Südamerika 2018

July 2018 - January 2019
Conny und ich bereisen Mittel- und Südamerika und nehmen dabei so viel wie möglich mit! Die bisherigen Ziele: Mexiko, Guatemala, Kolumbien, Ecuador.
Anschließend geht’s für mich alleine weiter, streckenweise begleitet von Mama, Papa und Brigitte. ☀️
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  • Tradition, Geld und Hühnchen

    August 7, 2018 in Ecuador ⋅ ⛅ 21 °C

    Nach Bogotá ging es abermals per Flugzeug nach Quito, die Hauptstadt Ecuadors.
    Hier eine Zusammenfassung unserer Eindrücke aus drei Tagen Quito:
    Wir umgingen die teuren Taxis und fuhren mit zwei Bussen vom Flughafen in die Stadt. Keine Touris zu erblicken und wir fühlten uns auf Anhieb wohl. Dicht gedrängt ging es in Richtung Altstadt. Die Leute um uns herum waren witziger Stimmung und wir freuten uns bereits auf die Erfahrungen, die diese Stadt für uns bereithalten würde. Einen Teil unserer Zeit verbrachten wir mit den drei organisatorischen B: Bilder, Blog und (B)lanung. Darunter fiel unter anderem auch der Gang zum Militärstützpunkt, um uns dort detaillierte Karten für die geplante Wanderung entlang eines Inka-Trails ausdrucken zu lassen. Voller Begeisterung stellten wir fest, dass man in der ganzen Stadt für 2,5 USD zu Mittag essen kann (Suppe, Hauptgang und Getränk). Da meine Lebensqualität entscheidend an die Essenspreise gekoppelt ist (negative Korrelation, wie sie im Lehrbuch steht), konnte Quito (und Ecuador) nur gut werden. Wir kämpften uns zu zwei Aussichtspunkten hoch. Wie immer wurde uns vorher gesagt, dass laufen zu gefährlich für Touris sei und wir ein Taxi nehmen sollten. Auf dem Weg zum zweiten Aussichtspunkt lungerten tatsächlich drei Gestalten hinter einer Ecke, die unseren selbstbewussten Gruß erwiderten und uns ohne Probleme passieren ließen. Da es auf dem Rückweg bereits dunkel war und uns ein etwas ungutes Gefühl beschlich, sammelte ich auf dem Weg einen robusten Stock ein. Die Gestalten lungerten immer noch an besagter Stelle, auf der Suche nach leichten Opfern. Ein zufriedenes Grinsen, sowie das selbstverständliche und schwungvolle Drehen des Stockes aus dem Handgelenk stufte uns als „nicht leichte Beute“ ein und somit trat man mit einem „hola que tal“ zur Seite und ließ uns bereitwillig passieren. Auf dem zweiten Aussichtspunkt fand ich den ersten (geplanten) „Geocache“ meines Lebens. Falls dies jemandem der hier Lesenden kein Begriff sein sollte, hilft Mister Google schnell und umstandslos. Wir nahmen mal wieder an einer „Free Walking Tour“ teil, die sehr informativ war und vielen Fragen auf den Grund ging. Zum Beispiel: Warum hat Ecuador als Währung den US-Dollar? --> Nach diversem Gelddrucken in Überfluss, Korruption, Gelder-Veruntreuung und dem Vergeben von Darlehen an „Ghost Companies“ (Firmen, die nur auf dem Papier existieren) kollabierten die zwei großen Banken Ecuadors. Der „Sucre“ (damalige Währung) verlor rapide an Wert und die Bevölkerung ging reihenweise zu den Banken, um sich ihre Einlagen auszahlen zu lassen oder diese in Dollar zu wechseln. Der aktuelle Präsident schloss die Banken und konfiszierte jegliche Einlagerungen der Bevölkerung. Dies hatte verständlicherweise fatale Folgen, bis hin zu vielen Toten (z.B. aufgrund von fehlender Medizin). Ecuador erkaufte sich mit Bohrrechten für große Ölvorkommen Dollar (es lebe der scheiß freie Kapitalismus!). Fast 20% Prozent der Bevölkerung verließ das Land, um Arbeit zu finden und schickten ihren Angehörigen Dollar nach Hause. Auf diese Weise kamen genug Dollar ins Land, um diese als Währung zu nutzen. Das am meisten ironische an der ganzen Sache ist, dass der ehemalige Präsident, der die Wirtschaft seines Landes an die Wand gefahren, Millionen Menschen enteignet und somit folglich etliche Menschenleben auf dem Gewissen hat, nun in Harvard Wirtschaftswissenschaften lehrt. Da soll sich noch jemand wundern, warum unsere Weltwirtschaft von Korruption, Egoismus und Skrupellosigkeit geprägt ist. Kaputtes System.
    Da die Erwartungen unsere verehrten Leser sich wahrscheinlich eher auf unsere Reiseerlebnisse als auf Systemkritik meinerseits beziehen, kehren wir zu diesen zurück. Unsere Abende verbrachten wir sehr heiter. Einmal mit einer Flasche Rum und einer Gruppe Venezuelern auf der Straße, bis unfreundliche Polizisten das Ende des Abends verkündeten. Das andere Mal auf dem Lichterfest, bei dem viele Denkmäler bunt beleuchtet und viele Gebäude mit schönen Lichtspielen verziert wurden.
    Unser Fazit von Quito ist sehr positiv und es war schön, wieder mehr indigene Bevölkerung zu sehen und die Wurzeln der Inka waren immer wieder spürbar.
    Conny
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  • Busverwechslung Planumdrehung Inkatrail

