Сейчас в пути
  • Spaziergänge mit Hilde

Europe along the coastline (3)

Und weiter geht die Reise an der Küste entlang, doch erst einmal müssen wir wieder in den Süden, um einige wichtige Termine zu erledigen. Danach gibt es schon gute Ideen. Читать далее
  • Askevågen Viewpoint

    15–16 июл., Норвегия ⋅ ☀️ 18 °C

    Erholung. Ist schon bald Mittag. Sitze bei leicht geöffneter Tür. Ventilator läuft. Hilde schläft. Ich trinke immer wieder. Wasser mit Geschmack. Manchmal Minze aus Frankreich. Oder Magnesium. Kaum Wind. Sonne. Hin und wieder verschleiert. Den gestrigen Tag im Gepäck.

    Sind wieder an der Küste angekommen. Das Stück, das mir noch fehlt. Von Stavanger nach Kristiansund. Aber es ist zu heiß. Und ich bin auf der Reise nach Deutschland. Und am verkehrten Ende. Sozusagen. Brauche meine Energie für Vieles. Zuallererst für Hilde. Damit sie genug Kühlung bekommt. Nasse Pfoten, nasser Bauch. Das finde ich alleine nicht. Also bitte ich Gott, uns zu helfen.

    Das geht manchmal ganz schnell, mal dauert es lange. Einmal ist statt einem Rinnsal ein Wasserbecken verborgen hinter Steinen. Das andere Mal nimmt Timo sie für einen Spaziergang an der Bucht entlang mit. Abends und morgens sind wir lange am kleinen Hafen unterwegs.

    Beim 800.000sten Kilometer des blauen Bus haben wir Timo getroffen. Im kleinen Ort Moen, nördlich von Molde. Ein Radreisender, einer von der freundlichen Sorte, wach, aufmerksam, umgebungsaffin. Seit Jahren unterwegs. Europa, Asien bis Nepal. Jetzt wieder Europa. Zwischen Ankommen und Weggehen. Manchmal gefangen, sich ordnen, befreien. Meine Interpretation, nicht seine Worte.

    Wir fahren auf einen Parkplatz in der Nähe am Fjord. Schatten unter einem Baum, Zeit für ein Gespräch. Regen kommt auf. Wir fahren an verschiedene Spots über Nacht. Ich verlinke mal Timo's Aktivitäten im Internet. Er verbindet seine Reisen mit kleinen Sponsorings, dieses Mal ein besonderes Hundeprojekt bei Hannover. Die geplanten Touren sind spannend, habe schon mal ein bisschen Mäuschen gespielt, und meine Nase in die Zukunft gereckt.

    https://www.instagram.com/timo.schaper?igsh=MTN…

    https://www.gofundme.com/f/fjord-to-lofoten-280…?

    https://linktr.ee/Weltreise.mit.Rad?

    https://youtube.com/@timo.schaper?si=b_tvUyzBqm…

    Unser Ziel ist ein kleiner Hafen, Askevågen Viewpoint. Ein Spot mit Übernachtungsmöglichkeit. Kostenlos natürlich. Ein halbes Dutzend Camper, sehr nette Nachbarschaft. Gerade kommen zwei Männer vom Tauchen und Fische mit der Harpune jagen. Die Beute ist gut, die Nachbarin bringt abends ein Tütchen Reis mit Fisch für Hilde an den blauen Bus. Sie verschenken einen Teil des Fangs, der Rest landet in der Pfanne.

    Das junge Paar lebt auf Fuerteventura, arbeitet online, die beiden Dänen neben uns reisen seit neun Jahren im Caravan, bieten Touren in Marokko und der Türkei an. Lebensmodule. Zukunftsmodelle.

    Abends machen wir einen langen Regenspaziergang. Dieser leichte, mediterrane Sommerregen, der jetzt auch nach Norwegen eingewandert ist. Der lange Abend ein Geschenk der Farben. Ich bin so erschöpft, dass ich Stunden schlafe, aufwache, rausschaue, schlafe. Kurz vor Mitternacht aufstehe. Lange wach bin. Den Himmel anschaue. Voller Dankbarkeit und tiefem Glücksgefühl. Vielleicht habe ich doch was Gutes in meiner Vergangenheit gemacht, dass mir Gott soviel Gegenwart schenken möchte.

    Wovon meine Geschichten und Bilder ein kleines Dankeschön sind, das ich weitergeben kann.

    Parkplatz (frei)
    Askevågen Viewpoint
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    X28P+PX2 Vikan, Norwegen
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  • Skaun

    14–15 июл., Норвегия ⋅ ☀️ 19 °C

    Hitze. Aufwachen. Rausgucken. Entsetzen. Da kommt sie schon die Straße hinunter, durchquert die Bäume und platziert sich am blauen Himmel. Guten Morgen, ich bin's deine Sonne, glühend heiß und ohne Schatten. Du hast es so gewollt, Mensch.

    Am Morgen nochmal Fjordbaden, unterwegs am See, wo wir die beiden norwegischen Randwanderinnen vor ihrem nächsten Aufstieg getroffen haben, stellt sich Hilde einfach ins Wasser. Pfoten temperieren. Dann kommen wir der Stadt nahe. Orkanger, staubiger Parkplatz unterhalb einer bei Motorradfahrern beliebten, geraden Straße.

    Offene Tür bis zehn, jeden Windhauch feiern, dann kommen die Mücken, und die unruhige Nacht beginnt. Träume, hier und da ein paar verschlafene Minuten, aufstehen, warten, es bleibt noch immer hell, wird nach wie vor nicht ganz dunkel.

    Haare waschen und Fußbad wäre dringend, aber die Frischwassermöglichkeiten sind gerade wenig vorhanden. Und unser Wasserverbrauch ist hoch. Hilde säuft, hechelt, säuft. Und schläft nachts, während ich seufze, stöhne, seufze. Mit Rückenschmerzen aufwache.

