Europe along the Coastline (1)

juni 2024 - februar 2025
  • Spaziergänge mit Hilde
Eine Fahrt um das Festland Europas inklusive ausgewählter Inseln Læs mere
  • Spaziergänge mit Hilde

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Strand, Bus, Campingvogn, Kultur, Natur, Fotografi, Rejser alene, Spiritualitet
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  • Haltern am See

    10.–11. sep. 2024, Tyskland ⋅ ⛅ 15 °C

    2.997 TAGE AUF UNSERER LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 64 km/ Gesamt 363.224 km /Ø121,19 km)

    DAY 56 A JOURNEY ALONG THE COASTLINE OF EUROPE (DISTANCE 64 km / 8.949km
    / Ø159,80 km)

    Parkplatz
    Am Freizeitbad
    45721 Haltern am See
    Deutschland

    Ja, das siehst du schon richtig. Die Coastline-Tour geht weiter. Nach der Unterbrechung in Braunschweig wollte ich eigentlich ein bisschen durch Deutschland touren, war mir aber die ganze Zeit ziemlich unschlüssig darüber, ob uns das wirklich so gut passt.

    Gestern gab es mehrere Begegnungen mit Reisegeschichten von Mauretanien bis Polen. Hilde war sehr entspannt, solange der Besuch da war, und sehr aufgebracht, als er ging, was ich ja kenne. Aber diese ständige Erregtheit über jeden Pups, der des Weges kam, zeigt mir doch eindringlich, wie sehr sie negativ belastet ist.

    Eine Tour durchs Ländle mit bekannten Begegnungen würde das nur fördern. Diese Erkenntnis hatte ich vorher schon, aber der Mensch braucht ja oft die doppelte und dreifache Versicherung, bis er begreift, welches Tun richtig und sinnvoll ist.

    Und nein, ich möchte mich nicht von den Menschen zurückziehen. Einfach nur ein für uns gesundes Maß leben. Und dabei spielt Hilde's Befinden eine vorrangige Rolle. Wir werden Begegnungen auf die Reisewege legen, sodass wir gute Freunde auch hin und wieder mal treffen.

    Dafür ist Deutschland als Mittelpunkt in seiner Größe durchaus geeignet. Und die Regionen um Magdeburg, Braunschweig bis hin nach Haltern bleiben ja eh unser regelmäßiges Zielgebiet. Doch unabhängig von all diesen Gedanken ist mir permanent die Sehnsucht in der Seele geblieben. Ich kann nicht von meinem Traum nur reden, sondern muss ihn leben. Wenn nicht jetzt, wann dann! Und so nehmen wir die Spuren zum Meer wieder auf.

    Eine Nacht in Dorsten neben dem riesigen Lastwagen, der schon lange nicht mehr seine Traumziele angefahren ist. Er würde bald achtzig, und braucht mit seiner Frau jetzt die kleine Wohnung in der Stadt, die noch vermietet ist. Zur anderen Seite nächtigt ein Paar aus den Niederlanden. Er habe die Beatles noch in Amsterdam gesehen, und als ich erzähle, dass ich im Vondelpark geschlafen habe, lacht er. Du bist ein Hippie.

    Von Melle her sind wir im Sonnenschein gekommen, während der Himmel sich schon unter der Last der aufziehenden Wolken verbeugt, aus denen am nächsten Morgen der Herbst mit seinen Regenschauern gefallen ist. Überall wirbelnde Blätter auf glänzendem Dunkel des Bodens. Äpfel und Birnen hängen pflückreif in den Bäumen, es ist Pflaumenzeit.

    Jetzt geht alles ganz schnell. Der hohe Mais, das letzte Korn, die erste Kühle der Nacht. In Haltern macht Alex eine Probefahrt mit dem blauen Bus, der unbedingt eine besonders gute Figur dabei machen möchte und kaum klappert. Bis zum Dezember dürfte alles passen, dann muss er winterfest für das Meer im Süden werden.

    Wir können uns kaum verabschieden, denn just da öffnen sich die Wolken und lassen jedes Wort im prasselnden Niederschlag ersticken. Eine Nacht im Licht der nimmermüden Straßenlaternen mit anderen Campern auf dem geleerten Parkplatz vor dem Freizeitbad.

    Am Morgen ist der Asphalt wieder trocken, eine Sonne erhellt den Tag, auch wenn sie noch hinter den Wolken versteckt ist. Die Richtung für die nächsten Monate ist klar. Das Meer vor der Haustüre lockt, der Sand gereinigt von den Strandkörben, erlaubt den Hunden ihn durchzuschnüffeln.

    Ein Stück Nordsee zur einen Seite des Kontinents von der belgischen Grenze an, und eins mit der Ostsee bis zur polnischen Grenze hin, das könnte unseren Plan umfassen für die nächsten drei Monate. Dazu einige Inseln, auf denen ich vielleicht noch nie war. Denn warum soll ich mit den Inseln meiner Träume warten, bis ich das Land umfahren habe.

    Der neue Morgen ist kühl, wir haben gut geschlafen, die Sonne spielt mit den Wolken und dem taufrischen Grün der Blätter. Hilde liegt entspannt auf der Bettdecke, ein paar Schafe ums Maul. Sie stimmt sich schon mal mental auf das neue Abenteuer ein, während ich ein bisschen nervös im Bauch bin.

