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    Iquitos, Amazonasbecken, Peru

    December 1, 2018 in Peru ⋅ ⛅ 30 °C

    Hola,

    yippee, wir sind in Peru. Hinter der Grenze wechselt die Landschaft in eine Wüste und es tritt eine Endzeitstimmung ein. Peru ist in drei sehr unterschiedliche Landschaftsformen aufgeteilt: la Sierra (Bergkette), la Selva (Dschungel) und la costa (Küste). Wie wir das schon in der Gegend um die Atacama-Wüste kennengelernt haben, ist auch hier der komplette Küstenstreifen quasi Wüste - so extrem haben wir uns das nicht vorgestellt! Alles ist verstaubt. Häuser, Autos, einfach alles! Und zwischen den Zähnen knirscht der Sand. Es gibt große, zum Teil eingezäunten Grundstücke, die einfach Sand von Sand trennen. Oft ist der Zaun auch nur halb, oder 3/4 fertig - auch egal, es steht ja kein Tier drauf, was weglaufen kann! Wir verstehen diese zum Teil aufwendigen Mauern nicht, zumindest der Teil der dort steht 🙂. Vielleicht hoffen sie noch auf Erdschätze? Auch gibt es unheimlich viele Häuser, die lediglich begonnen wurden und nun als Ruinen im Sand verrotten. Für uns ist es rätselhaft, von was diese Menschen leben!

    Zwischendurch steigen immer wieder unmengen Verkäufer im Bus ein, oder auch Prediger... die problemlos 30 Minuten am Stück predigen ... ein Glück, dass wir nicht alles verstehen. Der Rest der Leute im Bus macht munter mit und stimmt natürlich immer zu 🙃 Es kommt uns vor wie im Mittelalter, nur dass es zu der Zeit keine Busse gab.

    In Lima am Flughafen angekommen erzählt uns ein Mann, der angeblich vier Jahr beim Militär in und um Iquitos im Amazonasgebiet war, dass ihm ein Medizinmann eine selbst gebraute Flüssigkeit aus geheimen Dschungelessenzen gegeben hätte und er danach einen Monat lang eine Erektion gehabt hätte! Er hätte nur wenig davon nehmen sollen - diese Info hatte er wohl vor lauter Euphorie vergessen 😅.
    Er gab uns außerdem den Tipp, dass wir unbedingt Aguacaje-Eis essen sollten, was leider echt scheußlich schmeckt... 🙃 (Aguacaje ist der Baum hier im Amazonas, der 3x so viel CO2 aufnimmt, wie andere). Inzwischen haben wir auch die Frucht dazu probiert - da kann das Eis gar nicht besser werden! 😝

    Nach einigen Reisetagen im Bus landen wir mit dem Flugzeug am großen Amazonas. Bienvenidos a Iquitos. Iquitos ist die größte Stadt der Welt, die nicht auf dem Landweg, sondern nur mit dem Flugzeug oder dem Boot erreicht werden kann. Und man merkt es sofort. Es gibt kaum Autos. Das Verkehrsmittel Nr. 1 ist, ratet mal..., das Tuktuk, hier nennt man es jedoch Mototaxi und es sieht eher nach Motorradrikscha aus. Das verrückte ist jedoch, daß hiervon unglaubliche 40.000 Stück in den Straßen umherwirbeln. In unserem Reiseführer, der gerade mal ca. 2 Jahre alt ist, steht, dass in Iquitos ca. 472.000 Einwohner leben. Aldo, den wir später auf dem Boot kennen lernen, kennt jedoch die aktuellen Zahlen! - mehr als 600.000 Einwohner ist Iquitos groß. Kinder seien, neben wenigen Holzprodukten, das Einzige, das in Iquitos produziert werden würde 🤔
    Vom Flughafen aus geht es, welch Überraschung, mit dem Mototaxi zu unserer Unterkunft. Glauben wir...

    ...während Taxi-, oder Tuktuk-Fahrten verfolgen wir grundsätzlich die Route mit dem Handy und stellen diesmal fest, daß wir eben nicht direkt zu unserer Unterkunft gefahren werden. Stattdessen hält der Fahrer vor der Tür eines Tourveranstalters. In unserem Reiseführer lasen wir, daß in Iquitos viele Schlepper oder selbsternannte Dschungelführer mit aggressiven, hartnäckigen und meist betrügerischen Geschäftsmaschen die neu angekommenen Touris abfangen und direkt verpflichten wollen. Dankend lehnen wir jedes Angebot freundlich ab. Schließlich werden wir auf kurzem Weg zu unserem Hostal gefahren. Natürlich ist unser Hostal in einer sooo gefährlichen Gegend und unser Fahrer kennt ein besseres - so langsam geht der einem echt auf die Nerven!

    Unser Plan für heute ist erst einmal der Weg zum 3 km entfernten Hafengelände, um zu prüfen, ob und wann wir ein Frachtboot ins 900 Flusskilometer entfernte Pucallpa bekommen können und um die Boote erst einmal in Augenschein zu nehmen...
    ...Allein der Weg zum Hafen lohnt sich. Ein solch lebendiges Wirrwarr haben wir seit Guatemala nicht mehr gesehen. Ein kaum vorstellbares Gewimmel und Gewusel. Die Straßen scheinen vor Tuktuks bald überzuquellen und unzählige Läden, Essensstände und Gewerbebetriebe flanieren den Weg. Die Luft ist voll von Tuktuk-Lärm und Tuktuk-Abgase, die Straßen dreckig.

    Wir sind am Hafen von "Henry Boats" angekommen. Es stehen viele Frachtboote im Hafen und es ist hier ein Treiben wie auf den Straßen. Es ist dreckig und wirkt alles furchtbar durcheinander. Das Hafenbüro ist aber nicht zu verfehlen. "Die Boote fahren nur alle zwei Tage!" Für uns sinnvoll, also erst am Sonntag! Wann genau wüsste man aber erst morgen. Fünf bis sieben Tage soll die Fahrt dauern und 100 Soles / Person (etwa 25 €) Kosten, inkl. Verpflegung. "Eine Reservierung braucht ihr nicht und gezahlt wird auf dem Schiff!" Klingt doch gut 😊 Jedoch gibt es weder Kabinen, noch Betten, oder Matratzen. Es gibt nur große Decks, auf denen alle Passagiere ihre Hängematten aufhängen können. Nach einem ersten schüchternen Blick auf die nicht sonderlich komfortabel aussehenden Frachtschiffe holt einen ganz schnell die Realität ein. Wir haben viel über die Fahrt gelesen und konnten uns ein gutes Bild davon machen, wie wir reisen werden, und doch beeindruckt uns, wie die Leute hier arbeiten, wie der Hafen organisiert ist und wie das alles hier "normal" für alle um uns herum ist! Für's erste sind wir mit Infos versorgt. Morgen wollen wir nochmal zum Hafen um eventuelle Änderungen zu erfragen - keine Änderungen! Abfahrt: Samstag, 01.12.18 um 17:00h, wir sollen zwischen 14:00 und 15:00h da sein um unsere Hängematten aufzuhängen. Von Berichten wissen wir, dass Abfahrtszeiten hier sehr variabel sind😉...

    Wir haben ja erst Freitag und somit noch genügend Zeit für Besorgungen. Schließlich müssen Hängematten, genügend Wasser, Mückenschutz und das wichtigste: Eine Menge Leckerlis für die Fahrt eingekauft werden. Und was wir auch noch machen wollen ist ein Besuch des CREA - "Centro de Rescate Amazonico". Hier werden wilde Tiere, die vom Aussterben bedroht sind oder in Gefangenschaft waren, wieder aufgepeppelt, mit dem Ziel sie wieder in die Freiheit zu entlassen. Angefangen hat das Zentrum mit dem Versuch "Manatis" wieder im Amazonas zu verbreiten - riesige Wasserkühe, die zu viel gejagt wurden. Mittlerweile sind dann aber auch andere Tiere eingezogen: Paiche, verschiedene Affenarten, 3 Faultiere, 2 kleine Juguare, Loros (Papageien) und jede Menge Schildkröten. Ein junger Mann aus Deutschland, der dort seit Februar als Volontär arbeitet, hat uns eine gesonderte Führung angeboten, die wirklich sehr interessant war!... und doppelt so lange dauerte, wie die Führung der Einheimischen - es war echt kurzweilig und wir haben uns ein bisl verquatscht. Wir haben uns neben den Lebensläufen der Tiere auch über seine Erfahrungen mit den Einheimischen unterhalten. Es ist einfach ein bisschen erschreckend! Viele verstehen den Sinn und Zweck eines "Centro de Rescate" - Zentrum zur Rettung der Tiere - nicht! Viele dieser Tiere stammen aus illegalem Tierhandel, oder wurden aus Wohnungen mit völlig falscher Haltung und Ernährung (Chips und Cola für Affen etc.) und meist voll mit Parasiten gerettet. Einige der Einheimischen Besucher erklären, sie wollten diesen Affen doch gerne als Haustier haben - er sei ja sooo süß! Auch die Ernüchterung, wie hier mit Müll und der Natur umgegangen wird, teilt der junge Mann. Er lebt in einer peruanischen Familie und hat noch viel intensivere Einblicke in deren Leben. Hühnchen und Reis zum Frühstück, zu Mittag und zu Abend kann er auch nicht mehr sehen 😣. Dreh- und Angelpunkt: die schlechte Bildung ☹️ Leidtragende: die Natur!

    Der Tag der Tage ist gekommen. Um 17:00 Uhr soll unser Frachtschiff ablegen. Die letzten Besorgungen sind auch schnell gemacht und so wollen wir am Vormittag noch an den Südostrand der Stadt. Dort befindet sich die schwimmende Hüttenstadt Belén, die aus unzähligen auf Flößen erbauten Hütten besteht, die sich mit dem Fluss heben und senken. Oberhalb Beléns befindet sich der Markt. Was wir dort zu sehen und zu riechen bekommen übertrifft jegliche bei uns vorhandene Vorstellungskraft. Uns war bisher nicht bewußt, wie Menschen leben können! Es ist total ekelhaft!

    Es wird mit Obst und Gemüse, allersorten Fisch, Schildkrötenfleisch, egal ob geschützt oder nicht, Kaimanschwänze, Schlangen und und und gehandelt. Auch selbsternannte Medizinmänner verkaufen die dubiosesten Mixturen gegen allerlei Krankheiten.

    Dem ganzen nicht genug, werden sämtliche Lebensmittelreste, sei es Fisch und Huhn, deren Blut von Schlachten, Speisereste und Müll einfach neben den eigenen Stand geschüttet. Dem Geruch her zu urteilen wird dann auch dort hin gepinkelt! Es wird fleißig herumgespuckt, Verpackungsreste gleich neben dem Grillgut verbrannt und all' das gemacht, worauf wir im tiefen Alptraum nicht auf die Idee kämen. Der uns bei schwülen 30°C in die Nase ziehende Gestank ist nicht zu beschreiben.

    Doch scheint das ganze Treiben außer uns niemanden zu stören. Zwischen den Ständen wird genüsslich gegessen, Schwätzchen gehalten und flaniert. Echt verrückt! Überraschender Weise erkennen wir, daß das ganze Geschehen um uns herum bei uns zumindest Neugierde weckt und uns doch länger dort hält wie erwartet.

    Als wir jedoch an den am Amazonasufer liegenden Ortsteil Beléns wollen und links abbiegen, werden wir erst von einer brummelnden Frau und kurz darauf von einem Mann mit einer eindeutigen Geste einer flachen Hand am Hals aufmerksam gemacht, daß "Gringos" wie wir, zumal noch mit Rucksack bepackt, dieses Gebiet meiden sollten...! Warum Risiko, wir machen Urlaub und so zieht es uns zeitnah in unser Hostal. Rucksack holen und ab zum Hafen. Wir sind gespannt was uns auf unserer Reise auf dem Frachtschiff erwartet...

    Viele Grüße aus einem wahnsinnigen Regenwald- Sodom 😜 wir verlassen Iquitos und behalten diese Stadt als laut, dreckig und stinkend aber auch sehr interessant in Erinnerung.