    Wir fahren durch ein schönes Land. Rote Kirche, blaues Wasser, bunte Blumen, weiße Zäune, eine Feder. Wellen, Boote, Weite. Der Trondheimsfjord. Ein Schattenplatz am Nachmittag vor einem Parktunnel im Berg, aus dem kalte Luft dringt, als wir uns nähern.

    Schlafplatzsuche gestaltet sich schwierig, meine Kriterien sind nicht leicht, am Ende muss das Gefühl stimmen, ob Motorräder durch meine Träume rasen, ist sekundär. Nachts möchte ich nicht alleine sein. Mitten in Norwegen treffen sich fünf Niedersachsen, keiner ist dort geboren, und ob einer dort wirklich zuhause ist, weiß ich nicht.

    Und trotzdem ist da ein Gefühl von Nähe, das wir vermutlich nicht hätten, wenn wir uns in Wolfsburg treffen würden. Reisen verbindet. Sagt man doch so. Und wenn junge Schweizer darüber klagen, dass man in Norwegen nicht gut wandern kann, dann ist mein Gefühl gar nicht so falsch.

    Bei diesen Temperaturen kann ich nicht einkaufen gehen. Nicht dass wir in Not seien, aber kühle Getränke und Joghurts sind aus. Schokolade musste ich gestern in den Kühlschrank packen, weil sie dabei war, mich laufend zu verlassen. Für Hilde's Abendessen habe ich noch drei Möhren und für soviele Tage auch getrocknetes Brot. Ich hoffe, in drei Tagen schneit es.

    Der Wind ist still. Wir stehen voll in der Schneise der Sonne, der Ventilator läuft ununterbrochen. Ich bin gespannt, wie wir diesen Tag erleben werden. Freue mich auf schöne Bilder und ein paar Pfotenbäder. Schließlich leben wir nur einmal, da müssen wir halt das Beste draus machen.

    Oder wie Anselm Grün sagt, "Sei dir selbst Freund. Nur wenn ich mit mir in Berührung bin, kann ich mit anderen Menschen in Berührung kommen."

    Parkplatz (frei)
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    8WMF+67Q Skaun, Norwegen
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  • Steinsdalen

    13–14 июл., Норвегия ⋅ ⛅ 26 °C

    Routine. Für einen Moment habe ich tatsächlich überlegt, fünfhundert Kilometer nach Norden zu fahren, um der Hitze zu entfliehen, die die nächsten fünf Tage unser Leben bestimmen soll. Dann habe ich es doch verworfen, weil wir ja in drei Wochen in Deutschland feste Verabredungen haben. Und bin in den nächsten Schatten gefahren, weil die Hitze nur so oder mit fahrender Kühlung auszuhalten ist.

    Während meine Arme zusehends bräunen, trägt Hilde ein nasses Handtuch, um die Körpertemperatur herunterzukühlen. Was für die meisten Menschen die Sommerfreuden sind, bleibt für uns ein notwendiges Übel, das wir ertragen müssen.

    Das war nicht immer so. Als wir jung auf Reisen waren, hat uns Hitze weniger ausgemacht, aber nun sind diese Zeiten vorbei. Am See wird es lebendig. Tatsächlich jede Generation umschwirrt uns binnen Minuten, die Hunde bellen, der Lärmpegel steigt, wir verabschieden uns, fahren los. Zum nächsten Schatten.

    Vormittags brauchen wir einfach Ruhe, vielleicht ne Stunde zwei nach dem Frühstück, dann sieht der Tag wieder besser aus. Die Bilder um uns herum sind vielfältig und intensiv, das muss man irgendwie verarbeiten, um aufnahmefähig zu bleiben.

    Hinzu kommen ja immer noch die inneren Abläufe des Denkens und Erinnerns, über Bilder, Eindrücke und Erfahrungen. Norwegen hat da viel beizutragen, fast eine lebenslange Geschichte trage ich dazu in mir. Wenn ich mal ein bisschen erzähle, öffnet sich die Schatztruhe reicher Erlebnisse.

    Die Geheimnisse behalte ich bei mir, die sind nicht für andere Menschen gedacht. Die Tiefen und Höhen seelischer Erinnerungen kann man nur selten teilen, diese Momente größter Intimität mit Natur und Mensch sind sorgsam in meinem Herzen verpackt, das langsam schlägt.

    Abends koche ich eine Thermoskanne Wasser für für das morgendliche Waschen. Wenn der nasse Waschlappen dann meine Augen berührt, ist dies ein Moment von großer Intensität, auf den ich mich sehr freue. Das fast zu heiße Wasser weckt ganz besondere Emotionen in mir. Wie der laute Hahnenschrei in der Herrgottsfrühe, wie man zu sagen pflegt. Ein plötzlicher Moment der Lebendigkeit zwischen Nacht und Tag.

    Das eine geht, das andere kommt. Auch wenn der Tag zu heiß wird, sind doch die Träume der Nacht Vergangenheit. Ein lebensnotwendiger Cut, ein tiefer Einschnitt, um mich Mensch von der dunklen Seite zu befreien, um im Licht zu erstrahlen.

    Wir fahren durch ein Land in Blau, Grün und Gelb mit Felsen, die ihre eigene Farbe haben, um in Licht und Schatten sich zu verändern. Zuviel Himmel, zuviel Erde, das monotone Geräusch des Motors, die plötzlich, fast greifbare Stille, wenn er erstirbt. Wie im Video. Oder auf den Bildern, die immer schweigsam sind, um dich im deinem Sein zu berühren.