    Zum ersten Spaziergang fahren wir jetzt ein Stück weiter dahin, wo Gras vor Asphalt Vorrang hat. Komm doch einfach mit!
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  • Kevelaer

    10.–11. sep. 2024, Tyskland ⋅ 🌬 17 °C

    2.998 TAGE AUF UNSERER LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 112 km/ Gesamt 363.336 km /Ø121,19 km)

    DAY 57 A JOURNEY ALONG THE COASTLINE OF EUROPE (DISTANCE 112 km/9.061km
    / Ø158,96 km)

    Wohnmobilstellplatz
    47623 Kevelaer
    Deutschland
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  • Der nächste Morgen

    11. september 2024, Tyskland ⋅ 🌬 14 °C

    2.998 TAGE AUF UNSERER LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 112 km/ Gesamt 363.336 km /Ø121,19 km)

    DAY 57 A JOURNEY ALONG THE COASTLINE OF EUROPE (DISTANCE 112 km/9.061km
    / Ø158,96 km)

    Wohnmobilstellplatz
    47623 Kevelaer
    Deutschland

    Die Nacht war ruhig, kalt und verregnet. Ich habe immer wieder nach der Wunde bei Hilde geschaut, ob sie freiliegt, ob Hilde Schmerzen hat, dass die Lederschuhe an den Pfoten sind, damit sie nicht kratzen kann.

    Sie ist eine willige, ganz stille Patientin, die auf das hört, was ich sage. Ich glaube, wir beide lieben den Regen, wenn er mit so einem stetigen Geräusch den Bus einhüllt. Aber nachts kommen die Gedanken. Ob ich das hätte verhindern können, ob ich unachtsam war. Und so ein Kram.

    Auf jeden Fall bin ich naiv gewesen. Das bin ich anscheinend immer, bis irgendwas Gravierendes passiert. Die erste Attacke eines fremden Hundes, der ihre sofortige Unterwürfigkeit nicht angenommen hat, sondern erst, als sein Besitzer kam. Seither weicht Hilde vor fast jedem freilaufenden Hund sofort zurück, will am liebsten in den blauen Bus.

    Nur am Meer war das bislang unproblematisch, ansonsten gehen wir fast jedem Hund aus dem Weg. Am Wasser sind wir oft, es war immer ohne Gefahr, sodass ich auch hier dachte, sie hätte nach einem Fisch geschnappt, der unvorsichtig nahe dem Ufer gekommen ist. Zudem konnte ich nur Bewegungen sehen, aber nicht den Kampf, weil das Ufer abgerundet zum Wasser hin war.

    Hätte ich nicht trotzdem...du kennst sicher diese Gedanken, die in einem bohren und den Schuldigen in mir selbst suchen. Ich habe lange nicht schlafen können, bin oft aufgewacht, hatte immens starke Schmerzen im Knie, die munter rauf und runter laufen.

    Es ist die Kälte und die Anspannung, die plötzliche Ruhe und die innere Aufgeregtheit. Irgendwann reibe ich das Knie ein, kann endlich mal einschlafen, mag aber morgens gar nicht wach werden, aus Sorge, die Gedanken kommen wieder.

    Ich sehe die letzten Zuckungen der Bisamratte im Wasser und erst dann, dass Hilde sich die Schnauze leckt, meine Hand ist voller frischem Blut. An ihrer Schnauze klafft eine große blutige Wunde, sie hat überhaupt keinen Schmerzenslaut von sich gegeben.

    Auf Google Maps taucht eine Tierarztliste auf, ich nehme den Namen, der mir ein gutes Gefühl vermittelt. Ja, ich könne sofort kommen, sie schauen sich das an. Unaufgeregt betreten wir das Behandlungszimmer, an einem Tisch steht eine junge Ärztin mit ihrer kleinen, vielleicht vierjährigen Tochter.

    Zwei Helferinnen halten Hilde, ich bin an der Schnauze, lass sie meine Hand riechen, meine Worte beruhigen. Das kleine Mädchen schaut still zu, das hier ist eine besondere Lernstunde, denke ich, dieses Vergnügen hat nicht jedes kleine Kind. Sie müsse die Wunde tackern, sagt die Ärztin, nachdem sie sie desinfiziert hat, wobei Hilde lediglich die Zähne zeigt, ansonsten ganz still ist.

    Das Geräusch des Tackerns kennt sie aus dem blauen Bus, als Freunde den verklebten Himmel, der sich abgelöst hatte, angetackert haben. Dann bekommt Hilde ein Schmerzmittel gespritzt und ein Antibiotika, die weiteren Mittel für die nächsten Tage bekomme ich in Tablettenform. Sie heben Hilde runter, ich bezahle die Rechnung, dann will sie schnell in ihren blauen Bus.

    In Kevelaer stehen wir weitestgehend ruhig in der Nacht mit einigen anderen Campern unweit der Bahnstrecke, auf der der bunte Nahverkehrszug halbstündlich fährt. Es ist noch nicht dunkel, als eine junge Frau versucht, sich in der Nähe der Schienen mit ihrem Tod auseinander zu setzen.

    Vermutlich ist es ein Glück für alle, die sonst daran beteiligt gewesen wären, dass sie jemand gesehen hat, und die Polizei ruft. Sie wirkt auch aus meiner kleinen Entfernung sehr niedergeschlagen, und ich kann nur hoffen, dass sie die notwendige Unterstützung bekommt, um einen sicheren Boden wiederzufinden.

    Am Morgen sieht die Wunde besser aus, die Sonne kommt raus, und wir machen einen stillen Spaziergang. Stuhlgang gut, Fressen auch, die Tabletten nimmt sie ohne Probleme, nur das violette Antibiotika beguckt sie kritisch, zerbeißt es erstmal vorm Schlucken.

    Bei solchen Vorfällen bin ich immer ganz aufgeregt, dass ich alles richtig mache, und erzähle mir innerlich lieber nochmal den Ablauf des Gesprächs. Und überhaupt macht mich die ganze Situation ziemlich müde, da kommt vielleicht doch mein Alter mir in die Quere.

    Der Wind treibt dunkle Wolken über die Baumspitzen, während die Sonne die Ränder noch golden färbt. Wir bleiben noch einige Tage in Deutschland, bis ich mir sicher bin über den Heilungsprozess, dann wollen wir nach Westen fahren.
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  • Goch

    12.–13. sep. 2024, Tyskland ⋅ ☀️ 12 °C

    2.999 TAGE AUF UNSERER LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 105 km/ Gesamt 363.441 km /Ø121,18 km)

    DAY 58 A JOURNEY ALONG THE COASTLINE OF EUROPE (DISTANCE 105 km/9.166km
    / Ø158,03 km)

    11.09.2024
    Wohnmobilstellplatz
    Friedensplatz
    47574 Goch
    Deutschland

    Als mir ein guter Freund heute morgen zu den 3000 Gottes Segen aus dem herbstlichen Berlin wünscht, zucke ich kurz zusammen. Auch wenn es nur eine Zahl ist, hat sie doch eine magische Komponente in sich.