    August 10, 2018 in Ecuador ⋅ ⛅ 10 °C

    Voller Motivation starteten wir früh in den Tag. Hätten wir gewusst, wie der Tag endet, wären wir wohl liegen geblieben, aber ich will nicht zu viel vorwegnehmen. Also gingen wir nichts ahnend frühstücken und machten uns voller Vorfreude auf zum Busterminal, da wir am nächsten oder übernächsten Tag in den Dschungel wollten. Wir hatten noch keine Tour gebucht, da auf unsere per Facebook-Nachricht formulierten Bitten um eine Preisminderung für zwei arme Studenten bisher nicht reagiert wurde. Notfalls hatten wir ja unsere treuen Hängematten dabei und im Dschungel sollte es an Bäumen zum Aufhängen ja nicht mangeln. Im Busterminal war wie immer viel Geschrei und jeder Ticketverkäufer war der Meinung, dass die möglichen Passagiere ihre Pläne ändern würden und ein Ticket bei ihm/ihr kaufen würden, falls er/sie nur laut genug das Ziel seines Busses durch die Halle schreien würde. Ein Angestellter fragte uns nach unserem Reiseziel und wir sagten ihm „Nueva Loja“, er nickte wissend und bestätigte „Si Loja aca“ („ja Loja hier“). Da Städtenamen auf unserer bisherigen Reise oft abgekürzt wurden (Chichicastenango = Chichi), dachten wir uns nichts dabei und ließen uns an den besagten Schalter führen. Da es nur noch zwei Plätze gab, und diese auch nur aus dem Grund, da zwei Tickets storniert wurden, schlugen wir direkt zu. Sehr zufrieden über unser Glück – wir armen Irren – warteten wir 3 Stunden auf unseren Bus. Wir stiegen, wunderten uns über die lange Fahrtzeit (12h, statt der von uns erwarteten 8) und schlummerten weg. Morgens um 04:30 kamen wir in „Loja“ an. Als niemand den Nationalpark „Cuabeno“ kannte, schwante uns langsam Böses. Irgendwann realisierten wir, dass wir komplett auf der anderen Seite Ecuadors rausgekommen waren. Das war vielleicht ein Moment. Nach kurzer Aufregung inklusive Anzweiflung unserer geistigen Gesundheit rissen wir uns schnell wieder zusammen und beschlossen, unsere Reiseroute umzudrehen (statt von Norden -> Süden nun von Süden -> Norden). Somit nahmen wir den nächsten Bus nach Alausí, um von dort aus den „Camino de Inka“ („Weg der Inka“) zu starten. Wir liehen bei einem Tour-Unternehmen Schlafsäcke, Isomatten, ein Zelt und ein Campingkocher aus. Außerdem kauften wir noch Lebensmittel für drei Tage ein und lehnten das Angebot, für 15$ nach „Achupallas“ (das Dorf, aus dem wir unsere Inkawanderung durch die Anden starten wollten) ab. Stattdessen gab es noch eine leckere Henkersmahlzeit und wir trampen zur Bushaltestelle hoch. Es war schon dunkel und niemand konnte uns sagen, ob noch ein Bus kommen würde. Wie immer war alles „gefährlich“. So hielten wir mal wieder den Daumen raus und ein umgebauter kleiner LKW mit einigen indigen aussehenden Insassen nahm uns für 2$ mit bis nach „Achupallas“ – der local Bus also. Wir fühlten uns schon wieder wie die absoluten Abenteurer und „real traveler“. In „Achupallas“ wollten wir noch unsere Handys und die Kamera laden, da machte uns allerdings der Stromausfall einen Strich durch die Rechnung. Daher rührt übrigens auch der Bildermangel dieses Eintrags, Fotomotive gab es selbstverständlich mehr als genug. Wir gingen im einzigen Hostel des Dorfes früh schlafen.