    Wir sehen den ganzen Tag, aber manchmal ist eine Aufnahme dabei, die aus der Tiefe unserer Seele eine Erinnerung heraufholt, die nicht mal direkt mit dem Bild zu tun hat. Ich bin oft den Tränen nahe, berührt mich doch ein Bild, eine Geste, Worte oder Musik, in einer Ecke meines unverarbeiteten Seins. Ich bin dünnhäutig geworden, wo es sich die Seele erlauben kann, sich zu öffnen, während sie andere Erfahrungen noch tiefer in die Falten der Zeit schiebt, dass sie eines Tages mit dem Menschen einschlafen.

    So wird dann kein Leid mehr sein, wenn die Menschen den Tod überwinden, um bei Gott zu sein, sondern nur Freude. Weil wir eben wieder bei Null anfangen, gereinigt vom Leben, geheilt durch den Tod, ein lichtdurchscheintes Wesen, das nur aus heilvoller Gegenwart besteht.

    Über dem Bus schweben die Möwen. Ich habe das früher nie so beachtet, wie sie es lieben, mit der Luft zu fliegen, wie sie Freude daran haben, für sich oder in der Gemeinschaft. Ich kenne sie nur als nervige Gesellen am Strand, im Wettkampf mit den Raben, wer am aufdringlichsten sein kann. Hier zeigen sie mir ihre seelenvolle Lebensfreude, ihre Anmut des Schwebens.

    Das Meer ist blau. Sehr wohl in Unterschieden von Farbtönen aus Tiefe und Durchsichtigkeit, Wellen und Bewegung, Ferne und Nähe. Über Nacht stehen wir in einer Bucht des unbewohnten Reisebusses, der schon vor Jahren sein menschliches Leben verabschiedet hat, sie sind ihm sozusagen entwachsen.

    Doch morgens entfaltet er seine wahre Größe im Angesicht der Sonne, die über sein Dach ins Tal scheint, über dem Wasser sich mit den Tropfen vereint. Dann steht er wieder völlig still, ein Symbol von Bewegung in Ruhe.

    Ein neuer Tag hat begonnen.

    Parkplatz (frei)
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    8G25+337 Steinsdalen, Norwegen
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  • Grungstad

    12 июля, Норвегия ⋅ ☀️ 23 °C

    Peterchens Irrfahrt. Statt einer Reise unter dem vollen Mond, wie es die musikalische Historie von Peterchen uns vorgaukelt, ist unser wirkliches Leben auf Erden ein Spielball voller Wünsche, Hoffnungen, Sehnsüchte, Erfahrungen und Erwartungen. Ein katastrophaler Mix unausgereift Gedanken und spontaner Entscheidungen.

    Aus dem Bauch heraus kann total schön und unendlich blöd sein, nicht umsonst "reift" ein Baby dort neun Monate, wie ich es später höre von unseren netten Nachbarn am Ufer des Grungstadvatnet, die ein bisschen last movie schnuppern, bevor sie in wenigen Wochen zu Dritt sein werden.

    Wir brechen am späten Vormittag von unserem Schlafplatz auf. Mit einem klaren Plan voll erwartungsfreudiger Perspektiven. An der unteren Verjüngung unseres Fjords treffen wir schräg gegenüber eines felsigen Wasserfalls, der sich in der See spiegelt, einen jungen Ukrainer aus den Niederlanden, dessen Reise aus Ahs und Ohs besteht.

    So schön sei es hier, obwohl Schwermut im Raume schwingt. Mit einem Ukrainer im wehrfähigen Alter kannst du nicht so einfach ungezwungen sprechen, weil immer ein Warum in der Luft schwingt. Zum einen freue ich mich, weil sie dem Unheil entkommen sind, trotzdem hinterlässt ihr Verhalten die versteckte Frage nach dem Erlaubten. Darf ich das genießen, obwohl meine Großeltern im Kriegsgebiet in Lebensgefahr geblieben sind. Und ist meine Entscheidung nicht ein Kritikpunkt, müsste ich nicht auch dort sein, wo sie alle zu den Waffen greifen.

    Wir können nicht einfach sprechen, weil sein Verhalten einen Rückzug andeutet, zu dem ich ihn gar nicht gedrängt habe, woher hätte ich auch das Recht dafür. Gleichzeitig fährt er ein Motorrad mit dem Landeskennzeichen, das seine Herkunft belegt. Was das beim Gegenüber auslösen kann, darüber wird er sich vielleicht langsam bewusst.

    Er verhält sich ein wenig scheu, vielleicht bin ich auch zu direkt, obwohl ich mich für ihn freue, dass er diesen Frieden hier erleben kann, in einem Land, wo die Freiheit immer seltener eine so tiefbewusste Rolle im Leben der Menschen spielt, die immer unzufriedener mit dem politischen System, den hohen Steuern und Preisen, dem geringeren Gewinn leben.

    Wir wünschen uns eine gute Reise, an dessen Ziel ich langsam zu zweifeln beginne. Trondheim möchte ich weiträumig umfahren, kenne aber mittlerweile jeden Umweg, und keiner findet einen positiven Widerhall in meinen Gedanken.

    Ich meine mich zu erinnern, dass in der Gegend von Hoylandet ein toller Platz am See liegt, aber ich kann ihn nicht finden, weil ich auch nicht konkret nachschaue. Am Ende des Tages werde ich feststellen, dass wir 5,7 km entfernt vom Platz umgedreht haben, um eine Odyssee Richtung Steinkjer und schwedischer Grenze zu unternehmen, deren Richtungsfinger mich immer unglücklicher zu machen scheinen.

    Hundert Kilometer Unsinn. Das passt zu allen Unglücken, die auch auf dieser Reise unerzählbar sind, aber unser Leben prägen. In Grong bei Esso bekomme ich frisches Wasser, kann meine Wäsche auswaschen, damit sie auf den Ablagen in der heißen Sonne trocknen.