    Gerade wegen Hilde's Bisamrattenbegegnung wird mir wieder bewusst, wie sehr Gott unsere Reise beschützt, denn es hätte ja auch viel Dramatischer ausgehen können. Gestern der heftige Regensturm, oder als sie mich abends fast umreißt wegen dem Karnickel. Ein alter Mann fällt nicht mehr weich.

    Es gibt so viele Ereignisse jeden Tag, in denen ich Gottes Segen erfahre. Die Nacht war kalt, und ich habe zu lange kurze Kleidung getragen. Zu lange gelegen, wach im Halbschlaf mit Sorgen und Träumen. Vom Abschied, in dem immer ein kleiner Tod sich verborgen hält.

    Wache mit Schmerzen auf und ziehe mich warm an, oft bin ich einfach nur zu spät dran. Auch wenn ich Träume habe. Die Realität ist meist viel klarer. Halb acht und die Sonne scheint. Mit der Verletzung an der Schnauze ist Hilde's Geruchsinn stärker geworden. Ständig wachsam knurrend nimmt sie fast jedes wahr, was auch nur ein Rad oder ein Bein hat, selbst wenn es noch ein Stück vom Bus entfernt ist. Und ihr Bellen ist böse geworden, sie lässt sich eigentlich im Moment kaum beruhigen.

    Ich sehe schon den kausalen Zusammenhang, und trotzdem überrascht es mich. Die ganz andere Hilde, wenn ich ihr stilles Sein mit mir zusammen so betrachte. Dieses tiefe Vertrauen ist ungestört. Sie freut sich auf Menschen, die uns begegnen, aber sucht nicht mehr ihre Nähe. Wenn sie gehen, ist ihr Ärger kurz, dann dreht sie sich weg.

    Unser Leben verändert sich. Ich denke noch an den ersten Tag, als wir losgefahren sind, an jenem 27. Juni 2016. Wie schwer es mir damals gefallen ist. Und wie erleichtert ich war, am ersten Schlafplatz anzukommen.

    Über diese ersten 365 Tage erzählt unser erstes Buch, von dem es "nur" noch eine PDF gibt, die ich gegen eine Spende per Mail gerne verschicken kann. Bei Interesse einfach eine Nachricht mit dem Betreff "PDF Band 1" senden an spaziergaenge.mithilde@gmx.de

    Und jetzt, dreitausend Tage später, ist die Freude übers Reisen, die Begegnungen, das Sehen und Erleben, die Plätze für die Nacht, immer noch da. Wir haben auf dem Friedensplatz in Goch übernachtet, eine riesige Wiese für bestimmt hundert Fahrzeuge. Trotzdem stehen wir nicht nur auf dem Photo alleine, sondern haben räumlichen Abstand zur Vollversammlung.

    Nachmittags haben wir Jarlo an einem See bei Krefeld getroffen, der netterweise einige Frischwaren für mich eingekauft hat, weil ich Hilde jetzt nicht länger alleine lassen will. Er folgt unseren Reisen schon seit einiger Zeit, und so habe ich jetzt die Gelegenheit, auch ihn ein bisschen näher kennenzulernen.

    Wie immer spannend. Also Menschen und ihre Geschichten, so vielfältig wie das Leben in all seinen Schattierungen. Auch das ist immer noch da, die Freude an Begegnungen, von denen so einige es in unsere Geschichten schaffen.

    Als wir losgefahren sind, war ich mit 65 Jahren ein junger Hüpfer in der Kategorie der weitgereisten "Camperelite". Heute bin ich vom Alter mittendrin. Aber tatsächlich gibt es weitaus vitalere Achtzigjährige, die oft an der Seite ihrer zehn Jahre jüngeren Frau, die das Fahrzeug lenkt, auf Reisen gehen.

    Ein bisschen erinnert er mich an Einstein, nur mit dem Hören ist es schwieriger geworden. Unsere Geschichten interessieren beide, besonders wenn man mal so einen Schriftsteller persönlich trifft. Das ehrt mich, obwohl ich das nicht so fühle, bin ich doch nur ein vagabundierender Erzähler von dem, was ich sehe, höre und verstehe.

    Und die besten Storys schreibt das Leben. Nicht unbedingt das Spektakuläre, das ist oft jungen Menschen vorbehalten. Aber das fast Alltägliche, das gerne erst im Rückblick, in der Erwähnung, eine besondere Note bekommt.

    In der ersten Nacht auf unserer Reise haben wir an der Lahn gestanden, dreitausend Abende später dürfte es die Lippe sein, an der wir uns verabredet haben.
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  • Marl

    13. september 2024, Tyskland ⋅ ⛅ 14 °C

    3.000 TAGE AUF UNSERER LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 102 km/ Gesamt 363.543 km /Ø121,18 km)

    DAY 59 A JOURNEY ALONG THE COASTLINE OF EUROPE (DISTANCE 102 km/9.268km
    / Ø157,08 km)

    12.09.2024
    Parkplatz
    Am Freizeitbad
    45721 Haltern am See
    Deutschland

    Die Feier zu unserem Jubiläum hätten wir uns auch anders vorgestellt. Aber letztendlich ist der Abend gut gelaufen, wenn auch so, wie ich niemals damit hätte rechnen können.

    Wir haben uns mit Silvia in Haltern verabredet, weil sie dort auf dem Weg von Aachen nach Kiel einen Stop machen könnte. Kurz bevor sie um 21.00 Uhr ankommt, habe ich Schmerzen im Herzbereich.

    Nach Rücksprache mit einem guten Freund, fahren wir mit Silvia in die Notaufnahme nach Marl. Sie bleibt bei Hilde im Bus, es ist kurz vor Mitternacht.