    Inka:
    Nach einem leckeren Frühstück machten wir uns mit einem neu erworbenen Kompass, aber leider ohne Kokablätter – im Dorf nirgends zu finden – auf den Weg. Wir fanden uns mit dem Karten gut zurecht und realisierten schnell, dass die Inkas bei ihrer Wegwahl sich was gedacht hatten. Die meiste Zeit des ersten Tages ging es an einem Fluss entlang. Der Weg war allerdings trotzdem abenteuerlich und wir kletterten über den Fluss und Felsen hoch, bei denen wir die Rucksäcke einzelnen hoch geben mussten (der eine hatte 12kg, der andere 20kg). Die Natur überwältigte uns und wir sammelten für Tee und Abendessen diverse Kräuter. Wir begegneten außer einem Reiter und zwei Kindern mit einer Schafherde keiner Menschenseele. Der Weg wurde anstrengender, der 30kg Rucksack gefühlt immer schwerer und es nieselte leicht. Doch die Vorfreude auf das abends im Fett brutzelnde Schnitzel, dass sich im Rucksack befand, trieb uns voran, bis wir die gesuchte Lagune erreichten. Wir bauten unser Zelt direkt am Wasser auf und genossen das Ankommen an diesem tollen Ort. Wir schöpften Wasser aus einem Bach und versetzten es mit … Tabletten, um es trinkbar zu machen. Dabei war unsere Zufriedenheit darüber, was wir doch für Abenteurer seien, nicht mehr zu bändigen. Das Schicksal holte uns allerdings auf unbarmherzige Art und Weise wieder auf den Boden zurück: Das System der Gaskartusche und das des Kochsystems waren nicht identisch. Mit aufsteigender Panik, um unser wohlverdientes Schnitzel gebracht zu werden, baute ich aus einem Plastikstückchen uns Schnüren (wir hatten nicht einmal Klebeband zur Verfügung) eine Konstrukten, die die zwei unterschiedlichen Systeme kompatibel machen sollte. Als ich das Kochsystem entzünden wollte, war allerdings schnell klar, dass das System nicht genug abdichtete, denn die Luft vor uns brannte ebenfalls, bis ich es abriss. Jan verbat mir einen zweiten Versuch mit abgeänderter Konstruktion zu starten und unser Leben für ein Schnitzel zu riskieren. Das klingt euch lieben Lesern jetzt einleuchtend und vernünftig, allerdings sitzt ihr zu Hause im Warmen und Trockenen und seid nicht 6 Stunden mit 20kg auf dem Rücken und der Vorfreude auf ein Schnitzel durch die Anden gewandert. So schnell wollte ich mich nicht geschlagen geben und füllte Öl in eine Pfanne. Anschließend hielt Jan die Pfanne und ich versuchte diese ca. 30 Minuten (bis das Feuerzeug den Geist aufgab) mit besagtem Hilfsmittel zu erwärmen und das Öl zu entzünden. Wie ihr bereits erahnen könnt, war das Ergebnis nicht eine brennende Pfanne, sondern nur eine Brandblase am Daumen. Somit gab es einen „Salat“ aus rohen Würstchen, Zwiebeln, Knoblauch, ekliger Paprika und den gesammelten Kräutern (darunter Salbei, der im Essen deutlich bitterer als erwartet war). Dazu gab es trockene Tortilla. Das Ganze klingt allerdings noch deutlich zu lecker, es war grausam! Sehr grausam! Um uns die Illusion der großen „survivor” vollends zu zerstören, dümpelten die … Tabletten nach einer Stunde immer noch unaufgelöst im Bachwasser. Was für ein Reinfall. Mit etwas gedämpfter Stimmung und unter vielen Flüchen auf die Mitarbeiterin des Tour-Unternehmens, die uns den Gaskocher ausgeliehen hatte und versichert, dass er funktioniere und das System korrekt sei (auch auf Nachfrage noch), ging es schlafen.
    Geplant für das Frühstück waren Bacon, Eier und warme mit Käse gefüllte Tortillas. Stattdessen gab es trockene Tortillas mit kaltem Dosenthunfisch. Ich muss ja eigentlich nichts mehr dazu sagen. So ging es mit immer noch nicht gehobener Stimmung und etwas spät los zu Etappe zwei. Die atemberaubende Natur verscheuchte allerdings schnell unsere schlechte Laune und wir wanderten staunend durch Felslandschaften, Täler und über Flüsse. Mit Süßigkeiten hielten wir uns über Wasser und kamen nach einem fantastischen Wandertag (wieder ca. 6h) mit den letzten Sonnenstrahlen in „San José“ an - der Kompass war uns dabei eine große Hilfe. In „San José“ durften wir bei dem netten Besitzer (Name?) des Dorfladens unser so lang ersehntes Schnitzel braten. So ein Glück! Wir saßen noch mit ihm und einigen Dorfbewohnern im Laden zusammen und diskutierten bei Bier über verschiedenen Länder, die unterschiedlichen Mentalitäten und die korrupten Regierungen. (Name) bat uns schließlich auch an, unsere Isomatten in sein „Wohnzimmer“ (=staubige Kammer) zu legen. Das könnte als Beschwerde missverstanden werden. Dem ist keineswegs so, wir waren sehr froh, vor Wind und Regen geschützt zu sein.
    Am Morgen durften wir freundlicherweise wieder die Küche benutzen und zauberten ein riesen Omelett mit Bacon und Käsetortillas. Am Ende wurde also auch essenstechnisch doch noch alles gut. Überaus gut gestärkt und nach herzlicher Verabschiedung machten wir uns auf zur letzten Etappe des „Camino de Inka“. Diese betrug allerdings nur noch zwei Stunden und war wieder in der Zivilisation. Auf dem Weg bekamen wir noch die Chance, einer Familie bei dem Auseinandernehmen und verarbeiten ihrer Kuh zu zuschauen. In „Inga Pirca“ angekommen, besuchten wir das Museum und bekamen eine Führung durch die Ruinen. Das uns am Vorabend versprochene „Machu Pichuu“ von Ecuador war es natürlich nicht, allerdings trotzdem schön und interessant. Wir fuhren mit dem Bus zurück nach „Alausí“ und gaben das ausgeliehene Equipment zurück. Als wir erklärten, dass sie uns ein nicht funktionierendes Kochsystem mitgegeben hatten und was das für Folgen hatte, einigten wir uns nach einiger Diskussion darauf, dass wir für das Ausleihen des Equipments nicht zahlen müssen. Sehr zufrieden erwischten wir den letzten Bus nach „Riobamba“ und checkten ins Hostel ein.
    Conny
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  • Chillimilli & Chimborazo

    August 14, 2018 in Ecuador ⋅ ⛅ 7 °C

    Nach den aufreibenden Erlebnissen der letzten Tage gönnten wir uns in Riobamba einen Tag der Entspannung und um wieder in die Zivilisation zurückzufinden. Konkret bedeutete das viel Zeit an Laptop und Handy, außerdem einen Ausflug zum Pollo-Laden um die Ecke und das Kennenlernen einer herzlichen venezonalischen Familie, bei denen wir leckere Arepas (mit Käse gefüllte Mais-Fladen, welche wahlweise mit Schokolade übergossen werden – ratet mal, wer von uns beiden sich die Schoko-Dröhnung gegönnt hat 😉) aßen.
    Zudem planten wir den nächsten Tag, welcher das Besichtigen des Chimborazos (der größte Berg Ecuadors, mehr dazu später) inklusive Mountainbike-Tour für uns bereithalten sollte. Wir kontaktierten also verschiedene Tour-Anbieter und fuhren sogar zum Büro eines Anbieters, der uns empfohlen worden war, schafften es aber nirgendwo, trotz hart geführten Verhandlungen und arme-Studenten-Mitleids-Bonus einen Preis zu erhalten, der geringer als 60 Dollar pro Person betrug.
    Somit trafen wir am späten Abend kurzerhand die Entscheidung, - verzeiht mir meine Wortwahl – auf das Fahrradfahren zu sch… und auf eigene Faust den Berg zu erobern. Wie sich zeigen sollte, eine der besten Entscheidungen der letzten Wochen.
    Am nächsten Morgen standen wir also früh auf und fuhren mit dem local Bus zum Eingang des Nationalparks. Kostenstand bis hierhin: $2,50 pP. Vor Ort warteten bereits einige Fahrer, die uns anboten, uns für „läppische“ 20 Dollar zum ersten Base Camp zu fahren. Auf der Suche nach Leuten, die sich mit uns das Fahrzeug und den Preis teilen würden, stießen wir auf eine Gruppe, die sich zwar auf einer vororganisierten Tour befand, deren Fahrer aber Erbarmen mit uns hatte und uns für $1 pP mitnahm. Neuer Stand also: $3,50 pP. Am Base Camp auf 4800m angekommen stapften wir mit der Geschwindigkeit einer Trauerzeremonie die letzten 300 Höhenmeter nach oben bis zum zweiten Base Camp. Und dann standen wir direkt davor. Vor der 6310m hohen Spitze des Chimborazos. Vor dem Berg, dessen Gipfel aufgrund der Erdkrümmung den am weitesten vom Erdkern entfernten Punkt bildet und somit gleichzeitig der Ort, der der Sonne am nächsten ist. Irgendwie unvorstellbar und wenig greifbar.
    Da wir außer ein paar vereinzelten Leuten die einzigen auf dem Berg waren, nutzten wir den Moment, um alle erdenklich bescheuerten Fotos zu schießen, bevor wir uns wieder auf den Weg nach unten machten. Im ersten Base Camp angekommen hielten wir eine Weile erfolglos nach abfahrenden Autos Ausschau (Conny quengelte, er wolle unbedingt auf die Ladefläche eines Pick Ups, ich hätte mich auch mit allem anderen zufriedengegeben), bis wir einen Anfang 30 jährigen Besitzer eines roten Pick Ups (Juhu!) fanden, der uns nicht nur einen Platz auf seiner Ladefläche bot, sondern auch noch die Frage, wie viel wir ihm dafür geben sollten, abwinkend mit „eure Freundschaft ist mir wichtiger“ beantwortete. Als er dann auch noch sagte, er könne uns sogar bis kurz vor Riobamba mitnehmen, schlossen wir ihn dann vollends in unsere Herzen. So brausten wir also durch den kühlen, staubigen Fahrtwind bis in einen Ort kurz vor unserer Zielstadt. Kostenstand immer noch: $3,50 pP. Wir verabschiedeten uns herzlich von José (?), aßen in dem Dorf zu Mittag (neuer Kostenstand danach: $5,50 pP) und fuhren mit dem nächsten Bus, der für uns anhielt für 0,50 Dollar bis nach Hause. So hatten wir letzten Endes statt 60 Dollar genau $6 pro Person für einen kompletten Tag inklusive Mittagessen ausgegeben und unser Reiseglück schien nach den Erlebnissen des Inca Trails wieder vollends zurückgekehrt.
    Das Ganze stimmte uns dermaßen zufrieden, dass nicht einmal Connys verlorener Schuh auf der Pick Up Ladefläche unsere Stimmung trüben konnte (naja, zumindest meine gar nicht und Connys nur einen Moment lang) und wir stiegen in den Bus zu unserem nächsten Reiseziel: Baños.
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  • Entspannung vs. Extremsport