    Der Platz am See ist gut besetzt, Allrad steht protzig am Wasser, bewacht vom zweiten Hund am Platz, der Hilde das Leben nicht erleichtert. Aber sie kann wieder Stöckchen aus dem See apportieren, das Fell trocknet erst viel später im blauen Bus vollständig. Auch ich brauche Stunden, bevor der Körper von den vielen Mückenstichen so runterkühlt, daß ich schlafen gehe, aber dabei die Explosion der Farben am Abendhimmel in der Widerspiegelung auf dem See genießen kann.

    Es ist weit nach Mitternacht, ein letzter Elchsuchblick, der See trägt seine Stille in die Nacht, in ihrem melodischen Gesang von zarter Endlosigkeit werden auch die letzten unruhigen Gedanken in meinem Kopf absobiert, kommt der Schlaf aus der Tiefe der Bettdecke über meinen Körper, dessen Gelenke am Morgen immer noch schmerzen. Zuviel zuwenig. Sei es dem Alter geschuldet, meiner gedanklichen Überheblichkeit des Forever Young. Oder vielleicht bin ich nur ein Opfer des gelben Planeten, dessen Spiegelungen meine Augen ermüden, sodass meine seelischkörperliche Unversehrtheit gleich den stillen Blättern der Birken in einem samstäglichen Ruhezustand versinken.

    Auf jeden Fall könnte ich schlafen, so wie Hilde, die aber nur drauf wartet, bis wir endlich losgehen. Lets Fetz!

    Parkplatz (frei)
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    H6GV+GR7 Grungstad, Norwegen
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  • Aarsand

    11–12 июл., Норвегия ⋅ ☁️ 17 °C

    Manchmal. Wenn ich morgens rausschaue, versuche ich mich an den gestrigen Tag zu erinnern, wo wir aufgewacht sind. Das ist oft schon so weit weg, und ich mache mir eigentlich nie die Mühe, die Reise rückwärts zu denken. Nicht, dass sich die Bilder überlappen, sondern eher, dass sie da waren, und ich mich an ihnen erfreut habe, aber mit der Nacht ins Vergessen abtriften.

    Alle 14 Tage schicke ich eine Auswahl meiner schönsten Aufnahmen an Menschen, die sonst nicht an unserer Reise teilhaben, aber gerne auch mit einem kleinen Text auf dem Laufenden gehalten werden möchten. Dann denke ich gerne, ach was habe ich doch Schönes erlebt.

    Facebook bietet mir immer wieder Erinnerungen an, vor einem Jahr, zwei drei vier Jahren. Ich beachte sie wenig, denn ich müsste oft lange überlegen, wo ich damals war. Und ich wüsste nicht, was mir durch den Kopf gegangen ist in dieser Zeit. Nostalgische Reisebilder tauchen auch bei anderen Menschen in den Sozialen Netzen auf. Ja, sie verbringen eine anstrengende Zeit mit der Aufarbeitung solcher Reisen, um für sich Resümees ziehen zu können.

    Das ist wie alte Tagebücher lesen. Interessant vielleicht, aber auch langweilig, und letztendlich doch unbefriedigend, weil es für die aktuelle Situation wenig Nahrhaftes bringt. Zumindest geht es bzw ging es mir so. Heute hätte ich gar keine Zeit mehr, in meiner Vergangenheit zu blättern. Selbst in meine Bilderkiste schaue ich selten.

    In meine Gedanken unterwegs kommt manches Mal eine unbewältigte Erinnerung, die ich dann versuche zu bearbeiten, um sie wieder weglegen zu können. Nur mit meinen gravierensten Fehlern geht das nicht so einfach. Manches muss ich in Gottes Vergebung legen, um mich zu lösen, weil ich menschlich nichts mehr regeln kann.

    Durch Hilde's Erkrankung bekommt unsere gemeinsame Gegenwart einen besonderen Mittelpunkt. Es gibt viele Jetzt - Momente von spontaner Intensität, die sich auch in meiner realen Wahrnehmung widerspiegeln. Ich erlebe jeden Tag intensiver und muss ihn einfach kurzfristig auch beenden, um frische Kapazität für mich freizulegen.

    Wir starten ins Blaue, bekommen eine Fähre nach Holm, wo die Kirche nahe dem Strand weithin sichtbar ist, und enden auf einem Seitenstreifen zwischen hohen Felsen in einem Tal, in dem die Ruhe manchmal so greifbar ist wie in dem Video.

    Zur Nacht bleiben wir auf einem Streifen Lehm hinter Felsen und mit Blick über einen See, der einem weitläufigen Fjordsystem angeschlossen ist. Die Sonne wandert hinter Wolken, die manchmal ihr Licht auf die Wellen wirft. Ganz leichter Wind, der das Wasser kräuselt, mir graust es schon vor den Plagegeistern, die auf uns warten. Aber Hilde muss raus, da beißt die Maus keinen Faden ab.

    Laut Google ist das, "eine deutsche Redewendung, die bedeutet, dass etwas unabänderlich, endgültig oder unvermeidlich ist. Es ist eine Redensart, die verwendet wird, wenn eine Tatsache feststeht und nicht mehr diskutiert oder verändert werden kann. Die Redewendung drückt aus, dass eine Sache besiegelt ist und es keinen Ausweg oder keine Möglichkeit zur Änderung gibt."

    Na dann, lange Hose und Jacke an, und raus in die Morgenluft. Und just in diesem Moment scheint die Sonne durchs Fenster der Seitentür!