    Ariane & Marco
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  • Day 117

    Mit "Henry 8" nach Pucallpa, Peru

    December 6, 2018 in Peru ⋅ 🌧 30 °C

    Wir sind pünktlich um 15:00 Uhr am Hafen 😊 "Henry 8" heißt unser Frachtschiff! Wir suchen uns ein strategisch gutes Plätzchen im obersten Geschoss um unsere Hängematten aufzuhängen. Kriterien: gut sichtbar und an einer Wand um unsere Rucksäcke gegen "Langfinger" besser im Griff zu haben und ein Plätzchen, von dem aus man gut nach draußen sehen kann. Um 17:00 Uhr ist Abfahrt. Ich flitze noch schnell die Straße entlang, um noch etwas Warmes zum Essen zu kaufen...

    ... Es ist mittlerweile 18:00 Uhr und wir schauen den Hafenarbeitern zu, wie sie pro Mann fünf schwere Zementsäcke auf einmal vom Nachbarschiff abladen...

    ... 21:00 Uhr, mittlerweile haben sich unzählige Hängematten zu uns gesellt und wir sehen dem Gewimmel im Hafen zu und wie ein Teil der Fracht mit großen Planen gegen Regen abgedeckt wird...

    23:00 Uhr, das wird wohl nichts mehr mit 17:00 Uhr Abfahrt. Wir kuscheln uns in unsere Hängematten, "Gute Nacht!"

    1:30 Uhr, es rumpelt und kracht. Unsere Hängematten schwingen nach links und rechts. Da tut sich was 🙂
    Es gibt nur ein Problem! Unser Boot ist eingeparkt von dutzenden Schiffen und unseres schiebt und drückt sich wie auf italienischen PKW Parkplätzen in 40 Minuten aus unserem Stellplatz. Verrückt... Es geht los! Ganze 800 Kilometer Fluss aufwärts nach Pucallpa. Erst auf dem Amazonas, dann den ersten schiffbaren Nebenfluss des Amazonas, dem Ucayali, entlang. Beide Flüsse sind braun von der ganzen Erde und Sedimente, die sie mitführen - und riesig! Soooo viel Wasser! ... und das ist erst der Anfang vom Amazonas!

    Es ist keine klassische Kreuzfahrt. Es ist vielmehr ein alternativloses Verkehrsmittel für viele tausend Menschen, die entlang des Flusses leben.

    Unser Boot ist das größte der "Henry" - Flotte und misst vielleicht 120m Länge. Genug Platz also für eine ganze Menge Fracht. Da Iquitos eine konsumierende und keine produzierende Stadt ist, sind die Frachter von Pucallpa kommend, immer mehr beladen, als in unserer Fahrtrichtung - dadurch können wir uns ein wenig auf dem Boot bewegen.

    Unser Boot hält wie hier die Busfahrer 🙂 eben überall dort, wo Bedarf besteht - in jedem Dorf und noch so kleiner Siedlung. Sei es, daß Fahrgäste ein-, oder aussteigen, oder dass eben Fracht auf-, oder abgeladen wird. Mehrmals am Tag und in der Nacht halten wir an. Manchmal für ein bis zwei Stunden, manchmal aber auch nur für wenige Sekunden bis jemand aufgestiegen ist.

    Wir stehen an der Reling und schauen in die tief dunkle Nacht. Ungestört von künstlichem Licht strahlen unglaublich viele Sterne am Himmel. Es ist ein Gedicht! Wir fragen uns, wie unser Kapitän in der Lage ist, unser Boot durch die tief schwarze Nacht zu steuern, ohne für uns ersichtliche Orientierungspunkte. Es gibt keine Karten, kein Radar und auch kein GPS. Aldo, der Supervisor des Schiffes nimmt sich viel Zeit für uns und erklärt uns unsere Fragen. Für den Kapitän genügen wohl die unterschiedlichen Dunkel Töne, die die Bäume am Ufer machen, manchmal kontrolliert der Kapitän mit Scheinwerfern die Richtung - wahnsinn!

    Plötzlich erkennen wir ein blitzendes Licht in der Ferne. Nachdem von unserem Schiff mit großen Scheinwerfern die Stelle abgesucht wird, erkennen wir den Grund des Lichtes. Es ist ein Mann mit Taschenlampe, der unser Schiff sozusagen anfunkt und um Mitnahme von sich und seiner Waren zu bitten. Wir steuern die Stelle an und rammen mit dem Schiffsbug in die bewachsene Uferbefestigung. Es erscheint eine kleine Siedlung von vielleicht zehn Häusern. Der Mann springt auf und weiter geht es! Verrückt! Dieses Schauspiel wiederholt sich dutzende Male. Manchmal werden ganze Bananen-Ernten, oder der Fischfang des Tages mit unzähligen Dorfbewohner aufgeladen. Ich hätte nicht gedacht, dass doch so viele Menschen hier am Amazones/Ucayali im Dschungel wohnen.

    Um die Dörfer herum sind meist die Dschungel-Bäume durch Platanen ersetzt. In Guatemala haben wir erlebt, was dabei heraus kommt, wenn man Menschen einfach machen lässt - sie benötigten immer mehr Holz und auch Fläche... Aldo erklärte uns, was wir eigentlich aus dem Erdkundeunterricht schon wussten: wird eine Fläche im Dschungel abgeholzt und bebaut, so ist der Ertrag im 1. Jahr gut, im 2. noch ok und im 3. erntet man schon nicht mehr genügend um die Familie zu ernähren und noch ein wenig zu verkaufen - also müssen neue Flächen gerodet werden... Wir sehen auch mehrere Flächen, wo viel Holz geschlagen wurde, ohne dass eine Aufforstung oder landwirtschaftlicher Nutze darauf folgte. Inwieweit Peru hier ein Auge drauf hat, können wir nicht sagen, aber so, wie wir die Dschungel-Bevölkerung auf dem Frachter kennen lernen dürfen, scheint da nicht viel für Naturschutz bei den Menschen übrig zu sein. Es ist normal, den Müll in den großen braunen Fluss zu schmeißen... der Müll ist dann ja schließlich weg...

    Und das, was wir im "Centro de Rescate" gehört haben, dass die Leute noch immer Tiere aus dem Dschungel als süße kleine Haus- und Knuddeltiere mehr schlecht als recht halten, bestätigt sich auf dem Frachter: 1 Mann mit großem Papagei in Mini-Schachtel, 1 Dame mit 4 kleinen Loros (Jessica, total nett, unsere "Nachbarin", aber auch völlig falsche Ernährung für die kleinen: Plätzchen Fisch, etc. - Loros essen eigentlich kein Fleisch), 1 noch junger Affe an einer Schnur festgebunden, später auf der Fahrt ein Händler, der große Loros für 'n Appel und 'n Ei verkauft... Schade - das macht einen traurig!
    ... haben die Leute doch gelernt, dass sie das Klopapier nicht in den Klo, sondern daneben in eine Tüte werfen, warum können sie Plastik nicht in Mülltonnen werfen (selbst Ameisen haben eine "Mülldeponie") und die Tiere da lassen, wo sie hingehören?!?

    Es ist fantastisch, welch' freundliche Menschen mit den außergewöhnlichsten Geschichten uns an Bord begegnen. Ein älterer Mann zeigt uns ganz stolz riesige Bunte Federn einer Papageienart, giftige Pflanzen und die Haut einer kleinen Boa Negra. Das Öl sei gesund, sagt er! Es würde durch die Hand rinnen und diese ganz warm machen. Dann erzählt er, es gäbe Boas mit 30m Länge und andere mit 2 Köpfen! Dem nicht genug: Es leben Tiere im Dschungel, die faustgroße Diamanten im Kopf haben...! Wir müssen uns zusammenreißen um nicht zu lachen. Ja, vielleicht muss man nur ganz fest daran glauben 😁
    Ach ja - und es gibt gute und schlechte Delfine. Die schlechten springen aus dem Wasser und hauen mit den Schwanzflossen die Fischer aus den Booten. Und ein Tierchen namens Perrito, das Männern mit seinen kleinen Insektenschaufeln das Schnarchen aus der Nase zaubern

    6:00 Uhr, wie jeden Morgen klingelt, nachdem auch der Hahn aus dem Frachtraum gekräht hat, eine Glocke. Essen ist fertig, bedeutet dies! Und kurz darauf stehen wir mit in der großen Schlange vor der "Cocina", der Bordküche, mit unseren Schälchen und warten auf unser Frühstück. Das Prozedere wiederholt sich um halb 12 und nochmal gegen 17 Uhr zum Abendessen. Die Zeiten sind wie immer sehr variabel. Zu essen gibt es Reis mit Hühnchen, die frisch aus dem Todestrakt im Maschinenraum an Board geschlachtet werden, Reis mit Suppe und Reis mit süßer Milch-Wasser-Zubereitung. Die Hühner, die unter unserem Tisch gelagert werden, sind wohl erst mal noch verschont. Nach dem Essen wird gespült... Sehr gewöhnungsbedürftig, dass aus dem Hahn das braune ungefilterte Flusswasser läuft. Übrigens auch aus der Dusche... 😜

    Es kostete ein wenig Überwindung, die Duschen zu benutzen, aber nachdem Marcos lange Haare ein eigenes Biosphärenreservat zu werden drohten, war duschen dringend notwendig. Manche Einheimische tranken nach dem Spülen noch vom Wasser - wie man es gewöhnt ist😣

    Auf so engem Raum zusammen mit den vielen Einheimischen, lernen wir deren Sitten recht gut kennen: Viele Frauen reisen mit ihren Kindern. Die kleinsten bekommen eine ultra-süße Limonaden-ähnliche Plörre zum Frühstück, Mittag, Abend und zwischendurch. Aber sehr abwechslungsreich wird mal Brot, oder auch Chips darin getunkt! 🙃 schön bunt für die Kinder. Aber dass die Familie gemeinsam isst, sieht man nicht.

    Am 4. Tag sind zu uns unzählige Fahrgäste hinzu gekommen und mittlerweile zählen wir fast 200 Hängematten. Marco fungierte aufgrund seiner Größe auf unserem Deck als "Hängemattenaufhänger". In Tierra Blanca steigen überwiegend Männer und Frauen in traditionellen Kleidern hinzu. Die Männer in Hemden, Latzhose und Hüten, die Frauen in Kleidern. Wir vermuten eine Glaubensgemeinschaft wie Mormonen, oder Menoniten. Sie kommen wohl ursprünglich aus den Niederlanden es sind großgewachsene, meist blonde Männer und helle Frauen, sie sprechen dutsch. Sie siedeln bei Tierra Blanca in einer abgeschlossenen Kommune mit mehreren Kolonien/Familien mit bis zu 150 Menschen. Wir trafen einen, der auch ein wenig deutsch konnte, die Kommunikation war jedoch schwierig. Einige Familien kamen vor kurzem aus Belize, andere aus Bolivien. Wir haben nicht herausbekommen, warum sie dort weg sind. Echt verrückt!

    Wie auch in den Bussen stürmen unzählige Verkäufer an manchen Dörfern das Schiff und verkaufen Getränke, Obst, Kuchen, Fisch- und Fleischgerichte. Wir kaufen einen super leckeren Bananen-Kuchen und 2 Platano-Kugeln (tacacho), von denen Marco eine halbe isst und den Rest verschenkt. Die Menschen aus dem Dschungel sind unheimlich stolz auf deren Essen-sie lieben vor allem den frischen Fisch, von dem es hier genügend gibt, sowie Platano - wir können nach dem dritten Tag keine Freude mehr darüber empfinden 😒

    Beim Essen sind uns weitere hiesige Gepflogenheiten aufgefallen: Das Essen wird eher geschaufelt, Knochenstückchen und alles, was dann doch im Mund stört einfach vor sich gespuckt oder geschmissen... auch auf die eigenen Füße... und später läuft man dann da durch und andere richten ihr Nachtlager auf dem Boden😝

    Abends, wenn die Nacht anbricht, lockt das Licht unseres Bootes unzählige Moskitos, Falter, Käfer und sonstige seltsame Geschöpfe an Bord - wir zwei, als einzige Gringos an Board, haben uns natürlich gut eingedeckt und sowohl Fliegenschutzspray UND für jeden ein Moskitonetz gekauft - wir sind die einzigen an Bord mit so 'nem Kram... Da fallen die Gringos wieder auf😊 wir beide waren aber, angesichts dieser viele Käfer, Falter und sonstigen Krabbeltiere soooo froh, dass wir uns unter dem Netz in die Hängematte kuscheln konnten! Und wir haben echt gut geschlafen! Auch mit Motorengebrumm, Musik vom Handy anderer Mitfahrer, Gelächter, lautes Geschnatter... Die Einheimischen haben den gaaaanzen Tag in der Hängematte gelegen, entspannt und abends ging es dann los... Insgesamt ist uns aufgefallen, dass hier nicht sehr viel Rücksicht aufeinander genommen wird. Ein Parade Beispiel war unser Hängematten-Nachbar. Immer laut, übertrieben freundlich und dann fehlten uns 2l Wasser, während seine Flasche wieder gefüllt war... Ein Einheimischer, der schon mal in Deutschland im Urlaub war beschrieb es so, dass hier kein Respekt vor dem anderen gelehrt wird - was er wohl in Deutschland als positiv empfand.