    Drei Stunden später verlasse ich das Krankenhaus nach einer wirklich sehr guten Begegnung mit freundlichen Mitarbeitern, die sich intensiv um mein Wohlergehen kümmern.

    Medikamentös bin ich gut eingestellt, ein Herzinfarkt ist ausgeschlossen, allerdings muss ich zur weiteren Behandlung meinen Kardiologen aufsuchen. Das bedeutet, jetzt erstmal nach Braunschweig zum Hausarzt fahren, und dann zum Kardiologen in den Harz.

    Vorerst also muss das Meer auf uns warten, aber da ich jetzt auf dieser Reise bin, möchte ich auch sprachlich nicht davon Abstand nehmen. Wir müssen unsere Träume leben lassen, auch wenn die Erfüllung manchmal auf sich warten lässt.

    Als ich zum Bus komme, wacht Silvia auf, und Hilde begrüßt mich überschwänglich. Dann erklärt sie die Nacht für vollendet und legt sich in die hinterste Ecke vom Bus. Ich bringe Silvia zu ihrem Fahrzeug und strecke mich lang aus.

    Die Bilder sind auf der Fahrt entstanden. Zwischen dem schönsten Sonnenlicht und den heftigen Regenherbststürmen. Vom halben Mond, der uns begleitet, und nachts auf mich wartet, als ich das Krankenhaus verlasse.

    Was für ein Leben, denke ich noch beim Einschlafen, unerwartet kommt oft. Aber unsere Reise geht weiter.
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  • Ladbergen

    14.–15. sep. 2024, Tyskland ⋅ ☀️ 15 °C

    3.001 TAGE AUF UNSERER LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 148 km/ Gesamt 363.691 km /Ø121,18 km)

    13.09.2024
    Wohnmobilstellplatz
    Am Rathaus
    49549 Ladbergen
    Deutschland

    Ein lautes Brummen erfasst den stillen Morgen auf dem Parkplatz hinterm Rathaus am Friedenspark mit dem namenlosen Dorfteich, dem jetzt sozusagen das Wasser abgetragen wurde, sodass der halbe Park eine Baustelle ist.
    Start- und Landeflug auf dem Flughafen Osnabrück/Münster, einige Straßen, Waldstücke, und einzelstehende schöne Fachwerkhöfe entfernt.

    Dort in der Gegend sind wir gestern abend noch an einem stillen Windrad spazieren gegangen. Schlaftrunken vom Nachmittag stand ich an einer Einfahrt, um ein Haus zwischen Bäumen und Sonnenschein zu fotografieren, als ein Pflegemobil neben mir hält.

    Sie seit die Anna von der Entenfarm, eine Kombination in der Nähe von Ladbergen, die ich überhaupt nicht in einen Zusammenhang bringen kann. Na, auf dem Campingplatz mit dem grauen Bus, ich habe doch die Bücher von dir gekauft.

    Was wir hier machen, sie kenne sich gut in der Gegend aus. Zum Spaziergang gebe es einen Wald in der Nähe, sie könne mir den Weg zeigen. Wald sei nicht so meins, stammele ich und überlege immer noch, wer die Anna ist, weil ich von dem Kind auf dem Rücksitz zudem irritiert bin.

    Das einzige Paar aus Osnabrück, an das ich mich auf dem Campingplatz Entenfarm erinnern kann, hatte keine Kinder. Sie ist wohl in einem Pflegeeinsatz unterwegs, und so voller überströmender Fröhlichkeit, das ich mich für den Patienten nur freuen kann, der ihren Besuch erwartet.

    Wir finden ein stilles Feld im Sonnenlicht, und auch Hilde ist ganz euphorisch, ob der Gerüche um sie herum. Sie darf nicht buddeln, und ich halte jedesmal den Atem an, wenn sie sich auf dem Boden wälzt, die Schnauze im Gras reibt. Hoffentlich bleiben die Tacker unbeschädigt.

    In einem kleinen Video sage ich, das ich auf einer Gefühlsskala von 1-10 mich auf 0,5 befinde, also gerade oberhalb vom emotionalen Stillstand, aber wenigstens nicht negativ unterwegs bin. Heute morgen ist es leicht angestiegen, obwohl mich ein neues Problem besucht.

    In der Standheizung ist ein fremdes Geräusch, möglicherweise hat sich ein Blatt durch den Ausgang eingeschlichen, der ja schon lange nicht mehr mit einem Gitter abgesichert ist. Könnte es Feuer fangen, hätte ich es zumindest kurz an den Füßen warm. Natürlich bleibt die Heizung jetzt aus, ist ja auch gerade die richtige Jahreszeit.

    Der Temperaturverlust macht sich nachts auch an meinem Schlafapnoegerät bemerkbar mit einer eiskalten Nase, die mich aufweckt. Dafür schläft Hilde wie ein Baby gut zugedeckt neben mir, sodass ich die nächtlichen Sorgen aus der Anfangszeit mit dem Tacker wenigstens ausblenden kann.

    Als ich überlege, ob hier ein Flugzeug notlanden will, sehe ich, dass das moderne schwedische Wohnmobil, in das der Bus fast dreimal passt, gerade startet. Sie seien auf den Weg nach Spanien, alles funktioniert elektronisch, nur zum Einparken musste er aussteigen.

    Sie kommen spät an, fahren früh weg, der kleine, hübsche Ort mit seiner lieblichen Landschaft bleibt nur ein Punkt auf der Landkarte. Zugegebenermaßen war das gestern auch bei uns erstmal so. Ich habe wenig geschlafen, winke Silvia um halb neun zum Abschied, fahre für den Spaziergang und das Frühstück vom Parkplatz in Haltern weg.

    Noch ein Besuch im Krankenhaus, um mich für die gute Behandlung mit einem Buch zu bedanken, dann volltanken, und auf die nächste Auffahrt schwingen. Einfach mal schnell ein Stück wegkommen, als ob man dabei seinen Gefühlen entfliehen könnte.