    August 16, 2018 in Ecuador ⋅ 🌧 19 °C

    In Baños angekommen viel uns direkt auf, was wir schon von einigen Reisenden gesagt bekommen hatten: Der verhältnismäßig wahnsinnig fortgeschrittene Tourismus. Hier drängt sich Hotel an Hostel und Tour-Büro an Geldautomat. Ecuadorianer sind eher selten zu sehen und wenn, dann nur als Inhaber der verschiedenen Unternehmen und Unterkünfte. Nachdem wir ein Hostel gefunden hatten (mal wieder versuchten wir es mit einem Hängematten-Aufhänge-Ort, leider erfolglos), machten wir uns auf die Suche nach etwas Essbarem und erkundeten dabei die Straßen der Stadt. Zu dem bisherigen Bild fügten sich nun noch touristische Restaurants (Pizza, Burger, mediterrane Küche und allen voran ein Lokal, das sich mit Raclette rühmte – alles natürlich für überteuerte 8 Dollar aufwärts). Schließlich fanden wir einen Markt, wo die übliche Portion Fleisch, Reis und Salat 3 Dollar kostete und aßen wie so oft zwischen den vertrauten Gerüchen von rohem Fleisch und Bratfett.
    Im Anschluss (~19 Uhr) begaben wir uns in Richtung des Orts, dem die Stadt ihren Namen verdankte - die heißen, natürlichen Bäder (nochmal für die besonders hellen Kerzen auf dem Kuchen: span. „Baños“ = Bäder). Nun stellten wir uns, naiv wie wir sind, unter heißen Bädern natürlich dem Berg entspringende Quellen und Becken, die das Wasser über Jahrhunderte geformt hatte, vor. Als wir dann ankamen, waren wir zumindest einmal überrascht, um nicht zu sagen ernüchtert. Die Bäder waren im Grunde genommen ein mittelgroßes Freibad mit verschiedenfarbigen Becken und drei bunten Wasserrutschen. Nachdem wir unsere Erwartungen dementsprechend ein wenig angepasst hatten, freuten wir uns nun dennoch auf das warme, dampfende Wasser und hatten großartigen Spaß daran, uns in den vorgeschriebenen Badekappen (aka Kopfkondome) zu betrachten und uns in diesen wie TuPac zu fühlen. Außerdem positiv überraschend war, dass sich in den verschiedenen Becken nur wenig offensichtliche (weiße) Touristen tummelten.
    So verbrachten wir also ein paar Stunden mit dem Wechseln zwischen den verschieden heißen Becken, der Sauna, einem Dampfbad, einer kalten Dusche und rutschten einige Male die überraschend wilden Wasserrutschen hinunter. Entspannt und erfrischt gingen wir nach Hause und begaben uns dann in das feuchtfröhliche Nachtleben.