    Unser Deck war verhältnismäßig wenig besetzt. Für 1 Nacht ist das Schiff so voll geworden, dass einige unter freiem Himmel schlafen mussten. Aldo erzählte uns, dass manchmal 400 Leute mitfahren (Kapazität: 200 Personen). Dann werden zusätzlich Planen gespannt! Die hygienischen Verhältnisse will ich mir gar nicht vorstellen! Solche Stoßzeiten seien, wenn die Kinder Ferien bekommen und wenn Wahlen anstehen - wer nicht wählt muss Strafe zahlen (aber ob das geahndet wird, wenn so viel Gravierenderes übersehen wird!?!).

    Am Ufer wird auch Reis angebaut. Wenn der Wasserspiegel dann steigt, finden die Bauern keinen Halt mehr zum Stehen und Ernten im Kajak oder schwimmend. Der Reisanbau ist wegen der Wasserschlangen nicht ganz ungefährlich!

    Neben Wäsche flicken, Block schreiben, Spanisch lernen und mit anderen an Board quatschen, genießen wir es, auf den Fluss zu schauen und die frische Luft zu atmen, vor allem am Abend, wenn es kühler wird! Schiffe, die uns entgegen kommen, scheinen vor Ladung fast unter zu gehen. Wir haben Glück und sehen einige Amazonas-Delfine! Und... am letzten Tag wurde ein Deck unter uns noch ein Kind geboren. 😊

    Ein großes Abenteuer...

    Viele Grüße vom Amazonas
    Ariane & Marco
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  • Day 124

    Machu Picchu, Peru

    December 13, 2018 in Peru ⋅ ⛅ 13 °C

    Buenas!

    Jeder kennt es, jeder hat die Bilder davon im Kopf und irgendwie hat jeder schon mal von der Ehrfurcht gebietenden Inka Stadt geträumt und sich gewünscht irgendwann im Leben mal dort gewesen zu sein... Machu Picchu!

    Und zu den Menschen gehören wir auch. Nur haben wir gelesen und auch von einigen Reisenden gehört, dass Machu Picchu völlig von Touristen überrannt wäre und man sich überlegen sollte die Stätte zu besichtigen. Für uns steht es jedoch gar nicht zur Diskussion nicht nach Machu Picchu zu fahren. Na hört mal, es ist Machu Picchu! Und wir können ja nicht erwarten, die einzigen Touristen auf Erden zu sein, die beeindruckende Orte sehen möchten!

    Also los geht es :-) Auf nach Machu Picchu 😁

    Nach einer für uns wirklich stressigen Reise von 45 Stunden im Bus von Pucallpa im Amazonasbecken quer über die Anden nach Lima am pazifischen Ozean und von dort wieder hinauf in die Anden, haben wir ein wirklich nettes Quartier im beeindruckenden kolonial geprägten Cusco bezogen. Unglaublich, aber die fast 2.000 km Strecke über Lima ist die schnellste Verbindung von Pucallpa nach Cusco. Die Alternativroute quer durch die Anden mit Kleinbussen und unzähligen Umsteigenotwendigkeiten wollten wir wirklich nicht angehen.

    Machu Picchu ist Luftlinie über 100 Kilometer von Cusco entfernt und das interessante ist, es führen keine Straßen direkt dorthin. Es liegt auf einer etwa 400 m hohen Anhöhe eingeschlossen von der Schlucht des Urubamba Tals unweit des Ortes Aquas Calientes (Warmes Wasser). Nur wie kommen die täglich über 2.500 Touristen nach Machu Picchu...? Bereits vor einigen Jahrzehnten wurde eine Eisenbahntrasse von Cusco aus durch das enge Urubamba-Tal gebaut. Nachdem wir in Cusco von den aktuellen Preisen einer solchen Zugfahrt hören, bleibt uns beinahe die Spucke im Hals stecken. 65 € pro Strecke und Person! Das wären hin und zurück 260 € für uns gemeinsam und das ohne die 40 € Eintritt pro Person zu Machu Picchu! Wow...! Die Zugfahrt von Cusco nach Aquas Calientes geht auch exclusiver - für über 1.000€ pro Person 😉!

    Es muß ein anderer Plan her! Und wir haben Glück! Carlos, der Eigentümer unserer Unterkunft kennt eine alternative Route und organisiert uns einen Kleinbus, der uns über 7 Stunden durch die Berge zu einem Wasserkraftwerk (Hidro Electrica) bei der Ortschaft Santa Teresa bringen soll. Santa Teresa liegt ebenfalls im Urubamba Tal an der genannten Bahntrasse. Jedoch 'hinter' Machu Picchu. Von dort könnte man über die Gleise zu Fuß nach Aguas Calientes wandern, sagt uns Carlos! Perfekt! Für umgerechnet 75 €/Pers, hin und zurück, inkl. Übernachtung in Aquas Calientes, Mittagessen, Abendessen, Lunchpaket und Eintritt! Unschlagbar 😁

    Um 7:00 Uhr am nächsten Morgen warten wir unweit unserer Unterkunft an einer Straßenkreuzung, bis uns der bestellte Kleinbus abholt um uns nach Santa Teresa zu bringen. Fast pünktlich geht die Fahrt los. Der erste Streckenabschnitt verläuft über eine gut ausgebaute Straße in ewigen Schleifen die Berge hinauf. Immer weiter und weiter bergauf... bis wir einen Pass von 4.300 m Höhe überqueren. Als wir jedoch etwa 30 km vor Santa Teresa links abbiegen, trauen wir unseren Augen kaum. Unsere bisher gut ausgebaute Straße verwandelt sich zu einer einspurigen, stellenweise ausgebrochenen Schotterpiste. Die Wegkante bricht links fast senkrecht ab, rechts geht es zum Teil überhängend senkrecht nach oben und von Leitplanken ist weit und breit nichts zu sehen. Besser ist es, einfach nicht nach draußen sehen und es gilt zu hoffen, dass unser Busfahrer das Lenkrad nach 5 Stunden Fahrt weiterhin schön im Griff hält! 🤨 Jetzt wissen wir, warum hier alle sehr gläubig sind!

    Nach zwei betenden Stunden kommen wir im Urubambatal an. Ein enges, mit mehreren hundert Meter steil aufragenden Bergflanken, inmitten eines grünen mit Vogelgezwitscher durchfluteten Urwaldes und...
    ...einer Bahntrasse 😊 Wir schwingen unseren Rucksack auf die Schulter und auf geht es nach Aquas Calientes, oder auch Machu Picchu Pueblo genannt. Es ist eine beeindruckende Wanderung entlang der Gleise und begleitet vom Urubamba Fluss. Und immer wieder der Blick hinauf in die Berge, ob wir vielleicht vom Tal aus Machu Picchu schon erblicken können. Das einzige, was wir auf der 2 stündigen Wanderung finden können, sind teils vom Dschungel eingenommene terrassenartig angelegte Anlagen. So bleibt auch unsere Vorfreude.

    In Aquas Calientes angekommen warten wir etwas ungeduldig auf unseren von Carlos organisierten Guide, der uns morgen die Ruinen zeigen soll. Wir sitzen am 'Plaza de Armas (Gewehr)', so heißen übrigens annähernd alle Hauptplazas in den bisher bereisten Städten in Lateinamerika. Wir nennen sie immer Knarrenplatz! Aber mit der Pünktlichkeit ist das bei beinahe allen Peruanern so eine Sache. Nach einer Stunde jedoch formieren sich plötzlich ein Dutzend Guides auf einer Treppe und rufen Namen quer über den Platz. Wir vermuten, daß auch wir gleich aufgerufen werden und sind hellhörig! Doch dann steht ganz links ein Mann mit einem Schild, auf dem "Ariana" und "Werna" zu lesen ist 😂.
    Wir bekommen unser Hostal und das Restaurant genannt, in dem uns später Nachos und ein paar Pommes mit Guacamole und ein geschmacksneutrales Steak und Dank vernünftiger Dips noch passable Nudeln für Ariane serviert werden.

    Es ist 4 Uhr in der Nacht und unser Wecker klingelt! Um 5 Uhr sollen sich die Tore an der Brücke zu Machu Picchu öffnen und da wollen wir natürlich zu den ersten in der Schlange von Touristen gehören... Nachdem sich die Tore öffnen, pilgern wir mit unzähligen Travellern aus aller Welt die 400 Höhenmeter steil über Blockstufen zum Eingangsportal Machu Picchus. Stolz halten wir unsere von 6:00 - 12:00 Uhr gültigen Eintrittskarten in der Hand und warten in einer Schlange unzähliger Menschen auf den Eintritt... Wir gehen durch die Schranke und nach einem kurzen Fußmarsch breitet sich vor uns die Inka-Stadt Machu Picchu aus... Wir sind da 🙂

    Eine Stadt für gerade einmal 700 Einwohner und von bemerkenswerter Struktur. Man erkennt auch ohne besondere Kenntnisse sofort die verschiedenen Bereiche der Stadt. Einerseits Tempel und Gebäude der Gelehrten, andererseits die weltlichen Wohn- und Handwerkerhäuser. Es gibt Steinbrüche, riesige treppenartige Terrassen der Bauern, auf denen Obst, Gemüse und Kräuter angepflanzt wurden, Sportanlagen, Zeremonienplätze und sogar Anlagen zur Sternenbeobachtung. Und alles errichtet in einer beneidenswerten Kunst des Trockenmauerbaus und für uns doch überraschend, von tausenden indigenen Sklaven!

    Eines übertrifft jedoch alles: Die Lage dieser Stadt! Eingeschlossen von scheinbar endlosem Dschungel und umgeben von einem sagenhaften Bergpanorama. So faszinierend, dass wir einfach nur schauen und uns für Minuten die Sprache wegbleibt...

    Nun sind da ja noch die Massen an Touristen um uns herum. Wir stellen uns einfach vor, dass jeder einzelne Tourist Bürger dieser Stadt ist und seiner Arbeit nachgeht, dann wirkt es sogar wunderbar lebhaft, wie in jener Zeit 😁!

    Wir sind nun etwa 4 1/2 Stunden in einem großen Kreis durch die Stadt geschlendert und stellen fest, dass wir kurz vor dem Ausgang stehen und einen Sektor der Stadt noch nicht gesehen haben. Wir haben ja noch 1 1/2 Stunden - bis 12:00h, denken wir! Also einfach nochmal drehen und zurück! "Pustekuchen" Nichts geht mehr zurück! Es ist ein uns bis dato nicht bekanntes Einbahnstraßensystem und jeder Versuch des Wendens wird von Wächtern, auch unfreundlich, jäh abgewendet! Auf gut Deutsch: Wir werden rausgekehrt...! Ein bitterer Abschluss für uns, der unser Bild von Machu Picchu als eine der größten Sehenswürdigkeiten Lateinamerikas in ein profitgieriges Licht rückt und das traumhafte Machu Picchu selbst für einen Moment zur Nebensache werden lässt! Später erfahren wir, dass es ab nächster Saison nur noch Tickets für 3 Stunden geben soll. So kann man vermutlich 5000 Touris pro Tag durchschleusen.

    Was bleibt uns übrig! Wir gehen ins herrliche Urubamba-Tal zurück, wandern wieder die Bahnstrecke nach Santa Teresa zurück und sind dabei keineswegs allein mit unserem Frust!