    So ein Ereignis sitzt viel tiefer, keiner mag was am Herzen haben, was bleibt. Wobei sowieso niemand krank werden möchte. Und es gibt deutlich Schlimmeres als ein Vorhofflimmern, zumal ich medikamentös schon gut eingestellt war.

    Dieses Krankheitsbild löst eigentlich ganz positive Gefühle in mir, klingt es doch wie das Glimmen einer Zigarette im Schutz des Hofes vor den strengen Blicken der Eltern im Haus.

    Der Verkehr auf der Autobahn nach Münster nimmt zu, es beginnt heftig zu regnen. A1 nach Bremen, wir machen an der Abfahrt Ladbergen Schluß, weil Hilde dringend raus muss. Ach ja, die Hilde mit ihrer feinen Nase terrorisiert mittlerweile den Bus durch ihr grollend lautes Gebell, das nicht enden will, sobald auch nur ein Hund auftaucht.

    Manche verarbeiten ihr Trauma still und leise, Hilde denkt mitnichten so. Sie brüllt es geradezu lautstark heraus, dass ihr Unrecht zugefügt wurde. Obwohl die Ratte kein Hund war, müssen die jetzt mit ihrer Wut dran glauben. Also vorrangig eigentlich ich, der sie schützen muss, aber dem Lärm ausgesetzt bin.

    Auf dem Stellplatz schlafen wir erstmal in den sonnigen Nachmittag hinein, treffen dann Anna, und ich habe von der kleinen Rundreise meine Bilder mitgebracht.
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  • Rolfshagen

    15.–16. sep. 2024, Tyskland ⋅ ☁️ 11 °C

    3.002 TAGE AUF UNSERER LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 130 km/ Gesamt 363.821 km /Ø121,19 km)

    14.09.2024
    Wohnmobilstellplatz
    Am Freibad Sonnental
    31749 Auetal
    Deutschland

    Seit einigen Tagen haben sich die Prioritäten in dem Vierundzwanzigstundentag verschoben, der an Mitternacht neu sich vor mir ausbreitet. Natürlich bedingt durch den plötzlichen Kälteeinbruch, sicherlich verursacht von unser beider Verletztlichkeit, aber auch durch ein neues Nach - Denken.

    Es ist mir zuletzt schon aufgefallen, dass ich manchmal resümierend sozusagen im Raum stehen bleibe. Einfach in einem Gedanken verfangen bin, der sich mir in inneren Bildern aufdrängt. Nichts Verfängliches, so wie wenn jemand sein Leben an sich vorbeilaufen lässt. Eher so ein stiller Strom, wie wenn jemand das Licht aus und einschaltet, sodass im Raum noch ein Schimmer der Helligkeit verbleibt.

    Dann wird es dunkel, und ich kann wieder sehen. Der innere Augenblick ist zuende gedacht, und meine äußeren Augen erkennen Bilder, die mich erfreuen. Es war ja nicht die erste Mühle auf der ausgewiesenen Landstraße, aber doch die, die sich geradezu aufgedrängt.

    Schon von weitem sehe ich, wie schön sie ist, besonders die Kombination von grün im Gras und den niedrigen Hügeln der Teutoburger Waldes, der sich ins Wesertal hinabrutschen lässt, kleine Dörfer an seinen Flanken. Rechts hinter der Mühle Kraniche im Landeanflug, gerade mal eine Handbreit über den Bäumen.

    Hinter der Mühle ein Haus, auch weiß gestrichen. Dort endet der Weg, und dahinter ist ein grüner Wiesenhügel. Wer bewacht hier wen, und wer schützt den anderen. Oder sind sie eine Einheit, wie Bruder und kleine Schwester.

    Ich gucke nach einem freien Spaziergang. Früher habe ich gedacht, Privatwege seien ein norwegisch-holländisches Problem, aber mittlerweile gibt es europaweit Menschen, die abseits wohnen, und die Feldwege zur Hauptstraße in Privatwege umgewandelt haben, wo du nie weißt, wann der Hofhund bellend um die Ecke kommt.

    Ich bitte Gott um einen stillen Weg für uns Zwei, denn Hundebegegnungen sind im Moment überhaupt kein Vergnügen mehr. Die Menschen schauen überrascht, in welchem grollenden Ärger Hilde anderen Hunden begegnet. Die Ängstlichkeit nach der ersten Attacke eines Hundes, der sie trotz Unterwerfung nicht losgelassen hat, hat sich in einen heftigen Zorn verwandelt.

    Gott schenkt uns einen Schotterweg zwischen einem Feld und einen Wasserlauf unter Bäumen. Genug zu schnüffeln und zu gucken, kein Mauseloch, von der ich sie fernhalten müsste, aber ein Bauer hinten auf dem Feld. Ländliche Idylle vor einem stillgelegten Fabrikgelände, dessen hohe Türme warnend wie Fingerzeige in den blauen Himmel ragen.

    Veltheim hat also nicht nur eine Mühle von früher mitgebracht, sondern auch ein altes Kraftwerk. Kurz vorher waren wir an der Burg über Vlotho, die zwar hoch über dem Ort liegt, aber waldgeschützt wenig Blicke ins Tal der Weser ermöglicht.

    Vor einiger Zeit bin ich mal von der Autobahn nach Rinteln unter einer hohen Brücke Richtung Totenmann gefahren, das im dichten Nebel sich lange verborgen hielt. Heute kommen wir an die Kreuzung mit den Abzweig ins Tal zu diesem "Mann", und auf den Berg unter der Brücke, wo ein kleines Männchen von einem anderen Stern vielleicht, erstaunt auf die Häuser blickt, die unter dem hohen Bogen der Brücke stehen.

    Wieder eine Kombination wie bei der Mühle, merkwürdig dass mir dies heute so auffällt. Nunja, bei uns ist es ja ähnlich, wobei es auch nicht klar ist, wer auf wen und wann aufpassen muss.