    Parkplatz (frei)
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    337G+J89 Aarsand, Norwegen
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  • Berg

    10–11 июл., Норвегия ⋅ ☁️ 17 °C

    Im Land des blauen Wassers, der grauen Berge, der grünen Wiesen, und der wenigen Menschen. So lässt sich der Tag am Besten beschreiben. Einige waren schon tot, andere sehr lebendig, manche besonders herzlich. Soweit man über Einheimische spricht, denn über Touristen mag ich oft nur mit dem Kopf schütteln und mich nicht wiederholen. Aber ich habe jetzt auch die Sorte kennengelernt, deren Challenge es zu sein scheint, das tägliche Maß von drei Worten nicht zu überschreiten.

    Wenn ich nicht so eine Plaudertasche wäre, würde ich vermutlich kaum jemand kennenlernen, und könnte einzig über die Natur schwärmen. Aber ich finde das ja grundsätzlich langweilig, denn ohne die Geschichten anderer Menschen wäre mein Leben nur ein Ah und Oh des Staunens.

    So lasse ich dich jetzt heute mit den Worten in Ruhe, und gebe dir die Möglichkeit, all deine Zeit und deine Energie fürs Betrachten aufzubringen. Nur eins noch. Während die ersten Bilder von der Fahrt zwischen Utskarpen und den Fährhafen nach Levang sind, kommt das Gros von einer schönen Sackgassenreise von Leland nach Forvik uns zurück.

    Ich hoffe, dir gefällt unsere Reise durch den Tag. Wieso ich überhaupt dahin gefahren bin. Es gibt einen privaten Hundepark in Leland, für achtzig Kronen kann ich Hilde auf dem schönen Gelände bis zu einer Stunde frei laufen lassen. Eigentlich empfinde ich, dass das zuviel Geld, zumal wir höchstens die halbe Zeit dort sind. Aber mit dem Tipp für den Ausflug hat sich die Investition total gelohnt.

    Ach und später sehe ich an einem Kriegsgräberfriedhof ein junges Paar mit ihrem Hund das Gelände betreten. Wir kommen ins Gespräch, und ich bemerke, wie sich die deutschen Gesetzesmäßigkeiten in mein Gehirn gebrannt haben, als würden Hunde die Totenruhe stören. Was für ein Quatsch.

    Wir verabschieden uns freundlich und nun reist einer unserer Aufkleber mit zwei freundlichen jungen Menschen durch Norwegen. Ein anderer klebt an einem finnischen Camper. Und wer weiß, welche Reisen unsere kleinen Bilder noch machen.

    Möchtest du einen unserer Aufkleber haben. Gegen eine geringe Aufwandsentschädigung von fünf Euro sende ich dir einen Aufkleber per Post zu. Kurze private Nachricht, und wir klären die Details.

    Parkplatz (frei)
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    958X+Q58 Berg, Norwegen
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  • Flostrand

    9–10 июл., Норвегия ⋅ ☁️ 10 °C

    Heute habe ich mein letztes Päckchen Porridge, Zwieback ist schon seit einer Woche zuende, und meine Getränke von Fitline enden nächste Woche. Da meine Ernährung so special ist, wiegen solche Verluste, die ich oft im Ausland nicht ersetzen kann, doppelt so schwer.

    Das Porridge in Norwegen ist mit Nüssen und Rosinen. Leider. Statt Zwieback esse ich Reiswaffeln und habe gestern fast einen Karton gekauft. Ach ja, und Tee hier enthält immer schwarz, was ich auch nicht vertrage. Zumindest ist das in den kleinen Geschäften so. Bananennektar gibt es übrigens auch nicht.

    Der Fehler liegt nicht im System, sondern in meiner falschen Planung. Und das ist ärgerlich, zeigt mir andererseits auf, wie abhängig ich von bestimmten Gegebenheiten bin. Natürlich kann ich das alles kompensieren, ohne zu verhungern. Aber es ist halt lästig, mich umzustellen.

    Wir sind immer noch auf dem Rückweg im Norden Norwegens, der wenig Alternativen zulässt. Aber über das Saltfjellet bin ich länger nicht gefahren, und so komme ich heute in den Genuss eines alten Bahnhofsgebäudes in Bolna, lustig sprudelnde Wasserläufe in den Bergen und in Mo I Rana.

    Im Verlauf der Straße 810 gibt es eine riesige Baustelle mit Erweiterung der Straßenbreite, was bedeutet, dass die Felsen weggesprengt und dann zerkleinert werden müssen. Es staubt. Und staut. Aber auch da müssen wir durch.

    Und es gibt noch ein Geheimnis für mich zu lösen. Als wir im Oktober 2017 von den Lofoten zurückgefahren sind, habe ich das Fanhaus eines Liverpoolfanatikers gesehen, mit diesem bekannten Satz, der mir damals meine Einsamkeit versüßt hat. Aber ich konnte mich nicht erinnern, wo das war, sodass ich heute voller Freude ihm wieder begegnet bin.

    Beim Joker in Utskarpen kaufe ich wieder ein, und wir fahren dann durch einen langen Tunnel, um am Ende des Tages unten am Fjord zu übernachten. Wie schon vor über vier Wochen, als wir gerade den Küstenabschnitt begonnen haben.

    Wir sind müde. Hilde und ich können schlafen wie die Weltmeister. Ständig fällt einer von uns im blauen Bus um und pennt ein. Da die Sonne viel scheint, ist es schnell ziemlich heiß, und ich werde immer drösselig im Kopf wach. Dafür bin ich oft in der Nacht auf, wenn die Sonne durchs Fenster scheint, denn sie kennt noch immer keinen nächtlichen Schlaf, eher mal einen versteckten Wolkengang.

    Aber mit jedem Kilometer nach Süden kommen wir dem normalen Rhythmus von Tag und Nacht wieder entgegen, freuen uns allerdings weniger auf den heißen Sommer, dem wir vermutlich nur nordwärts entweichen können, wenn alles erledigt ist, was vor uns liegt.