    Fazit: Es sind die Menschen, die uns am Ende den Spaß um diesen magischen Ort etwas verdorben haben. Machu Picchu hingegen ist ein Traum und unvergesslich noch dazu 😊

    Muchos Saludos
    Ariane & Marco

    "Der Reisende zerstört, was er sucht, indem er es findet.", Hans Magnus Enzensberger
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  • Day 131

    Titicaca See, Peru und Bolivien

    December 20, 2018 in Bolivia ⋅ ☁️ 8 °C

    Ein Hallo vom Titicaca See :-)

    Wir sind am Nordzipfel des Titicaca Sees angekommen... Als ich klein war hat mich schon so mancher Ort fasziniert: Panama, Popocatepetl, oder eben auch der Titicaca-See. Sicherlich nur der Namen wegen! Ich wusste ja nicht einmal, wo diese Orte waren. Den Popocatepetl müssen wir auf einer anderen Reise suchen, Panama (liebe Grüße an den kleinen Tiger und den Bären von Janosch☺️) und jetzt auch den Titicaca See haben wir gefunden 🙂

    Wir sind in der Stadt Puno angekommen. Eine dieser Städte, wie wir sie zu Hauf von Guatemala bis nach Peru gesehen haben. Interessante Städte mit noch so interessanteren Menschen, aber von Hässlichkeit kaum zu übertreffen! Puno ist ehrlich gesagt ein Schandfleck inmitten einer herrlichen Seenlandschaft im Altiplano und gelegen auf 3.900 m über dem Meeresspiegel. Betonklötze und bröckelnde Ziegelhäuser prägen das Stadtbild und von der kolonialen Vergangenheit blieb fast nur der Stadtgrundriss. Auf den Straßen hingegen wimmelt es nur so von geschäftigen Frauen, die die traditionellen mehrschichtigen Kleider und Filzhüte tragen.

    Wir wollen jedoch zu den 'Urus'. Ein Völkchen, welches auf einzigartigen schwimmenden Inseln wohnt – insgesamt etwa 90 Schilfinseln sollen es sein. Diese inzwischen aber total kommerzialisiert. Dennoch: Nirgendwo gibt’s etwas Vergleichbares. Die Inseln werden gebaut, indem immer wieder neue Schichten des schwimmenden Totora-Schilfs, der an den seichten Stellen des Sees zuhauf wächst, aufeinandergelegt werden. Die Urus waren immer ein kleiner Stamm und begannen ihre schwimmende Existenz schon vor Jahrhunderten, als sie vor den kriegerischen Inka und auch Spaniern flüchteten. Heute leben noch einige hundert Menschen auf den Inseln. Das Leben der Uro ist mit dem Schilf regelrecht verwoben. Das Material wird benutzt, nicht nur um die Inseln, sondern auch um Häuser und Boote zu bauen. Auch kunsthandwerkliche Arbeiten werden heute daraus hergestellt. Das Schilf von den Inseln muss regelmäßig von oben ergänzt werden, da es unten im Wasser langsam verrottet. Deshalb ist der Boden auf den Inseln immer weich und federn 🙂

    Wir fahren mit einem Boot zur Isla Suchi Maya und werden dort nach einer kleinen Vorführung über die Bautechnik der Inseln von Maria, der angeblichen 'Inselchefin', in ihr Haus eingeladen. Nach einem kurzen Smalltalk kennt sie unsere Namen, die sie dann später auf ihrem kleinen Kunsthandwerkermarkt dazu missbraucht, uns ständig zu rufen, damit wir einen ihrer Wandteppiche kaufen. Wir kaufen nichts, schließlich haben wir nur einen Rucksack, den wir noch einige Zeit tragen müssen! Später werden wir mit einem aus Schilf gebauten Boot, angetrieben von zwei rudernden Urus, entlang der vielen, vielen Inseln gefahren. Eine schöne und entspannende Fahrt. Sehr interessant zu sehen wie hier seit vielen Jahren und Jahrhunderten gelebt wird, auch wenn es heute auf der ein oder anderen Insel seit neuestem Photovoltaikanlagen gibt. Übrigens: Die Urus zahlen keinerlei Steuern und Abgaben... wären wir nicht alle gerne Urus... 😜

    Wir bleiben für 3 Nächte in Puno, gehen Wandern, oder schlendern durch die Stadt und die Märkte, bevor es uns weiter entlang des riesigen Titicaca auf die bolivianischen Seite des Sees, nach Copacabana verschlägt. Jeden Tag gewöhnen wir uns besser an die Höhe - die Treppen in den 3. Stock sind die ersten Tage eine echte Hürde. Immer wieder müssen wir mal tief Luft holen! Copacabana erinnert uns an ein Ferienort der 60 Jahre am Gardasee :-) zumindest stellen wir es uns so vor. Ein fröhliches Kleinstädtchen und ein Stand mit unzähligen Badegästen, Enten-Tretbooten, älteren Jachten, Touristenbooten und Eisbuden. Ein Gedicht, an der Promenade zu sitzen und dem Strandtreiben auf bolivianisch zuzusehen. Es scheinen viele Einheimische hier Urlaub zu machen. Aber auch die Umgebung des Städtchens ist umwerfend. Kleinbauern arbeiten auf ihren zum Teil winzigen Feldern, mal allein, mal mit der ganzen Familie. Es wird Siesta gehalten und andernorts Fiesta gefeiert. Eine wunderschöne Wanderung von 26 km entlang des Sees mit zwei über 4000 m hohen Berggipfeln (nennen wir sie eher Hügel, waren es ja auch nur 200 Höhenmeter bis zum Gipfel 😁 aber die Höhe macht einem schon zu schaffen!).

    Copacabana ist für uns das Sprungbrett nach Sucre, unserem geplanten Urlaubsdomizil über Weihnachten und Sylvester. Doch als wir am Morgen den Bus über La Paz nach Sucre nehmen wollen, zeigt sich das streik- und protestfreudige Bolivien von seiner besten Seite. Copacabana ist eingeschlossen von Straßenblockaden. Kein Bus fährt... Und wie lange die Blockaden dauern sollen kann uns niemand wirklich sagen. 24 Stunden, 48 Stunden?..! Wer weiß! Es gibt aber eine Alternative: Zurück zur Grenze, Ausreise aus Bolivien und wieder Einreise nach Peru. Von dort mit dem Bus zu einem anderen Grenzübergang im Süden Perus, dort wieder Einreise nach Bolivien und von dort mit einem Bus nach La Paz. Nun gut... los geht es... Und zwar zu Fuß! Mit allem Gepäck geht es die 8 km zur peruanischen Grenze zurück, an der wir erst vor 3 Tagen eingereist waren. Geld wechseln und Grenzformalitäten erledigen, Busverbindung suchen und und und 🙃 Bis La Paz klappt es perfekt und wir haben sogar noch etwas Zeit uns die Stadt anzusehen, aber wer glaubt, wir würden mit unserer neuen Busverbindung in Sucre ankommen der irrt! 6 Km vor Sucre bremst uns wieder eine Straßenblockade aus. Also Rucksack auf den Rücken und los geht es zu Fuß. Diesmal haben wir jedoch großes Glück, nach 2 km Fussmarsch hinter der Blockade nimmt uns ein alter stinkender und aus Japan importierter Stadtlinienbus mit ins Zentrum von Sucre mit. Zahlen müssen jedoch nur alle anderen Fahrgäste! Wir werden vom Fahrer freundlich in Sucre willkommen geheißen 👍

    Wenn das nicht schon mal ein guter Start in unseren Urlaub vom Reisen ist ;-)

    Viele liebe Grüße aus Sucre, Bolivien

    Marco & Ariane
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  • Day 143

    Weihnachts- & Sylvesterurlaub in Sucre

    January 1, 2019 in Bolivia ⋅ ⛅ 21 °C

    Hola!

    Zugegeben, hängen wir mit unserem Reiseblog doch etwas hinterher. Wir haben aber eine gute Ausrede! Wir waren im Urlaub! :-)

    Ja, so manch einer mag darüber schmunzeln. Sind wir doch schon seit vergangenem August und bereits seit 140 Tagen in Urlaub! Aber eine kleine Pause vom doch manchmal auch stressigen Reisen sei uns gegönnt. Muss man beim Reisen immer wieder sehen, wo man abends schläft, recherchieren, wie der weitere Weg verlaufen soll und kann, seine Finanzen im Griff halten und und und! So braucht auch unser Kopf mal eine Pause ;-) Und was bietet sich da besser an, als über Weihnachten- und Sylvester in den Winter-, oder besser gesagt in den Sommerurlaub zu fahren.

    ... wir sind in der "Hauptstadt" Boliviens, in Sucre, angekommen und haben uns im kolonialen Zentrum der Stadt für ganze 12 Tage in einem sehr schönen Hostel mit einem tollen lichtdurchfluteten Atriumhof eingemietet. Wir haben ein schönes Zimmer, eine Küche und viel Platz um uns herum. Was alles in allem nicht ganz selbstverständlich ist!

    Das tolle ist, dass im gleichen Haus auch Spanischkurse angeboten werden und so hat Ariane natürlich die Möglichkeit genutzt und im Voraus 40 Stunden Einzelunterricht gebucht. Mir hingegen ist es sehr stressig, neben dem Reisen noch eine völlig andere Sprache zu lernen. Hut ab! Profitieren wir doch mittlerweile sehr von der Tatsache die Sprache nicht nur verhältnismäßig gut zu verstehen, sondern auch gut zu sprechen. Letzteres trifft nur auf Ariane zu ;-) Ich würde zwar hier nicht verhungern und käme auch ans Ziel. Ariane hingegen drückt den Preis, erkundigt sich über die Möglichkeiten des besten Weges und unterhält sich mit Einheimischen. Und so erfahren wir vieles über Land und Leute!

    Heilig Abend steht vor der Tür und wir haben geplant den Abend klassisch, eben wie zu Hause zu gestalten. Sofern es eben geht. Denn dies ist gar nicht so einfach, schließlich gibt es hier keine Tannenbäume, kein Feuer im Kachelofen und auch keinen Schnee! Man will es kaum glauben, aber für uns gehört zur Weihnachtszeit einfach das Schmuddelwetter. Wir haben mittags stets über 20°C und das auf 3.000 m Höhe. Da fällt es schwer weihnachtliche Stimmung aufkommen zu lassen. Aber eines ist wie immer, ich renne, während Ariane noch die 'spanische' Schulbank drückt, an 'heilig Morgen' quer durch die Stadt, um noch ein Geschenk aufzutreiben. Über den Markt, quer durch die Straßen, hoch und runter...
    ... Und finde noch was ich gesucht habe und oben drauf auch noch 4 Teelichter :-)

    Wir treffen uns mit Miriam und Timm, die wir hier in Sucre kennen gelernt haben, zwei liebe Leute aus Bochum und backen uns Hawaiitoast, zwar mit miesem Toastbrot und unterirdischem Käse, aber immerhin und mit zwei Flaschen Wein und unseren Teelichtern ist unser Abendessen fast perfekt! Nur was wäre Heilig Abend ohne einen Besuch in der Kirche. Nachdem wir einen Tag zuvor durch Neugierde in einer Kirche mit einer 300 Jahre alten französischen Orgel von einer Nonne zum Gottesdienst am heiligen Abend eingeladen wurden, wussten wir auch schon wo wir hingehen.

    Vom Gottesdienst muss ich erzählen: So werden zum Abschluss des Gottesdienstes von Gläubigen Christuspuppen (meist als Jesu verkleidete Plastik-Babypuppen) aus der Grippe von zu Hause vom Pastor gesegnet und währenddessen performen ein Dutzend Nonnen von der Orgel begleitet und mit Triangeln, Holzklöppeln, Trommeln und Reibebrettern bewaffnet eine Percussionshow.

    Ein toller Abend, auch wenn wir unsere Familien sehr vermisst haben :-)

    In der folgenden Woche stehen nochmal einige Stunden Spanisch und die Organisation unserer bevorstehenden Reise nach Südpatagonien auf dem Programm - ein Akt ohne 'Ende'! Aber auch einen tollen Ausflug auf den Markt in Tarabuco, einem kleinen Dorf 60 km östlich von Sucre, gönnen wir uns. Ein beeindruckender Ort, voller bolivianischer Traditionen.

    Die Tage vergehen wie im Flug und schon steht Sylvester vor der Tür und ihr werdet es nicht glauben: Wir, Ariane und Marco, gehen mit einer Truppe Leute, zusammengewürfelt aus der halben Welt, in einen Club auf eine all-you-can-drink-party. Miriam und Timm sind auch wieder dabei. Sie sind in einer ähnlichen Situation wie wir, mit dem Unterschied, dass beide ihren Job gekündigt haben und auch für ihre Zukunft eine Möglichkeit suchen den neuen Job und das Reisen zu verbinden - wir wünschen Ihnen dabei viel Glück! Wir, als die größten Trinker des Planeten, fühlen uns erst mehr als nur fremd, doch welch' Überraschung, mit Hüten und Konfetti auf dem Kopf wird es wirklich lustig. Sylvester wird hier weniger mit Krachern und Raketen, vielmehr mit Konfetti, Weintrauben und natürlich guter Laune gefeiert und um Mitternacht trifft sich gefühlt die halbe Stadt auf dem zentralen Plaza de Sucre, um ins neue Jahr zu 'rutschen' (das macht man ja nur bei uns ;-) Um 5:30 Uhr fallen wir völlig KO ins Bett ;¬]

    Ein tolles neues Jahr wünschen wir euch...:-)

    Puff, Knall, yippie und salut
    Ariane und Marco
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  • Day 146

    Boliviens wilder Südwesten

    January 4, 2019 in Bolivia ⋅ ☁️ 10 °C

    Hallihallo :-) da sind wir wieder...