    Am nächsten Tag ging es dann alles andere als entspannt weiter. Nachdem wir uns ein wenig vor der anstehenden Aktivität gedrückt hatten, sahen wir ein, dass kein Weg daran vorbeiführen würde. Der Eine freudig erregt (überraschenderweise ich), der Andere eher zitternd und mit von Angstschweiß durchtränktem Shirt (überraschenderweise Conny) machten wir uns also auf zum einzigen auf der Tagesordnung stehenden Punkt: dem Bungee Jump von einer Brücke!
    Seit einigen Tagen hatte ich diesem Tag positiv entgegengeschaut, während Conny mich überwiegend auf die potentiellen Risiken aufmerksam gemacht hatte und alles daran gesetzt hatte, mich von meinem Vorhaben (was natürlich wie immer von beiden vollzogen werden würde) abzubringen.
    An der circa 100 Meter hohen Brücke angekommen sahen wir uns die Sache eine kurze Zeit von außen an, was das ganze allerdings nicht wirklich besser machte, sodass wir mutigen Schrittes die Brücke betraten und direkt von den motivierten Verantwortlichen (3 humorvolle Jungs in Straßenklamotten, die den größten Spaß daran hatten, sich über die angsterfüllten Touris lustig zu machen) hergewunken und freudig mit „You wanna jump?“ begrüßt wurden. „Wollen“ ist ein sehr schwer definierbares Wort in so einer Situation… Nach ein paar Witzeleien beider Seiten (Sehr gut war zum Beispiel „Warum kostet das denn 20 Dollar? Im Reiseführer stand 15.“ – „Wir hatten so viele Unfälle, da mussten wir die Preise heben… Aber du darfst auch gratis ohne Seil springen“) – man könnte es wohl kaum treffender als mit dem Wort „Galgenhumor“ beschreiben – hatte der Chef der amüsierten Bande genug und zog mir kurzerhand Gurt und Helm an und schickte mich auf den kleinen Metallvorsprung, der am Geländer der Brücke angeschweißt war. Instruktionen gab es nicht wirklich („Spring so weit wie du kannst und schrei so laut es geht“) und da begann er schon auf 3 zu zählen. Das Ganze ging mir dann doch ein wenig zu schnell und ich gab ihm zu verstehen, den Countdown zu stoppen und sagte, ich würde auf jeden Fall springen, brauche lediglich ein wenig Zeit um mich darauf einzustellen. So stand ich also ein Weilchen am Abgrund, sinnierte ein wenig über mein relativ kurzes, aber doch recht erfülltes bisheriges Leben, schloss innerlich mein Testament ab (ziemlich sinnlos im Nachhinein, aber es erschien mir in dem Moment angemessen) und bereitete mich mental auf den Moment des Absprungs vor. Schließlich (ich bin mir nicht sicher, wie viel Zeit vergangen war) gab ich dem grinsenden Sprunghelfer ein Zeichen, er zählte auf 3 und ich ... sprang!
    Das Gefühl was dann folgte, ist für mich schwer in Worte zu fassen. Ganz zu Beginn hat es etwas von Achterbahn fahren, wie man so mit den Armen rudernd (siehe Video) dem Boden entgegenrauscht. Dann kommt ein Moment, den ich salopp als „Fuck“-Moment bezeichnen würde, in dem mir bewusst wurde, dass ich mich eben nicht in einer Achterbahn befand, sondern mich mit ein paar rostigen Karabinern an einem 2 Zentimeter dickem Seil befestigt im freien Fall in Richtung ecuadorianischen Bodens bewegte. Und dann der Augenblick, in dem du spürst, wie das Seil dich auffängt und du mit einer Mischung aus Adrenalin und purer Erleichterung langsam dem Festland entgegenschwingst. Unten angekommen hätte ich die mich empfangende und mir den Weg nach oben weisende Dame vor lauter Freude küssen können, schaffte es aber, den Impuls mithilfe der letzten vorhandenen Kräfte meines Veto-Areals zu unterdrücken.
    Oben angekommen schilderte ich Conny aufgeregt die Erfahrung und dann war er dran. Sein Erlebnis kann er wohl am besten selber beschreiben (vielleicht folgt das noch an dieser Stelle?) und unterschiedet sich bis auf den Adrenalin-Erleichterungs-Cocktail am Schluss wohl auch erheblich von meinem, da es überwiegend von einer vorübergehenden Bewusstlosigkeit in der Luft geprägt war. :D

    Den Rest des Tages verbrachten wir mit dem Runterkommen von unserem Adrenalin-Rausch und dem abermaligen Ausgehen in der wohl touristischsten Stadt unserer Reise, bevor wir uns im Laufe des nächsten Tages in Richtung der nächsten Stadt- „Latacunga“ - aufmachten.

    Jan
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  • Der schwarze Tag

    August 16, 2018 in Ecuador ⋅ 🌧 19 °C

    Die Erfahrung des Bungeesprung von Conny geschildert:
    Wochen lang bibberte ich diesem Tag entgegen und versuchte Jan von dem Vorhaben abzubringen. Früher hatte ich etwas, dass ich selber als leichte Höhenangst diagnostizieren würde. Diverse Samstage, die ich seit meiner Kindheit auf wackeligen Gerüsten auf Baustellen verbrachte, heilten diese weitestgehend. Der gesunde Menschenverstand wehrte sich allerdings energisch gegen die Vorstellung, sich an einem daumendicken Seil von einer 100 Meter hohen Brücke zu stürzen. Ich lebte zufrieden ohne Hirnaneurysma und wollte es eigentlich auch dabei belassen. Jan war nicht zur Vernunft zu bringen und da er sich mit mir den Wahlhaien - welche nebenbei bemerkt keine reelle Gefahr darstellen - gestellt hatte, schlich ich an besagtem Tage mit unguter Vorahnung und einem mulmigen Gefühl auf die Brücke des Grauens, die tatsächlich 100 Meter hoch war. Zu allem Überfluss fanden die (Un-)Verantwortlichen des Bungees sich witzig und machten Späße über angebliche Unfälle. Ich fand das nicht witzig und erklärte ihnen, dass falls noch ein Witz falle, ich nicht fallen/springen würde. Die Aussicht auf 20$ überwog dem Drang, mich weiter zu verarschen. Jan ließ sich den Gurt um schnallen, stieg auf die Metallplatte und sprang nach kurzer Bedenkzeit. Ich wollte ihn eigtl Filmen, auf dem Video ist allerdings nur zu sehen, wie er abspringt. Anschließend sieht man nur noch den Brückenboden und hört mich "fuck, ach Du Scheiße" fluchen. Nach dem er voller Begeisterung wieder oben ankam, war ich an der Reihe. Was ich empfand, als mir der Gurt umgelegt wurde, glich den Symptomen eines Herzinfarktes. Trotzdem stieg ich auf die Metallplatte und fing nur nicht an zu heulen, da neben mir eine süße Latina stand und mich ermutigte. Der Guide fragte mich, ob ich die Anweisung bei Jan mitbekommen hätte. Ich hatte jedes Wort verstanden, verneinte jedoch, um etwas Zeit zu gewinnen und ließ mir nochmal erklären, dass ich weit springen und laut schreien solle. Die Latina bestätige, dass ich laut schreien solle. Ich erklärte den zwei ***, dass schreien den Druck im Kopf erhöhe und somit auch die Gefahr für ein Hirnaneurysma. Der Guide sagte irgendetwas, was ich ausblendete und forderte mich auf, weiter vor zu laufen. So schob ich abwechselnd den linken und rechten Fuß Zentimeter für Zentimeter nach vorne. Der Guide meinte, ich solle noch weiter, ich schrie zurück, dass ich schon ganz vorne sei und schlurfte weiter. Er fragte mich, ob alles okay sei und ich antwortete mit versagender Stimme, das gar nichts in Ordnung sei und er mich schucken müsse. Hier auf einmal haben sie Regeln. Touris mit einem Klettergurt von einer Brücke springen zu lassen ist okay, aber einen kleinen Schubs geben, wollen sie einem nicht. Die Latina rief "JUMP, JUMP, JUMP" und ich unterdrückte den Impuls, ihr ins Gesicht zu treten. Meine Beine schlotterten und die Knie drohten nachzugeben und ich erkannte, dass es kein Entkommen gab. Somit befahl ich meinen Beinen, sich anzuwickeln und anschließend auszustrecken. Sie gehorchten und ich kippte vornüber. Von Springen kann hier leider nicht die Rede sein. Der Boden rauschte auf mich zu und das war zu viel Intensität. Das Gehirn zog den Stecker und ich "erwachte" wieder im Gurt, wie ich unter der Brücke hin und her schaukelte. Die Blutbahn von Adrenalin überschwemmt. Erleichterung. High Gefühl. Mir leider nicht besser möglich, in Worte zu fassen. Auf dem Video sieht man übrigens, dass ich tatsächlich kurz bewusstlos war, als mich das Seil auffing.