    Ach ja, das Leben ist so bunt wie die Bilder, die uns vor die Augen kommen.

    Parkplatz (frei)
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    877P+M65 Flostrand, Norwegen
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  • Saltfjellet

    8–9 июл., Норвегия ⋅ ☀️ 10 °C

    Es ist der Tag der Tunnel und Berge, der Sonne, der Bremsen, der Moskitos und des Schnees. Der blaue Bus läuft schlecht und quält sich mühsam bergauf, während man ihn talwärts kaum stoppen kann. Er hat so seine Tage, aber ist zum Glück meist deutlich pflegeleichter.

    Wir sind auf dem Weg von Tømmerneset nach Rognan, und durchqueren ca. 15 Tunnel, der längste hat knapp 2,3 Kilometer. Dazwischen gibt es noch den mit 4,5 km, den wir über die alte Passstrasse umgehen, ein einsames Bergundtalvergnügen.

    Dem stehen eindeutig die Pausen entgegen, denn sobald wir den Bus verlassen, stürzen sich die Moskitos auf mich. Das kann ich grad noch so ertragen, aber die fussfliegenden, riesigen Bremsen mit ihren schmerzhaften Bissen jagen mir schon einen Schrecken ein, sodass ich bei ihrem dreifachen Angriff wieder in den Bus springe.

    Erst außerhalb von Rognan, auf dem freien Feld im Wind gelingt der dringend notwendige Spaziergang mit Hilde, während vom nahen Ort der Geruch von Feuer meine Nase berührt, die von der Sonnenwärme gut warmgehalten wird.

    Es gab in der Nähe einen Parkplatz an der E6, auf dem wir vor einigen Wochen übernachtet haben. In der Zwischenzeit hängen Verbotsschilder dort, eine Tendenz, die ich für die gesamte nördliche Region in den nächsten Jahren befürchte. Den Radfahrern und Wanderern, den kleinen Bussen und denen mit den Dachzelten, wird man gestatten, frei zu stehen oder zu zelten. Aber für die großen Camper werden die Verbote fortgeschrieben. Bei ihren Besitzern geht man davon aus, dass diese in der Lage sind, einen Campingplatz zu bezahlen.

    Leider sind es auch die, die trotz der Verbote ein Campingverhalten auf Parkplätze demonstrieren, ja geradezu provozieren. Ich habe ja schon mal erzählt von den demütigen Reisenden, die sehr wohl sich an die Vorschriften und Regeln halten, egal welche Fahrzeuge sie fahren.

    Dagegen stehen die arroganten Reisenden, die glauben, mit ihrem Geld gehöre ihnen das fremde Land, und deshalb nehmen sie sich ihre vermeintlichen Rechte, begreifen aber nicht, dass sie die Nagel zum Sarg des freien Reisens sind. Die einschlägigen Apps sind dabei unglücklicherweise der Bote des oft schlechten Geschmacks. Für freie Plätze wären offene Augen ausreichend, aber wir lieben es ja bequem online.

    Übrigens zeigt der Süden Norwegens den Reisenden ja bereits den Zeigefinger, und man fordert für die meisten Plätze schon Geld, während die anderen Orte Übernachtungsverbote mit sich tragen. Wie letztes Jahr erlebt.

    Uns wird das nicht so sehr betreffen, wir fliegen unter dem Radar, und finden immer noch einen stillen Schlafplatz für die Nacht. So halten wir im Saltfjellet auf einem der großen Parkplätze neben einigen Campern und dem üblichen nächtlichen Lastwagen mit Kühlaggregat, das mich nicht sonderlich stört.

    Vorher waren wir noch kurz am Polarcenter für ein Erinnerungsbild. Auf den beiden, noch kostenlosen Parkplätzen standen die Camper dicht nebeneinander, das besondere Feeling des Hierbinichgewesenseins klebt jetzt im Cockpit. Hilde hat gleich einen Schreikrampf bekommen, sodass wir vondannen geeilt sind.

    Irgendwann verschwindet die Sonne hinter einem Schneeberg und leuchtet um drei Uhr morgens bei dem letzten verbliebenen Grad Celsius über der Frostgrenze den leeren Parkplatz an. Obwohl der Wind angenehm kühl ist, hat die Sonne schnell an Kraft gewonnen, und hüllt den blauen Bus ein, während Hilde nach dem Frühstück wieder schläft.

    Parkplatz (frei)
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    9FRQJ9WV+3H
    Saltfjellet, Norwegen
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  • Tømmerneset

    7–8 июл., Норвегия ⋅ ☁️ 14 °C

    Vorwiegend blau und ziemlich zerstochen, heftige Nackenschmerzen, als hätte ich mich zu oft nach schönen, blonden Frauen umgeschaut. So ließe sich der gestrige Tag und der heutige Morgen zusammenfassen, den wir wieder in Tømmerneset verbringen, nachdem zwar die Nacht um uns herum ruhig war, der Schlaf aber nur in unruhigen Blöcken zwischen heftigen Träumen und erschrecktem Aufwachen vergangen ist.

    Wenn die Moskitos mich schon so heftig stechen, dann wird es Hilde ja nicht anders gehen, die das alles geduldig zu ertragen scheint, aber im Bus abends unruhig hechelt, sodass ich ihr einen kalten Coca-Cola Schal überlege, den ich den Nachmittag über um mein Fussgelenk gewickelt hatte, weil eine dieser merkwürdigen Bremsen mich heftig erwischt hatte.

    Ja, auch in Norwegen sind wir nicht sicher vor dieser stechenden Gesellschaft, und ohne Verhütungsmittel auch ziemlich ihrer Willkür ausgeliefert. Ich vertrete ja die merkwürdige Auffassung, dass ich mich nicht sonderlich schütze, weil sich Hilde auch nicht schützen kann. Nicht dass ich nachlässig werde und sie dadurch in Gefahr bringe. Als versuchen wir, den Moskitos wenig Angriffsfläche zu bieten.