    Wir fahren an den großen Silber- und Bleiminen von Potosí vorbei, über das von kargem Steppenland geprägte Altiplano und gelegentlich vorbei an kleinen Siedlungen und Bauerndörfern, bis wir in Uyuni, einer Kleinstadt südlich des größten Salzsees der Welt ankommen.

    Es gibt kaum befestigte Straßen und der Sand und Staub der Wüste bedeckt alles was sich ihm in den Weg stellt und scheint zudem in jede Ritze zu kriechen. Irgendwie liegt etwas Endzeitstimmung in den grauen und ockerfarbenen Straßen und doch ist der erste Eindruck von Uyuni gar nicht so schlimm, wie uns der ein oder andere Reisende vorher geschildert hat. Und trotz der eiskalten Bedingungen herrscht in Uyuni eine fröhliche Atmosphäre, das Städtchen macht neugierig!

    Wir haben uns für zwei Tage eine Unterkunft gesucht, um zu überlegen, wie wir am sinnvollsten die einzigartige Landschaft der nördlich gelegenen Salzwüste erkunden können. Mit dem Fahrrad oder zu Fuß ist es wenig praktisch und angesichts der beginnenden Regenzeit schwierig, da die Salzebene in Teilen jetzt schon unter Wasser steht (das Gebiet rund um die Insel mit den alten Kakteen ist jetzt schon gesperrt). Zudem müssen wir schauen, wie wir im Anschluss zur chilenischen Grenze kommen und mit dem Bus kann es im Südwesten dank unzuverlässiger Transportmittel und der Abgelegenheit der Gegend zu einer echten Herausforderung werden. Wir entscheiden uns mit einem einheimischen Fahrer für 3 Tage die Wüste und den völlig unbesiedelten Südwesten Boliviens mit einem 'Landcruiser' zu erkunden, denn ohne einen ortskundigen Führer mit Fahrzeug ist es fast unmöglich in dieser Region an die Grenze zu Chile zu gelangen. Für 920 Bolivianos (umgerechnet 116 €) geht es los und das Tolle ist, dass Miriam und Timm, die mit uns von Sucre nach Uyuni gereist sind und mit denen wir eine wirklich tolle Zeit dort verbringen durften, wollen mit uns diese Tour unternehmen :-)
    Anna-Lena, eine junge Frau, die nach ihrem Abi alleine durch Südamerika reist (ganz schön taff!), sowie ein junger Mann aus Belgien (Wemme - wir wussten nie, wie der Name richtig ausgesprochen wird... irgendwann hieß er nur noch "W") sind auch mit dabei.

    Bevor wir jedoch aufbrechen, wurde uns empfohlen dem Büro der Migración in Uyuni einen Besuch abzustatten, um die Grenzformalitäten für den Grenzposten nach Chile 'Hito Cajón' abzuklären, was wir natürlich tun. In einem völlig herunter gekommenen Bürohaus und einem ebenso eindrucksvollen Büro bekommen wir jedoch nur die verwirrende Info, dass wir alles an der Grenze klären sollten...! Welche Funktion hat nur dieses fragwürdige Büro fragen wir uns! Dann machen wir es eben so...

    Am folgenden Tag treffen wir uns um 10:00 Uhr mit Javier, unserem Fahrer, Guide und Koch. Unser Gepäck wird auf dem Dach des 'Landcruiser' fest verzurrt und Tag 1 unserer Tour beginnt.

    Wir fahren, bevor wir in Richtung Salzebene aufbrechen, zuerst zu einem alten Friedhof von dutzenden verrosteten Dampflokomotiven. Für uns ein riesiger Abenteuerspielplatz für Erwachsene, denn wir können auf den 'Loks', Tendern und Wagen herumkletten und uns in der alten Zeit hier verlieren. Zudem ist es vor der Kulisse der Berge und andererseits der Wüste ein toller Platz für viele skurrile Fotos. Timm lässt seine Drohne fliegen - tolle Aufnahmen von den Zügen, den vielen anderen Touristen und uns entstehen.

    Nachdem wir auf den 'Salar de Uyuni' mit unserem Geländewagen fahren, eröffnet sich für uns eine der fesselndsten und schaurigsten Sehenswürdigkeiten unseres Planeten. Ist die Salzebene doch unglaubliche 12 000 km² groß und liegt auf einer Höhe von über 3600 m. Wenn er austrocknet, dann wirkt der 'Salar' wie ein weißer Ausläufer des unvorstellbaren Nichts. Da sind nur der blaue Himmel und der weiße Boden. Und wenn sich etwas Wasser auf der Ebene sammelt, spiegeln sich die Wolken und der blaue Himmel des Altiplano perfekt auf der Oberfläche wider und der Horizont verschwindet. Für uns natürlich die perfekte Gelegenheit die schon kultigen Fotos von Spielchen mit Spiegelungen und der Perspektive zu machen. Ein riesiger Spaß :-) Wir bleiben den restlichen Tag auf dem 'Salar', bevor wir den See in der Abenddämmerung verlassen und noch eine ganze Weile über Schotterstraßen unserem Nachtquatier entgegen fahren. Für mich ein abenteuerlicher vom Scheinwerferlicht gefluteter Weg durch die Nacht, bis wir in einer kleinen Ortschaft und einer netten fast ganz aus Salz bestehenden Unterkunft in unser auch aus Salz gebautes Bett fallen.

    An unserem zweiten Tag geht es in den südwestlichsten Zipfel von Bolivien. Javier stopft sich seine Backen voller Coca-Blätter und auch Timm und Miriam haben eine Tüte Coca-Blätter dabei. Es soll gegen die Höhenkrankheit helfen, schließlich bewegen wir uns immer auf Höhen von 4000m - 4500m Höhe. Man nimmt also erst einmal 5, 6 Blätter und legt sich diese für etwa 15 Minuten in die Backen zum einweichen. Nach und nach nimmt man immer mehr Blätter hinzu bis die ganze Backe voll ist und kaut genüsslich den ganzen Tag auf den Coca-Blättern herum. Soweit die Theorie! Ich halte es für etwa eine 3/4 Stunde aus und spucke sie heimlich aus dem Fenster, nachdem mir das Zahnfleisch taub wird und bevor ich anfange zu würgen. Bekomme ich doch lieber Kopfschmerzen durch die Höhe, als dass ich weiter auf diesen Blättern herumkaue und mir am Ende noch die Zähne ausfallen!

    Für uns eine wirklich ehrfurchtgebietende Ansammlung rauer und vielfältiger Landschaften. Wir sind im Eduardo Avaroa Andean Fauna National Reserve und fahren an unzähligen schneebedeckten Vulkanen vorbei, alle weit über 5000m und zu großen Teilen mit einer perfekten Kegelform. Durch eine Wüstenlandschaft mal mit gelbem oder rotem Gestein, ein anderes mal ganz in grau. Ich könnte wetten, dass hier die NASA ihre Marsrover testet. Denn auch einen Meteoritenkrater sehen wir in einer Bergflanke. Aber auch nach Schwefel riechenden Fumarolen, blubbernden Schlammlöchern unterschiedlichster Farben und Geysiren bekommen wir zu Gesicht.

    Wir halten an Lagunen, die mal aufgrund von Mineralien türkisfarbenes Wasser haben, oder aufgrund von Bakterien in einem satten Rot leuchten. Wir sitzen auf einer Anhöhe oberhalb der Laguna Colorado und sind unglaublich beeindruckt. Vor uns stehen mehrere Tausend rosafarbene Flamingos im 'Rot' der Lagune. Wir schweigen und sehen einfach nur fern... Ist es doch genau dieser Moment, von dem wir vor dieser Reise geträumt haben :-)

    Immer wieder sind wir überrascht, wie Tiere in dieser unwirklichen Umwelt überleben können. Wir sehen Lamas und Vicuñas (zwei der Vier Arten von Andenkamelen), Wüstenfüchse, Hasen, Flamingos und unzählige Vögel. Gibt es hier doch nicht einmal einen Baum. Nur manchmal scheinbar verdorrte Büsche und Kakteen.

    Es ist schon sehr erstaunlich, wie sich Javier in dieser Gegend auskennt. Mal fahren wir hinter dem nächsten Berg links, mal mitten im Nirgendwo rechts. Es gibt keine Dörfer, oder Siedlungen und auch keine Straßen. Man fährt einfach, wie mal will. Manchmal sind bestimmt 20 verschiedene Reifenspuren im Sand zu erkennen, was ja grundsätzlich nichts besonderes ist, doch ist jede 20 - 30 Meter von einander weg!

    Und es gibt sie doch... Häuser! Nach einem sehr langen Tag kommen wir unweit einer Lagune zu einer Ansammlung verschiedener Gebäude, von denen eines unsere Unterkunft für die Nacht sein wird. Es gibt keine Duschen und auch keine Heizung. Doof nur, daß wir auf etwa 4600m Höhe sind und es nicht sonderlich warm hier ist, ehrlich gesagt bitter kalt. Aber etwa 300m unterhalb unserer Unterkunft entfernt, direkt an der Lagune gelegen, steigen die Dampfwolken eines kleinen Thermalbeckens in die Luft und wir können bis tief in die Nacht den unglaublich strahlenden Nachthimmel der südlichen Hemisphäre aus dem heißen, 38°-Becken heraus bestaunen. Ein Traum...! Nur leider erkennen wir nicht ein einziges Sternzeichen...

    ... unsere folgende Nacht wird gemilde gesagt, nicht sonderlich geruhsam. Wir träumen beide nur unvorstellbaren Stuss, werden ständig wach, da wir gaaanz tief Luft holen müssen, da wir das Gefühl haben keine Luft zu bekommen. Hätten wir doch nicht gedacht, daß die Luft hier schon so dünn ist!

    Etwas müde von unserer fast schlaflosen Nacht geht es nach dem Beladen unseres Geländewagens weiter ge'n Süden zur 'laguna verde' (warum sind hier die Flamingos eigentlich nicht grün :-) und zur chilenischen Grenze.

    Für uns ist hier die Reise mit Javier, Miriam, Timm und den anderen beiden zu Ende. Es geht nach Chile. Die anderen fahren nach Uyuni zurück. Es würde uns sehr freuen, wenn wir uns nach unserer Reise wieder mit Miriam und Timm treffen könnten und unsere Erlebnisse austauschen könnten!

    Die bolivianische Grenzstation zu Chile gleicht eher einem alten verlassenem Außenposten, als einer offiziellen Grenzstation, wenn an dem etwas herunter gekommen Häuschen aus Lehm nicht eine Landesfahne wehen würde. Unseren Ausreisestempel und die -formalitäten organisiert uns übrigens Javier und das, ohne das wir je einen Grenzbeamten haben zu Gesicht bekommen....
    ....wofür ist nur dieses Büro für Migracion in Uyuni?..!

    Viele Grüße in die Heimat
    Ariane & Marco
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  • Day 151

    Chuquicamata

    January 9, 2019 in Chile ⋅ 🌬 20 °C

    Hallo! Da sind wir wieder :-)

    Die Grenze zu Chile liegt sozusagen in einem Nirgendwo - und wir wollten uns schon die 70 Bolivianos sparen, die uns die Agentur, mit der wir die 3-Tagestour auf und um den Salar de Uyuni gemacht haben, extra berechnet hat um bis nach San Pedro zu kommen. Wir wollten sehen, wie wir an der Grenze alleine weiter kommen, so wie wir das an anderen Grenzen auch gemacht haben. Was für ein Glück, dass wir das NICHT SO gemacht haben! Wir hätten hier schön blöd gestanden, im Nichts und ohne eine Möglichkeit weiter zu kommen! Wir fahren mit einem Kleinbus vom bolivianischen Grenzposten aus in das chilenische Grenzgebäude - und zack, geht hinter uns das Rolltor zu! Wir werden alle völlig auf den Kopf gestellt: alle Rucksäcke und Koffer müssen geöffnet werden und wir werden gefilzt. Hier lassen die Chilenen nicht mit sich spaßen! Wir müssen sogar unseren Leinsamen und den getrockneten Mais abgeben!... Es sollen keine Früchte, kein Obst und andere Dinge eingeführt werden, die der Natur Chiles gefährlich werden könnten. Nach einer halben Stunde öffnet sich das Tor vor uns und dann geht es bergab - 3000m tiefer nach San Pedro de Atacama - in eine völlig andere Welt!