    In Rolfshagen habe ich im letzten Jahr Natalie und ihren Sohn getroffen, die aus dem verschneiten Norwegen kamen, um hier im April ihre Batterien für die Reise ins sonnige Spanien aufzuladen. Heute kommt einer von der Mosel zurück nach Hannover, und der andere aus Krefeld fährt vielleicht an die Ostsee.

    Die toughen Bürger des Auetals gehen abends noch im Sonnentalfreibad schwimmen, obwohl die Wassertemperatur nur unwesentlich höher als die Landwärme ist. Wir bauen den Bus für die Nacht um, das heißt, ich muss Hilde dazu bewegen, den Platz fürs Bettzeug kurz freizugeben.

    Zwischen Berg und Tal bleiben uns nur wenig Möglichkeiten, um spazieren zu gehen, dann erfolgt die Fütterung des Tigers. Denn das ist jetzt auch neu, dass Hilde richtig gierig geworden ist, was das Fressen betrifft. Es erinnert mich an meine "jugendlichen" Fastenkuren einer Frau zuliebe, die immer mit hungrigen Episoden zuende gegangen sind, sodass mir irgendwann klar war, als Sohn eines Kochs und einer Hauswirtschafterin bin ich für 'Leben im Limit' schlecht geeignet.

    Jetzt im Alter hat das keine Bedeutung mehr, die Eltern sind lange tot, und das Essen gerät zu einer sättigenden Nebensächlichkeit im Sinne Ghandis. Essen, um zu leben, und nicht umgekehrt.

    Es wird früh dunkel, und da meine Lesebrille auch den Gang ins Vergessen genommen hat, kann ich noch ein bisschen ins Licht des Handys schauen und Pläne machen, die der Schlaf mit in seine Traumwelt nimmt. Bis am Morgen die Sonne scheint.
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  • Cremlingen

    16.–17. sep. 2024, Tyskland ⋅ ☁️ 13 °C

    3.003 TAGE AUF UNSERER LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 160 km/ Gesamt 363.981 km /Ø121,20 km)

    15.09.2024
    Parkplatz in
    Querum
    38108 Braunschweig
    Deutschland

    Nur wenn man ein Hund ist, dann kann Hund im blauen Bus diagonal vom Fahrersitz auf die Rückbank springen. Das macht bestimmt Spaß, braucht aber manchmal Hundemut, wenn Hilde zögert zu springen, die Notwendigkeit abzuwägen scheint.

    Sie könnte über die Palette klettern, auf der etliches steht, und müsste vorher durch den schmalen Mittelgang, den der Müllsack auch benutzt. Also ist ein gewagten Sprung sicherer, selbst wenn sie auf meinen Beinen landet, die von dieser nächtlichen Attacke nichts ahnen, wie Flummis nachhüpfen.

    Davon wache ich auf und natürlich auch, weil sie sich anschließend unter der Decke einrollen. Das braucht Platz und fast die Bettbreite von 60 cm, von der ich sie danach an die Wand zurückschiebe.

    Also bewegte Nächte, an die ich mich gewöhnt habe, denn in neun Jahren hat sich nicht viel geändert, nur das Bett ist schmaler geworden. Lese von einem Radfahrer, der mit Hund durch Skandinavien radelt und meint, dass er seine Nächte in Sheltern mit Oskar "regelrecht feiert".

    Als wir gestern durch die Hildesheimer Börde fahren, queren wir seinen Heimatort, von dem er in Indien wohl am Weitesten entfernt war. Seine ruhigen Kommentare tragen den Humor der norddeutschen Tiefebene, sodass ich dir gerne mal empfehle, seinen Reisen zu folgen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er tatsächlich sesshaft wird, aber wer weiß das schon.

    Auf Instagram findest du ihn unter @timo.schaper, im Internet unter
    linktr.ee/Weltreise.mit.Rad

    Auch wenn ich kein Radfahrer bin, liebe ich es, Menschen auf Reisen zu folgen, die den Elementen auf ihrem Weg sehr nahe kommen. Radfahren, Wandern, Segeln. Der blaue Bus begegnet den Menschen schon auf Distanz, und hält die Elemente ein bisschen fern, trotzdem ist er die nächste Möglichkeit für uns, sozusagen "am Ball" zu bleiben.

    Fast bar jeglichem Komfort, was gerade mit dem Ausfall der Standheizung sehr deutlich wird, leben wir zwar zurückgezogen, aber dennoch auf einer Ebene mit all denen, die unsere Wege kreuzen. In Rolfshagen stand ein Schild, dass der Platz an diesem Sonntag nicht benutzt werden kann, aber nicht, dass um elf Uhr vormittags der Umzug der "Dorfkinder des Auetals" stattfindet. Als der erste Traktor mit seinem bunten Anhänger voller grölender Musik und feuchtfröhlichen Menschen hält, ist es zu spät.

    So erleben wir einen Menschenauflauf mit Musik und Tanz unmittelbar vor uns, nach dem Motto auf dem Rolfshagener Wagen, "lieber Korn im Blut, als Stroh im Kopf". Ob der mögliche kausale Zusammenhang, der im Laufe des Lebens eintreten könnte, die Spanne zwischen jung und alt umfasst, ist mir nicht eindeutig klar. Auf jeden Fall kann man auch vor Mittag schon so betrunken sein, dass man sich zwischen die beiden verbliebenen Camper stellt, das "rotgeäderte Unding", wie einst Franz-Josef Degenhardt schon sagte, rausholt, und vor Aufregung angesichts der Menschenmenge nicht pinkeln kann.

    Ansonsten war es eine Stunde lautstarker Fröhlichkeit im lustigen Tanzspiel, dem ich nur mit Staunen folgen kann, weil sich mir leider diese Atmosphäre nie geöffnet hat, selbst wenn ich mich mit Freibier auf dem Dorf den örtlichen Geflogenheiten als Nachbar versucht habe anzupassen.