    Um wieder an die sichere Küste zu kommen, müssen wir Waldnorwegen halt durchqueren. Anders kommt man nicht nach Süden, es sei denn über die Lofoten und per Schiff. Und komisch ist schon, gleich an einem Tag mehrere Schlafplätze zu passieren, weil wir ja keine Seitenwege fahren, sondern mehr oder weniger geradeaus unterwegs sind.

    In Narvik begegnen wir Jercy aus Polen, ein älterer Motorradfahrer, der den Norden liebt. An einer Bucht mit Sandstrand treffen wir auf eine Norwegenin, die ihre Eltern im Norden besucht hat, und auf dem Weg zurück nach Oslo eine Badepause eingelegt hat.

    Hilde tut es ihr nach und kühlt sich mal gründlich durch, während ich Stöckchen ins Wasser werfe. Das braucht die norwegische Familie nicht, die kurz anhält, um ihre Kinder zur Erfrischung ins kühle Nass springen zu lassen.

    An der Fähre nach Bognes sammeln sich im Nu alle südwärts reisenden Menschen, wir sind an Position zwei, und lassen alle Folgenden erzürnen, weil die Berge lang und hoch sind, der blaue Bus aber ziemlich kraftlos wirkt. Halt auch so ein Opa unter den jungen Hüpfern, der noch nicht ins Altersheim ziehen will. Aber es ist Sonntag und keiner hupt, selbst die Lastwagenfahrer sind heute geduldig.

    Zwischendurch halten wir auf kurze Breaks an, weil die Tour de France und der Iron Man in Roth meine aufmerksame Begeisterung fordern. Vielleicht mein einziges Hobby aus alten Zeiten, dem ich übers Handy per Livestream folge, nicht das komplette Rennen, aber die spannendsten Momente der Berg- und Zielankünfte.

    Über Nacht stehen wir in Tømmerneset neben Iris und Imo, ein gerade hundeloses Ehepaar aus Finnland, das sich mit Begeisterung auf jeden Hund stürzt, um ihn zu knuddeln, wenn er das so geduldig über sich ergehen lässt wie Hilde. Gibt natürlich auch Leckerlis vom guten Schinken und dem Käse, der grade auf dem Abendbrottisch steht.

    So erfreuen wir das norwegische Land und seine Gäste, während es uns im Moment nicht so prächtig geht, und mir es vor dem notwendigen Morgenspaziergang schon graut, zumal es heute morgen ziemlich windstill ist. Da werden die Moskitos schon auf uns lauern.

    Außerdem bin ich noch ziemlich müde, kann mich aber nicht hinlegen, weil Hilde das Bett für sich beansprucht, kaum das ich morgens aufgestanden bin. Es gibt zwar so Tricks, um sie zur Aufgabe des köstlichen Bettes zu bewegen, aber eigentlich ist halb acht eh Rausgehzeit.

    Parkplatz (frei)
    Google Code
    WV25+43M Tømmerneset, Norwegen
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  • Definitiv Abschied aus Hergot

    6–7 июл., Норвегия ⋅ ☀️ 13 °C

    Dass sich eine Landschaft unmittelbar nach der Grenze auf einer Anhöhe so ändern kann, damit hätte ich nie gerechnet. Wir fahren durch eine norwegische Fels-Seen-Formation, kaum dass wir in die E10 abgebogen sind. Ein Traum voller pittoresker Momente im Sonnenschein. Kleine Hütten verstreut auf den Felsen, versteckt hinter Bäumen, gesprenkelt mit Schnee vom letzten Winter, und den kleinen Seen in Blau und Türkis.

    Als die Straße zu einem Denkmal an den mutigen Kommandanten Fleischer abbiegt, dem rund um Narvik an verschiedenen Stellen gedacht wird, und der hier bei der Bahnstation Björnfjell ebenfalls gegen die Deutschen erfolgreich gekämpft hat, erleben wir das Highlight eines versprengten Dörfchens in den Felsen rund um eine weiße Kirche. Ein Traum, die Hütten in der Sommerzeit und zum Wochenende gut besetzt, der Bahnhof in Rot und Weiß abgesetzt.

    Als wir zurückkommen, ist gerade ein Hubschrauber gelandet, der 35jährige Co-Pilot erzählt von seinem Traumjob, Waren in einsame Fels- und Wald- Gegenden zu fliegen. Zwei Wochen Arbeiten, zwei Wochen Freizeit, in denen er noch anderen Tätigkeiten nachgeht. Jedes Jahr einige Wochen in der Armee dienen.

    Er wirkt entspannt und wir verabschieden uns freundlich, gerade als der ältere Pilot mit einem Mitarbeiter des Bahnhofs zurückkommt, für den das große Paket, das den Restweg mit einem Lastwagen transportiert wird, gedacht ist.

    Kurz danach beginnt Schwedisch-Lappland, und ich bekomme meine Lektion in Landschaftskunde hautnah. Die Felsen rücken in den Hintergrund und ein grünes Waldwiesenland überzieht das Auge, lediglich unterbrochen von blauen Seen. Aber das wiederum so üppig, dass ich schnell satt bin.

    Ich fülle die Wasserflaschen an einem einsamen Supermarkt mit Tankstelle auf, wasche meine Haare, und bemerke eine mentale Veränderung in meiner Seelenlandschaft. Ich weiß, es wird sich nicht viel ändern an dem Schweden, das wir jetzt tagelang durchfahren werden, und auch wenn Norwegen bedeutet, die gleichen Wege zurückzufahren, wieder Tunnel zu durchqueren, und einsame Landstriche, bin ich doch gewillt, dies auf mich zu nehmen.