    San Petro - es ist heiß, es ist staubig, es ist ein Ort voller Touristen und wir glauben, er existiert nur noch für diese! Nicht desto trotz ist es sehr schön hier. Wie haben wir es vermisst: kein Müll und gute Ideen! Hier hat man die interessanten alten Lehmhäuser alle erhalten und zu interessanten Cafés, Restaurants, Geschäften und allerlei kleinen Läden umgebaut. Hier sind sogar die Dächer aus Lehm, faszinierend.

    Wir haben unser Zelt auf einem netten Zeltplatz unweit des Ortkernes aufgestellt und wollen für 3 Tage hier bleiben um die Umgebung etwas kennen zu lernen und haben uns überlegt, ach wäre das toll, in das weltweit größte und modernste Observatorium ALMA, 30km östlich des Ortes zu fahren. Ist hier doch der Sternenhimmel so klar wie nirgendwo sonst in der Welt... Und schon holt uns der Tourismus wieder ein... 3 Monate im Voraus muss man die Eintrittskarten reservieren. Also wieder nichts für uns Individualreisende!

    Also mieten wir uns Fahrräder und fahren am Nordrand des 'Salar de Atacama' entlang zum 'Valle de la Luna', dem Mondtal. Eine faszinierende Landschaft inmitten der Wüste. Wir denken, die umliegenden Berge wären aus Fels! Nix da - die Überraschung ist groß! Bei einer Wanderung durch eine kleine Schlucht und ein kleines Höhlensystem stellen wir fest, dass hier unsere Umgebung völlig aus von Sand bedecktem Salz besteht. Es ist ein sehr anstrengender Tag, über eine Schotter- und Sandpiste vorbei an alten verlassenen Minen und riesigen Sanddünen. Unsere Anstrengungen belohnen wir uns in der Abenddämmerung mit einem beeindruckenden Blick auf das Schattenspiel der umliegenden Berge und einem tollen Sonnenuntergang, bevor wir mit Stirnlampen bewaffnet zu unserem noch 12 km entfernten Zeltplatz zurück radeln.

    Wir wollen am 12. Januar in Antofagasta, einer Stadt an der chilenischen Pazifikküste sein, um von dort in den tiefen Süden Chiles, sozusagen dem Sommer hinterher zu fliegen! Also machen wir uns auf, um mit einem Zwischenstopp in Chuquicamata, einer bedeutenden Bergbaustadt, an die Küste zu fahren. Und diesmal sind wir schnell! Wir wollen uns beim Betreiber der größten Kupfermine der Welt, Codelco, in Chuquicamata zu einer kostenlosen Besichtigungstour anmelden und schreiben denen als Individualtouristen ganze 2 Tage vorher eine Mail. Siehe da, die Antwort kommt prompt mit einer Absage. Alle Plätze seien voll. Wir würden jedoch auf einer Warteliste stehen...! Einen Versuch ist es Wert, denken wir uns und nehmen den nächsten Bus nach Calama, hechten durch die Stadt und kommen mit dem Stadtbus gerade pünktlich, als ein Mitarbeiter die Liste der Nachrücker vorliest. Wir sind dabei :-) bekommen umgehend einen Helm und eine Warnweste und los geht es.

    Wir können es noch kaum fassen, als wir durch die Tore der heute völlig verlassenen Arbeiterstadt Chuquicamata fahren. Denn die Stadt wurde bereits vor 11 Jahren verlassen und die Arbeiter nach Calama umgesiedelt, da viele von ihnen in Minennähe krank wurden. Es erinnert uns etwas an die Hahn Airbase in den 90er Jahren. Dennoch ist alles erstaunlich gut erhalten und man könnte meinen, dass die Arbeiter mit Familien erst gestern die Stadt verlassen hätten. So hängen die Schilder noch an den Geschäften, Werbung in den Schaufenstern, Gardinen in den Fenstern und am Hauptplatz steht ein geschmückter Christbaum, aber die Straßen sind leer. Keine Autos und keine Menschen. Die ehemaligen Einwohner sind jedoch so sehr mit ihrem 'Chuqui' verbunden, dass sie sich noch immer alljährlich an Weihnachten auf dem Dorfplatz treffen - daher auch die noch so "frische" Weihnachtsdeko. Wir können ein wenig umherlaufen, doch leider sind die Gebäude alle verschlossen. Was haben uns die Kneipen, das Theater, oder so manch' Wohnhaus von innen interessiert...
    ... Bevor es jedoch in den tiefsten Tagebau der Welt geht, fahren wir vorbei an vielen technischen Anlagen und eben an riesigen Becken, in denen leuchtend blaue Chemikalien gelagert sind. Ja, da zeigen sich die negativen Seiten des Kupferabbaus, denn das Kupfer wird eben mit Unmengen Chemikalien aus dem Stein gelöst! Naja, ist Chile doch der größte Kupferexporteur der Welt und so profitieren wir zu Hause eben auch sehr von diesen Minen mit deren Umweltsünden.

    Abraumhalden so hoch wie Berge, die halbe Stadt würde einfach zu geschüttet, eine enorm tiefe Schlucht und hausgroße Lastwagen – das sind nur einige Beispiele für die unglaublichen Dimensionen der Mine von Chuquicamata (alias „Chuqui“). Wir starren in den atemberaubenden Abgrund des in den Wüstenboden geschürften Loches.

    Die Mine mit ihren 20 000 Arbeitern erzeugt eine permanente Staubfahne, die in der wolkenlosen Wüste über viele Kilometer sichtbar ist. Die elliptische Grube misst 'nur' 8 Quadratkilometer, ist dafür aber unglaubliche 1250 m tief und wir fahren ein gutes Stück hinunter. An uns fahren die mit über 100 Tonnen Gestein beladenen Lastwagen vorbei, von denen es 90 Stück geben soll. Riesig diese Maschinen im Stückwert von 5 Millionen US-Doller! Kann man doch kaum mit den Händen an die Radnarbe der Reifen greifen. Heute ist der Tagebau aufgrund der Tiefe wohl kaum mehr zu händeln und so ist es das letzte Jahr, in dem der Tagebau in Betrieb ist. Man geht künftig Untertage!

    Ein interessanter Ausflug nach Chuquicamata! Wir fahren weiter nach Antofagasta. Dort wollen wir noch einige Besorgungen für Patagonien (hier ist es viel günstiger als im tiefen Süden, so denken wir zumindest) machen und noch unsere in San Pedro geschriebenen Karten zur Post bringen. Als uns die gute Dame am Postschalter nur riesige, die halbe Postkarte bedeckende Briefmarken mit einem weit höheren Betrag als notwendig verkaufen will, hilft uns ein Mann aus Bremen. Er kann, da er vor 30 Jahren hierhin ausgewandert ist, mit einem perfekten Spanisch die Angelegenheit klären und, wir möchten es kaum glauben, er lädt uns für den Abend zu einem BBQ zu sich nach Hause ein :-) Erst nachts um 1 Uhr fallen wir noch einmal ins Bett, bevor wir uns von Antofagasta verabschieden.

    Wir nehmen ein Taxi zum 26 km entfernten Flughafen, da es kurioserweise keine Busverbindungen gibt. Unser Taxifahrer ist stolz auf seine Stadt und möchte uns unbedingt das Tor von Antofagasta zeigen, da man nie wirklich in Antofagasta gewesen sei, wenn man nicht einmal dort gewesen wäre. Und so macht er mit uns noch eine kleine kostenlose Sightseeingtour zur natürlichen Steinbrücke an der Küste. Vielen Dank...!

    Und kurz darauf sitzen wir im Flieger an die Südspitze Amerikas...

    Hasta luego
    Ariane & Marco
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  • Day 160

    Torres del Paine, Südpatagonien

    January 18, 2019 in Chile ⋅ ☁️ 13 °C

    Hallo :-)

    Punta Arenas, die Stadt am südlichsten Punkt des amerikanischen Festlandes... Yippee, wir sind in Südpatagonien angekommen! Ist es doch unser eigentliches Hauptziel Lateinamerikas und vielleicht auch unserer Reise :-) Wir kommen hier her, um umgeben, oder vielmehr inmitten von unberührter Natur die isolierte Schönheit dieser Gegend zu erwandern.

    Erst aber sind wir im sturmgepeitschten Punta Arenas und haben in einem für Patagonien, typischen alten mit Wellblech verkleideten Holzhaus eine Bleibe gefunden. Und es gefällt uns hier so gut, daß wir gleich viele Tage hier bleiben könnten. Holz an Wänden, Decken und Böden, eine wohlige Wärme und eine Couch vor einem großen Sprossenfenster, in das die Sonne hereinstrahlt. Wir lassen uns erst mal 'fallen' und genießen den angebotenen Kaffee :-) ist es doch ein kleiner Kälteschock für uns, aus der Atacama-Wüste hierher nach Patagonien zu kommen!

    Ja, Punta Arenas zeigt uns schon gleich wie Patagonien nun mal ist. Der unaufhörlich starke Wind bläst von der nahen 'Magellan-Straße' durch die Gassen der Stadt und wird uns wohl auch noch einige Wochen durch Patagonien begleiten. Die frühere Strafkolonie hat schon Bergleute, Robbenjäger, Seemänner, ausgehungerte Pioniere und durch den Wolle-Boom reich gewordene Händler beherbergt. Heute sind es Touristen wie wir, die die Stadt als Ausgangsbasis zu Wanderungen in die nahen Nationalparks nutzen.

    Wir wollen für 9 Tage das Bergmassiv der 'Torres del Paine' umrunden. Bevor wir jedoch losziehen können, brauchen wir noch einige Gaskartuschen für unseren Kocher. Diese konnten wir ja nicht mit ins Fluggepäck stopfen. Nachdem unsere Rucksäcke mit Zelt und allem wichtigem gepackt sind, nehmen wir einen Bus nach Puerto Natales um dort einen Teil unseres Gepäcks, was wir zum Wandern nicht brauchen, einzulagern. Weniger ist mehr, ist die Devise!

    Nach weiteren 3 Stunden Fahrt, vorbei an gigantischen Weideflächen der patagonischen Pampa, kommen wir an der Laguna Amarga, unserem Startpunkt an. Voll motiviert und mit großer Vorfreude geht es los :-) Vor uns liegen 130 km Wege und Pfade über Stock und Stein mit dem Ziel des Lago Torre, am Fuße der mächtigen Granittürme, 'Torre del Paine'.

    Nach einer 1. Nacht im 'campamento central sur' starten wir in der Früh zu unserer ersten Etappe. Exakt 30 km mit gefühlten 20 kg Gepäck, 6 kg Lebensmittel und welch Überraschung: Einer ganzen Menge Wind!
    ...und ratet mal aus welcher Richtung ;-) Es geht durch eine steppenähnliche jedoch hügelige Landschaft bis zu einer Anhöhe und dahinter erstreckt sich ein riesiges Tal, indem sich der Fluß ganz natürlich durch die Landschaft schlängelt. Und das schönste: keine Straßen und keine Häuser! Genau das haben wir gesucht. Je länger der Tag wird, desto breiter werden die Füße. Nach einigen Pausen und 11 Stunden liegt unter uns in Sonne getaucht das Camp Dickson, unser Tagesziel und kaum sind wir angekommen fängt es kräftig an zu regnen.