    Sie haben mich in Ruhe gelassen trotz meiner leichten Zunge, mit der ich den Fremden in mir immer wieder verraten habe. So ein Intellektueller hat in einem Dorf immer diesen Status, sie stechen auch hier heraus in ihrem Benehmen am Rand des Geschehens, trotz der uniformierten Bekleidung, deren Beschriftung das Dasein in der fröhlichen Bierseligkeit besingt.

    Denn wer würde sonst eine Boulebahn beim Freibad bauen, die dem korsischen Dorf nahe kommt, in dem man gerne Urlaub macht. Obwohl ich hier schon mehrfach war, hat nie jemand an lauen Sommerabenden seine Kugeln im Kreis fröhlicher Mitbürger in den Sand geworfen.

    Als die 20 Fahrzeuge lautstark unseren Ort verlassen, zieht der Nachbar aus Hannover die Vorhänge wieder zu, und wir fahren weiter durch Sonne und Wind über Hildesheim nach Braunschweig. Halten bei Mehle an für einen schönen Spaziergang, während über Elze ein Zeppelin in der Luft zu stehen scheint.

    Burgstemmen und Marienburg, Hildesheim in seiner ganzen Breite. In Braunschweig treffen wir kurz den Enkelzwerg, der bald schlafen gehen muss. Wir spazieren am Rübenfeld im Sonnenunter- und Mondaufgang durch den stillen Abend und besuchen Claus zum norwegischen Abendessen.

    Von der Sommerreise mitgebrachte Tomatensuppe mit Ziegenfeta "Geitost". Hilde flitzt durch den Garten zur Begrüßung und rollt sich auf dem Sofa ein, wir erzählen über die letzten Ereignisse hinweg, während der Abend müde wird, Hilde und ich uns im Bus vor der Tür schlafen legen.

    Der neue Tag im eleganten Grau erwägt einen hellen Streifen im Osten, wo vielleicht eine frühmorgendliche Sonne vorwitzig wie der erste Hahnenschrei den Morgen begrüßt hat, sich aber erschöpft wieder schlafen legt.

    Die ersten Regentropfen wie Rufe der Kraniche von den Rieselfeldern, an deren Rand wir spazieren gehen, den Morgen auf Hundeart begrüßen wollen.
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  • Braunschweig

    17.–18. sep. 2024, Tyskland ⋅ ☁️ 16 °C

    3.004 TAGE AUF UNSERER LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 174 km/ Gesamt 364.155 km /Ø121,22 km)

    16.09.2024
    Parkplatz im
    Kanzlerfeld
    38116 Braunschweig
    Deutschland

    Ich werde mich umstellen müssen. Mein Reisedoktor hat mich auf Kakao und Pfannkuchen eingeladen, wir sprechen über meine neue Lebenssituation, deren Auswirkungen ich erst verstehen muss. Heute habe ich kein Vorhofflimmern, was die Sinuskurve beim Pulsoxymeter eindeutig anzeigt. Aber wenn ich es habe, wie äußert mein Körper eine bedenkliche Lebenssituation. Da muss ich lernen, ihn richtig zu lesen.

    Andere Dinge sind einfacher. Nur wenig Wein, keine Cola, mäßig Kaffee, besser noch koffeinfrei oder gemixt. Da bin ich komisch. Entweder ganz oder gar. Radfahren, aber nicht Ebike, Fleisch im Original, aber nicht als vegane Attrappe. Wenn kein Kaffee, dann Tee oder Kakao. Es geht ums Ritual, das mir ein gutes Gefühl schafft für den Übergang von der Nacht in den Tag, vom Schlaf ins Aufwachen, von der Dunkelheit ins Licht.

    Grundsätzlich liebe ich sie, diese dunklen Stunden der Nacht. Wenn wir in den Straßen der Stadt schlafen und leise sein müssen, um nicht aufzufallen, ist dieses heimlich Anheimelnde noch um eine Nuance besser. Wobei die offene Möglichkeit der Übernachtung mir andererseits mehr Freiraum der Entfaltung gibt.

    Mittlerweile werden auf vielen Plätzen um Mitternacht die Laternen gelöscht, schlafen wir am Strand oder in den Bergen tritt mit dem zeitlichen Abend die fast vollkommene Dunkelheit um uns, an grauen, wolkenverhangenen Nächten fallen gar Mond und Sterne aus.

    Die Nacht ist die Zeit der Kerzen, der Lichterketten, der Erinnerungen. Ein bisschen schwingt die eigene Kindheit mit, ich höre dann manchmal leise Musik, aber bin auch empfänglicher für die Stimmungen um mich herum, gerade wenn ich eingeschlafen bin, aus einem Traum aufwache, eine Nachricht bekomme.

    Ich muss lernen, mich zu schützen. Das fällt mir sehr schwer. Habe ich mich doch jahrzehntelang um jedes Problem gekümmert, das Menschen an mich heran getragen haben. Distanz wahren, geistige Entfernung pflegen, das Problem zurückgeben können.

    Das ist bei der Nachricht über den frühen Tod eines lieben Menschen nicht so einfach. Er habe sich nicht mehr quälen müssen, ist die gute Botschaft. Als Mensch, als Pastor, hat er mir gut getan, seine klaren Predigten, das Sehen in eine Ferne, die mir verschlossen scheint, sein gelebter Glaube und der Frieden in ihm, bleiben als Erinnerung.

    Ich gehöre nicht zu seinen Freunden, habe ihn in den letzten Jahren aus den Augen verloren, trotzdem bewegt mich sein Tod, der für ihn der Übergang in eine "bessere Welt" bedeutet, eine Art Heimkehr zu Gott.

    Auch wenn ich das durchaus verstehen kann, ist dieses Wissen noch nicht sicher bei mir angekommen, denke ich doch, es könnten noch Gründe geben, für die ich leben sollte.

    Natürlich ein vager Gedanke, und mit der Veränderung meines Gesundheitszustandes eine neue Herausforderung. Ich weiß, dass das Vorhofflimmern grundsätzlich keine dramatische Lebensverschlechterung bedeutet, es verschiebt aber sicher Prioritäten, sowohl körperlich als geistig, für mich.