    Kaum fahren wir die achtzig Kilometer zurück, erleben ich eine andere Sicht auf die Landschaft, die sich vor meinen Blicken öffnet. Und mir wird klar, dass die Fahrt von Süden nach Norden mich in einer ganz anderen Weise berührt wie umgekehrt. Durch Schweden nach Süden fahren, das machen die meisten Menschen auf ihrem eiligen Heimweg nach Finnland, ins Baltikum, nach Deutschland und weiter ins südlicher Europa. Einfach aufs Pedal drücken und quasi mit halb geschlossenen Augen die Landschaft ignorieren.

    Aber bloß nicht so rumbummeln wie wir es gewohnt sind. Kommst du dagegen aus dem Süden, dann bist du so erfüllt von der landschaftlichen Vielfalt bis hoch nach Mittelschweden und der Vorfreude auf Norwegen, dass du das triste Grün lappländischer Langeweile durchaus ertragen kannst.

    Und, ich muss leider zugeben, im Gegensatz zu der Weite des Meeres, finde ich die Weite der riesigen Seen in Schweden einfach uninteressant. Das war schon immer so, dass ich die Begeisterung von Menschen über Vänern und Vättern nicht teilen konnte.

    Der Torneträsk ist vom Volumen her der drittgrößte See in Schweden, auf den wir von der gleichnamigen Bahnstation blicken, wo wir zurückfahren, um in Abisko nochmals zu tanken, wobei die Preise ähnlich denen in Nordnorwegen sind.

    Über Abisko sagt Wikipedia, "Abisko ist ein kleiner Ort, der nördlich des Polarkreises in Schweden liegt. Unmittelbar vor dem Ort erstreckt sich der Nationalpark Abisko, der am Südwestufer des Torneträsk-Sees beginnt. In dem von Bergen umgebenen Park sind Lemminge, Rentiere und eine lappländische Orchideenart beheimatet. Hier beginnt auch der Wanderweg Kungsleden, der nach Hemavan im Süden führt. Auf dem Nuolja befindet sich die Aurora Sky Station, ein Nordlicht-Beobachtungszentrum."

    Große Wandergruppen starten unter den genauen Blicken der aktiven Moskitos zu ihren Touren in diese Waldlandschaft, bestückt mit den besten chemischen Mitteln zur Abwehr ihrer Angriffe, denn kaum bleibst du stehen, stechen sie auch schon zu, mich bevorzugt in die Stützstrümpfe. Alles besser als Wespen, aber auch vor Hilde als Tier haben sie keinen Respekt oder kein Mitleid, obwohl sie sich diesen Attacken überhaupt nicht entziehen kann.

    So haben Skandinavier, die in Hütten leben, auch gerne einen Tennisschläger dabei, der mit Batterien betrieben, in einem Schlag hunderte dieser Plagegeister mit einem kleinen Klack töten kann. Über den Tod kann man geteilter Meinung sein, tatsächlich berührt mich diese Form allerdings unangenehm, sodass ich eher versuche, ihnen aus dem Weg zu gehen.

    An einem kleinen See halten wir am Nachmittag an, machen einen Spaziergang bis hoch zu einer Schneefläche, auf der Hilde's Begeisterung keine Grenzen kennt, sodass ich mir vornehme, in den nächsten Wintern irgendwo in Schneelandschaften unterwegs zu sein.

    Ich unterhalte mich mit Norwegern aus dem nahen Narvik, die hier ihre Hütten haben, und mal am Wochenende eine einsame Nacht in den Bergen verbracht haben. Sie lieben ihr Land mit der winterlichen Dunkelheit, sie seien es von Kind auf gewöhnt, und es habe keine negativen Auswirkungen auf ihr seelisches Befinden, wenn es mehrere Monate lang Nacht sei. Nur in die Hütten gehen sie dann nicht, weil es hier keine Elektrizität gibt. Also brauchen sie doch das Licht, und sei es nur in Form von Strom, der ihre Umgebung erhellt.

    Eigentlich bedauere ich, noch keinen Winter im Norden verbracht zu haben, kann also nicht wirklich mitempfinden, was das mit dem Menschen macht. Lese nur von einer Vielzahl von Selbstmorden in dieser lichtlosen Jahreszeit, und weiß natürlich, dass auch die seelischen Erkrankungen nicht vor einer Grenze Halt machen.

    Vielleicht sind meine Gesprächspartner auch gerade seelisch sehr stabil, dass sie so ausgeglichen wirken. Es sind ja immer nur Fragmente aus dem Leben einzelner Menschen, die mit mir ins Gespräch kommen.

    Abends fahren wir noch für eine Nacht nach Hergot, der Platz ist wochenendvoll, aber wir können wie die Nacht vorher direkt neben dem alten Norweger nahe der Straße parken. Hilde will gar nicht lange spazieren gehen, der Strand ist von Familien besetzt, die Zeit hier scheint einfach für uns vorbei zu sein.

    Heute morgen wache ich spät auf, die Sonne scheint, und die ersten Schläfer erwachen. Wir spazieren durch das Stückchen Wald, in dem zwei Zelte stehen, und zurück am Strand, wo ich mit einem finnischen Paar ins Gespräch komme. Sie verbringen jedes Jahr eine Woche in Nordnorwegen und durchqueren Schweden an einem Tag. Wir tauschen uns aus über interessante Ziele und das Leben mit Moskitos. In der Stadt würde es ja gehen, aber auf den Land nur im Winterhalbjahr. Aha. Denke ich. Also im nächsten März dann auf nach Helsinki, finnische Küste fahren und Schnee genießen.

    Parkplatz (frei)
    Google Code
    FP24+9HX Hergot, Norwegen
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    Начало поездки
    5 июля 2025 г.