    So ist es halt in Patagonien! Man sagt, hier gibt es an einem Tag alle 4 Jahreszeiten, wenn einem, das Wetter nicht passt, solle man nur 5 Minuten warten...
    Eine sichere Wetterprognose sei unmöglich, man läge immer falsch. Ariane meint: Hier werd' ich Meterologe :-)

    In den folgenden Tagen geht es durch verwunschene und geisterhafte Wälder, vorbei an kleineren Gletschern, über Moränen weit hinauf zum 'John Garner Pass', wo es derart stürmt, dass wir kaum stehen können und so eine Unterhaltung beinahe unmöglich erscheint. Wir pausieren nur kurz für ein 'Selfie' vor dem gigantischen 'Glaciar Grey' und gehen einige hundert Meter tiefer, bis wir uns im Schatten der Scheinbuchen eine Pause gönnen und einen herrlichen Blick auf den strahlend blauen Gletscher genießen dürfen. Mit Ausnahme des Aletsch Gletschers gibt es solch einen Anblick in Europa wohl nicht mehr! Nachdem wir wieder eine 11 Stunden Wanderung hinter uns gebracht haben, bleiben wir für 2 Tage im 'campamento grey' und bringen unsere Füße nochmal in Form ;-) Es ist toll hier. In der Nacht hören wir oft das Grollen des nahen kalbenden Gletschers. Angeblich schiebt sich dieser pro Tag über 4 Meter ins Tal. Nur leider nimmt auch dieser in seiner Masse enorm ab. Wir halten uns den Tag über meist in der Schutzhütte auf. Hier ist es durch die vielen Gasbrenner der anderen Wanderer schön warm. Wir lernen viele nette Menschen kennen, plaudern, lesen und trinken Tee :-)

    Nach einer weiteren und ausnahmsweise mal sturmfreien Nacht im Camp 'Paine Grande' kommen wir unserem Ziel der 'Torres del Paine' immer näher. Azurblaue Seen, gewundene Pfade
    smaragdgrüne Wälder und rauschende Flüsse mit wackligen Hängebrücken belohnen die anstrengende 25 km Etappe. Wir sind gut unterwegs und gönnen uns mehrfach schöne Pausen, essen die am Wegrand wachsenden Calafate-Beeren und schlafen sogar kurz auf von der Sonne erwärmten Felsen ein. Bevor wir am folgenden morgen die letzte Etappe zu den 'Torre' in Angriff nehmen wollen, übernachten wir nochmal an unserem ersten Zeltplatz...

    Wir ziehen den Reißverschluss unseres Zeltes auf und das Wetter ist perfekt. Kräftiger Wind, aber es ist kein Wölkchen am Himmel und in der Ferne sehen wir die 'Torre' in der Morgensonne. Los geht es. Mit nur leichtem Gepäck steil die fast 1 000 Höhenmeter hinauf. Doch auf 3/4 der Strecke ändert sich das Wetter schlagartig. Es wird bitter kalt und es kommt Regen und leichter Schneefall hinzu. Der Sturm aber bleibt. Wir gehen weiter zur Lagune 'Torre' am Fuße der Granittürme und siehe da...
    ...nichts! Wir stehen inmitten einer undurchdringbaren Wolkenwand uns sehen nichts,..., nichts, nichts und nochmal nichts! Schei...! Völlig durchgefroren treten wir nach einem 'Selfie' den Rückzug an :-)

    Franziska und Luca, zwei liebe Schweizer aus Bern, die wir bereits am Camp Grey beim Mittagskochen kennengelernt haben, Zelten neben uns und waren bereits in der Nacht um 2 Uhr hinauf gestiegen und wurden von einem unvergesslichen Blick auf die berühmten 'Torre' bei Sonnenaufgang belohnt. Wir denken, warum nicht einen 2. Versuch wagen! Gehen wir in der Folgenacht die 3 1/2 Stunden bergauf noch mal an...

    ...gesagt getan! Der Wecker klingelt und wir ziehen den Reißverschluss unseres Zeltes auf. Der Mond strahlt uns leuchtend in die Augen, aber im Seitental hängt der Nebel und wir entschließen uns nicht zu gehen. Wollen wir uns nicht ein zweites Mal eine Enttäuschung abholen. Am Mittag müssen wir leider den Bus zurück nach Puerto Natales nehmen. Ein Dritter Versuch bleibt uns so leider verwehrt.

    In Puerto Natales bleiben wir für eine Nacht, um unser Durcheinander in unseren Rucksäcken zu entwirren und auch noch einmal eine normale Dusche zu nehmen. Als wir uns einen heißen schwarzen Tee gönnen, erhalten wir eine Nachricht von Franziska und wir werden zu ihrem Geburtstag zum Essen in ein urgemütliches Restaurant in Hafennähe eingeladen. Ein schöner und geselliger Abend. Vielen vielen Dank ihr beiden!

    Bis bald
    Ariane & Marco
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  • Day 171

    Fitz Roy & Cerro Torre, Südpatagonien

    January 29, 2019 in Argentina ⋅ ☀️ 7 °C

    Holala...

    Wir sind begeistert vom Bild der Berggipfel entlang des Südpatagonischen Inlandeises mit seinen unzähligen Gletschern und Granitgipfeln und wir finden größten Gefallen daran diese weitestgehend unberührten Naturlandschaften zu erwandern.

    Das 'Fitz Roy Massiv' in Argentinien soll unser nächstes Wanderziel sein und wir nehmen nach einer Nacht in Puerto Natales einen Bus nach El Calafate in Argentinien... Kaum haben wir den Grenzposten
    'Caso Laurita', mit seinen überaus geruhsamen Grenzbeamten und ihrer faultierähnelnden Arbeitsweise nach 1 1/2 Stunden passiert, ändert sich die Landschaft schlagartig. Bis zum Horizont nichts als dorres Grasland und vereinzelte Farmen mit tausenden von Schafen. Noch seltener wie Bäume sind hier Straßenkurven. Es geht meist einfach nur gerade aus... Nur die einzelnen Guanakos, die wir manchmal zwischen den dorren Grasbücheln erspähen können, lassen uns etwas Schönes an diesem Fleckchen Erde empfinden... Das ist also die argentinische Pampa!

    Glücklicherweise geht es auch bald wieder in Richtung Westen in die Berge und wir erreichen nach einigen Stunden Fahrt das Städtchen El Calafate. Bis zum Fitz Roy Massiv sind es von hier aus noch 5 Fahrstunden, entscheiden uns aber für 3 Nächte hier zu bleiben um noch einen Abstecher zum Perito Moreno Gletscher zu machen. Der Gletscher ist zwar eine Touristenhochburg, dies aber auch zurecht. Es er wahrscheinlich der dynamische Gletscher der Erde. Er dringt bis zu 2 m pro Tag vor, was jede Menge aufregend-gruseliges Kalben bedeuten soll. Also nichts wie hin...

    Bei der Suche nach einer Busverbindung, stellen wir fest, daß es nur welche mit einem unverschämten Touristentarif von 800 Pesos (18,50 €) / Person gibt. Für eine gleiche Strecke zählt man sonst nur ein Fünftel. Unser Dickkopf siegt und wir stehen kurz darauf als Tramper-Greenhorns am Straßenrand...

    ...nach ganzen 2 1/2 Stunden an zwei aufeinander folgenden Tagen geben wir genervt auf, nachdem bis dato unzählige Touristen mit ihren Autos und leeren Rücksitzbänken an uns vorbei fahren. Trampen ist einfach nichts für uns, kommen wir uns nicht nur vor wie Bittsteller, sondern ist uns auch die Zeit des Wartens viel zu wertvoll. Grrrr, also zahlen wir 800!

    ...Wir beobachten mit Spannung, wie der nächste häusergroße Brocken abbricht, donnernd ins Wasser stürzt und eine kleine Flutwelle auslöst. Einfach fantastisch! Beeindruckende 70m Meter hoch sind die gezackten Eisgipfel der 5 km breiten Gletscherzunge und der Gletscher misst sage und schreibe 35 km Länge! Zu guter letzt haben wir auch noch das große Glück Andenkondore und sogar Ñandus, das sind große, flugunfähige straußenähnliche Laufvögel zu sehen.

    Es geht weiter nach El Chaltén. Ein farbenfrohes Dorf zu Füßen des zackigen Cerro Fitz Roy. Wir wollen für 4 Tage die Bergwelt erkunden, haben unser Zelt und Proviant eingepackt. Es heißt, daß man selbst im Sommer auf Wind, Regen und kaltes Wetter eingestellt sein muss; dann sind auch die Gipfel wegen der Wolken nicht zu sehen. Wenn aber die Sonne scheint, ist El Chaltén ein Paradies für Wanderer und Bergsteiger. Wir sind gespannt :-) Bevor es jedoch für uns losgeht übernachten wir auf einem kleinen Zeltplatz am Ortsrand und welch Überraschung: Es ist derart windig, daß wir unser Zelt mit allen Heringen sichern die wir haben und zusätzlich an einem Zaun festbinden müssen ;-) Ab rein ins Zelt und gute Nacht!

    Am frühen Morgen ist keine Wolke am Himmel und die Sonne strahlt. Ein perfekter Tag. Gut gelaunt geht es steil bergauf. Wir haben uns für die Tage nur kurze Etappen vorgenommen und wollen, nachdem wir unseren Zeltplatz gefunden haben, die Gegend ohne großes Gepäck erkunden und einfach genießen. In einem Halbrund aus Todholz, um unser Zelt vor dem starken Wind zu schützen und auf einer felsigen Anhöhe oberhalb der Laguna Capri haben wir einen wirklich tollen Platz gefunden. Wir gehen noch zu einem Aussichtspunkt, von dem aus man einen tollen Blick auf das Fitz Roy Massiv haben soll. Aber, es wird schnell frisch und das gesamte Massiv versteckt sich hinter einem dicken Wolkenvorhang. Dem nicht genug fängt es leicht zu nieseln an. Wir machen uns auf den Rückweg, kochen uns etwas Leckeres und kriechen schnell in unsere Schlafsäcke...

    Wir sind am kommenden Morgen kaum 10 Minuten auf dem Weg fängt es an zu regnen und es wird für den Rest des Tages nicht mehr aufhören wollen. Was bleibt uns übrig als einfach weiter zu gehen. Wir haben ja auch keine Alternative. Uns geht es trotz des Wetters einfach gut und der Regen stört unsere gute Laune nicht. Die saubere Luft riecht unheimlich frisch. Wann geht man schon mal in Ruhe zu Hause im Regen durch die heimischen Wälder wandern, oder spazieren.... Viel zu selten, oder eher nie!

    Dennoch sind wir froh am Camp 'Poincenot' in einem total verwunschenen Wald unser Zelt aufgeschlagen zu haben und uns erst einmal von unseren nassen Klamotten zu entledigen. Glücklicherweise ist der Wind nicht kalt, noch nicht..., und unsere Hosen trocknen schnell, aber mit Wandern ist heute nichts mehr! Die Nacht jedoch wird bitter kalt, noch weit aus kälter als die vorherige. Wir sind aber gut vorbereitet, können unsere beiden Schlafsäcke zu einem großen zusammenzippen, Mütze, Schal und Thermounterwäsche an und alles was geht zum zudecken mit in den Schlafsack. Ich habe zusätzlich, das ist jedoch aus der Not heraus geboren, meine Daunenweste wie eine Hose angezogen. Sieht aus wie eine Windel, hält aber warm ;-) Wir kuscheln uns zusammen und schlafen warm und wie ein Stein :-)

    Am kommenden Tag sieht das Wetter nicht besser aus und vom 'Fitz Roy' ist nicht ein Schimmer zu sehen. Zusätzlich hat es auch noch geschneit und die Berge weiß eingedeckt. Wir sind halt in Patagonien, hier ist das Wetter wie es ist. Wir entscheiden uns eine weitere Nacht hier zu campieren und abzuwarten. Wir entspannen einen Tag im Zelt: Lesen, Spanisch lernen, Wasser am Bach holen (das kann man hier übrigens ohne Sorge trinken) um lecker zu kochen und hin und wieder aus dem Zelt zu gucken... Es hat aufgehört zu nieseln. Also mit vollem Elan in unsere Eisklotzhosen und los zu einer kleinen Wanderung zu einem beeindruckenden Hängegletscher.

    Wieder im Zelt angekommen überfällt mich das Verlangen nach Dingen, zu denen wir seit Wochen keinen Zugriff haben. Diesmal sind es wieder 'Snickers' - Was würde ich jetzt dafür geben! Manchmal ist es Schokolade, oder auch ein selbst gemachter Joghurt aus Mamas Jughurtmaker.