    Das habe ich schon länger gespürt und angefangen, mich einzurichten. Vielleicht ist seitdem die Nacht mir nochmal näher gerückt, der Tag mir viel bewusster geworden, das Leben als Ganzes scheint sich in besonderer Weise und anders vor mir zu öffnen. Könnte ich mich vielleicht sensibler nennen, empfindsamer, dann ist es verständlich, dass mir manche Erfahrung, manche Begegnung sehr nahe kommt.

    Auch darüber zu schreiben, öffnet mir die Augen für mich selbst. Vielleicht aber hilft es auch jemandem, der den Text liest. Gestern habe ich ein neues Video für YouTube aufgenommen, in dem ich den Beitrag "3003 Tage auf unserer Lebensreise" vorlese, und konkret über die Geschehnisse um uns herum aus den letzten Wochen berichte. Vielleicht hast du ein paar Minuten Zeit und Lust dafür.

    https://youtu.be/1flsVzR7jXM?si=5ewBAs8SFbBTwyDO
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  • Hofgeismar

    19.–20. sep. 2024, Tyskland ⋅ ☀️ 18 °C

    3.006 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 237 km/ Gesamt 364.447 km /Ø121,23 km)

    18.09.2024
    Wohnmobilstellplatz
    Sälber Tor
    34369 Hofgeismar
    Deutschland

    Morgens in Hofgeismar sind schon früh um kurz nach 6 Uhr nicht nur die Hundebesitzer unterwegs. Wir nähern uns der Winterjackenzeit, obwohl 12 Grad und angekündigter Sonnenschein eher dagegen sprechen. Aber vermutlich ist mein Wärmeempfinden nicht einfach übertragbar.

    Ein paar Tage in Braunschweig, ein halber in Bad Lauterberg, um den Kardiologentermin wahrzunehmen. Der ist ganz freundlich und meint fröhlich, dass ich auf jeden Fall weiter im Bus leben kann und reisen darf. Das Herz ist gut im Rhythmus, es braucht einige Medikamente zur weiteren Stabilisierung, damit auch das Vorhofflimmern, dessen Auslöser wohl mein Stress sei, unterdrückt werden könnte.

    Gemäß dem alten Folksong wandele ich mich zu "A man of constant sorrow". Ein ängstlicher Mensch, was die Sorge um meine persönliche Umgebung und um mich angeht.

    Bis zur lebensbedrohlichen Situation 2019 in Schottland hätte ich so gelebt, als könnte mir nichts geschehen, hat letztens jemand gesagt. Was vermutlich auch stimmt, obwohl ich vorher schon Unfälle hatte, die tödlich hätten enden können. Und so cool wie ich vielleicht nach außen wirke, bin ich nach innen nicht. Da geht mir vieles sehr nah.

    Daran muss ich jetzt arbeiten, um sozusagen den Ball flach zu halten, nicht in Stresssituationen zu kommen. Im Moment sehe ich da noch kein Land, arbeite mich erst einmal wieder dahin, eine Wohlfühlatmosphäre um uns zu schaffen. In den letzten Wochen, vielleicht Monaten, habe ich meine äußeren Ordnungen vernachlässigt, sodass die inneren Abläufe irgendwie hinterhergehinkt sind, mein ganzes Lebenssystem zu schwanken drohte.

    In den letzten Tagen lichtet sich das Chaos, und dabei sind auch die schönen Bilder von Hilde entstanden. Die Atmosphäre im Bus entspannt sich, das Leben tut uns gut. Ich sehe wieder Licht am Horizont. Und mein inneres Wohlbefinden überträgt sich auf Hilde.

    Gott beschenkt uns mit lieben Menschen und wunderschönen Tagen voller Licht und Strahlkraft. Das Grün der Natur ist heilsam für die Seele, die Träume finden einen Widerhall.

    Am Morgen begegnen wir einem Ehepaar mit einem jungen Hund. Sie haben uns von Visselhövede erkannt, ich freue mich sehr, dass Hilde das erste Mal seit einer Woche einen Hund freundlich begrüßt, die beiden spielen sogar ein bisschen. Kurz vorher begegnet mir ein Camper, der vom Tod seines Hundes immer wieder überwältigt wird. Er sei jetzt ganz alleine, versucht aber, die alten Wege für sich aufrecht zu erhalten.

    Ich kann das gut verstehen. Man will niemanden auf den Geist gehen, muss aber darüber reden, damit man nicht verrückt wird. Fast wird man süchtig auf Hundebegegnungen, weil man glaubt, die Besitzer würden einem besser verstehen, die Begegnung mit den fremden Hund könnte das Verlorene ein wenig zurückbringen.

    Schon gestern abend sind wir eine große Runde gelaufen, bei der wir heute morgen 45 Minuten unterwegs waren, ohne dass ich nach Luft schnappen musste. Nur die Hüfte hat ein bisschen gezwickt, ist ja vielleicht ein gutes Zeichen von Lebendigkeit.

    Neben uns hat Jupp übernachtet. Er fährt manchmal ein paar Tage los, um mit dem Rad unterwegs zu sein. Dann würde die Frau die Schafe versorgen. Auch er ist in Rente, im Gegensatz zu seinem Nebenerwerbshof, den er schon dreißig Jahre betreibt, und ihm auch heute noch Freude bereitet.

    Er hat ein sehr ruhiges, bedächtiges Wesen. Westfälische Entspannung vielleicht, die das Schäferleben noch unterstützt. Hilde jedenfalls meint, das er gut genug riecht, um mit ihrem Papa reden zu können, ohne dass sie das genau beobachten muss.

    Die Sonne scheint, aber die Luft wirkt schon seit gestern merkwürdig durchsichtig, wie feiner Nebel, der aus dem Tal hochzieht. Das macht den Schein der Sonne etwas milchig, während der Mond sich aus seiner leidenschaftlichen Fülle langsam verabschiedet.

    Heute geht die Zeit langsam mit uns um, das tut uns gut.
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