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- Aug 29, 2022, 2:00pm
- ⛅ 29 °C
- Altitude: 553 m
- SpainCastille and LeónTrabadelo42°38’53” N 6°52’41” W
29 Cacabelos – Trabadelo
August 29, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 29 °C
Nun habe ich das liebliche Bierzo-Tal verlassen und bin dabei die letzte große Hürde zu bewältigen: den Anstieg von 500 m auf über 1.300 m zur Passhöhe hinter O Cebreiro – da beginnt Galizien. Man könnte meinen, das „O“ vor Cebreiro ist einem Stöhnen ähnlich im Angesicht dieses gewaltigen Höhenunterschieds – oder ist es vielleicht ein Laut der Entzückung, wenn man dann endlich oben ist? Naja, ich werde es erleben.
Ich habe mir die Strecke unterteilt. Heute bin bis Trabadelo gelaufen – das ist knapp 600 m hoch, La Faba – schöner Name, gell? – liegt bei fast 900 m und dann übermorgen den Rest.
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Heute Morgen bin ich gemütlich los, ich hatte schon eine Albergue reserviert und brauchte also nicht hetzen. Obwohl es interessant ist: je näher ich zum Ziel komme, desto mehr Mühe habe ich bei mir zu bleiben – Santiago saugt! Es ist wie bei den Pferden: wenn sie den Stall wittern, beginnen sie zu galoppieren.
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Der Weg lief zunächst leicht ansteigend der Straße entlang, dann zweigte er ab durch die Weinberge und das Bierzo zeigte noch einmal all seine Pracht. Bis Villafranca war der Himmel bewölkt und ich schielte immer nach oben, ob es nicht ein paar Tropfen regnen würde. Aber es blieb trocken. Als ich in Villafranca – das ist die Stadt der Franken von Cluniazensern gegründet – um die Ecke kam und die Plaza Mayor betrat, erkannte ich sie sofort wieder. Schön, dieser kleine freudige Moment: ah, da warst du ja schon mal. … und da das Café. Es war schon fast Mittag und ich hatte noch 10 km vor mir. Also beschloss ich, noch ein bisschen in Erinnerungen zu baden und in dieser einen Bar einen Café con Leche zu trinken.
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Das war gut entschieden, denn das kommende Stück hatte es in sich. Der Weg führte die ganze Strecke – abgetrennt durch eine hüfthohe Betonmauer – an der Straße entlang – auf der andern Seite der Fluss und in 20 m Höhe die Autobahn, die meinen Weg immer wieder kreuzte und von der einen zur anderen Seite scharwenzelte.
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Die Fliegen waren eine besondere Plage. Sie versammelten sich in Gruppen vor meinem Gesicht und versuchten … – ja was eigentlich? – waren sie scharf auf meinen Schweiß? Ich weiß es nicht. Auf jeden Fall flogen sie mir ins Gesicht, setzen sich auf die Brille. Also habe ich versucht, die Brille abzusetzen. Vielleicht würde sie ja das spiegelnde Glas anziehen. Das ging einen Moment gut, aber nicht wirklich lange. Dann also verscheuchen, mit der Hand, mit dem Taschentuch, mal gewedelt, mal heftiger. Das war auch nicht wirklich der Renner. Und wie ist es mit Ignorieren – also ganz im Hier und Jetzt sein und wenn mir die Fliege in die Nase kriecht, sie einfach wegmeditieren. Nein auch keine Lösung. Wenn ich nun den Kopf gesenkt halte und nach unten auf die Straße schaue, so das die Fliegen mein Gesicht gar nicht sehen würden? Das war schon besser, aber ich sah halt nur die 2 m Straße vor mir – und meinem Atlas tat diese Haltung bestimmt nicht gut. – Und siehe da: eh ich mich versah, war ich schon da. So kann ein Weg auch vergehen.
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Trabadelo liegt schon im Tal. Die Straße hat nur ein Ziel, nämlich oben anzukommen. Der Ort teilt das Schicksal aller Passstraßen: sie fliehen vorbei und werden nicht wahrgenommen. Vom Dorf aus sieht man die alles überragende Werbetafel der nahen Autobahn-Tankstelle. Viele Häuser stehen leer, Abwechslung bringen nur die paar Herbergen und ein Supermercado in Wohnzimmergröße. Heute Abend kann ich in der Albergue essen – es gibt vegetarisch.Read more