt, auch wenn sie keinen Nährwert haben.

    Ein nettes Gespräch mit anderen Reisenden, ein ruhiger Abend im blauen Bus, eine gute Nacht. Als ich morgens früh die Seitentür öffnen, sind gerade die Bienen im Ausflug, und wir erschrecken uns, sodass ich die Tür schnell schließe, um sie nicht zu stören.

    Früh sind wir an der ersten Fähre in Glückstadt, wo die Sonne lustige Spielchen mit uns macht, während die Fähre wiederholt die Richtung ändert, um im richtigen Fahrwasser sich dem Ufer von Wischhafen zu nähern.

    Hilde geht es wieder gut, spätestens nach der ersten Buddeleinlage gestern morgen unter den sonntagsstillen Windrädern war die Welt wieder in Ordnung.

    Wir haben ein bisschen im Land herumgeschaut, waren viel draußen, und sind so einigen Orten begegnet, an denen seltener jemand anhält. Ist natürlich nochmal der Nordostseekanal dabei.

    Aber die meisten Bilder kommen von der Fähre, leider nicht immer so klar mit den verschmutzten Seitenfenstern. Aber vielleicht ganz lustig.

    An einem Friedhof machen wir unseren Spaziergang, fahren ein Stück ins Land hinein, bis wir an einem Maisfeld anhalten und frühstücken. In den Storys gibt es kleine Videos von diesem Morgen, sozusagen als Bindeglied zwischen den Lücken in Text und Bildern.
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  • Heidelbeeren zum Dessert

    20.–21. aug. 2024, Tyskland ⋅ ☁️ 18 °C

    DAY 54 A JOURNEY ALONG THE COASTLINE OF EUROPE (DISTANCE 165 km / Gesamt 8.765 km/Ø 162,31 km)

    Glückstadt - Wischhafen - Bremervörde - Zeven - Rotenburg/Wümme - Wittorf - Visselhövede - Riepholm

    Montag abend weiß ich, dass eine Woche vergangen ist. Dann muss ich meinen wöchentlichen Medikamentenvorrat erneuern und mein Fußbad nehmen, die Stützstrümpfe im noch heißen Wasser anschließend mit der Hand waschen.

    Die aufgewärmten Fußnägel sind nach dem Trocknen zu feilen, und so kann ich den notwendigen Termin zur Fußpflege auf 10 bis 12 Wochen ausdehnen, was mir die langen Reisen erleichtert.

    Aber wenn eine Woche vergangen ist, bin ich immer ein wenig melancholisch und gleichzeitig nachdenklich. Wie die Zeit vergeht, obwohl doch jeder Tag so langsam dahingleitet. Wir wechseln Schattenplätze und Spaziergänge miteinander ab, manchmal geht auch Beides an einem Ort.

    Hilde schnüffelt und buddelt, ich lese oder schreibe, gucke ins Handy oder schlafe noch eine Runde, währenddessen der Ventilator durchgehend surrt, die Luft einigermaßen erträglich hält.

    Seit Tagen überlege ich an einer Veränderung im Bus. Die Reisetasche für die Bekleidung ist eigentlich zu groß, aber wenn ich dort das Bettzeug unterbringe, gewinne ich eine freie Liegefläche, die Hilde oder ich gut nutzen können. Heute habe ich dann die Erleuchtung, wohin ich meine Bekleidung packen kann, sodass ich sie auch leicht erreiche.

    Noch ein bisschen hin und herräumen, einiges entsorgen, und schon habe ich weiter reduziert. Das macht mich glücklich, nur das Nötigste zu besitzen, und trotzdem ausreichend versorgt zu sein.

    In den letzten Monaten habe ich das Kochen endgültig eingestellt. Mit dem Wasserkocher kann ich heißes Wasser machen, um Kartoffelpürreepulver zu verarbeiten, mal ein Süppchen trinken, oder Eier kochen. Die andere Ernährung ist eh auf kalt eingestellt. Das heißt ja grundsätzlich nicht, dass ich nichts Gekochtes esse, aber für mich steht der Zeitaufwand in keinem Verhältnis zum Nährwert.