    Conny
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  • Die Wahl der Qual

    August 18, 2018 in Ecuador ⋅ ⛅ 15 °C

    Im Vergleich zu unserer letzten Station sagte uns die von Bergen umrundete mittelgroße Stadt von Anfang an deutlich mehr zu. Latacunga empfing uns mit einer Mischung aus Gestank, Dreck, Lärm und von Touris war weit und breit keine Spur zu sehen. So stellten wir in unserem Hostel/Hotel/Motel-Zimmer (O-Ton dessen, was wir zum Taxifahrer gesagt hatten: „Bring uns zum billigsten Ort, den du kennst“) ab und machten uns auf Erkundungstour durch die vollen Straßen, auf denen wir zur Abwechslung mal wieder vom Großteil der Leute aufmerksam gemustert wurden. Das erste Highlight unseres Mini-Ausflugs: Hervorragend leckere Fleischspieße vom Straßengrill für einen Dollar. Mit vollem Magen gingen wir in Richtung eines zentralen Parks, der uns von einem überaus sympathischen spanischen Pärchen empfohlen worden war und machten uns auf die Suche nach einer Bar. In einem andalusischen Innenhof wurden wir fündig, tranken gemütlich 1-2 Bier und unterhielten uns mit den sympathischen MitarbeiterInnen des Lokals.
    Im Gegensatz zu Conny, der von den letzten Nächten, die von wenig Schlaf durchzogen waren, noch recht angeschlagen war, hatte ich noch keine Lust, den Nachhauseweg anzutreten und fragte unsere Tischnachbarn nach einer Empfehlung für den Abend und sie rieten uns, zu einem Konzert zu gehen, welches in der Nähe stattfinden sollte. Da ich lange keine Live-Musik mehr gehört hatte und ein wenig Abwechslung zu Reggaetón, Salsa und Bachata auch nicht schaden konnte, schleifte ich Conny zu der uns genannten Bar und als es dort von einem Wartenden hieß, das sei der beste Ort der Stadt, ließ sich selbst der müde Krieger dazu bereitschlagen, die Location zu betreten. Nach circa einer Stunde Warten präsentierte sich uns dann eine Band, die eine durchaus hörbare, laute, schnelle Mischung aus Reggae, Rock und Jazz spielte. Ungefähr ab der Hälfte der Konzerts merkte ich jedoch auch allmählich die Spätfolgen der durchzechten Nächte, sodass wir uns im Halbschlaf durch die letzten Lieder kämpften und direkt nach dem Konzert nach Hause schleppten.

    Dass wir uns vorgenommen hatten, den nächsten Tag um 6 Uhr morgens zu starten, machte das Ganze nicht unbedingt leichter, dennoch schafften wir es, das Bett zu verlassen und uns auf die Suche nach Coca-Blättern zu machen, die uns durch den Tag tragen sollten. Statt den gewünschten 5 Portionen wurden es dann leider nur eine, aber es half ja alles nichts und wir setzten uns in den Bus in Richtung der „Laguna Quilotoa“, einem Kratersee, der das Ziel des Tages darstellte. Während ich die Busfahrt als zwei zusätzliche Stunden Schlaf nutzen konnte, war Conny leider eher damit beschäftigt, das Essen des Vortages im Magen zu behalten und so stiegen wir beide nach der Ankunft aus unterschiedlichen Gründen erleichtert aus dem Bus.
    Als wir den Berg bestiegen hatten, bot sich uns ein tatsächlich sehr, sehr schöner Ausblick über den großen Kratersee und die umliegende Berglandschaft. Wir liefen den sandigen Weg hinab und verbrachten einige Stunden dösend am Seeufer und ließen uns die Sonne auf Bauch und Gesicht scheinen (rate mal, welche 2 deutschen Kartoffeln die kommenden Tage einen Sonnenbrand hatten).
    Auf dem Weg nach oben wollten wir uns eigentlich von einem der zahlreich angebotenen Maultiere nach oben tragen lassen, entschieden uns aber gegen die horrenden Preise von 10 Dollar pro Person und hassten dafür jede einzelne Person umso mehr, die im Schritttempo an uns vorbeiritt und das Laufen dringend nötiger gehabt hätte als wir. Auf dem Rückweg, den wir zunächst trampend zurücklegen wollten, dann jedoch mangels anhalte-freudiger Autofahrer per Taxi und schließlich per Bus bestritten, lernten wir dann noch eine FSJlerin aus Quito kennen, die gemeinsam mit einer Ecuadorianerin ihre letzten Tage im Land reisend verbrachte und viel zu erzählen hatte.