    Unser Warten zahlt sich aus. Um 7 Uhr am nächsten Morgen - der Blick aus dem Zelt: es sind kaum Wolken am Himmel... Nicht lange Fackeln, das Wetter kann sich schnell ändern. Los geht es ohne Frühstück, steil bergauf zum 'Lago de los Tres', von dem aus man den besten Blick auf den 'Cerro Fitz Roy' haben soll. Der Weg ist vereist und voller Schnee. Nach einer Stunde kommen wir oben an und haben vielleicht noch 2 Minuten einen verhältnismäßig guten Blick, bevor der 'Fitz' wieder hinter Wolken verschwindet ;-)

    Glücklicherweise bleibt das Wetter stabil und der Tag wird richtig sonnig warm. Uns zieht es durch wunderbare Pfade weiter in das Nachbartal des 3100m hohen Berges 'Cerro Torre'. Er ist der Hauptgrund, weshalb wir nach El Chaltén gekommen sind. Eine erstmals vor 3 Jahren frei gekletterte Granitnadel von über 2000 m Höhe und umgeben von einer grandiosen Gletscherlandschaft. "Da hinter den Wolken muss er sein!" Man braucht einfach sehr viel Glück. Fast das ganze Jahr sind die Gipfel wolkenverhangen, da die warme Luft aus der argentinischen Pampa an diesem Bergmassiv auf die Kaltluft des Südpatagonischen Inlandeises trifft und zu Wolkenbildung führt. Aber es ist trotzdem sehr schön hier und wir liegen noch eine Zeit lang am Ufer des unweit unseres Zeltplatzes gelegenen Gletschersees und genießen die Abendsonne.

    Bevor wir den Heimweg ins Tal antreten, wollen wir noch einen Abstecher über die Gletschermoränen zu einem Aussichtspunkt machen, von dem aus man die Gletscher um den 'Cerro Torre' und an einigen Tagen im Jahr auch den 'Torre' sehen kann. Und plötzlich sehen wir, daß die Wolken immer dünner werden. Wir setzen uns windgeschützt hinter einen dicken Stein in die Sonne und verfolgen das Geschehen. Es dauert etwa eine halbe Stunde und der Wolkenvorhang verschwindet Stück für Stück bis der 'Torre' sich in seiner ganzen ehrfürchtigen Pracht zeigt. Es wird nicht jeder verstehen, aber wir sind fasziniert, begeistert und unglaublich beeindruckt von diesem außergewöhnlichen Naturschauspiel und es wird für uns ein unvergesslicher Tag...

    Viele Grüße aus dem Süden Südamerikas :-)

    Ariane & Marco
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  • Day 176

    Pueblo Cerro Castillo, Nordpatagonien

    February 3, 2019 in Chile ⋅ ☀️ 12 °C

    Buenas!

    Wir wechseln den Kontinent! Am 04. März fliegen wir von Santiago nach Asien. Und somit sind auch unsere Tage in Südamerika leider gezählt. Das heißt, daß wir uns langsam Richtung Norden machen müssen. Wir wollen noch einmal nach Chile zurück und über die 'Carretera Austral' die abgelegenen Ortschaften, Weiler und Nationalparks Nordpatagoniens erkunden.

    Wir nehmen den Grenzübergang im kleinen Örtchen 'Los Antiguos' am 'Lago General Carrera' und fahren in das Städtchen 'Chile Chico', wo wir das chilenische Nationalgericht 'Completo' zu Mittag essen. Completo - das sind Würstchen im Brötchen, also wie Hotdogs, aber mit unterschiedlichen Zutaten. Der "normale" Completo "Italiano", wird mit Guacamole und Tomaten zubereitet, der Completo "Aleman" mit Sauerkraut ;-)
    Mit der Fähre geht es dann am Nachmittag auf die andere Seeseite und wir erreichen den Hafen von 'Puerto Ibáñes' nach 2 1/2 Stunden. Ein wirklich verschlafenes Örtchen. Gespickt mit vielen alten bunten Holzhäuschen, kleinen, jedoch meist ungepflegten Vorgärten, die Straßen breit und gelegentlich wechselt ein Hund die Straßenseite. Außer 2 - 3 einfachsten Tante Emma Läden ist hier nicht viel los. Wir finden einen netten Platz, wir nennen es mal Campingplatz, zwischen einerseits Schafen und Ziegen und andererseits einem Schweißerbetrieb, an dem wir unser Zelt umringt von Hühnern aufstellen können.

    Um 9:00 Uhr am Folgetag soll ein Bus für 800 chilenische Peso (1,07€) nach Pueblo Cerro Castillo fahren. Das hatte uns ein Ladenbesitzer und unser "Schweißer" erzählt. Nur hatte keiner auf dem Schirm, daß samstags und sonntags keine Busse fahren, was er uns natürlich erst samstags morgens erzählt! Das fängt ja gut an! Super Idee die abgelegenen Ortschaften zu erkunden...! Pueblo Cerro Castillo ist über 40 km entfernt, unmöglich zu gehen, denke ich mir! Nach einer halben Stunde des erneut vergeblichen Versuches zu Trampen fragt mich Ariane, ob denn ein Fußweg über die Berge nach 'Castillo' in unserer Landkarte eingetragen wäre. Ich denke nur, das ist ein Scherz...! Schließlich haben wir volles Gepäck mit knapp 20 kg auf dem Rücken!

    Keine Stunde später haben wir für 2 Tage in einem der Lädchen Essen eingekauft, geprüft, ob Bäche mit trinkbar en Wasser an der Wegstrecke liegen und sind hinter dem Ortsschild bereits links abgebogen...

    "Quien se apura en la Patagonia pierde el tiempo" – Wer sich in Patagonien beeilt, verschwendet seine Zeit, erklären die Einheimischen - Also gar nicht erst hektisch werden...

    So wandern wir in aller Ruhe erst auf einer Schotterstraße ohne große Höhenunterschiede und immer entlang des Rio Ibañez, vorbei an einem wirklich sehr prächtigen Wasserfall und durch ein trockenes von kargen Bergen eingefasstes Tal. Nach gut 2 vollen Stunden geht es plötzlich steil bergauf und in diesem Moment hält neben uns der roter Pickup zweier amerikanischer Kletterer, die eine kurze Zeit vorher bereits uns entgegen kamen. Perfekt, wir werfen unsere Rucksäcke hinten auf die Ladepritsche und springen auch mit gleich hinterher. Oben angekommen und 1 1/2 km später springen wir ab, die beiden biegen links ab und wir folgen weiter unserem Weg. Dieses Glück haben wir am frühen Nachmittag nochmal, als uns Alejandro, der hier in den Bergen lebt, ebenfalls uns zu Beginn einer Steigung für 2 km mitnimmt. Verrückt! Und alles ohne trampen :-)

    Wir sind so froh uns für den Weg nach 'Castillo' zu Fuß entschieden zu haben. Der Weg ist einmalig und schlängelt sich nun durch ein enges, beinahe klammähnliches Tal und neben uns ist nur der Fluss, viel Grün und gelegentlich Streifen Kühe, oder Pferde durch den Wald.

    Als wir uns am späten Nachmittag an einem entlegenen und wunderbaren See nach einem Platz zum Zelten umsehen, hören wir einem Mann, der eine Kuh mit einer 'Steinfletsch' an einen Zaun entlang treibt. Wir kommen mit ihm ins Gespräch und kurz darauf gesellen sich noch ein paar weitere Leute dazu. Allesamt Amerikaner aus Alaska und Montana, die hier über den Sommer nach Patagonien gekommen sind, um hier auf einer Fliegenfischer-Lodge zu arbeiten. Es wird richtig gesellig. Wir quatschen, trinken Bier und vergessen darüber fast unsere Zeltplatzsuche. Nach gut 2 Stunden ziehen sich die "Fliegenfischer" in ihre nahegelegene Hütte zurück und wir bleiben einfach dort, schlagen unser Zelt, immer im Blickfeld eines 'Zorro Chilla' - einem Graufuchs - unweit des Ufers auf, waschen uns im See und kochen was feines...

    Es ist bereits lange dunkel und plötzlich hören wir unsere Namen rufen. Die Stimme hört sich an wie die des Mannes mit der 'Steinfletsch'. "Are you dressed?... I have something to eat for you! Tacos und a bottle of wine... Enjoy and nice to meet you!". Ist das nicht toll! Wir sind schon so oft auf unserer Reise von Fremden zum Essen, oder Trinken eingeladen worden. Wie oft machen wir das für Fremde zu Hause? Nie, oder?

    Am nächten morgen ziehen wir früh los, denn in Pueblo Cerro Castillo soll heute ein Rodeo stattfinden und das wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Es sind zum Glück nur noch 15 km, aber die Sonne brennt uns bei fast 30°C ganz schön auf den Kopf. Der Weg besteht nun nur noch aus einem schmalen Pfad und scheinbar war hier auch schon länger niemand mehr, zumindest kein Mensch, denn auf dem Weg sind neben unseren Schuhabdrücken nur Abdrücke verschiedenster Tiere auszumachen. Wir sind hier für uns alleine und können neben wilden Pferden, Füchsen und Hasen auch Unmengen von Schwarzspechten bei der Arbeit zusehen.

    Als wir am Ortseingang von Pueblo Cerro Castillo ankommen wird gerade eine Herde von vielleicht 20 Pferden zwischen Mopeds, Autos und LKWs über die Hauptstraße zum Rodeo Festival getrieben. Echt mutig, womit auch unsere Neugierde immer größer wird.

    Wir suchen uns schnell einen Platz für unser Zelt, und los geht es zum 'Encuentro Costumbrista Rescatando Traditiones', wie die Einheimischen sagen. Ein Mal im Jahr findet das in der Region wichtigste Rodeo statt und wir sind dabei :-) Und bevor wir uns am Berghang ein gutes Plätzchen zum Zuschauen suchen, schlendern wir erst mal an den vielen Essensständen vorbei, sehen dem Treiben zu, probieren gegrilltes Lamm und kaufen uns eine dicke Portion Pommes, frittiertes Brot und eine große Büxe Bier :-)

    So wirklich wissen wir nicht was uns gleich erwartet. Wir vermuten nur, daß man hier wohl nicht so zimperlich mit Pferd und Rind umgeht. Wir sind mal gespannt... Der Platz ist etwa halb so groß wie ein Fußballfeld und im rechten Viertel stehen 2 schwere Pfosten, groß wie ein Marterpfahl an denen je ein Pferd angebunden ist. Mindestens 3 Männer sind am Werk. Zuerst werden die Pferde ganz eng an den Pfahl gezogen, den ganz wilden Pferden werden die Augen verbunden, bevor sie dann mit verschiedenen Riemen und Stricken für das Rodeo vorbereitet werden. Eine Prozedur von 10 Minuten, bis zu guter letzt ein weiterer Reiter das angebundene Pferd mit seinem Pferd in Richtung Platzmitte drückt. Dann ein Zeichen des Rodeoreiters! Das Seil wird gelöst und. .. Wow...! Los geht es! Ohweia! Jetzt gehts ab... Das Pferd buckelt und fegt über den Platz wie von einer Tarantel gestochen und der Caballero versucht irgendwie sich zu halten. Ein Höllenritt... Der Hammer...! Das Schauspiel dauert am heutigen Tag maximal 12 Sekunden, bis der Reiter spektakulär zu Boden fällt. Dabei sieht es manchmal aus als wäre es das letzte Mal gewesen. Die Nummer sieht für den Laien echt kreuzgefährlich aus. Die sind verrückt, die Chilenen!

    Abseits des ganzen Geschehens spielen mehrere dutzend Männer ein Glücksspiel namens 'Taba'. Es ähnelt dem des Hufeisenwerfens, nur wirft man hier ein Eisenteil, welches mit einer bestimmten Seite auf einer Schlammfläche aufkommen muss. Und, hier spielt man nicht nur um paar wenige Groschen. Hier liegen manchmal ganz schöne Mengen Geld auf dem Trockenen Gras inmitten der Menschenmenge!

    Zu Hause wäre eine solche Veranstaltung im Nu von den Behörden beendet bzw. gar nicht erst zugelassen. Zu gefährlich, Tierschutz, Geldspiel, und und und! Aber es ist ein ganz großartiges Fest und auch mit Maß! Muss man bei uns erst mal eine Veranstalter-Haftpflichtversicherung vorweisen, bevor man auf dem Kirchplatz in Büchenbeuren Bier verkaufen darf! Oder der Fastnachtswagen ist 2 cm zu breit! Ach, was gibt es da Beispiele. Und leider oft zu Lasten der Kulturvielfalt.

    Wir sitzen noch eine Zeit lang unter den vielen Zuschauern am Hang und bestaunen das Treiben. Ein rundum großartiges Spektakel, viel Tradition und eine Menge Spaß haben wir hier in 'Pueble Cerro Castillo'.

    Muchos Saludos

    Ariane & Marco
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