    An einem weiteren Projekt arbeite ich noch. Das ist noch nicht so ausgereift, dass ich es tatsächlich schon veröffentlichen kann. Aber es bewegt sich. Tatsächlich habe ich aber meine Ernährung umgestellt, mehr streichfähige Zutaten mit Zwieback oder Reiswaffeln, wenig Süsses außerhalb vom morgendlichen Porridge mit Marmelade.

    Hauptsächlich Ziege- oder Schafprodukte, wenig Alkohol, was mir nicht so leicht fällt, zumal ich ja jetzt die Möglichkeit hätte, wieder einkaufen zu können. Durch Fitline-Getränke ist mein Haushalt an Vitaminen und Mineralien gut gedeckt. Und manchmal habe ich sogar den Eindruck, ich nehme ab.

    Den Umständen entsprechend, geht es uns Dreien gerade richtig gut. Mal abgesehen von den chronischen Beschwerden können wir in einem guten Maß von Wohlgefühl sprechen.

    Heute kommen wir ziemlich senkrecht nach Süden über größere Landstraßen, die Wald und Wiesen, versetzt mit Orten unterschiedlicher Größe, um sich herum aufgestellt haben. Wir haben in zwei Tagen eine Verabredung, die 225 km entfernt ist, also versuche ich es gerecht aufzuteilen, bin aber bei der Schlafplatzsuche doch einige Umwege gefahren.

    Letztendlich landen wir auf einem Landvergnügenhof, der mitten in der Heidelbeerernte steckt, und ich erinnere mich, zu ähnlicher Zeit vor einigen Jahren hier einen guten Freund getroffen zu haben. Heute bekommt er die Nachricht leider zu spät.

    So lassen wir den Abend leise ausklingen. Wie meist in den letzten Tagen. Spätestens um zehn Uhr bin ich sehr müde, wache ich doch am Morgen im ersten Licht auf. Ich liebe es, wenn der Tag sich aus dem Dunkel herausschält, die Konturen klarer werden, die Sonne über meinen Horizont gleitet, auf dem höchsten Baum in meinem Blick ein Vogel landet, dem Tag sein Morgenlied zu schenken.

    Was gibt mir jetzt noch das Recht, mich an den Dingen festzuhalten, die mich bekümmern, mich beschweren. Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass jetzt alles gut ist, wobei gut immer auch relativ und von der Sicht des Betrachters her zu sehen ist.

    An der Weltpolitik kann der Vogel nichts ändern, und auch nichts an der schweren Erkrankung mancher Freunde, oder an meinen eigenen Unzulänglichkeiten. Aber er freut sich an diesem einen neuen Tag, obwohl er genausowenig wie ich erahnen kann, was morgen ist. Oder nachher. That's life.
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  • Unterbrechung

    20. august 2024, Tyskland ⋅ ☁️ 25 °C

    DAY 55 A JOURNEY ALONG THE COASTLINE OF EUROPE (DISTANCE 120 km / 8.885 km/Ø161,54 km)

    Kapellenhöhe, Landsitz am Steinhuder Meer, 31556 Wölpinghausen

    UNTERBRECHUNG BIS CA. 10.10.2024

    Ich bin so satt, ich mag kein Blatt. Und dazu den ersten Wein seit drei Wochen, Kuchen zum Kaffee und Garten mit lieben Menschen. So langsam kühlt der Ventilator die stickige Luft im Bus runter, sodass wir gut schlafen werden können.

    Einen Teil unseres Lebens verbringen wir in Sackgassen, und das hier ist ein lichtes, helles Exemplar mit dem Haus meiner Freunde gegenüber, und dem romantischen Licht von Laternen. Nach hinten heraus gehen wir morgen früh spazieren, nach vorne der Verkehr einer Durchgangsstrasse, der nachts weniger wird.