    Nun ja, zurück in Latacunga traten wir die direkte Weiterfahrt nach Quito an und ließen die sympathische Stadt hinter uns.
    Jan
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  • Blogposttitelkreativität

    August 22, 2018 in Ecuador ⋅ 🌧 23 °C

    Nachdem wir einen gemütlichen Tag und zwei muntere Hostel-Abende in Quito zugebracht hatten, stand für uns der nächste Aufbruch bevor. Diesmal war das Ziel: Der Dschungel Ecuadors, von zahlreichen Amazonas-Ausläufern durchzogen und circa 8 Stunden Busfahrt östlich von Quito in Richtung der ecuadorianisch-peruanischen Grenze gelegen.
    Nach einer mehr oder weniger erholsamen Nachtfahrt kamen wir um 7 Uhr morgens in Lago Agrio (aka Nueva Loja – nicht zu verwechseln mit Loja!!!) an, wo wir von unserem Tourunternehmen abgeholt werden sollten (den Amazonas-Dschungel auf eigene Faust in einem Kanu und mit Macheten bewaffnet zu erkunden, erschien uns nach ausführlichem Überlegen dann doch selbst für uns Abenteurer ein bisschen gewagt). Conny hatte sich diesmal vor der Fahrt mit Tabletten in einen komaähnlichen Zustand versetzt und war dementsprechend fit und munter, während mich meine sonst so verlässliche Fähigkeit, egal wann, wie und wo binnen weniger Minuten tief und fest zu schlafen, irgendwie im Stich gelassen hatte und ich mit einer ungewohnten Mischung aus Welthass und Griesgrämigkeit aus dem Bus kroch. Zwei starke Kaffee und ein ordentliches Frühstück (Steak mit Reis) sowie die Bekanntschaft einer herzlichen Venezolanerin peppelten mich dann aber doch auf und so fuhren wir gemeinsam mit 8 weiteren Touris und unserem Guide Jimmy in Richtung unserer Dschungel-Lodge. Dabei wechselten wir zwischendurch von unserem Kleinbus in eine motorbetriebene Holzgondel, in welcher wir circa 2 Stunden durch eine beeindruckende Szenerie von Palmen, Lianen und weiteren Dschungelpflanzen fuhren und bereits einige Bewohner der Region kennenlernen durften, darunter eine Python, zahlreiche Vogelarten und eine Affenfamilie, die sich über unsere Köpfe hinweg durch die Baumwipfel schwang.
    In der Lodge angekommen wurden uns unsere vergleichsweise luxuriösen Zimmer gezeigt und beim Abendessen erklärte uns Jimmy den Ablauf der nächsten Tage. Während wir uns noch vom Koma erholten, in das wir beim Begutachten der Bierpreise (4 DOLLAR DIE FLASCHE!) versetzt wurden, begaben wir uns dann per Boot wieder in die Dschungeltiefen. Auf dem Weg zu einem See machten wir eine erfreuliche Begegnung mit einem Pärchen Amazonas-Delfine. Die grauen Süßwasser-Säuger begleiteten uns ein Stück weit und streckten dabei immer wieder ihre Flossen aus dem Wasser. Als wir an dem See angekommen waren, machten wir Halt und Jimmy lud uns ein, baden zu gehen. Während ich angesichts des undurchsichtig schwarzen Wassers und der Vorstellung, welche Tiere wohl in dessen Untiefen lauern mochten, noch zögerte und die anderen nur dankend den Kopf schüttelten, war Conny natürlich schon per Köpfer in das Nass eingetaucht. Angesichts der Tatsache, dass mein compañero auch nach 3 Minuten noch nicht von Krokodilen oder Piranhas zerfetzt worden war, traute ich mich dann auch hinein und so schwammen wir zu zweit im lauwarmen Amazonas-Wasser dem Sonnenuntergang entgegen (#nohomo).
    Wieder im Boot machten wir uns dann mit einer Taschenlampe bewaffnet auf die Suche nach Kaimanen (wenn jemand aus dem Stehgreif den Unterschied zwischen Krokodilen, Alligatoren und Kaimanen weiß, immer her damit). Tatsächlich konnten wir bei Mondschein ein Paar rötliche Augen im Gestrüpp am Seeufer erkennen und machten uns zufrieden und erschöpft auf den Weg in die Lodge.

    Der nächste Tag hielt wieder spannende Erlebnisse für uns bereit. Zunächst fuhren wir zu einem nahegelegenen Dorf, wo wir die Einheimischen kennenlernten. Mit ihren stinknormalen Klamotten und von den Geräuschen eines im Hintergrund laufenden Fernsehers begleitet waren diese nicht ganz so, wie man sich Dschungel-Einheimische vorstellt, dennoch lernten wir neugierig zahlreiche Pflanzenarten kennen, lutschten rohe Kakaobohnen, bestaunten riesige Baumstämme und beobachteten fasziniert, wie die Locals typische Gerichte mit ursprünglichen Werkzeugen und auf dem offenen Feuer zubereiteten.
    Von dem Dörfchen aus ging es dann zu einer „Anlegestelle“ (ein aus dem Wasser ragender Ast), von der aus wir ein kurzes Stück durch den Dschungel stapften, bis wir eine Lichtung erreichten, in deren Mitte sich eine mit Stroh überdachte Hütte befand. Hier wurden wir von einem waschechten Schamanen erwartet! Der mit einer Federkrone und einer Kette aus Jaguarzähnen geschmückte Mann strahlte eine warme Ruhe aus und stellte sich geduldig den Fragen der Gruppe und erzählte aus seinem Alltag. Anschließend kreiste eine Flasche Ayahuasca, aus der der eine einen kleineren Schluck nahm, der andere einen größeren und es wurde ein Freiwilliger für die Ausführung eines demonstrativen Rituals gesucht. Mein Blick wanderte logischerweise zu Conny, bei dem bei dem Wort „Freiwilliger“ mittlerweile in jeder Landessprache ein Funkeln in den Augen zu erkennen ist und der natürlich direkt die Hand hob. Er wurde gebeten, sein T-Shirt auszuziehen und sich vor dem Schamanen auf den Boden zu setzen. In einer uns unbekannten einheimischen Sprache wurde Conny dann verflucht oder gesegnet (so ganz war das nicht rauszuhören) und der Schamane rieb Connys Rücken mit einer Art Efeu ein, die unseren Freiwilligen kaum merkbar, aber doch das Gesicht verziehen ließ. Der Grund dafür war kurz nach Beendigung des Rituals erkennbar. Connys Rücken erstrahlte in Feuerrot und es hatten sich ein mückenstich-artiger Ausschlag ausgebreitet, der jedoch nicht allzu sehr brannte, wie Conny mehrfach angesichts der entsetzten Reaktionen der Umstehenden beteuern musste.
    Wieder in der Lodge angekommen, gönnten wir uns eine gemütliche Teepause in den Hängematten, bevor es dann wieder aufs Wasser ging und wir bei einbrechender Dunkelheit am Ufer des Sees vom Vorabend anlegten. Auf dem Programm stand nämlich: eine Dschungelnachtwanderung! Mit Gummistiefeln, dicken Regenponchos und Stirnlampen stapften wir im Gänseschritt durch den Matsch und begutachteten eine Vielzahl an Insekten, Käfern und Kleintieren. Das Ganze stellte sich irgendwie ein bisschen unspektakulärer als erwartet heraus (keine Riesenschlangen, Krokodilangriffe oder Jaguare), dennoch hatten Conny und ich großartigen Spaß an der Wanderung, was von einigen der Gruppe auf die Nachwirkungen des Ayahuascas geschoben wurde. Dabei trug vielmehr zu unserem Amüsement bei, wie sich einige Mitglieder der Gruppe mit ihrem Halbwissen ereiferten, nach der Aufmerksamkeit des Guides heischten und wie eine Schweigeminute bei kompletter Dunkelheit inmitten des Dschungels zu einer schieren Unmöglichkeit wurde, weil es manchem Menschen einfach nicht möglich ist, über einen Zeitraum von 60 Sekunden still zu stehen. 😉
    Da beim mittäglichen Schamanen-Ritual zwei Personen beim Blasrohr-Ziel-Pusten ins Schwarze (eine auf dem Boden festgemachte Frucht) getroffen hatten, gab es zum Abendessen Caipi aufs Haus! Dementsprechend aufgelockert war dann die Stimmung und zum ersten Mal entstand eine ausführlichere Interaktion mit der bis dahin eher verhaltenen Gruppe. Das Highlight des Abends: Eine der Gewinnerinnen des Schützenfests vom Mittag entwickelte einen unerwarteten (Über)Mut und versuchte, eine dicke Kröte mit der Hand zu fangen, die sich dann aber mit einem Hechtsprung rettete, nicht ohne einen Schwall Körperflüssigkeit (welcher Art, wurde später ausführlich diskutiert) explosionsartig auf die Hand der Mutigen zu spritzen.