    Wir haben unsere Küstentour unterbrochen, werden in den nächsten Wochen privater unterwegs sein. Familie, Termine, Freunde. Darüber hinaus geht unsere Lebensreise natürlich weiter, wir sind offen für Begegnungen. Aus den abendlichen Storys wirst du sehen, wo wir ab Anfang September reisen, dann sind die Travel Tracker auf FindPenguins und Polarsteps auch wieder angeschaltet.

    Es wird nicht mehr täglich Geschichten geben, sondern eher situativ, denn unser Lebensmittelpunkt wird privater sein. Aber ich werde schon regelmäßig Bilder in Status/Storys posten.

    Heute haben wir lange auf dem Parkplatz eines Friedhofs nördlich von Nienburg an der Weser im Schatten gestanden. Der so ruhige Ort des langen Friedens war heute Mittelpunkt des Rasenmähers, der um die Gräber herum für Ordnung gesorgt hat.

    Vor 45 Jahren war ich auf einem alten Friedhof nahe dem Ort Telavag, auf der Insel Sotra in der Bucht vor Bergen in Norwegen so gelegen, dass Sonnenuntergänge nur von dem quälenden Wolkenstreifen über Wasser verhindert werden konnte. Der nächste Ort im Westen ist Lerwick auf den Shetland-Inseln.

    "Wie das versteckte norwegische Küstendorf Telavag zum Symbol des Widerstands gegen die Nazi-Okkupation wurde

    Der Kampf gegen die Nazi-Okkupation während des Zweiten Weltkriegs kannte in Norwegen viele Formen. Eine davon war der heimliche Schiffsverkehr zwischen der norwegischen Westküste und den britischen Shetlandinseln. Ein Dorf musste dafür bitter bezahlen..."

    https://www.nzz.ch/international/norwegen-die-t…

    Ich empfehle diesen Artikel insgesamt zu lesen, er war mir vorher nicht bekannt, wirft auf meine Geschichte aber ein ganz neues Licht. 1980 konnte man Telavåg auch nur per Fähre erreichen, es gab einen Campingplatz mit Hütten. In einer Nacht voller Regen ist mein Zelt komplett abgesoffen, sodass ich in einer Hütte versucht habe, meine Sachen zu trocknen. Ich hatte lediglich noch eine trockene Unterhose und eine Fischsuppe in ner Tüte, gekauft in Norwegen, hergestellt in der Schweiz.

    Davon wollte ich gar nicht erzählen, sondern von dem Friedhof mit den umgestürzten Steinen im hohen Gras und Unkraut. Ein dunkler Ort mit dem Hauch eines Lichts der Ewigkeit, der trotz all der Verwüstung, deren Umstand mir damals nicht klar war, ein unglaublich friedvoller Ort war.

    Niemand hat mich übrigens je in Norwegen spüren lassen, dass ich ein Deutscher bin. Aber acht Jahre vorher ist mir und meinem amerikanischen Freund Andy ein Mann in Kopenhagen aus einer Bar nachgelaufen, um uns zur Rede zu stellen. Wie könnt ihr Freunde sein, wo eure Väter noch vor wenigen Jahren gegeneinander gekämpft haben.

    Nie mehr Krieg. Und heute mäht der Gärtner den Rasen. Selbst im Tod muss Ordnung sein. Brauchen das tatsächlich die Lebenden. Wäre nicht ein buntes Blumenmeer dort viel angebrachter. Am Parkplatz unterhalb vom Landsitz buddelt Hilde eine Maus aus, die mehr oder weniger zwischen ihren Beinen abhaut, während Hilde wild hechelnd an der Leine zerrt.

    Lass sie doch leben, sie war so clever, abhauen zu können, doch dann läuft sie in einem Bogen fast geradezu auf Hilde wieder zu, die ich grad noch zurückhalten kann. Perfektes Timing.

    Im Bus ist die Luft angenehm, es ist eine Stunde vor Mitternacht. Ich bin dankbar für die zurückliegende Reise, und freue mich auf die nächsten Ereignisse, die ich gerne mit dir teilen werde.
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