    Der nächste Tag begann mit einer (diesmal Tag-)Wanderung durch ein anderes Stück des Regenwaldes, bei der wir vor allem viel über die zahlreichen Pflanzensorten und ihre jeweiligen Heilkräfte erfuhren, aber auch verschiedene Tierarten (darunter auch ein winziger Giftfrosch, der wohl einen ganzen Menschen außer Gefecht setzen kann) entdeckten und eine Kostprobe frisch vom Ast geschüttelter Zitronen-Ameisen probieren durften. Die Hauptfrage, die sich uns hierbei stellte - „Wie zum Teufel entdeckt man die Heilkraft einer Pflanze? Lutscht man einfach an 50 verschiedenen Bäumen und schaut, was passiert?“ - blieb leider unbeantwortet.
    Zurück in der Lodge durften wir von Hand unsere ganz persönliche Schokolade herstellen (Bohnen Rösten, Mahlen, mit Butter und Zucker Mischen, glatt Streichen und ab in den Kühlschrank damit) und machten uns dann abermals mit dem Boot, welches mittlerweile unser zweites Zuhause geworden war, auf Piranha-Jagd. Mittlerweile hatten wir uns zu Jimmys Lieblingen entwickelt, sodass ich als erster die Angel in die Hand nehmen durfte. Schon nach kurzem Warten zog etwas an der Nylonschnur und während sich der Fisch beim ersten Mal noch rechtzeitig befreien konnte, war ich schon beim zweiten Mal schneller und der handflächengroße Beißer zappelte auf dem Holzboden des Boots und wurde von Jimmy vom Angelhaken befreit und nachdem wir ihn alle bestaunt hatten zurück ins Wasser geworfen. Bemerkenswert war, wie liebevoll unser Guide dabei mit dem Fisch umging. Nicht nur, dass er extrem vorsichtig beim Herausnehmen des Angelhakens war, um ihn nicht zu verletzen, sondern er entschuldigte sich sogar bei dem Tier, als er dieses nicht so unverwundet wie gewollt wieder in die Freiheit entließ. Anschließend ging die Angelrute (der Stock) zu den anderen Mitgliedern unserer mittlerweile aufgetauten und heiteren Gruppe durch und jeder durfte sein Glück versuchen.
    Den letzten Abend verbrachten wir dann bei Kerzenschein, Bier, Musik und Uno.

    Am letzten Morgen standen wir um 6 Uhr früh auf, um einen auf dem Gelände stehenden Turm zu besteigen und die umliegenden Baumwipfel bei Sonnenaufgang nach verschiedensten Tierarten abzusuchen. Wir entdeckten die unterschiedlichsten Vögel, welche zum Teil fast irrwitzige Geräusche von sich gaben und Bewegungen vollführten und abermals konnten wir am Horizont eine Affenfamilie bei ihrer morgentlichen Wanderung beobachten.
    Nach dem Frühstück ging es dann auf dem gleichen Wege, den wir gekommen waren, zurück nach Lago Agrio, wo wir uns von unserer Reisegruppe und vor allem von Jimmy, den wir mittlerweile wirklich ins Herz geschlossen hatten, verabschiedeten. Per Nachtbus machten wir uns dann auf die lange Fahrt (16 Stunden) nach Guayaquil, welches die letzte Station unserer gemeinsamen Reise darstellen sollte.

    Der kurze aber intensive Aufenthalt im Dschungel wird uns als einzigartige Erfahrung in Erinnerung bleiben und selbst obwohl ich eine ähnliche Tour schon vor 3 Jahren in Bolivien gemacht habe, war das Eintauchen in die Amazonas-Regenwald-Welt ein beeindruckendes Erlebnis!
    Jan

    Ps: Die großartigen Bilder (ihr wisst beim Betrachten, was ich meine) verdanken wir Christian, einem alleine reisenden Österreicher aus unserer Gruppe, der mit einer hervorragenden Kamera ausgestattet unterwegs war.
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